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Grundbuchverfahren auf Löschung einer Zwangssicherungshypothek

Oberlandesgericht Jena – Az.: 3 W 582/13 – Beschluss vom 09.01.2014

Auf die Beschwerden des Antragstellers werden die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts – Grundbuchamt – H. vom 12.07.2013 und vom 11.09.2013 – Nichtabhilfeentscheidung vom 29.11.2013 – aufgehoben.

Gründe

I.

In dem im Betreff bezeichneten Grundbuch ist seit dem 13.10.1994 eine Zwangssicherungshypothek über 5.600,- DM nebst Kosten des Vollstreckungsverfahrens für die Firma R. GmbH Dach- und Fassadenbau F. gemäß vollstreckbarer Ausfertigung des Prozessvergleichs des Kreisgerichts H. vom 05.05.1992, Az. C 228/91 eingetragen. In dem Prozessvergleich ist die Gläubigerin als R.GmbH Dach- und Fassadenbau, ….weg …, F. …., ….. bezeichnet. Der verfahrensbevollmächtigte Notar beantragte mit Schriftsatz vom 02.05.2013, beim Grundbuchamt am 08.05.2013 eingegangen, u.a. die Löschung der Zwangssicherungshypothek. Er legte hierzu seine Urkunde vom 26.04.2013 (UR-Nr. ……/2013) mit dem Löschungsantrag des Antragstellers und dessen Zustimmung zur Löschung sowie eine Bescheinigung des Amtsgerichts – Registergericht – U. vom 14.09.2012 vor, wonach die Gläubigerin  im dortigen Handelsregister weder eingetragen ist noch jemals eingetragen war. Die Grundbuchrechtspflegerin erließ am 12.07.2013 eine Zwischenverfügung. Sie wies den Antragsteller darauf hin, dass die Nichtexistenz der Gläubigerin nicht erwiesen sei. Die Firma sei vielmehr im Handelsregister J. als R. Dach- und Fassadenbau GmbH mit Sitz in N. eingetragen gewesen und inzwischen liquidiert. Die Grundbuchrechtspflegerin regte die Vorlage einer löschungsfähigen Quittung an und setzte zur Behebung des Eintragungshindernisses eine Frist bis 16.08.2013. Dagegen legte der verfahrensbevollmächtigte Notar Beschwerde ein und wies darauf hin, dass nicht eine in N. ansässige GmbH als Grundpfandrechtsgläubigerin eingetragen sei. Darauf erließ die Grundbuchrechtspflegerin – ohne über Abhilfe oder Nichtabhilfe zu entscheiden bzw. die Sache dem Beschwerdegericht vorzulegen – am 11.09.2013 eine erneute Zwischenverfügung. Ein urkundlicher Unrichtigkeitsnachweis sei nicht geführt, weil sich aus der Bescheinigung des Registergerichts U. nur ergebe, dass die R. GmbH im dortigen Handelsregister nicht eingetragen war. Das schließe ihre Eintragung mit einem anderen Firmensitz in einem anderen Handelsregister und damit ihre Existenz nicht aus. Die Grundbuchrechtspflegerin regte Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1170 BGB bzw. Pflegerbestellung an und setzte zur Behebung der Eintragungshindernisse eine erneute Frist. Auch dagegen legte der verfahrensbevollmächtigte Notar Beschwerde ein. Die Grundbuchrechtspflegerin half der Beschwerde mit begründetem Beschluss vom 29.11.2013 nicht ab und legte sie dem Oberlandesgericht vor.

II.

Die Beschwerden sind nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Sie haben auch in der Sache Erfolg, weil keiner der in den Zwischenverfügungen aufgezeigten Wege geeignet ist, das vermeintliche Hindernis für die Vornahme der beantragten Löschung – nach Auffassung der Grundbuchrechtspflegerin den nicht erbrachten Nachweis der Nichtexistenz der Gläubigerin – zu beseitigen.

1. Soweit das Grundbuchamt in der ersten Zwischenverfügung die Vorlage einer löschungsfähigen Quittung angeregt hat, verstößt das gegen den Grundsatz, dass nicht die Vorlage von Unterlagen gefordert werden darf, die der Antragsteller nicht beibringen kann (OLG Hamm Rpfleger 2013, 510 ff.). So liegt es aus dessen Sicht hier, weil die eingetragene Gläubigerin nach den Darlegungen des Antragstellers nie existiert hat. Die Vorlage einer solchen Quittung, deren Aussteller die inzwischen liquidierte R. Dach- und Fassadenbau GmbH mit Sitz in N. ist, würde die Löschung nicht rechtfertigen, weil es sich hierbei nicht um die Berechtigte zur Abgabe der Quittung handeln würde.

Ausgangspunkt hierfür ist die Prüfung, wer überhaupt als Gläubigerin der Zwangssicherungshypothek im Grundbuch eingetragen ist; hierzu ist die Eintragung auszulegen. Dabei ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie sie sich aus dem Eintragungsvermerk und den zulässigerweise in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; Umstände, die außerhalb dieser Urkunden liegen, dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann, also nicht nur für die Beteiligten, ohne Weiteres erkennbar sind (Demharter, a.a.O., § 53 Rn. 4 a) m.w.N.). Danach können für die Auslegung im vorliegenden Fall nur der Eintragungsvermerk selbst und der in Bezug genommene Vollstreckungstitel, der Prozessvergleich vom 05.05.1992 herangezogen werden, weil sonstige für jedermann erkennbare Umstände nicht vorhanden sind. Die offenbar vom Grundbuchamt  vorgenommene Auslegung dahin, dass als Gläubigerin die ehemals im Handelsregister von J. mit Sitz in N. eingetragene und inzwischen liquidierte R. GmbH eingetragen ist, kommt damit nicht in Betracht, weil sich in den berücksichtigungsfähigen Unterlagen nicht der geringste Hinweis auf eine dort ansässige Gesellschaft findet. Aus der Eintragung selbst und dem Prozessvergleich ist vielmehr ersichtlich, dass die Eintragung sich auf eine in F. ansässige GmbH bezieht.

2. Die vom Grundbuchamt in der zweiten Zwischenverfügung angeregte Pflegerbestellung bzw. die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens sind ebenfalls nicht geeignet, das vermeintliche Eintragungshindernis auszuräumen. In Betracht käme im vorliegenden Fall lediglich die Bestellung eines Pflegers nach § 1913 für einen unbekannten Beteiligten. Das scheitert indessen schon daran, dass eine solche Bestellung nicht erfolgen darf, wenn sie nicht (auch) im Interesse des Unbekannten, sondern ausschließlich im Drittinteresse angeordnet werden soll (KG FGPrax 1997, 212, 214; Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 1913 Rn. 5).

Durch ein Aufgebotsverfahren kann der Antragsteller die Löschung der Zwangssicherungshypothek ebenfalls nicht unmittelbar im Wege des Unrichtigkeitsnachweises erreichen, weil ein rechtskräftiger Ausschließungsbeschluss nicht zum Erlöschen der Hypothek, sondern dazu führen würde, dass der Antragsteller die Hypothek erwirbt, § 1170 Abs. 2 BGB. Um sie zu löschen, müsste er danach noch die Löschungsbewilligung abgeben. Der Senat ist gehindert, die Zwischenverfügung des Grundbuchamts insoweit zu ergänzen, weil es nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein kann, dem Antragsteller die Abgabe derjenigen Erklärung aufzugeben, die Grundlage der Eintragung im Grundbuch sein soll (Demharter, a.a.O., § 18 Rn. 32 m.w.N.). Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Kammergerichts (a.a.O.), dass die Anwendung von § 1170 BGB voraussetzt, dass ein Gläubiger existiert und dem Antragsteller nur der Person nach unbekannt ist, weil eine nichtexistente Person keine Rechte erworben haben und daher mit ihnen auch nicht ausgeschlossen werden kann.

III.

Für das weitere Verfahren bei der Entscheidung über den Löschungsantrag selbst weist der Senat auf folgendes  hin: Nach dem Vorbringen des Beteiligten zu 1 soll die R.GmbH Dach- und Fassadenbau F. nie und damit auch nicht zum Zeitpunkt der Eintragung der Zwangssicherungshypothek existiert haben. Unterstellt man dieses Vorbringen als richtig, wäre das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig, weil eine nicht existente Person nicht Gläubiger einer Zwangssicherungshypothek sein kann. Hinzu kommt, dass die Eintragung am 13.10.1994 in diesem Fall ohne wirksamen Antrag erfolgt wäre. Das führt zwar bei Grundbucheintragungen im Allgemeinen nicht zur Grundbuchunrichtigkeit, weil §13 Abs. 1 S. 1 GBO nur eine Sollvorschrift ist. Anders liegt es indessen bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, weil das Grundbuchamt hier auch als Vollstreckungsorgan tätig wird und nicht nur die grundbuchrechtlichen, sondern auch die vollstreckungsrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen zu prüfen hat (Demharter, a.a.O., Anhang zu § 44 Rn. 67 m.w.N.). Der (wirksame) Antrag des Gläubigers ist im Hinblick auf § 867 Abs. 1 S. 1 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung der Eintragung; fehlt er, führt eine gleichwohl eingetragene Zwangssicherungshypothek zur Unrichtigkeit des Grundbuchs (Demharter, a.a.O., Rn. 69; Hügel, GBO, Zwangssicherungshypothek Rn. 3 m.w.N.). Aus diesem Grund ist es ausreichend, wenn der Antragsteller den ihm obliegenden Nachweis der Nichtexistenz der Gläubigerin bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung der Zwangssicherungshypothek führt.

Das Grundbuchamt hat hierzu zwar keine eigenen Ermittlungen anzustellen, wird dem Antragsteller aber Gelegenheit geben müssen, entsprechende Nachweise beizubringen. Der Nachweis der Nichtexistenz einer juristischen Person ist im Regelfall nicht mit den Mitteln des § 29 GBO zu führen. Es ist daher namentlich in solchen Fällen anerkannt, dass das Grundbuchamt in die dann zu erfolgende freie Beweiswürdigung auch allgemeine Lebenserfahrungen und solche Nachweise einzubeziehen hat, die den strengen Formanforderungen des § 29 GBO nicht entsprechen (KG, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O. jeweils m.w.N.). Das ändert jedoch nichts daran, dass an den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs, hier konkret an den Nachweis der Nichtexistenz der eingetragenen Gläubigerin strenge Anforderungen zu stellen sind, weil er eine Grundbucheintragung ohne Bewilligung des Betroffenen ermöglicht und sichergestellt sein muss, dass am Verfahren nicht Beteiligte nicht geschädigt werden. Erforderlich ist der volle Nachweis. Ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller hat auch alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung, also der Löschung, entgegenstehen würden; lediglich ganz entfernte, bloß theoretische Möglichkeiten brauchen nicht ausgeräumt zu werden (Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 37 m.w.N.). Dementsprechend ist auch dann, wenn ein lückenloser Nachweis mit öffentlichen Urkunden nicht möglich ist, der maßgebende Sachverhalt umfassend darzulegen und in den Einzelheiten soweit als möglich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte, hilfsweise durch privatschriftliche Urkunden, amtliche Auskünfte o.ä. nachzuweisen. Privatschriftliche Urkunden sind im Original oder in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen (OLG Hamm, a.a.O.).

Geht es wie hier um die Eintragung einer namentlich und unter Angabe ihres Sitzes konkret bezeichneten GmbH neigt der Senat im Regelfall dazu, eine Bescheinigung des für diesen Sitz zuständigen Registergerichts, wonach diese GmbH zu keinem Zeitpunkt, insbesondere nicht zu dem der Eintragung des Grundpfandrechts im Grundbuch im Handelsregister eingetragen war, ausreichen zu lassen (Senatsbeschluss vom 23.08.2013, 9 W 356/13). Die Eintragung hat in das Handelsregister am Sitz der Gesellschaft zu erfolgen, etwaige Sitzverlegungen ergeben sich ebenso aus dem Register wie identitätswahrende Umwandlungen. Im vorliegenden Fall dürfte eine derartige Bescheinigung wie sie der Antragsteller vorgelegt hat den strengen Beweisanforderungen indessen nicht gerecht werden, weil es konkrete Anhaltspunkte für die nicht nur theoretische Möglichkeit gibt, dass die eingetragene Gläubigerin entgegen dem Vorbringen des Antragstellers doch existiert bzw. existiert hat. Bereits eine einfache Internetrecherche zeigt auf, dass in F., dem Sitz der eingetragenen Gläubigerin, weitere Gesellschaften mit ähnlichem Namen und Unternehmensgegenstand existieren bzw. in jüngerer Zeit existiert haben, nämlich die R.  GmbH und die R. G. GmbH, ebenfalls ein Bauunternehmen, die sogar ihren Sitz an der in dem Prozessvergleich angegebenen Adresse der Gläubigerin (….weg …) hat. Dass eines dieser Unternehmen mit der Grundschuldgläubigerin identisch oder deren Rechtsnachfolgerin ist, erscheint nicht ausgeschlossen und zwar selbst dann nicht, wenn sich aus den Registerunterlagen dieser Gesellschaften hierzu nichts ergibt. Denkbar ist nämlich auch, das es sich bei der Gläubigerin um eine Vor-GmbH oder GmbH in Gründung gehandelt hat, die zwar errichtet, aber zum damaligen Zeitpunkt noch nicht im Register eingetragen war (zur Grundbuchfähigkeit vgl. Demharter, a.a.O., § 19 Rn. 103 m.w.N.) und vor der Eintragung ihre Firma geändert hat. Es obliegt dem Antragsteller, diese Zweifel durch Vorlage geeigneter Beweismittel auszuräumen und den Sachverhalt im Einzelnen darzulegen. Anhaltspunkte hierfür bieten möglicherweise die Registerakten der beiden in F. ansässigen Gesellschaften und die Zwangsversteigerungsakte des AG Meiningen (K …./….). Im übrigen handelt es sich bei den Schuldnern aus dem der Eintragung zugrunde liegenden Prozessvergleich um die verstorbenen Eltern des Antragstellers, so dass es nicht ausgeschlossen ist, dass er selbst über Kenntnisse oder sogar Unterlagen verfügt, die den damaligen Zivilprozess betreffen.

IV.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst, weil die Beschwerde Erfolg hatte und deshalb Gerichtskosten nicht anfallen (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG Nr. 14510). Andere Beteiligte, denen die Erstattung außergerichtlicher Kosten aufgegeben werden könnte, sind nicht vorhanden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beschwerde Erfolg hatte und der Antragsteller deshalb durch die Entscheidung des Senats nicht beschwert ist. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind allein die Zwischenverfügungen des Grundbuchamts; an die weiterführenden Hinweise des Senats sind weder das Grundbuchamt bei der Entscheidung über den Löschungsantrag noch der Senat in einem eventuellen neuen Beschwerdeverfahren gebunden.

 

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