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Abgabe Auflassungserklärung im Namen des Grundstücksveräußerers und Erwerbers

KG Berlin – Az.: 1 W 128/17 und 1 W 129/17 – Beschluss vom 11.04.2017

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligten haben einen Kaufvertrag über das im Beschlusseingang bezeichnete Grundstück abgeschlossen. Die Beteiligten zu 2 und 3 als Erwerber haben der Beteiligten zu 1 unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Vollmacht erteilt, die Auflassung auch in ihrem Namen zu erklären. Die Beteiligte zu 1, vertreten durch ihren Prokuristen, hat zu notarieller Urkunde die Auflassungserklärungen im eigenen Namen und im Namen der Beteiligten zu 2 und 3 abgegeben. Das Grundbuchamt hat mit der angefochtenen Zwischenverfügung eine Genehmigung der Beteiligten zu 1 gefordert, weil deren Prokurist nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Das vom Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht. Der Prokurist der Beteiligten zu 1 war nicht durch § 181 BGB gehindert, diese bei der Abgabe der Auflassungserklärungen in UR-Nr. 4… /2… des Notars Dr. H… zu vertreten. Einer Genehmigung der Beteiligten zu 1 bedarf es deshalb nicht.

Gemäß § 20 GBO darf im Falle der Auflassung eines Grundstücks die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils wirksam erklärt und dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist. Die Einigung muss von den Vertragsparteien nicht persönlich abgegeben werden. Sie kann auch von Vertretern erklärt werden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die Vertretungsmacht des Vertreters nachzuweisen (BayObLG, DNotZ 1989, 373). Insbesondere hat das Grundbuchamt auch zu prüfen, ob die Erklärungen des Vertreters im Hinblick auf das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) wirksam sind (Senat, FGPrax, 1998, 81).

Hier ist die Auflassung vom 27. April 2015 zur UR-Nr. 4… /2… allein durch den Prokuristen der Beteiligten zu 1 erklärt worden. Es ist deshalb im Ausgang nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt den Nachweis einer wirksamen Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens für erforderlich gehalten hat. Allerdings handelt es sich vorliegend nicht um ein von § 181 BGB erfasstes Insichgeschäft, so dass der Prokurist der Beteiligten zu 1 nicht gehindert war, die Beteiligte zu 1 bei dem Rechtsgeschäft zu vertreten.

Es könnte bereits zweifelhaft sein, ob die Abgabe der Auflassungserklärungen zu UR-Nr. 4… /2… formell den Tatbestand des § 181 BGB erfüllt. Denn der Prokurist ist dabei auf Veräußererseite im Namen der Beteiligten zu 1 und auf Erwerberseite ebenfalls nur im Namen der Beteiligten zu 1 aufgetreten – die wiederum Vertreter für die Beteiligten zu 2 und 3 war. Andererseits ist “Vertretener” im Sinne von § 181 BGB in einem Fall der mehrstufigen Vertretung derjenige, der bei dem Geschäft Vertragspartei werden soll (vgl. BGHZ 58, 115).

Dies kann indes dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man den Tatbestand des § 181 BGB formell als erfüllt ansieht, ist dieser für die vorliegende Fallgestaltung teleologisch zu reduzieren. Eine teleologische Reduktion des § 181 BGB ist auch für andere Fallgruppen anerkannt, in denen nach abstrakt-generellen Maßstäben ein Interessenkonflikt, vor dem § 181 BGB schützen soll, nicht bestehen kann (vgl. BGHZ 56, 97; Maier-Reimer in Erman, BGB, 14. Aufl., § 181 Rdn. 22; Schilken in Staudinger, BGB <2014>, § 181 Rdn. 7, 30; Schubert in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 181 Rdn. 5).

Ein Interessenkonflikt fehlt bereits strukturell, wenn für ein zweiseitiges Rechtsgeschäft die eine Vertragsseite die andere Vertragsseite unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zu Abgabe der Erklärungen bevollmächtigt hat, die bevollmächtigte Vertragspartei sich aber bei dem von der Gegenseite gestatteten Insichgeschäft vertreten lässt – z.B. weil es sich um eine juristische Person handelt, die nur durch organschaftliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter handeln kann. Der Vertreter der zum Insichgeschäft bevollmächtigten Vertragspartei nimmt bei Abgabe der Vertretererklärungen nur die Interessen seines Geschäftsherrn wahr. Zu dessen eigenem Geschäft – und damit auch zu dessen Interessen – gehört auch die Vertretung der Interessen der anderen Vertragspartei. Der Interessenkonflikt kann also allenfalls in der Person des (von der Gegenseite allerdings von § 181 BGB befreiten) Vertragspartners entstehen, nicht aber in der Person dessen, der nur für diesen Vertragspartner handeln will.

So liegt es auch hier: Der Prokurist hat bei der Abgabe der Auflassungserklärungen nur im Namen der Beteiligten zu 1 gehandelt. Soweit er Erklärungen im Namen der Beteiligten zu 1 als Vertreterin der Beteiligten zu 2 und 3 abgegeben hat, ist er der Beteiligten zu 1 nicht als Vertreter der Beteiligten zu 2 und 3 gegenübergetreten, sondern er hatte nur das Geschäft der Beteiligten zu 1 zu führen.

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