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Notarkosten bei Grundstückskauf – Geschäftswert bei Kaufpreiserhöhungen/Reduzierungen

OLG Jena – Az.: 4 W 321/19 – Beschluss vom 23.04.2020

1. Die Beschwerde des Antragstellers vom 20.08.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 14.08.2019, Az. 3 OH 42/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 333,20 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt auf Anweisung des Landgerichtspräsidenten die Feststellung der Berechtigung seiner Kostenrechnung Nr. M …-2014 vom 22.04.2014 in puncto „Fälligkeitsmitteilung“. Die Gebühr hierfür hat er aus einem Geschäftswert von 565.000,00 € berechnet. Dies beruht auf einer Herabsetzung des Grundstückskaufpreises aus einer notariellen Urkunde vom 12.03.2013 (UR-Nr. M …/2013) von ursprünglich 800.000,00 € auf 565.000,00 € mittels Nachtragsurkunde vom 16.04.2014 (UR-Nr. M …/2014). Aufgrund einer Revision der Ländernotarkasse hat diese eine Beanstandung ausgesprochen und die Auffassung vertreten, der Geschäftswert belaufe sich nur auf den Differenzbetrag von 235.000,00 €. Die Gebühr für die Fälligkeitsmitteilung betrage daher nicht 547,50 €, sondern nur 267,50 €. Der Landgerichtspräsident hat daraufhin den Antragsteller angewiesen, die Kostenrechnung entweder entsprechend herabzusetzen oder eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

Der Antragsteller hat sodann gerichtliche Entscheidung beantragt und die Auffassung vertreten, der Fall sei im Gesetz nicht geregelt. Die bestehende Regelungslücke sei durch Auslegung zu schließen. Maßgeblich sei nicht der Differenzbetrag, sondern der herabgesetzte endgültige Kaufpreis. Beide Urkunden stünden im Zusammenhang und dürften nicht getrennt voneinander beurteilt werden. Dem stehe nicht entgegen, dass er bereits aus dem ursprünglichen Kaufvertrag eine Fälligkeitsmitteilung erteilt und abgerechnet habe.

Die Kostenschuldnerin (Antragsgegnerin) hat sich nicht geäußert.

Das Landgericht hat nach Einholung einer erneuten Stellungnahme der Ländernotarkasse und Anhörung des Landgerichtspräsidenten die Kostenrechnung vom 22.04.2014 durch Beschluss vom 14.08.2019 entsprechend der Beanstandung der Ländernotarkasse und unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer um einen Betrag von 333,20 € herabgesetzt. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Der Beschluss ist dem Antragsteller am 16.08.2019 formlos zugegangen. Dieser hat mit Schriftsatz vom 20.08.2019, eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt. Er wiederholt seinen Standpunkt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 22.08.2019 nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zugang des Beschlusses des Landgerichts eingelegt worden (§§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i.V.m. § 63 Abs. 1, 3, 64 Abs. 2 FamFG).

2. Die Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Denn das Landgericht hat die Kostenrechnung des Antragstellers vom 22.04.2014 zu Recht herabgesetzt.

a. Die Gebühr für das Fälligkeitsattest ergibt sich aus Nr. 22200 des Kostenverzeichnisses zum Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) vom 23.07.2013 (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG). Es handelt sich um eine halbe Betreuungsgebühr. Nr. 22200 des Kostenverzeichnisses hat sieben Gliederungspunkte, von denen Nr. 2 einschlägig ist. Danach entsteht eine halbe Betreuungsgebühr „für die Prüfung und Mitteilung des Vorliegens von Fälligkeitsvoraussetzungen einer Leistung oder Teilleistung“.

b. Der Geschäftswert für eine Betreuungstätigkeit nach dieser Norm ergibt sich aus § 113 Abs. 1 GNotKG. Es ist derselbe Geschäftswert maßgeblich wie für eine Beurkundung. Nach § 97 Abs. 1 GNotKG bestimmt sich der Geschäftswert für eine Beurkundung von Verträgen nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, das Beurkundungsgegenstand ist. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift ist bei Verträgen, die den Austausch von Leistungen zum Gegenstand haben, nur der Wert der Leistungen des einen Teils maßgebend, bei Verschiedenheit der Leistungen der höhere Wert. Abs. 2 dieser Vorschrift regelt für Veränderungen eines Rechtsverhältnisses, dass der Wert des von der Veränderung betroffenen Rechtsverhältnisses nicht überschritten werden darf, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um mehrere Veränderungen handelt. Diese Vorschrift enthält für Vertragsänderungen somit nur eine Höchstwertregelung (Diehn, in: Bormann/ Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl. 2019, § 97 Rn. 22). Die genaue Höhe des Geschäftswerts bei Vertragsänderungen ist dort nicht geregelt. Deshalb ist insoweit auf die allgemeine Vorschrift des § 36 GNotKG zurückzugreifen (Tiedtke, in: Korintenberg, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 97 Rn. 10). Für Vertragsänderungen ist der Geschäftswert nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 36 Abs. 1 Fall 2 GNotKG). Bei bezifferten Kaufpreisreduzierungen oder -erhöhungen kommt es insoweit auf den Unterschiedsbetrag an (Ländernotarkasse, Leipziger Kostenspiegel, 2. Aufl. 2017, Rn. 2.1118 bis 2.1120; Tiedtke, in: Korintenberg, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 97 Rn. 12, 14; Diehn/Volpert, Praxis des Notarkostenrechts, 2. Aufl. 2018, Rn. 2594; Deecke, in: Leipziger Gerichts- und Notarkostenkommentar, 2. Aufl. 2016, § 97 Rn. 23, 25; Fackelmann, in: Schneider/Volpert/ Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, GNotKG § 97 Rn. 62, 65; Diehn, in: Bormann/ Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl. 2019, § 97 Rn. 27, 29; BeckOK KostR/Gläser, 27. Ed. 1.6.2019, GNotKG § 97 Rn. 11-11b). Dies ist allgemeine Auffassung und wurde bereits zur Vorgängerregelung des § 39 Abs. 1 S. 2 KostO vertreten, die mit § 97 Abs. 2 GNotKG übereinstimmt (Bund, JurBüro 1997, 182). Maßgeblich ist der Wert der Veränderung des Rechtsverhältnisses, nicht der Wert des veränderten Rechtsverhältnisses (Bund, a.a.O.). Dies folgt daraus, dass es insoweit auf Umfang und Bedeutung der Sache und den Grad des individuellen Interesses ankommt (Diehn, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl. 2019, § 36 Rn. 17). Die se Gesichtspunkte finden in der Kaufpreisreduzierung in Höhe von 235.000,00 € Ausdruck. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass ein Fälligkeitsattest aus dem ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von 800.000,00 € bereits erteilt und abgerechnet worden war (Schreiben vom 12.04.2013, Bl. 35 f.), in welchem der reduzierte Kaufpreis in Höhe von 565.000,00 € „als Minus“ enthalten war. Damit war die Betreuungstätigkeit insoweit bereits abgerechnet worden. Die Nachtragsurkunde betrifft hingegen – worauf der Landgerichtspräsident in seinem Anweisungsschreiben vom 21.08.2018 (Bl. 7 f.) zutreffend hingewiesen hat – eine Aufhebung der Fälligkeit in Höhe des Differenzbetrages von 235.000,00 €, so dass dieser maßgeblich ist.

Der Antragsteller kann für seine Auffassung nicht den Aufsatz von Harder in NotBZ 2015, Seite 321 ff., anführen. Denn dieser befasst sich nicht mit der vorliegenden Fallgestaltung, sondern mit einer Vollzugsgebühr bei Beurkundung mehrerer Erklärungen in einer Urkunde. Soweit Harder auf Seite 327 hinsichtlich der Vorschrift des § 112 GNotKG eine „ungeschriebene Ausnahme“ für den Fall befürwortet, dass der Kaufpreis nachträglich erhöht wird und somit der höhere Gesamtkaufpreis als Geschäftswert maßgeblich sei, betrifft auch diese Lösung nicht den vorliegenden Fall. Denn hier hat sich der Geschäftswert nicht nachträglich erhöht, sondern reduziert.

Es kommt hinzu, dass der Arbeitsaufwand eines Notars für die Beurkundung einer nachträglichen Herabsetzung des Kaufpreises weniger hoch ist als für die Errichtung des ursprünglichen Grundstückskaufvertrags. Bei der Ermessensausübung nach § 36 Abs. 1 Fall 2 GNotKG ist auch der Arbeitsaufwand eines Notars zu berücksichtigen (Bormann, in: Korintenberg, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 36 Rn. 14; Hüttinger, in: Leipziger Gerichts- und Notarkostenkommentar, 2. Aufl. 2016, § 36 Rn. 10; Heinemann, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, GNotKG § 36 Rn. 31; Diehn, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl. 2019, § 36 Rn. 17).

Deshalb rechtfertigt sich auch unter diesem Gesichtspunkt ein Abstellen auf den Unterschiedsbetrag. Zwar mag der Arbeitsaufwand für das neue Fälligkeitsattest derselbe sein wie für das alte.

Hinsichtlich des Geschäftswerts für das Fälligkeitsattest ist aber auf den Arbeitsaufwand für die Beurkundung abzustellen (§ 113 Abs. 1 GNotKG).

§ 96 GNotKG, wonach es für die Wertberechnung auf den Zeitpunkt der Fälligkeit ankommt, steht nicht entgegen. Denn diese Vorschrift bezieht sich auf § 10 GNotKG, wonach Notargebühren mit der Beendigung des Verfahrens oder des Geschäfts, Auslagen des Notars und die Gebühren 25300 und 25301 sofort nach ihrer Entstehung fällig werden. Insoweit kann hinsichtlich der Nachtragsbeurkundung frühestens auf die Beendigung dieses Verfahrens abgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Kaufpreis aber reduziert.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG, 81 Abs. 1 S. 1, 84 FamFG.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof scheidet aus, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§§ 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG, 70 Abs. 2 FamFG). Der Senat weicht nicht von einer höchstrichterlichen Entscheidung ab. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsanwendung, noch erfordert sie eine Fortbildung des Rechts.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 55 Abs. 2 FamGKG.

 

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