Geschäftswert bei gGmbH-Anteil: OLG Rostock bestätigt Notarkostenrechnung
Bei der rechtlichen Bewertung von Transaktionen von Unternehmensanteilen steht oft die Frage im Raum, welcher Wert als Bemessungsgrundlage für die anfallenden Notarkosten herangezogen werden soll. Speziell bei gemeinnützigen Gesellschaften entsteht eine komplexe Situation, wenn der vermeintliche Geschäftswert des Geschäftsanteils von der buchhalterischen Bewertung des Eigenkapitals abweicht und ein anderer Kaufpreis vereinbart wird. Hier öffnet sich ein Spannungsfeld zwischen der buchhalterischen Notwendigkeit, die Bilanz wahrheitsgetreu darzustellen, und dem rechtlichen Anspruch, bei der Gebührenbemessung für notarielle Dienstleistungen auch die Gemeinnützigkeit einer Organisation zu berücksichtigen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die Festsetzung des Geschäftswerts bei der Beurkundung eines Kaufvertrages über einen Geschäftsanteil muss nicht zwingend am Nominalwert des Anteils orientiert sein, sondern kann sich am tatsächlichen Wert des Eigenkapitals der Gesellschaft ausrichten, selbst wenn es sich um eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) handelt.
Zentrale Punkte aus dem Urteil:
- Die Beschwerde gegen die Kostenrechnung eines Notars wurde abgewiesen, da die Bewertung des Geschäftsanteils einer gGmbH auf dem Wert des Eigenkapitals basieren darf.
- Die Bewertung des Eigenkapitals, nicht der Nominalwert, diente als Grundlage für die Notarkosten, auch im Kontext einer gGmbH.
- Das Gericht bestätigte, dass die Anwendung des § 266 Abs. 3 HGB gerechtfertigt ist und der tatsächliche Wert des Anteils maßgeblich sein kann.
- Die Klägerin argumentierte für eine Bewertung auf Basis des Nominalwerts, da dies ihrer Auffassung nach die Gemeinnützigkeit widerspiegelt.
- Der Senat stellte klar, dass der Gesetzgeber keine Sonderregelung für gemeinnützige Gesellschaften vorgesehen hat und somit keine alleinige Orientierung am Nennwert geboten ist.
- Die Auslegung des Landgerichts wurde bestätigt, dass der Geschäftswert nicht vom Nominalwert, sondern vom tatsächlichen Wert abhängt.
- Es wurde festgestellt, dass die bilanzielle Behandlung von Sonderposten für Investitionszuschüsse als Eigenkapital nicht gegen das HGB verstößt.
- Das Urteil betont die Bedeutung einer praxisnahen, pauschalen und praktikablen Form der Wertermittlung im Gesellschaftsrecht.
Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Was bestimmt den Geschäftswert bei der Beurkundung eines Kaufvertrags über Geschäftsanteile?
- Wie wird die Gemeinnützigkeit einer GmbH bei der Kostenrechnung berücksichtigt?
- Inwiefern beeinflusst § 266 Abs. 3 HGB die Bewertung des Eigenkapitals einer GmbH?
- Welche Rolle spielen die §§ 97, 54 GNotKG bei der Festsetzung von Notarkosten?
- Das vorliegende Urteil
Dies führt zu der Kernfrage, ob und inwieweit die Bewertungsgrundlagen des Handelsgesetzbuchs, insbesondere der § 266 Abs. 3 HGB, auch bei gemeinnützigen Gesellschaften anzuwenden sind oder ob hier eine andere, womöglich auf den Nominalwert des Geschäftsanteils bezogene Bemessung gerechtfertigt ist. Die juristische Herausforderung liegt dabei in der Auslegung des Gerichts- und Notarkostengesetzes, die eine Entscheidung darüber verlangt, ob der tatsächliche Wert oder der Nennwert eines Geschäftsanteils für die Berechnung der Notarkosten ausschlaggebend ist.
Die Klärung dieser Frage ist von weitreichender Bedeutung, da sie nicht nur Auswirkungen auf die Kostenstruktur der betroffenen gemeinnützigen Gesellschaft hat, sondern auch auf die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit von Transaktionen im Bereich des Gesellschaftsrechts. Keywords wie Geschäftswert, Kaufvertrag, gGmbH, Notarkosten, Gemeinnützigkeit, Gesellschaftsanteil, Kostenrechnung, Eigenkapital, Gebührenbemessung und Veräußerung sind in diesem Kontext von besonderer Relevanz und dienen als Indikatoren für die juristischen Schlüsselaspekte der Thematik.
Bewertung des Geschäftswerts bei gemeinnützigen GmbHs
Im Mittelpunkt des juristischen Disputs stand die Frage, wie der Geschäftswert bei der Beurkundung eines Kaufvertrags über einen Geschäftsanteil an einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) zu bemessen ist. Konkret ging es um eine Kostenrechnung des Antragsgegners für die Beurkundung eines solchen Vertrages. Der Antragsgegner legte einen Wert von über 2 Millionen Euro zugrunde, der dem Wert des Eigenkapitals des veräußerten Geschäftsanteils gemäß § 266 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) entsprechen sollte. Die Antragstellerin, deren Identität nicht offenbart wurde, argumentierte hingegen, dass aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit nicht der Wert des Eigenkapitals, sondern der wesentlich geringere Nominalwert des Geschäftsanteils von 6.500 Euro anzusetzen sei.
Die rechtliche Herausforderung der Notarkosten-Bemessung
Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall ergab sich aus der Auslegung des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG), insbesondere der §§ 97, 54 GNotKG, die die Bemessungsgrundlage für die Notarkosten in Bezug auf den Geschäftswert regeln. Während die Antragstellerin eine Auslegung bevorzugte, die den Nominalwert des Anteils als maßgeblich erachtet, vertrat das Landgericht die Auffassung, dass gemäß der aktuellen Gesetzeslage auch bei gemeinnützigen Gesellschaften der tatsächliche Wert und nicht nur der Nennwert anzusetzen ist.
Landgerichtliche Entscheidung und systematische Auslegung
Das Landgericht Rostock wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück und bestätigte die Kostenrechnung des Antragsgegners. Das Gericht stützte sich dabei auf eine systematische Auslegung der relevanten gesetzlichen Bestimmungen und führte an, dass die gesetzlichen Materialien keinen Hinweis darauf geben, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, bei gemeinnützigen Gesellschaften ausschließlich den Nennwert anzusetzen. Zudem wurde angeführt, dass die gefundene Auslegung keine verfassungsrechtlichen Bedenken aufwerfe und durch die Praxis bestätigt wird, bei erheblichen Diskrepanzen zwischen Nennwert und tatsächlichem Wert eines Geschäftsanteils den tatsächlichen Wert heranzuziehen.
Die Antragstellerin verwies auf eine gegenteilige Rechtsprechung des Kammergerichts, insbesondere im Hinblick auf die Behandlung von Sonderposten für Investitionszuschüsse als Eigenkapital. Die Stellungnahme der Ländernotarkasse jedoch unterstützte die Auffassung des Landgerichts sowohl hinsichtlich der Auslegung des § 54 GNotKG als auch hinsichtlich der Behandlung des bilanziellen Sonderpostens für Investitionszuschüsse als Eigenkapital.
Signifikante Auswirkungen auf die Notarpraxis
Das Oberlandesgericht Rostock folgte in seiner Entscheidung der Argumentation des Landgerichts und ließ die Beschwerde der Antragstellerin nicht zu. Es wurde betont, dass der Gesetzgeber bewusst eine pauschale, aber praktikable Form der Wertermittlung gewählt hat und dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Entscheidung bestehen.
Die Auswirkungen dieses Urteils sind signifikant für die Praxis der Notare und die Abwicklung von Transaktionen bei der Veräußerung von Anteilen gemeinnütziger Gesellschaften. Es stellt klar, dass auch bei gemeinnützigen Gesellschaften der tatsächliche Wert des Anteils und nicht nur der Nennwert als Bemessungsgrundlage für die Notarkosten herangezogen werden kann.
Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer präzisen und fundierten juristischen Argumentation und unterstreicht die Notwendigkeit, dass auch gemeinnützige Organisationen bei rechtlichen Transaktionen eine fachkundige Beratung in Anspruch nehmen sollten, um überraschende Kosten zu vermeiden. Es zeigt auch, dass die Auslegung des Gesetzgebers hinsichtlich des Geschäftswerts und der damit verbundenen Notarkosten weitreichende finanzielle Konsequenzen haben kann.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was bestimmt den Geschäftswert bei der Beurkundung eines Kaufvertrags über Geschäftsanteile?
Der Geschäftswert bei der Beurkundung eines Kaufvertrags über Geschäftsanteile wird in Deutschland durch das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt. Gemäß § 54 GNotKG wird der Geschäftswert für die Übertragung der Geschäftsanteile nach dem Eigenkapital der Gesellschaft bestimmt. Wenn kein genügender Anhaltspunkt für einen höheren Wert besteht, bestimmt sich der Wert nach dem Eigenkapital im Sinne des § 266 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB), das auf den jeweiligen Anteil entfällt.
Es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber nicht unterscheidet, ob es sich um eine individuelle oder gemeinnützige Kapitalgesellschaft handelt. In den Fällen, in denen ein Geschäftsanteil jedoch nicht einen seinem Anteil am Stammkapital entsprechenden Anteil am Gewinn und Liquidationserlös der Gesellschaft vermittelt, entfällt auch mehr oder entsprechend weniger des Eigenkapitals der Gesellschaft auf den jeweiligen Geschäftsanteil.
Zusätzlich zu diesen gesetzlichen Bestimmungen können auch andere Faktoren den Geschäftswert beeinflussen. Beispielsweise kann der Verkäufer den Verkaufspreis anhand des Kapitalkontos zusätzlich der stillen Reserven, welche anteilig auf ihn als Gesellschafter entfallen, ermitteln. Andererseits kann er den zukünftig zu erwartenden unternehmerischen Erfolg hinzufügen, der nicht in der Bilanz sichtbar ist. Dieser Gesamtwert entspricht dem wahren Wert des Firmenanteils.
Es gibt auch verschiedene betriebswirtschaftliche Bewertungsverfahren, die zur Bewertung von Unternehmen und daraus abgeleiteten Anteilen angewendet werden können. Diese Verfahren umfassen das Buchwertverfahren, das Ertragswertverfahren, das Substanzwert-Verfahren, das Mittelwertverfahren, das Übergewinn-Kapitalisierungs-Verfahren, das Schweizer Verfahren, das Wiener Verfahren, das Umsatzverfahren und das (ausführliche) Ertragswertverfahren.
Schließlich kann auch eine Due Diligence-Prüfung durchgeführt werden, um den Wert eines Unternehmens und seiner Anteile zu ermitteln. Diese Prüfung umfasst eine sorgfältige Analyse der wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse des Unternehmens durch einen potenziellen Käufer.
Wie wird die Gemeinnützigkeit einer GmbH bei der Kostenrechnung berücksichtigt?
Die Gemeinnützigkeit einer GmbH wird bei der Kostenrechnung in Deutschland durch verschiedene steuerliche Vorteile und Befreiungen berücksichtigt. Eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) ist von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit, solange sie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Dies bedeutet, dass die Gewinne der gGmbH nicht besteuert werden, solange sie für die satzungsgemäßen gemeinnützigen Zwecke verwendet werden.
Die Umsatzsteuer kann für eine gGmbH ebenfalls reduziert oder ganz befreit sein, wenn die Leistungen im ideellen Bereich erbracht werden. Bei wirtschaftlichen Aktivitäten, die zur Finanzierung der gemeinnützigen Zwecke notwendig sind, kann die gGmbH unter bestimmten Voraussetzungen steuerpflichtig sein. In solchen Fällen müssen die Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (ohne Zweckbetriebe) die Freigrenze von 35.000 Euro jährlich (Bruttoeinnahmen) nicht überschreiten, um von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit zu bleiben.
Die Buchhaltung einer gGmbH sollte die verschiedenen Tätigkeitsbereiche und Sphären der Gemeinnützigkeit berücksichtigen, um die steuerlichen Vorteile und Befreiungen korrekt anzuwenden. Es ist wichtig, die Leistungen in der Buchhaltung präzise abzugrenzen, welche Leistungen rein ideell-gemeinnützig sind und welche dem Wirtschaftsbetrieb zuzuordnen sind.
Inwiefern beeinflusst § 266 Abs. 3 HGB die Bewertung des Eigenkapitals einer GmbH?
Gemäß § 266 Abs. 3 HGB ist das Eigenkapital einer GmbH in der Bilanz in bestimmter Weise zu gliedern. Diese Gliederung ist maßgeblich für die Bewertung des Eigenkapitals und umfasst folgende Hauptposten:
1. Gezeichnetes Kapital: Dieser Posten umfasst das Stammkapital der GmbH, das zum Nennbetrag angesetzt wird.
2. Kapitalrücklage: Hier werden Rücklagen erfasst, die nicht aus Gewinnen der Gesellschaft gebildet sind. Beispiele hierfür sind der Betrag, der bei der Ausgabe von Anteilen über den Nennbetrag hinaus erzielt wird, oder der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird.
3. Gewinnrücklagen: Diese umfassen verschiedene Unterposten wie die gesetzliche Rücklage, Rücklagen für eigene Anteile, satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen.
4. Gewinnvortrag/Verlustvortrag: Hier wird der Gewinn oder Verlust aus dem vorherigen Geschäftsjahr erfasst.
5. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag: Dieser Posten zeigt den Gewinn oder Verlust des aktuellen Geschäftsjahres.
Es ist zu erwähnen, dass bestimmte Posten, die das Eigenkapital beeinflussen, an anderer Stelle in der Bilanz ausgewiesen werden. Dazu gehören die eingeforderten ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital, die unter den Forderungen im Umlaufvermögen auszuweisen sind (§ 272 Abs. 1 Satz 2 HGB), und der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag, der am Schluss der Bilanz auf der Aktivseite gesondert auszuweisen ist (§ 268 Abs. 3 HGB).
Die genaue Gliederung und Bewertung des Eigenkapitals kann je nach Größe der GmbH variieren. Kleine Kapitalgesellschaften können beispielsweise eine verkürzte Bilanz aufstellen, in der das gesamte Eigenkapital in einem Posten gezeigt wird.
Welche Rolle spielen die §§ 97, 54 GNotKG bei der Festsetzung von Notarkosten?
Die §§ 97 und 54 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) spielen eine entscheidende Rolle bei der Festsetzung von Notarkosten in Deutschland.
Gemäß § 97 GNotKG bestimmt sich der Geschäftswert bei der Beurkundung von Verträgen und Erklärungen nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, das Beurkundungsgegenstand ist. Wenn es sich um Veränderungen eines Rechtsverhältnisses handelt, darf der Wert des von der Veränderung betroffenen Rechtsverhältnisses nicht überschritten werden. Bei Verträgen, die den Austausch von Leistungen zum Gegenstand haben, ist nur der Wert der Leistungen des einen Teils maßgebend; wenn der Wert der Leistungen verschieden ist, ist der höhere maßgebend.
Der § 54 GNotKG bezieht sich auf bestimmte Gesellschaftsanteile. Wenn keine genügenden Anhaltspunkte für einen höheren Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Kommanditbeteiligungen bestehen, bestimmt sich der Geschäftswert nach den Regelungen dieses Paragraphen.
Die Notarkosten werden also auf der Grundlage des Geschäftswerts berechnet, der sich aus den Bestimmungen der §§ 97 und 54 GNotKG ergibt. Der Geschäftswert ist dabei ein maßgeblicher Faktor für die Höhe der Notarkosten. Je höher der Geschäftswert, desto höher sind in der Regel auch die Notarkosten.
Die genaue Berechnung der Notarkosten kann jedoch komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Art des Rechtsgeschäfts, der Komplexität des Falles und anderen spezifischen Umständen. Daher ist es ratsam, sich bei Bedarf professionelle Unterstützung zu suchen, um eine genaue Einschätzung der zu erwartenden Notarkosten zu erhalten.
Das vorliegende Urteil
OLG Rostock – Az.: 7 W 14/21 – Beschluss vom 23.06.2021
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 25.04.2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die im Beschwerdeverfahren notwendig entstandenen Kosten zu erstatten.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 13.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 15.03.2018 (Anlage Ast 1, Bl. 9 d.A.). Gegenstand der Rechnung sind Gebühren und Auslagen des Antragsgegners aus der Beurkundung eines Kauf- und Abtretungsvertrages über einen GmbH-Geschäftsanteil. Der Antragsgegner hat in seiner Kostenrechnung einen Wert von 2.266.912,16 € zugrunde gelegt, bei dem es sich um den auf den veräußerten Geschäftsanteil entfallenden Wert des Eigenkapitals der Gesellschaft i.S.d. § 266 Abs. 3 HGB handeln soll. Die Antragstellerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass im Hinblick auf ihre Gemeinnützigkeit nicht der anteilige Wert des Eigenkapitals i.S.d. § 266 Abs. 3 HGB, sondern der als Kaufpreis festgelegte Nominalwert des Geschäftsanteils in Höhe von 6.500,00 € hätte zugrunde gelegt werden müssen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.04.2019 hat das Landgericht nach Anhörung des Landgerichtspräsidenten gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 GNotKG die streitgegenständliche Kostenrechnung aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass abweichend vom früheren Recht nach der nunmehr gültigen Regelung in § 54 GNotKG auch im Fall einer gemeinnützigen Gesellschaft nicht allein auf den Nennbetrag des Anteils abgestellt werden dürfe. Dies ergebe sich aus dem Fehlen einer besonderen Regelung für gemeinnützige Gesellschaften. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Gegen die ihr am 30.04.2019 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am 29.05.2019 Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 09.07.2019 nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung ihrer Beschwerde wiederholt die Antragstellerin ihre bereits erstinstanzlich vertretene Auffassung, dass bei einer Auslegung nach Wortlaut, systematischer Stellung der Vorschriften und dem Willen des historischen Gesetzgebers der Geschäftswert der Übertragung von Geschäftsanteilen einer gemeinnützigen GmbH gem. §§ 97, 54 GNotKG ausschließlich nach dem anteiligen Nennkapital des Geschäftsanteils zu bemessen sei. Soweit sich den Gesetzesmaterialien nichts über die Bemessung des Geschäftswerts von Geschäftsanteilen an einer gemeinnützigen GmbH entnehmen lasse, könne entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung nicht von der Absicht des Gesetzgebers zu einer umfassenden Neugestaltung ausgegangen werden, sondern es sei anzunehmen, dass der Gesetzgeber das Problem der Bemessung des Geschäftswerts von Geschäftsanteilen an einer gemeinnützigen Gesellschaft nicht gesehen habe.
Dafür spreche auch die Vermutung, dass der historische Gesetzgeber eine verfassungskonforme Regelung habe treffen wollen. Die Antragstellerin vertritt insoweit die Auffassung, dass die Regelung im § 54 Abs. 1. S. 1 GNotKG in der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung höherrangiges Recht (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzen würde.
Darüber hinaus ist die Antragstellerin der Auffassung, dass die Behandlung des Sonderpostens für Investitionszuschüsse als Eigenkapital die Vorschrift des § 266 Abs. 3 HGB verletze, weil es sich insoweit um eine reine Bilanzierungshilfe handle, die dort ausdrücklich nicht als Bestandteil des Eigenkapitals genannt sei.
Der Senat hat gemäß § 128 Abs. 1 GNotKG die Ländernotarkasse um Stellungnahme gebeten. In ihrer Stellungnahme vom 12.05.2021 hat die Ländernotarkasse sich sowohl hinsichtlich der Auslegung des § 54 GNotKG als auch hinsichtlich der Behandlung des bilanziellen Sonderpostens für Investitionszuschüsse als Eigenkapital der Auffassung des Landgerichts angeschlossen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Stellungnahme vom 12.05.2021 (Bl. 68-71 d.A.) Bezug genommen.
Die Antragstellerin hält auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Ländernotarkasse an ihrer Rechtsauffassung fest. Ergänzend weist die Antragstellerin darauf hin, dass die Behandlung des bilanziellen Sonderpostens für Investitionszuschüsse als Eigenkapital auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Kammergerichts (Beschluss vom 11.09.2020, 9 W 113/19, juris Rn. 9 f. der Gründe) stehe.
II.
Die gem. § 129 Abs. 1 GNotKG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Antragsstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss den anteiligen Wert des Eigenkapitals gem. §§ 97, 54 GNotKG als maßgeblichen Wert für die Kostenrechnung angesetzt und ist insoweit auch zutreffend von dem vom Antragsgegner in der streitgegenständlichen Kostenrechnung zugrunde gelegten Geschäftswert von 2.266,912,60 € ausgegangen.
Aus Wortlaut und Systematik der Regelung folgt entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, dass bei der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft der auf diesen Wert entfallende Anteil des Eigenkapitals als Mindestwert anzusetzen ist. Auf einen gegebenenfalls niedrigeren Kaufpreis für den Anteil kommt es gemäß § 97 Abs. 3 GNotKG nicht an. Auch kann entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung aus dem Schweigen der Gesetzesmaterialien zur Bemessung des Geschäftswerts von Geschäftsanteilen an einer gemeinnützigen GmbH nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber das Problem nicht gesehen habe. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Geschäftswert stets nach dem tatsächlichen Wert und nicht nach dem Nominalwert des Geschäftsanteils bemessen wollte und sich insoweit in § 54 GNotKG für eine pauschale aber praktikable Form der Wertermittlung entschieden hat.
Diese Entscheidung des Gesetzgebers begegnet auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Zum einen durfte der Gesetzgeber von der naheliegenden Annahme ausgehen, dass erhebliche Diskrepanzen zwischen dem Nennwert und dem tatsächlichen Wert eines Geschäftsanteils bei gewinnorientiert tätigen Gesellschaften häufiger und in größerem Ausmaß vorkommen dürften als bei gemeinnützigen Gesellschaften. Schon aus diesem Grunde ergeben sich bei der Gebührenbemessung nach dem tatsächlichen Wert entsprechende Unterschiede zwischen Anteilen an einer gewinnorientierten und einer gemeinnützigen Gesellschaft, ohne dass es von Verfassungs wegen geboten wäre, die Bemessung zusätzlich anhand unterschiedlicher Maßstäbe vorzunehmen. Wenn aber im Einzelfall – wie von der Ländernotarkasse in ihrer Stellungnahme geltend gemacht – die Möglichkeit besteht, dass das wirtschaftliche Interesse auch des Gesellschafters einer gemeinnützigen GmbH den Nennwert seines Geschäftsanteils erheblich übersteigt, so ist zum anderen für derartige Fälle ebenfalls kein zwingender Grund ersichtlich, diesen Umstand bei der Gebührenbemessung nicht in gleicher Weise zu berücksichtigen wie im Falle der Veräußerung eines Geschäftsanteils an einer gewinnorientiert tätigen Gesellschaft.
Auch die Behandlung des bilanziellen Sonderpostens für Investitionszuschüsse als Eigenkapital ist nicht zu beanstanden. Entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung folgt auch aus der von ihr zitierten Entscheidung des Kammergerichts nichts anderes. Die Entscheidung des Kammergerichts betrifft nicht die Behandlung von Investitionszuschüssen, sondern die Berücksichtigung von Gesellschafterdarlehen. Soweit das Kammergericht in seiner Entscheidung darauf hinweist, dass Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen bei der Berechnung des Eigenkapitals im Sinne von § 266 Abs. 3 HGB nicht zu berücksichtigen seien, lässt sich daraus über die Behandlung der Investitionszuschüsse als Eigenkapital nichts entnehmen. Insoweit besteht auch kein Widerspruch zwischen der vorgenannten Entscheidung des Kammergerichts und der vom Landgericht zugrunde gelegten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden in seinem Beschluss vom 05.07.2017 (17 W 430/17).
III.
Eine Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren durch den Senat ist im Hinblick auf §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG nicht veranlasst.
Die Entscheidung über die Erstattung notwendiger Aufwendungen im Beschwerdeverfahren beruht auf § 130 Abs. 3 GNotKG i.V.m. § 84 FamFG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 61 GNotKG. Der Wert ergibt sich hier aus der Gebührendifferenz zwischen dem vom Antragsgegner zugrunde gelegten Geschäftswert von 2.266,912,60 € und dem von der Antragstellerin für richtig gehaltenen Geschäftswert in Höhe von 6.500,00 €.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 130 Abs. 3 S.1 GNotKG i.V.m. § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG).