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Gesamtgrundschuld – Abtretungseintragung bei Beteiligung mehrerer Grundbuchämter

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 312/15 – Beschluss vom 11.04.2016

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Auf die Erinnerung der Kostenschuldnerin wird die Kostenrechnung des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24.04.2015 (Kassenzeichen 10) in Höhe von 13.292,50 EUR aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Im betroffenen Grundbuch war in Abt. III lfd. Nr. 3 eine Briefgrundschuld zu 270 Millionen EUR für die X in Stadt2 (GB) eingetragen. In der Eintragung war vermerkt, dass Gesamthaft bestehe mit bei 62 weiteren Amtsgerichten bzw. Grundbuchämtern – zum Teil mehrfach – geführten Grundbuchblättern.

Bei einem dieser Grundbuchämter – dem Amtsgericht Stadt1 – hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 11.09.2014 (vgl. Bl. 318, 365 d. A.) unter Bezugnahme auf einen vorangegangenen Antrag vom 14.05.2014 (vgl. Bl. 306 d. A.) mehrere Eintragungsanträge zum dortigen (Eingangs-)Grundbuch von Stadt3 Blatt … gestellt. Unter anderem sollte (zuletzt) die Abtretung an die hiesige Kostenschuldnerin und der nachträgliche Ausschluss der Brieferteilung bei der Gesamtgrundschuld eingetragen werden. Das Amtsgericht Stadt1 hat unter anderem dem hiesigen Grundbuchamt mit Schreiben vom 25.09.2014 (Bl. 363 ff. d. A.) davon Kenntnis gegeben. Es hat der (auch hiesigen) Kostenschuldnerin unter Bezugnahme auf Nr. 14130 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG (im Folgenden nur noch: KV GNotKG) am 25.09.2014 hierfür eine Kostenvorschussrechnung über insgesamt 13.292,50 EUR in Rechnung gestellt (Bl. 368 d. A.). Es hat am 05.12.2014 die Eintragungen vorgenommen (Bl. 400 K d. A.). Im vorliegenden Grundbuch sind – wie auch zu anderen Grundbüchern – entsprechende Eintragungen am 30.12.2014 (Bl. 400 d. A.) vorgenommen worden.

Nach vorangegangener Anhörung der Beteiligten zu 2. hat das hiesige Grundbuchamt durch Kostenrechnung vom 24.04.2015 der Kostenschuldnerin für die Eintragung der Veränderung einer Belastung aus einem Streitwert von 60 Millionen EUR unter Bezugnahme auf Ziffer 14130 KV GNotKG ebenfalls eine Gebühr von 13.292,50 EUR in Rechnung gestellt. Wegen der Einzelheiten der Kostenrechnung wird auf Blatt 402 d. A. verwiesen.

Gegen diese Kostenrechnung hat die Kostenschuldnerin durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.05.2015 (Bl. 403 ff. d. A.) Erinnerung eingelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, da das GNotKG keinen Auffangtatbestand enthalte, sei zuerst von dem Anfall nur einer 0,5-Gebühr bei dem Eingangsgrundbuchamt – dem Amtsgericht Stradt1 – auszugehen. Im Wege der Gesetzesauslegung könnten allenfalls Grundbuchkosten analog Ziffer 14141 KV GNotKG in Ansatz gebracht werden. Dies sei auch von den anderen Grundbuchämtern, soweit sie Kosten erhoben hätten, so gehandhabt worden. Nach Anhörung der Beteiligten zu 2., die mit Verfügungen vom 03.06.2015 und 03.09.2015 (Bl. 424 ff., 440 d. A.) Stellung genommen hat, hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 441 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, die Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Grundbuchamt im Wesentlichen ausgeführt, dass nach seiner Auffassung vorliegend eine Gebühr nach Nr. 14130 KV GNotKG entstanden und anzusetzen sei, da das Kostengesetz bis dato keine abweichende ausdrückliche Regelung bezüglich der Eintragung von Veränderungen von Gesamtrechten aufführe, wenn das Grundbuch bei verschiedenen Grundbuchämtern geführt werde, und eine Analogie im Kostenrecht nicht möglich sei. Es hat sich ergänzend auf die Rechtsprechung von drei Oberlandesgerichten bezogen, die diese Auffassung stützen. Daraus, dass sich das Gesetz inzwischen geändert habe, ergäbe sich keine andere Beurteilung. Gemäß § 134 GNotKG sei auf das bisherige Recht abzustellen.

Gegen diesen Beschluss hat die Kostenschuldnerin mit Schriftsätzen ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 29.09.2015 und 14.10.2015 (Bl. 443 ff., 453 ff. d. A.) Kostenbeschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass der kostenauslösende Grundbucheintragungsantrag beim Eingangsgrundbuchamt Stadt1 gestellt worden sei. Dort sei die gemäß Nr. 14130 KV GNotKG zu erhebende 0,5-Gebühr für sämtliche Grundbuchämter erhoben und von der Kostenschuldnerin gezahlt worden. Die Erhebung einer 0,5-Gebühr durch ein nachgeordnetes Grundbuchamt sei nicht möglich, da die Antragstellung nur bei einem Grundbuchamt erfolge und eine interne Weiterbearbeitung vorgenommen worden sei. Es handele sich um ein einheitliches Recht, dessen Kosten einheitlich zu behandeln seien. Die Zuständigkeit in § 18 Abs. 3 GNotKG (a. F.) für die Eintragung und Löschung bei Gesamtrechten müsse auch bei Inhaltsänderungen gelten. Für die Kostenrechnung des Grundbuchamtes fehle es an einer originären Kostenvorschrift. Die Eintragung sei vielmehr zwingend durch die Löschung beim Grundbuchamt Stadt1 vorgegeben gewesen. Ansonsten sei die absurde Kostenfolge, dass 810.842,50 EUR für relativ einfache Grundbucheintragungen aufgrund eines einheitlichen Antrages zu berechnen seien. Die Beteiligte zu 2. tritt der Beschwerde ausweislich der Verfügung vom 27.11.2015 (Bl. 471 ff. d. A.) entgegen und beantragt, sie zurückzuweisen. Wegen der Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde ausweislich seiner Verfügung vom 09.10.2015 (Bl. 449 d. A.) nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der für die Entscheidung zuständige Einzelrichter des Senats hat durch Beschluss vom 07.04.2016 (Bl. 473 d. A.) das Beschwerdeverfahren gemäß § 81 Abs. 6 Satz 2 GNotKG dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 GNotKG statthaft und auch ansonsten zulässig. Nach Übertragung der Sache durch den Einzelrichter hat hierüber der Senat in der geschäftsplanmäßigen Besetzung zu entscheiden, § 81 Abs. 6 Satz 2 GNotKG.

Zwar fehlt es auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin auch nach der wiederholten Vorlage der Akte durch Verfügung vom 28.10.2015 an einem ordnungsgemäßen Abhilfeverfahren des Grundbuchamts, vgl. auch § 81 Abs. 3 Satz 1 GNotKG. Das Vorgehen der Rechtspflegerin beim Grundbuchamt ausweislich der Vorlageverfügungen vom 09./28.10.2015, die lediglich einen (internen) Nichtabhilfevermerk enthalten, der den Beteiligten offenbar nicht zur Kenntnis gegeben worden ist, stellt ein solches nicht dar. Nach der Rechtsprechung des Senats hat die Abhilfe oder Nichtabhilfe durch Beschluss zu erfolgen, der den Beteiligten zum Zwecke des rechtlichen Gehörs bekanntzumachen ist. Der Senat hat jedoch davon abgesehen, aufgrund dieses Verfahrensfehler die Sache an das Erstgericht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens zurückzugeben, zumal die Beschwerdeschrift der Kostenschuldnerin neues Sachvorbringen nicht enthielt. Der Senat hat die Verfahrensbeteiligten durch Verfügung vom 09.11.2015 über die Vorlage informiert und entscheidet in der Sache selbst; dazu ist das Beschwerdegericht auch bei unzureichendem Abhilfeverfahren grundsätzlich befugt.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats hält die angefochtene Kostenrechnung, nach der für die beantragte Eintragung vom hiesigen Grundbuchamt eine 0,5-Gebühr aus einem Wert von 60 Millionen EUR zu erheben sei, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Zutreffend ist zunächst die Annahme des Grundbuchamts, dass für die Berechnung der Kosten vorliegend nach § 134 Abs. 1 Satz 1 GNotKG noch die Gesetzeslage vor dem Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29.06.2015 (BGBl. I, S. 1042 ff.) anzuwenden ist. Die hier abzurechnende Grundbucheintragung erfolgte bereits am 30.12.2014; das Verfahren war vorher eingeleitet worden. Gegen diesen Ansatz erhebt die Beschwerde auch keine Beanstandungen.

Nach Nr. 14130 KV GNotKG in der seinerzeitigen Gesetzesfassung fällt bzw. fiel für die Eintragung der Veränderung einer Grundschuld eine 0,5-Gebühr nach der Tabelle B zu § 34 GNotKG an, deren Höhe sich grundsätzlich nach dem Nennbetrag des Grundpfandrechtes richtet, § 53 Abs. 1 Satz 1 GNotKG, und höchstens aus einem Geschäftswert von 60 Millionen EUR zu berechnen ist, § 35 Abs. 2 GNotKG. Diesen Geschäftswert hat das Grundbuchamt angesichts des diesen Höchstbetrag hier übersteigenden Nennwerts der betroffenen Gesamtgrundschuld in Ansatz gebracht. Anders als für die Eintragung nach Nr. 14122 KV GNotKG und für die Löschung nach Nr. 14141 KV GNotKG ist ein besonderer Gebührentatbestand für den hier gegebenen Fall, dass die Veränderung ein auf mehreren Grundstücken lastendes Gesamtrecht betrifft und das Grundbuch bei verschiedenen Grundbuchämtern geführt wird, nach bisheriger Rechtslage nicht vorgesehen gewesen.

Welche kostenrechtlichen Folgen sich auf dieser Grundlage etwa für die Eintragung der Abtretung einer Gesamtgrundschuld – um die es neben dem nachträglichen Ausschluss der Brieferteilung auch hier geht – ergeben, ist in Rechtsprechung und Schrifttum für die hier noch maßgebliche Gesetzeslage umstritten. Teilweise wird wie auch hier vom Grundbuchamt angenommen, dass von jedem beteiligten Grundbuchamt die 0,5-Gebühr nach Nr. 14130 KV GNotKG aus dem Nennbetrag des Grundpfandrechts zu erheben sei (so KG ZfIR 2014, 203; OLG Düsseldorf FGPrax 2015, 92; OLG des Landes Sachsen Anhalt FGPrax 2015, 232, je zitiert nach juris; vgl. auch Fackelmann MittBayNot 2014, 129, 134). Nach anderer Ansicht soll die Gebühr nur einmal anfallen (vgl. Buchinger/Banzhaf ZfIR 2014, 363, 366) oder bei jedem Grundbuchamt anzusetzen sein, allerdings nur aus dem Wert des jeweils betroffenen Grundstücks (vgl. dazu die Nachweise bei OLG Saarbrücken FGPrax 2015, 186, zitiert nach juris). Nach einer weiteren in der Rechtsprechung stark vertretenen Auffassung sollen die Regelungen in Nrn. 14122 und 14141 KV GNotKG über die Eintragung und Löschung der Gesamtgrundschuld auf deren Abtretung analog anwendbar sein (vgl. OLG Dresden NJW-RR 2015, 448; OLG Saarbrücken FGPrax 2015, 186; OLG Stuttgart FGPrax 2015, 94, je zitiert nach juris und m. w. N. aus der Literatur).

Der Senat hält entgegen dem Grundbuchamt und der Beteiligten zu 2. die letztgenannte Rechtsauffassung für zutreffend. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Rechtsausführungen des oben zitierten Beschlusses des OLG Saarbrücken vom 09.03.2015, auf die er ergänzend Bezug nimmt. Danach hatte der Gesetzgeber von den Regelungen in §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 6 KostO Abstand genommen, weil ihm das Verfahren einer an dem Wert der belasteten Grundstücke ausgerichteten Gebührenberechnung insbesondere wegen der notwendigen Wertermittlungen kompliziert erschien und daher deutlich vereinfacht werden sollte. Dies spricht bereits gegen die oben dargestellte Auffassung der Literatur, die weiterhin eine an dem Wert des jeweils betroffenen Grundstücks orientiere Berechnung vornehmen will (vgl. insoweit auch KG, a.a.O., Tz. 33 bei juris); dieser Auffassung hat sich – soweit ersichtlich – die veröffentlichte Rechtsprechung auch nicht angeschlossen. Nach Nr. 14122 KV GNotKG erhöht sich der für die Eintragung eines Einzelrechts maßgebliche Gebührensatz (Nrn. 14120, 14121 KV GNotKG) bei der Eintragung eines bei verschiedenen Grundbuchämtern geführten Gesamtrechts unter näher bestimmten Voraussetzungen für jedes weitere beteiligte Grundbuchamt um 0,2. Eine bis auf den Gebührensatz identische Vorschrift findet sich in Nr. 14141 KV GNotKG für die Löschung eines Gesamtrechts (vgl. auch Nr. 14140 KV GNotKG). Dagegen sieht bzw. sah das KV GNotKG für die Eintragung der Veränderung eines bei verschiedenen Grundbuchämtern geführten Gesamtrechts keine eigene Kostenregelung vor. Bei Anwendung des Nr. 14130 KV GNotKG wäre daher – wie hier vom Grundbuchamt angenommen – von jedem beteiligten Grundbuchamt eine 0,5-Gebühr zu erheben. Das hätte zur Folge, dass für die Eintragung der Veränderung eines Gesamtgrundpfandrechts deutlich höhere Gebühren anfielen (hier: über 800.000,- EUR) als für seine erstmalige Eintragung (hier: ca. 180.000,- EUR) oder seine Löschung (hier: ca. 95.000,- EUR). Ein sachlicher Grund für eine derartige „Kostenexplosion“ (so OLG Saarbrücken, a.a.O., Tz. 14 bei juris) bei der Eintragung der bloßen Veränderung eines Gesamtrechts ist nicht erkennbar. Dabei kann die von der Beschwerde der Sache nach aufgeworfene Frage offen bleiben, ob angesichts der sachlich nur schwer erklärbaren Gebührenunterschiede gerade im vorliegenden Fall das dem Begriff der Gebühr immanente Äquivalenzprinzip noch gewahrt wäre, nach dem Gebühren unter anderem unter Beachtung des Gleichheitssatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit so gestaffelt sein sollen, dass eine in etwa angemessene Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen erbracht wird (vgl. zum Äquivalenzprinzip: Korintenberg/Reimann, GNotKG, 19. Aufl., Einf. Rz. 26; zur Anwendung auf das hiesige Kostenproblem: Korintenberg/Hey’l, a.a.O., Nr. 14130 KV Rz. 81).

Auch aus der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, der Gesetzgeber habe diesen Fall abweichend von der bisherigen Rechtslage regeln wollen und bei der Einführung des GNotKG bewusst davon abgesehen, die für die erstmalige Eintragung sowie die Löschung eines bei verschiedenen Grundbuchämtern geführten Gesamtrechts vorgesehene Gebührenberechnung auf die Eintragung einer Veränderung zu erstrecken (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O., Tz. 14 bei juris).

Es ist daher davon auszugehen, dass eine den Vorschriften in Nrn. 14122 und 14141 KV GNotKG entsprechende Regelung für die Eintragung der Veränderung des Gesamtrechts vergessen wurde und deshalb eine planwidrige Regelungslücke besteht. Diese ist durch eine analoge Anwendung von Nr. 14141 KV GNotKG zu schließen, weil das Gesetz die Veränderung und die Löschung einer Belastung kostenrechtlich gleich gewichtet, in dem es jeweils eine 0,5-Gebühr für die Eintragung ansetzt (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O., Tz. 14 bei juris).

Die entgegenstehende Auffassung des Grundbuchamts, die – wie oben zitiert – von den Oberlandesgerichten des Landes Sachsen Anhalt und Düsseldorf bzw. dem Kammergericht vertreten wird, überzeugt den Senat demgegenüber nicht, auch wenn sie – anders als die Beschwerde unter Bezugnahme auf das angebliche Fehlen eines „Kostenauffangtatbestandes“ offensichtlich meint – mit dem Gesetzeswortlaut am ehesten in Einklang zu bringen ist, da vom Wortlaut der Vorschrift die Grundbucheintragung der Veränderung eines (Gesamt-)Rechts ohne Einschränkung umfasst wird. Vor dem oben dargestellten Hintergrund kann jedoch hierauf alleine nicht abgestellt werden. Das vom angefochtenen Beschluss und der Beteiligten zu 2. in Bezug genommene Analogieverbot steht der vom Senat in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung vertretenen Auffassung nicht entgegen. § 1 Abs. 1 GNotKG bestimmt zwar grundsätzlich, dass im Geltungsbereich des GNotKG die Gebühren und Auslagen „nur“ nach diesem Gesetz zu erheben sind, soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist. Diese Ausschlussregelung bringt das grundsätzliche Analogieverbot im Kostenrecht zum Ausdruck. Das Analogieverbot ist eine Folge des Eingriffscharakters von Kostenregelungen in die allgemeine Handlungsfreiheit. Art. 2 Abs. 1 GG schützt davor, nicht mit einem finanziellen Nachteil belastet zu werden, der nicht in der verfassungsmäßigen Ordnung begründet ist. Gebühren und Auslagen, für die es keine ausdrückliche Regelung gibt, dürfen daher also nicht erhoben werden (vgl. Korintenberg/Otto, a.a.O., § 1 Rz. 6). Da eine Analogie hier nicht zu Lasten der Kostenschuldnerin erfolgt, sondern auf ihr eigenes Betreiben hin zu ihren Gunsten, kann hierauf also nicht abgestellt werden (LG Erfurt, Beschluss vom 08.02.2012, 3 OH 32/11; LG Stuttgart JurBüro 2009, 602, je zitiert nach juris; vgl. zum hiesigen Kostenproblem auch Wilsch ZfIR 2014, 206, 208). Dass sich Nr. 14130 KV GNotKG zwischen den beiden anderen oben angegebenen Kostentatbeständen findet, die der Gesetzgeber für die Löschung und die Eintragung eines Gesamtrechts geregelt hat, schließt es nicht aus, dass der Gesetzgeber den hier vorliegenden Fall übersehen hat (anders wohl KG, a.a.O., Tz. 27 bei juris). Richtig ist zwar, dass eine Gesetzesänderung im Grundsatz nicht zu einer anderen Auslegung der Vorschrift in der bis dahin geltenden (und nun geänderten) Fassung berechtigt. Darum geht es nach den obigen Ausführungen, die nicht maßgeblich auf den vom Gesetzgeber erkannten Änderungsbedarf abstellen, hier jedoch auch nicht. Zutreffend ist weiter, dass sich aus der von der Beteiligten zu 2. in der Verfügung vom 27.11.2015 zitierten Gesetzesbegründung zur Neufassung des GNotKG nicht ergibt, dass das Bestehen einer solchen Regelungslücke eingeräumt worden sei (so auch OLG des Landes Sachsen Anhalt, a.a.O., Tz. 14 bei juris, und OLG Düsseldorf, a.a.O., Tz. 3 bei juris). Soweit in der zitierten Gesetzesbegründung darauf hingewiesen wird (vgl. auch BR-Drs. 644/14, Seite 76), dass die bisherige Gesetzeslage aus den oben genannten Gründen dazu geführt habe, dass für die Eintragung der Veränderung bei mehreren Grundbuchämtern zum Teil höhere Gebühren erhoben werden als für die Ersteintragung des Rechts, was deshalb geändert wurde, kann daraus aber auch nicht das Gegenteil entnommen werden. Auch die Auffassung des Kammergerichts (a.a.O., Tz. 30 bei juris), dass eine solche Analogie in dem auch hier vorliegenden Fall, in dem mehrere Gerichtskassen aus verschiedenen Bundesländern betroffen sind, in der Praxis nicht „funktionieren“ könne, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar dürfte es auch im vorliegenden Fall durch die zu unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken gehörenden Grundbuchämter zu unterschiedlichen Kostenrechnungen kommen. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem hiesigen Akteninhalt – mit Ausnahme derjenigen des Amtsgerichts Stadt1 ist daraus die kostenrechtliche Behandlung durch die anderen Grundbuchämter nicht ersichtlich -, aber schon aus dem Umstand, dass einige der Grundbuchämter zu Bezirken gehören, deren Oberlandesgerichte – wie oben aufgezeigt – die Kostenfrage unterschiedlich behandeln. An dieser Problematik einer (denkbaren) unterschiedlichen kostenrechtlichen Behandlung eines einheitlichen Vorgangs ändert aber auch die strikte Anwendung des Nr. 14130 KV GNotKG eines (des hiesigen) oder ggf. auch anderer Grundbuchämter nichts. Sollten also nicht eines oder mehrere Oberlandesgerichte seine bzw. ihre Rechtsprechung ändern, kann ohnehin nicht davon ausgegangen werden, dass eine einheitliche Handhabung im vorliegenden Verfahren möglich sein wird. So hat denn auch der verfahrensbevollmächtigte Notar vorgetragen, die anderen Grundbuchämter hätten, soweit sie Kosten erhoben hätten, solche analog Ziffer 14141 KV GNotKG in Ansatz gebracht.

Nach diesen Ausführungen geht der Senat mit den Oberlandesgerichten Saarbrücken (a.a.O., Tz. 15 bei juris), Dresden (a.a.O., Tz. 11 bei juris) und Stuttgart (a.a.O., Tz. 15 bei juris) davon aus, dass die Eintragung der Veränderung eines bei verschiedenen Grundbuchämtern geführten Gesamtrechts unter Zugrundelegung der hier noch geltenden Gesetzeslage einmalig eine 0,5-Gebühr auslöst, die sich ab dem zweiten für jedes beteiligte Grundbuchamt um 0,1 erhöht. Die hierfür nach Nr. 14141 des Kostenverzeichnisses erforderliche Voraussetzung, dass der Eintragungsantrag für mehrere Grundbuchämter gleichzeitig bei einem Grundbuchamt gestellt ist, liegt hier vor.

Damit ist allerdings die auch für die hiesige Kostenrechnung bedeutende Frage noch nicht geklärt, bei welchem Grundbuchamt die um jeweils 0,1 erhöhte Gebühr für die Eintragung der Veränderung zu erheben ist. Nach Auffassung der Beschwerde ist ohnehin eine Erhebung lediglich beim Amtsgericht Stadt1 möglich. Der Senat folgt auch hierzu der Rechtsauffassung des OLG Saarbrücken (a.a.O., Tz. 16 bei juris, mit vielfältigen weiteren Nachweisen), die auch vom OLG Stuttgart (a.a.O., Tz. 15 bei juris) vertreten wird (anders wohl OLG Dresden, a.a.O., Tz. 10, 11 bei juris). Die Ermäßigung statt des Ansatzes einer 0,5-Gebühr bei jedem einzelnen Grundbuchamt aus dem vollen Nennbetrag der Belastung setzt analog Ziffer 14141 KV GNotKG voraus, dass der Antrag – wie hier – für mehrere Grundbuchämter gleichzeitig bei einem Grundbuchamt gestellt wird oder dass bei gesonderter Antragstellung die Anträge innerhalb eines Monats bei den beteiligten Grundbuchämtern eingehen (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 15 bei juris). Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GNotKG werden die Kosten für die Eintragung oder Löschung eines Gesamtrechts bei mehreren Grundbuchämtern bei dem Gericht angesetzt, bei dessen Grundbuchamt der Antrag zuerst eingegangen ist. Der enge Zusammenhang zwischen den Regelungen gebietet es zur Vermeidung eines Systembruchs, auch diese Vorschrift analog auf die Eintragung der Veränderung eines Gesamtrechts anzuwenden (vgl. auch OLG Saarbrücken, a.a.O., Tz. 16 bei juris). Im konkreten Fall wäre daher nur ein Grundbuchamt zur Gebührenerhebung berufen, nämlich das Amtsgericht Stadt1. Der Senat verkennt dabei nicht, dass insbesondere diese analoge Anwendung von § 18 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in der Praxis zu Schwierigkeiten führen kann, sofern sie nicht – wie offensichtlich auch hier – von allen an dem Vollzug der Abtretung des Gesamtgrundpfandrechts beteiligten Grundbuchämtern oder den diesen jeweils übergeordnete Beschwerdegerichten befürwortet wird. Dies ist jedoch bis zur Beseitigung der Regelungslücke durch den Gesetzgeber, wie sie inzwischen vorgenommen worden ist, hinzunehmen (vgl. auch OLG Saarbrücken, a.a.O., Tz. 16 bei juris). Auf die Kostenberechnung durch das Amtsgericht Stadt1 hat der Senat keinen Einfluss.

Wäre mithin nach hier vertretener Rechtsauffassung auch die Erhöhungsgebühr beim Amtsgericht Stadt1 abzurechnen, ist auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin der angefochtene Beschluss abzuändern und auf die Erinnerung die Kostenrechnung, die sich lediglich auf die Eintragung der bezeichneten Veränderung der Belastung bezieht, insgesamt aufzuheben.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerde- wie auch für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 81 Abs. 8 GNotKG. Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung ist gemäß § 81 Abs. 3 Satz 3 GNotKG nicht möglich.

 

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