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Grunddienstbarkeit – Anforderungen an inhaltliche Bezeichnung

OLG München – Az.: 34 Wx 292/16 – Beschluss vom 16.12.2016

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die mit Vermerk vom 22. Juli 2016 bewirkte Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts Memmingen von …… Bl. … unter lfd. Nr. … eingetragen gewesenen Grunddienstbarkeit wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 ist als Eigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.

Bei Übergabe des Grundstücks an den Vater des Beteiligten zu 2 hatte dieser am 13.1.1981 unter Ziff. 6.6. ein Nutzungsrecht für den jeweiligen Eigentümer von FlSt. … (nun der Beteiligte zu 1) bestellt wie folgt:

Der Übernehmer räumt hiermit dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Fl.St.Nr. … der Gemarkung … an dem übernommenen Grundstück Fl.St.Nr. … … das Benutzungsrecht folgenden Inhalts ein:

Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks darf die in der beigehefteten Lageplanskizze rot schraffiert eingezeichnete Fläche solange unentgeltlich benutzen, solange die sieben Garagen auf den Fl.St.Nrn. …… und … … stehen.

Zur Sicherung dieses Benutzungsrechtes bestellt der Übernehmer an Fl.St.Nr. … dem jeweiligen Eigentümer von Fl.St.Nr. … … eine Grunddienstbarkeit und bewilligt deren Eintragung im Grundbuch.

Am 20.7.1981 wurde in Abteilung II lfd. Nr. … folgendes eingetragen:

Grunddienstbarkeit (Benutzungsrecht hinsichtlich einer Teilfläche) für den jeweiligen Eigentümer des Flst. … . Gemäß Bewilligung vom 13.01.1981 …

Am 3.6./24.6.2016 regte der Beteiligte zu 2 beim Grundbuchamt an, die Grunddienstbarkeit zu löschen, da diese nicht hinreichend konkretisiert worden sei. Nach Anhörung des Beteiligten zu 1, der sich gegen eine Löschung wandte, hat das Grundbuchamt am 22.7.2016 die Eintragung von Amts wegen als inhaltlich unzulässig gelöscht.

Dagegen wendet sich der anwaltlich vertretene Beteiligte zu 1 mit Beschwerde vom 4.8.2016, mit der er beantragt, die Löschung rückgängig zu machen. Das eingetragene Recht sei nicht inhaltlich unzulässig, da sich bei Auslegung der in Bezug genommenen Bewilligung unter Berücksichtigung außerhalb der Urkunde liegender Umstände ergebe, dass der umgrenzte Teilbereich mit einem Nutzungsrecht belastet sei. Ein spezifiziertes Benutzungsrecht sei auch dann anzunehmen, wenn der Gegenstand – wie vorliegend der Garten – den Rechtsumfang auf die Benutzung als Garten eindeutig begrenze. Aus der Eintragung selbst in Verbindung mit der Bewilligung und dem Lageplan sei zweifelsfrei ersichtlich, dass der Garten bis zu den Garagen verlängert werden sollte, damit ungehinderter Zugang zu den Garagen bestehe.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der nicht anwaltlich vertretene Beteiligte zu 2 hat zur Beschwerde Stellung genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist nur als beschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 und 3 RPflG mit § 71 Abs. 2 GBO mit dem Ziel statthaft, gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit der beanstandeten Eintragung oder gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO deren Löschung wegen inhaltlicher Unzulässigkeit herbeizuführen.

Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO ist die Beschwerde gegen eine Eintragung unzulässig. Auch die Löschung eines Rechts, die regelmäßig durch Eintragung eines Löschungsvermerks erfolgt, § 46 Abs. 1 GBO, stellt eine Eintragung dar. Wenn ein Recht als unzulässig nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO gelöscht worden ist, besteht die Möglichkeit, dass das Grundstück gutgläubig unbelastet erworben wird (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 156). In diesem Fall kann nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO gegen die Löschung nur mit dem Rechtsmittel der beschränkten Beschwerde vorgegangen werden (vgl. Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 8 und 36; Hügel/Kramer § 71 Rn. 95 ff.).

Da allerdings regelmäßig im Interesse des Rechtsschutz Suchenden davon auszugehen ist, dass das Rechtsmittel mit dem zulässigen Inhalt eingelegt sein soll (Demharter § 71 Rn. 55), ist der Antrag auf Rückgängigmachung der Löschung trotz des weiterreichend formulierten Beschwerdeziels als Beschwerde nach § 71 Abs. 2 GBO zu behandeln, die auch im übrigen zulässig eingelegt ist, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG, § 73 GBO.

2. In der Sache ist die Beschwerde unbegründet.

a) Mit dem Ziel der Amtslöschung des Löschungsvermerks kann die Beschwerde nicht durchdringen, da die Löschung nicht im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO unzulässig ist.

Unzulässig in diesem Sinne sind nur Eintragungen, die nach ihrem Inhalt einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbaren, den es aus Rechtsgründen nicht geben kann (BGH NJW-RR 2005, 10/11; BayObLGZ 2001, 301/305; OLG Karlsruhe FGPrax 2014, 49/50; Hügel/Holzer § 53 Rn. 56), wobei sich die Unzulässigkeit der Eintragung aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben muss (BayObLGZ 1975, 398/403). Das Gesetz sieht jedoch die Löschung von Eintragungen vor, § 53 Abs. 1 Satz 2, § 46 GBO.

b) Auch die Eintragung eines Amtswiderspruchs kommt nicht in Betracht, da dessen Voraussetzungen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht vorliegen. Die Eintragung setzt voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften die beanstandete Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist (Hügel/Holzer § 53 Rn. 15 f. und 25). Dabei müssen die Gesetzesverletzung feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs glaubhaft sein (Demharter § 53 Rn. 28).

Durch die Löschung des Benutzungsrechts wurde das Grundbuch nicht unrichtig, da das eingetragene Recht bislang nicht wirksam entstanden ist. Seine Eintragung stellt sich nämlich als inhaltlich unzulässig und damit nichtig dar.

aa) Inhaltlich unzulässig ist eine Eintragung dann, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, nicht bestehen kann. Dies ist unter anderem der Fall, wenn das Recht in einem wesentlichen Punkt so unklar ist, dass die Bedeutung des Eingetragenen auch bei zulässiger Auslegung nicht feststellbar ist (BayObLGZ 1990, 35/36; Demharter § 53 Rn. 49).

Geht es – wie hier – um die Eintragung eines Rechts, mit dem ein Grundstück belastet wird, kann gemäß § 874 BGB zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Im Eintragungsvermerk selbst genügt danach die gesetzliche Bezeichnung des Rechts, wenn diese den wesentlichen Rechtsinhalt kennzeichnet (OLG Karlsruhe Rpfleger 2005, 79/80; Palandt/Bassenge BGB 76. Aufl. § 874 Rn. 6). Bei Rechten dagegen, die – wie das bei einer Grunddienstbarkeit der Fall ist – einen verschiedenartigen Inhalt haben können, ist eine nähere, zumindest schlagwortartige Bezeichnung (z.B. als „Wegerecht“, „Wasserleitungsrecht“ o.ä.) erforderlich. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt (vgl. etwa BGHZ 35, 378/382; OLG Hamm DNotZ 1954, 207/208 m. zust. Anm. Jansen; Palandt/Bassenge § 874 Rn. 6; Demharter § 44 Rn. 17; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 1145). Ebenso anerkannt ist, dass eine unzureichende Kennzeichnung der Dienstbarkeit im Eintragungsvermerk nicht durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ersetzt werden kann (OLG Düsseldorf DNotZ 1958, 155/156; Schöner/Stöber Rn. 1148).

bb) Den dargestellten Anforderungen entspricht die Grundbucheintragung vom 20.7.1981 nicht. Ihr ist lediglich zu entnehmen, dass es sich bei dem eingetragenen Recht um eine Benutzungsdienstbarkeit (§ 1018 1. Alt. BGB) handeln soll. Es ist aber nicht erkennbar, in welchen einzelnen Beziehungen dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks ein Benutzungsrecht zustehen soll. Die Begrenzung auf einen realen Grundstücksteil stellt keine das Wesen der Benutzungsdienstbarkeit ausmachende Beschränkung auf einzelne Nutzungsarten dar (vgl. BGH FGPrax 2015, 5; BayObLG MDR 2003, 684; BayObLGZ 1986, 54; KG Rpfleger 1991, 411; Demharter Anhang zu § 44 Rn. 16; Schöner/Stöber Rn. 1130).

Entgegen der vom Beteiligten zu 1 vertretenen Auffassung kann die für eine Zulässigkeit der Eintragung erforderliche Klarheit über den Inhalt des eingetragenen Rechts nicht durch Auslegung (§ 133 BGB) gewonnen werden. Richtig ist zwar, dass auch Grundbucheintragungen der Auslegung zugänglich sind. Abzustellen ist dabei auf Wortlaut und Sinn der Eintragungsvermerks und der – soweit zulässig – in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGHZ FGPrax 2015, 5; Demharter § 53 Rn. 4).

Indessen fehlt es hier an genügenden Anknüpfungspunkten für eine zielführende Auslegung. Der Eintragungsvermerk selbst lässt mangels Aussagekraft keinerlei Schlüsse auf den Inhalt der Dienstbarkeit zu. Selbst wenn man zur Auslegung des unzureichenden Eintragungsvermerks auf die Eintragungsbewilligung zurückgreifen würde, ist auch darin das Benutzungsrecht des Berechtigten nicht konkretisiert. Aus dem Umstand, dass der Bestand von Garagen angeführt wird, lässt sich nichts zur Art der Nutzung der Teilfläche entnehmen; als nächstliegende Bedeutung ergibt sich daraus allein eine Befristung. Im Übrigen benennt selbst die Beschwerdebegründung des Beteiligten zu 1 nicht den konkreten Zweck der Benutzungsdienstbarkeit, sondern spricht einerseits von der Nutzung der Fläche als Garten, andererseits aber vom Zugang zu den Garagen.

cc) Da das Recht durch die Eintragung nicht zum Entstehen gelangt ist, ist das Grundbuch durch die Löschung nicht unrichtig geworden.

Allerdings ist der Antrag auf Eintragung der am 13.1.1981 bewilligten Dienstbarkeit damit noch offen (Demharter § 53 Rn. 53). Das Grundbuchamt wird über diesen Antrag noch entscheiden müssen.

III.

Für das Beschwerdeverfahren ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst. Die Pflicht des Beteiligten zu 1, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, folgt schon aus dem Gesetz, § 22 Abs. 1 GNotKG. Der Beteiligte zu 2 hat zur Beschwerde Stellung genommen. Eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten erscheint in Anbetracht der verwandtschaftlichen Beziehung der Beteiligten nicht angezeigt. Zudem ist er nicht anwaltlich vertreten, so dass nicht ersichtlich ist, dass ihm insoweit Kosten entstanden sind.

Die Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus dem Auffangwert, § 79 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 36 Abs. 3 GNotKG, weil sonstige Anhaltspunkte für eine zutreffende Bemessung fehlen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO liegen nicht vor.

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