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Löschung einer Rückerwerbsvormerkung durch Unrichtigkeitsnachweis

OLG München – Az.: 34 Wx 115/12 – Beschluss vom 11.06.2012

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 1. März 2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im Grundbuch (Zweite Abt. lfd. Nr. 7) war eine Rückauflassungsvormerkung zugunsten Therese S. gemäß Bewilligung vom 17.11.1995 für den Hälfteanteil der ursprünglichen Miteigentümerin Monika S. eingetragen. In der maßgeblichen notariellen Urkunde hatte Therese S. die beiden Hälfteanteile an ihren Sohn, den Beteiligten zu 1, und an ihre Tochter Monika S. übertragen und sich die jeweilige Rückübereignung unter bestimmten Voraussetzungen vorbehalten. Zur Sicherung dieser bedingten Ansprüche wurde (je) eine Vormerkung,

„deren Sicherungswirkung jeweils mit dem Tod des Berechtigten endet“,

bewilligt und am 21.12.1995 im Grundbuch eingetragen.

Das Grundbuchamt hat anlässlich der Veräußerung des Miteigentums von Monika S. an die Beteiligte zu 2 die Vormerkung an deren Hälfteanteil am 29.11.2011 antragsgemäß gelöscht. Vorgelegt wurde ihm dazu die notariell beglaubigte Ablichtung aus dem Sterbebuch, wonach die Berechtigte am 9.4.2011 verstorben war.

Mit Schreiben vom 28.2.2012 wandte sich der Beteiligte zu 1, der als Erbe seiner Mutter Therese S. in Betracht kommt, an das Grundbuchamt mit dem Begehren, die Löschung der Rückauflassungsvormerkung rückgängig zu machen. Die Löschung sei rechtswidrig gewesen, weil er dieser als Erbe nicht zugestimmt habe. Die Löschungsvoraussetzung sei im Grundbuch selbst nicht eingetragen gewesen, der Todesnachweis allein sei somit nicht ausreichend. Eine Ausnahme vom Bewilligungsgrundsatz komme nicht in Betracht. Ferner werde beantragt, einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs einzutragen, soweit es das auf ihn übergegangene Recht der Rückauflassungsvormerkung betreffe.

Das Grundbuchamt hat die Anträge mit Beschluss vom 1.3.2012 zurückgewiesen. Es sei zwar richtig, dass die Befristung des eingetragenen Rechts aus dem Grundbuch selbst ersichtlich sein müsse, dies nicht der Fall gewesen und eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung insoweit unzulässig sei. Werde in unzulässiger Weise auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen, sei aber gleichwohl ein befristetes Recht entstanden. Demgemäß sei die Rückauflassungsvormerkung auf die Lebensdauer der Berechtigten befristet gewesen und das Grundbuchamt habe beim Vollzug des Löschungsantrags auch die Befristung des Rechts aus der Bewilligungsurkunde entnehmen können, da diese die Grundlage der Grundbucheintragung vom 21.12.1995 gebildet habe. Die Löschung der Vormerkung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises gemäß § 22 GBO habe deshalb ohne Bewilligung des Erben vorgenommen werden können.

Weil bei der Löschung des Rechts keine gesetzlichen Vorschriften verletzt worden seien, das Grundbuch auch nicht unrichtig geworden sei, seien die Eintragung eines Amtswiderspruchs sowie die Wiedereintragung der Rückauflassungsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 1 weder erforderlich noch möglich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1 mit dem Hinweis auf die mögliche Wiederaufladung der Vormerkung. Das Grundbuchamt habe nicht davon ausgehen dürfen, dass das betroffene Recht tatsächlich erloschen sei. Auf die Grundakten, insbesondere auf die Eintragungsbewilligung vom 17.11.1995, habe das Grundbuchamt nicht zurückgreifen dürfen. Die Klärung der materiellen Rechtslage müsse dem Verfahren nach § 894 BGB vorbehalten bleiben.

Vorsorglich werde die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

Die vom Senat angehörte, seit 3.1.2012 eingetragene Miteigentümerin (Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten.

II.

Die Beschwerde bleibt erfolglos.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71, 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG), jedenfalls insoweit, als es auf die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung der Vormerkung gerichtet ist (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO). Hingegen kann das Grundbuchamt nicht angewiesen werden, die Löschung als solche rückgängig zu machen. Dem steht § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO entgegen, wonach gegen Eintragungen, auch Löschungen (Demharter GBO 28. Aufl. § 71 Rn. 36 und 49), nicht die Wiedereintragung verlangt werden kann. Die Eintragung eines Amtswiderspruchs steht in jedem Fall unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO (Demharter § 71 Rn. 49).

Richtet sich die Beschwerde, wie hier, gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO), ist weiter zu beachten, dass nur beschwerdeberechtigt ist, wer, falls die Eintragung unrichtig wäre, nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müsste (h. Rspr.; z. B. OLG Hamm FGPrax 1996, 210; Demharter § 71 Rn. 69 m.w.N.; ferner Budde in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 63, 70). Für den Beteiligten zu 1 trifft dies, auch ohne förmlichen Erbennachweis, zu. Denn es besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass sein aus der Rechtsnachfolge der Erblasserin abgeleitetes Recht an dem Sicherungsmittel – der Vormerkung – durch die ohne seine Bewilligung (§ 19 GBO) vorgenommene Löschung beeinträchtigt ist.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Grundbuchamt war nicht gehindert – im Gegensatz sogar dazu verpflichtet -, den Inhalt der Vormerkung sowohl auf der Grundlage der Eintragung im Grundbuch als auch in Verbindung mit der in der Eintragung in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) auszulegen (vgl. OLG Hamm NZM 2012, 318). Es ist hierbei zum Ergebnis gelangt, dass das Recht auf die Lebenszeit der eingetragenen Berechtigten befristet war (§ 163 BGB). Dies ergibt sich auch für den Senat als Tatsacheninstanz (§ 74 GBO) zweifelsfrei aus dem ausdrücklichen Zusatz, dass die Sicherungswirkung der Vormerkung jeweils mit dem Tod des Berechtigten endet. Wird nur ein befristetes Recht zur Eintragung bewilligt, ist die Befristung selbst in den Eintragungsvermerk aufzunehmen; eine Bezugnahme nach § 874 BGB (§ 44 Abs. 2 GBO) ist unzulässig (OLG Schleswig FGPrax 2010, 280/281; Palandt/Bassenge BGB 71. Aufl. § 874 Rn. 3 und 5). Wenn wegen fehlender Aufnahme der Befristung in den Eintragungsvermerk ein unbefristetes Recht in das Grundbuch eingetragen ist (§ 873 BGB), entsteht materiell-rechtlich lediglich ein befristetes Recht, weil sich Einigung und Eintragung nur insoweit decken (BGH FGPrax 2011, 163/164; Palandt/Bassenge § 873 Rn. 12; § 874 Rn. 5). Soweit über die dingliche Einigung hinaus ein unbedingtes Recht eingetragen ist, liegt teilweise Grundbuchunrichtigkeit vor (siehe BGH NJW 1990, 112/114 unter 3.a; BayObLG NJW-RR 1998, 1025; OLG Hamm NZM 2012, 318/319).

Es kann nun dahinstehen, ob bei anfänglicher Unrichtigkeit unter Berücksichtigung der materiellen Rechtslage, nämlich der Befristung der Rückauflassungsvormerkung selbst, das Grundbuchamt einen Widerspruch (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) hätte eintragen müssen. Das Grundbuchamt hat jedenfalls allein aufgrund Todesnachweises zu Recht die Löschung vorgenommen, weil es auf das Bestehen oder Nichtbestehen des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs ebenso wenig wie auf eine etwaige Wiederaufladung der Vormerkung noch ankam. Denn die bewilligte Befristung führt ohne Weiteres zum Untergang des Rechts (vgl. auch BayObLG Rpfleger 1998, 334; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 266, 276) und damit zur Grundbuchunrichtigkeit (vgl. § 22 Abs. 1 GBO).

3. Nach § 84 FamFG sind dem Beteiligten zu 1 die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Besondere Umstände, von dieser gesetzlichen Kostenfolge abzuweichen, sind nicht vorhanden. Die Kostenentscheidung umfasst neben den gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auch die notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 2.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO und orientiert sich am – nicht näher bewertbaren – Interesse an der fortbestehenden Sicherungswirkung.

4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor. Insbesondere kommt es nach den vorstehenden Ausführungen auf die strittigen Fragen zur Wiederaufladbarkeit der Vormerkung (vgl. BGH NJW 2008, 578; NJW 2000, 805; dazu jeweils Demharter MittBayNot 2008, 214 und MittBayNot 2000, 106) nicht an.

 

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