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Grundbucheintragung von Erben – Entbehrlichkeit der Vorlegung eines Erbscheins

OLG Jena –  Az.: 3 W 423/14 –  Beschluss vom 22.10.2014

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Hildburghausen vom 25.04.2014 in der Fassung der Verfügung vom 31.07.2014 – Nichtabhilfeentscheidung vom 28.08.2014 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführer zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 500,- € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Als Eigentümer des im Betreff bezeichneten Grundstücks sind im Grundbuch E und O W in Erbengemeinschaft eingetragen. Deren Erben bzw. Erbeserben schlossen am 15.03.2013 vor dem verfahrensbevollmächtigten Notar (Ur.-Nr. …../2013) einen Vertrag über die Aufhebung der Erbengemeinschaften und ließen das Grundstück an die Beteiligte zu 1 auf. Dabei wurde der Beteiligte zu 2 durch die Beteiligte zu 1 aufgrund einer von der Amtsschreiberei S beglaubigten Vollmacht vertreten. Die am 30.01.1965 verstorbene E W wurde – durch Erbschein nachgewiesen – u.a. von S R, geb. W beerbt. Deren Alleinerbe soll aufgrund eines dem Grundbuchamt vorgelegten privatschriftlichen Testaments der Beteiligte zu 2 sein. Auf den Vollzugsantrag des Urkundsnotars erließ das Grundbuchamt am 25.04.2014 eine Zwischenverfügung und forderte den Nachweis der Erbfolge nach S R durch Vorlage eines Erbscheins. Nachdem der Urkundsnotar Fotokopien der Sterbeurkunde von S R, deren Ehevertrag mit dem Beteiligten zu 2 sowie ein Protokoll über das Inventar und die Teilung des Vermögensnachlasses von S R, abgeschlossen zwischen dem Beteiligten zu 2 und den Kindern der Eheleute R vorgelegt hatte, hielt das Grundbuchamt mit der ergänzenden Verfügung vom 31.07.2014 an der Forderung fest, einen Erbschein vorzulegen. Hierauf könne nicht nach § 35 Abs. 3 GBO verzichtet werden, weil die Beschaffung des Erbscheins weder unverhältnismäßige Kosten noch Mühen verursache.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Urkundsnotars, der geltend macht, die Erbfolge nach S R sei eindeutig nachgewiesen; insbesondere sei das vorgelegte Protokoll über das Inventar und die Teilung des Vermögensnachlasses im schweizerischen Grundbuchverfahren anerkannt und vollzogen wurden. Die Beschaffung eines Erbscheins sei für den in der Schweiz ansässigen, gesundheitlich stark beeinträchtigten und bereits 76 Jahre alten Beteiligten zu 2 mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühen verbunden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt. In seiner Stellungnahme hierzu wiederholt der Urkundsnotar sein Vorbringen vor dem Grundbuchamt.

II.

Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Der Senat geht im Wege der Auslegung davon aus, dass der Urkundsnotar die Beschwerde nicht für alle der an dem Vertrag vom 15.03.2013 beteiligten Personen eingelegt hat, sondern nur im Namen derjenigen, die durch die Zwischenverfügung direkt betroffen sind. Das sind die Beteiligte zu 1 als Begünstigte des Vertrages und der Beteiligte zu 2, der die Erbenstellung nach S R für sich in Anspruch nimmt. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, weil das Grundbuchamt zu Recht den Nachweis der Erbfolge nach S R durch Vorlage eines Erbscheins gefordert hat.

Grundsätzlich ist der Nachweis der Erbfolge durch einen nach § 2353 BGB zu erteilenden Erbschein zu führen, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO. Zum Nachweis lässt das Gesetz außerdem die Vorlage einer öffentlichen Urkunde zu, die eine letztwillige Verfügung enthält, und zwar zusammen mit der Niederschrift über deren Eröffnung, § 35 Abs. 1 S. 2 GBO. Diese Möglichkeit kommt hier nicht in Betracht, weil lediglich ein privatschriftliches Testament von S R vorliegt. Nur ausnahmsweise kann das Grundbuchamt bei Eintragung eines Eigentümers hiervon absehen und sich mit anderen, nicht der Form des § 29 GBO entsprechenden Beweismitteln begnügen, wenn das Grundstück oder dessen Anteil weniger als 3.000,- € wert ist und die Beschaffung des Erbscheins nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist; in Betracht kommt dann auch die Versicherung an Eides statt, § 35 Abs. 3 GBO. Es entspricht soweit ersichtlich einhelliger Auffassung, dass im Hinblick auf die gesetzlich zugewiesene Aufgabenteilung zwischen Nachlassgericht und Grundbuchamt und die Gefahr von Amtshaftungsansprüchen bei Fehlentscheidungen des Grundbuchamts (Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 35 Rn. 38) von der Ausnahmeregelung des § 35 Abs. 3 GBO nur zurückhaltend Gebrauch zu machen ist (OLG München NotBZ 2014, 304 ff. m.w.N.). Danach muss es hier bei dem Nachweis durch Erbschein verbleiben.

Nach den Angaben im Vertrag beträgt der Bodenrichtwert in der betroffenen Gemarkung 0,35 €/m² für Grünland und 0.40 €/m² für Ackerland; von einem Grundstückswert von deutlich unter 3000,- € ist daher auszugehen. Wie bereits das Grundbuchamt zutreffend ausgeführt hat, setzt die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift aber nicht nur die Einhaltung der Wertgrenze für das betreffende Grundstück oder dessen Anteil voraus, sondern verlangt im Interesse der Rechtssicherheit darüber hinaus, dass die Beschaffung des Erbscheins nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten und/oder an Mühe möglich ist. Davon ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten nicht auszugehen. Der Wert des betroffenen Grundstücks beträgt nach deren eigenen Angaben maximal 535,20 € (0,40 € x 1338 m²). Da nach den Angaben der Beteiligten der Anteil an dem Grundstück der einzige noch nicht verteilte zum Nachlass von S R gehörende Gegenstand ist, liegt es nahe, nach § 2369 BGB einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu beantragen. Die Gerichtsgebühr beträgt mithin nach § 34 Abs. 2 GNotKG in Verbindung mit KV Nr. 12210 lediglich 19,- €; auch unter Berücksichtigung von Nebenkosten etwa für Porto u.ä. handelt es sich dabei ganz offensichtlich nicht um unverhältnismäßige Kosten. Für die Entstehung weiterer Kosten in größerem Umfang spricht nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten nichts. Das gilt auch für den Aufwand an Mühe. Dass sich der Beteiligte zu 2 in fortgeschrittenem Alter befindet und möglicherweise gesundheitlich beeinträchtigt ist – hierzu fehlt im Übrigen jeder konkrete Vortrag – vermag für sich allein keinen unverhältnismäßigen Müheaufwand zu begründen. Den Antrag auf Erteilung des Erbscheins kann er schriftlich an das zuständige Nachlassgericht stellen; er kann sich nach Maßgabe des § 10 FamFG auch durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Darlegung und der Nachweis der nach den §§ 2355, 2354 BGB erforderlichen Angaben mit irgendwelchen Schwierigkeiten verbunden sein könnten, liegen nicht vor. Vollständig ohne Belang für die nach deutschem Grundbuchverfahrensrecht maßgeblichen Nachweisanforderungen ist die vom Urkundsnotar dargelegte Verfahrensweise des Grundbuchverwalters in S nach dem dort maßgeblichen Grundbuchrecht. Lediglich der Hinweis des Grundbuchamts auf eine vermeintliche Zuständigkeit eines (nicht existierenden) Amtsgerichts „Berlin-Lichtenfels“ bedarf der Klarstellung. Sollte die Erblasserin deutsche Staatsangehörige gewesen sein, wäre nach § 343 Abs. 2 FamFG das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig. Sollte sie hingegen (nur) die Staatsangehörigkeit der Schweiz besessen haben, bestünde die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hildburghausen nach § 343 Abs. 3 FamFG.

III.

Die Beschwerdeführer haben nach § 84 FamFG die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde zu tragen. Im Hinblick auf den Grundstückswert und den Umstand, dass die Beschwerde nicht die Eintragung selbst, sondern nur eine Zwischenverfügung betrifft, hat der Senat als Gegenstandswert den Mindestwert nach § 34 Abs. 2 GNotKG angenommen. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor; der Senatsbeschluss ist daher mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.

 

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