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Wegerecht – Festlegung Ausübungsstelle als Inhalt der Grunddienstbarkeit

AG Bergisch Gladbach – Az.: 68 C 1/20 – Urteil vom 16.06.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags geleistet wird.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage machen die Klägerinnen einen Anspruch aus einem Wegerecht geltend.

Die Parteien sind Eigentümer bzw. Miteigentümer benachbarter Grundstücke. Das Grundstück … Straße XYZ ist entlang der … Straße mit einem Wohnhaus bebaut, allerdings beiderseits grenzständig, sodass das Hinterland, auf dem zudem ein weiteres Wohnhaus mit der Hausnummer XYZa steht, nur über einen Weg erreichbar ist, der links daneben außen an der Grenze des Grundstücks … Straße XYZ, also dem Beklagtengrundstück, liegt.

Ursprünglich stand das gesamte Grundstück im Eigentum von Herrn L, der den linken Teil mit notariellem Kaufvertrag vom 23.02.1966 (Anl. K4, Bl. 9 ff. GA; Anlage K12, Bl. 46 GA) an seinen Sohn veräußerte und in der Urkunde dem jeweiligen Eigentümer eine Grunddienstbarkeit zum Gehen und Fahren von der und auf die … Straße eintragen ließ. Der genaue Wortlaut der Regelung im notariellen Vertrag lautete wie folgt:

„Der Käufer räumt hiermit dem jeweiligen Eigentümer des dem Verkäufer verbleibenden Restgrundstücks das unentgeltliche Recht hiermit ein, entlang der Nordgrenze des vorerworbenen Grundstücksteils auf dem auf der anliegenden Skizze blau schraffierten Teilstück zu gehen und zu fahren, um von der … Straße auf die berechtigte Parzelle und von der berechtigten Parzelle auf die … Straße gelangen zu können.“

Das Wegerecht wurde im Grundbuch zulasten des Beklagtengrundstücks und zugunsten des klägerischen Grundstücks eingetragen. Der genaue Wortlaut der Eintragung im Grundbuch lautet wie folgt:

„Wegerecht für den jeweiligen Eigentümer der Parzelle Gemarkung D Flur 2 Flurstück 2241 (Bl. 0275). Mit Bezug auf die Bewilligung vom 02.11.1966 eingetragen am 23.11.1966.“

Die Klägerinnen bauten das ursprünglich als Einfamilienhaus erworbene Grundstück aus und errichteten zwischenzeitlich vier Wohnungen, welche sie vermieteten.

Auf dem Hinterland des Grundstücks der Klägerinnen befinden sich noch mehrere Stellplätze für Mitbewohner.

Die Beklagten setzten zwei rot-weiß lackierte Begrenzungspfähle, wobei der eine keine Auswirkung auf den Radius hatte, den man mit den Fahrzeugen nehmen muss, um von dem Wegerechtsbereich auf das Grundstück der Klägerinnen einzubiegen. Der andere Pfahl wurde allerdings von der Ecke der Garage in nur 4 m Entfernung gesetzt, sodass die verbleibende Breite der Abfahrt nur noch etwa 3,33 m betrug. Die Front der Garagen auf dem Grundstück der Klägerinnen ist von der Grenze 4,30 m entfernt.

Nachdem der zweite nördlichere Pfahl gesetzt worden war, war dieser umzuklappen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.07.2017 (Anl. K9, Bl. 18 ff. GA) forderten die Klägerinnen die Beklagten zur Entfernung des Pfeilers und Unterlassen des Parkens unter Fristsetzung und Gebührenberechnung auf.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.07.2017 (Anlage 10, Bl. 22 ff. GA) erwiderten die Beklagten, dass eine Einschränkung der Durchfahrtsbreite nicht gegeben sei, da diese auf 3 m beschränkt sei.

Die Klägerinnen behaupten, dass der zweite nördlichere Pfahl nicht mehr umzuklappen sei.

Die Klägerinnen behaupten, dass das Abbiegen nach rechts oder, von ihrem Grundstück kommend nach links, erheblich eingeschränkt sei. Es funktioniere nur noch mit Kleinwagen und bei sehr guten Fahrkünsten mit Fahrzeugen der unteren Mittelklasse. Handwerker mit normal großen Lieferfahrzeugen, Möbellieferanten, Öllieferanten, Notfallfahrzeuge, Müllfahrzeuge und ähnliche können ihr Grundstück nicht erreichen.

Die Klägerinnen behaupten, dass die Beklagten vor der untersten Garage dauerhaft Fahrzeuge, auch einen Anhänger, parken.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass das Wegerecht ihnen uneingeschränkt zustehe, vor allem gebe es in der gewährenden notariellen Urkunde keine Festlegung auf eine bestimmte Breite oder bestimmte Zwecke. Der Weg an der westlichen Grundstücksgrenze sei nur schematisch durch Striche und Schraffur gekennzeichnet, er habe aber keine Angabe der Breite. Der Umfang der Nutzung richte sich unter Berücksichtigung der schonenden Ausübung auf alles, was auf einem Wohngrundstück unter Ausnutzung der rechtmäßigen Baugenehmigung ortsüblich sei. Hierzu gehöre auch die Nutzung des Wegerechts durch Lieferanten, Tankwagen Umzugswagen o.ä. Wegerechte passen sich der Lebenssituation der Berechtigten an und erfahren insoweit teilweise Erweiterungen hinsichtlich Frequenz, Art der Fahrzeuge und ähnlichem, teilweise schränken sie sich aber auch ein, weil sie im ursprünglichen Zustand nicht mehr benötigt werden.

Die Klägerinnen beantragen,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den rot-weiß lackierten metallenen Begrenzungspfahl, der auf der Grenze zwischen den Flurstücken 2240 (… Straße xxx) und 2721 (… Straße xxx), jeweils Bergisch Gladbach, der Gemarkung D Flur 2, im Boden verankert ist und in nördlicher Richtung von der grenzständigen Garage aus ca. 4 m entfernt ist, zu entfernen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, vor der auf dem Grundstück XX… Straße XXX ganz südlich gelegenen Garage länger als zum Be- und Entladen mit einer Dauer von ca. 3 bis 5 Minuten mit Fahrzeugen aller Art und Anhängern zu parken;

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie Kosten vorgerichtlicher Anwaltsgebühren i.H.v. 248,71 EUR zu erstatten.

Die Beklagten beantragen,  die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass sich die Dienstbarkeit nicht auf das gesamte Flurstück beziehe, vielmehr eine konkrete Ausübungsstelle für die Dienstbarkeit bezeichnet und festgelegt worden sei. Nur auf diesen festgelegten Bereich beziehe sich das Wege- und Fahrrecht. Der mit dem Wegerecht belastete Teil des Weges habe eine Breite von 3 m. Der zweite Begrenzungsfall befinde sich außerhalb des Wegerechts der Klägerin.

Die Beklagten behaupten, dass die Lieferdienste und ähnliche Fahrzeugen nicht zum Grundbesitz der Klägerinnen und zum Gebäude durchfahren können, weil die Durchfahrtsbreite zwischen den Garagen zu gering sei. Die von ihnen errichteten Begrenzungspfähle haben keinen Einfluss.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass nicht zu beanstanden sei, dass sie auf ihrem eigenen Grundstück vor der eigenen Garage parken. Das Wegerecht beziehe sich nicht auf den Bereich vor den Garagen. Die Beklagten bestreiten, dass dort dauerhaft Fahrzeuge geparkt werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 08.10.2018 (Bl. 90 GA) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. G vom 16.04.2020 (Bl. 147 f. GA) Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 12.05.2020 (Bl. 165 GA) mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet. Schriftsätze konnten bis zum 26.05.2020 eingereicht werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerinnen haben gegen die Beklagten weder aus §§ 1027, 1004 BGB noch aus einem sonstigen Rechtsgrund einen Anspruch auf Beseitigung des rot-weiß lackierten metallenen Begrenzungspfahls.

Der Begrenzungspfahl beeinträchtigt die klägerische Grunddienstbarkeit nicht.

Der Sachverständige hat überzeugend und unangegriffen festgestellt, dass sich der Begrenzungspfahl fast einen halben Meter außerhalb des klägerischen Wegerechts befinde.

Die rechtsgeschäftliche Festlegung der Ausübungsstelle als Inhalt der Grunddienstbarkeit ergibt sich aus dem Kaufvertrag vom 23.02.1966. Der Teil des obligatorischen Geschäfts, der die Eintragungsbewilligung enthält, ist bei der Auslegung der Grundbucheintragung zu berücksichtigen, wenn diese gemäß § 874 BGB auf die Bewilligung Bezug nimmt. Die Vereinbarung der Ausübungsstelle als Inhalt der Grunddienstbarkeit ergibt sich aus der Bezugnahme auf die dem notariellen Vertrag als Anlage beigefügte Skizze, in der der Verlauf des Weges in blau eingezeichnet ist. Wird eine den Wegerechtsverlauf auf dem dienenden Grundstück darstellende, von den Vertragsparteien unterschriebene Karte von dem Notar nach § 44 BeurkG als Anlage zur Urkunde genommen, hat dies für einen unbefangenen Betrachter nur den Sinn, dass damit die Ausübungsstelle rechtsgeschäftlich festgelegt werden soll. Die Bezugnahme auf die Eintragung in einem Plan wäre überflüssig, wenn der Verlauf der Wegetrasse der tatsächlichen Ausübung auf dem Grundstück überlassen bleiben sollte (vgl. BGH, Urteil vom 04. Dezember 2015 – V ZR 22/15 -, Rn. 38, juris; BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 – V ZB 204/11 -, Rn. 15, juris).

Vorliegend ist es entgegen der klägerischen Auffassung nicht so, dass das Wegerecht ihnen uneingeschränkt zusteht. In der notariellen Urkunde gibt es eine klare und eindeutige Festlegung auf eine bestimmte Breite, welche der Sachverständige überzeugend und unangegriffen auf 3,02 m beziffert hat. Der Weg an der westlichen Grundstücksgrenze ist eben nicht nur schematisch durch Striche und Schraffur gekennzeichnet. Schaut man sich die klägerseits als Anlage K12 vorgelegte Originalskizze des Kaufvertrags vom 23.02.1966 an, sieht man, dass das Wegerecht durch mit dem Lineal gezogene Linien konkret festgelegt ist. Das Wegerecht wird umrandet von der Grundstücksgrenze und einer mit dem Lineal gezogenen Linie, welche neben der Einzeichnung des geplanten Neubaus durchgezogen ist und im weiteren Verlauf gestrichelt ist. Die blaue Schraffur füllt diese klar umgrenzte Wegerechtsfläche nur aus, was sich bereits daran zeigt, dass – wie der Klägervertreter mehrmals insoweit zutreffend ausgeführt hat – es sich nur um ein paar Pinselstriche handelt und die blau markierten Teile der Skizze naturgemäß kein, dann vollkommen zerstückeltes, Wegerecht bedeuten sollten. Die Skizze ist im Übrigen hinsichtlich der Breite zwischen Grenze und Neubau mit dem Maß 5,00 und hinsichtlich der Breite des geplanten Neubaus mit 11,99 bemaßt. Bei einem Maß von 1:250 ist daher durch einfache Rechenschritte, welche der Sachverständige auf wenigen Zeilen darlegen konnte, die genaue Breite des Wegerechts festzustellen. Bereits ohne Rechenschritte ist auf den ersten Schritt festzustellen, dass das Wegerecht räumlich eindeutig begrenzt ist und keinesfalls die gesamte Breite zwischen Grundstücksgrenze und geplantem Neubau umfassen sollte.

Die Klägerinnen haben daneben gegen die Beklagten weder aus §§ 1027, 1004 BGB noch aus einem sonstigen Rechtsgrund einen Anspruch darauf, dass es die Beklagten unterlassen, vor ihrer eigenen Garage, auch länger als zum Be- und Entladen erforderlich, zu parken.

Gem. § 903 S. 1 BGB kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren.

Dass sich die Beklagtenfahrzeuge beim Parken vor der Garage der Beklagten außerhalb des oben festgestellten Umfangs des klägerischen Wegerechts befinden, steht für das Gericht nach Auswertung des Lageplans der Anlage K3, der klägerischen Lichtbilder der Anlagen K1, K2 und insbesondere K5 bis K7 sowie den Ausführungen des Sachverständigen fest. Der streitgegenständliche zweite Begrenzungspfahl stellt insoweit die äußerste Grenze des Heranrückens der Beklagten an das klägerische Wegerecht dar. Letztlich wurde klägerseits hinsichtlich des Parkens auch keine Beeinträchtigung des Wegerechts gerügt, sondern den Beklagten eine Art Wegelagerei vorgeworfen. Das Gericht vermag hier allerdings keine schikanöses Verhalten zu erkennen, da das Parken vor der eigenen Garage zum gewöhnlichen Gebrauch einer Garage zählt und im Übrigen – wie dargelegt -, der Eigentümer auf seinem Grundstück, im Rahmen der Gesetze, machen kann, was er will.

Die Anwaltskosten teilen das Schicksal der unbegründeten Hauptforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert:   4.000,00 EUR.

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