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Hinweispflicht Grundbuchamt bei widersprüchlicher Bezeichnung Grundbuchblatt

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 126/19 – Beschluss vom 18.10.2019

Der Beschluss des Grundbuchamtes vom 29. Mai 2019 wird aufgehoben.

Weitere Entscheidungen sind nicht veranlasst.

Gründe

I.

Mit notarieller Antragsschrift vom 23. Mai 2019 beantragte die Beteiligte zu 3 unter Bezugnahme auf die beigefügte notarielle Urkunde vom 20. Mai 2019 über die Bestellung einer Buchgrundschuld zu ihren Gunsten an dem im Wohnungsgrundbuch von A. Blatt 13775 eingetragenen Wohnungseigentum, welches derzeit noch im hälftigen Miteigentum der Beteiligten zu 1 und 2 steht, die Eintragung der Grundschuld im Wohnungsgrundbuch, der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung sowie der Rangänderung einer eingetragenen Auflassungsvormerkung. In der Betreffzeile der Antragsschrift ist neben dem Grundbuchblatt 13775 auch das Grundbuchblatt 13844 genannt. Der auf Blatt 13844 eingetragene Wohnungsgrundbesitz steht ebenfalls im hälftigen Miteigentum der Beteiligten zu 1 und 2.

Zu Blatt 13775 wurden die Eintragungen im Grundbuch am 28. Mai 2019 vollzogen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Grundbuchamt entschieden, den Eintragungsantrag vom 23. Mai 2019 kostenpflichtig zurückzuweisen, soweit er sich auf Eintragung einer Grundschuld auf Blatt 13844 beziehe. Insoweit fehle es an einer Bewilligung. Dieses Eintragungshindernis könne nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden, weshalb der Eintragungsantrag sofort zurückzuweisen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 3 vom 31. Mai 2019. Sie führt aus, infolge eines Schreibversehens sei in der Betreffzeile der Antragsschrift vom 23. Mai 2019 auch das Grundbuchblatt 13844 genannt worden. Es werde klargestellt, dass der Antrag vom 23. Mai 2019 nur zu Blatt 13775 gestellt sei. Das ergebe sich auch unzweifelhaft aus der dem Antrag zugrunde liegenden Urkunde über die Bestellung der Grundschuld.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit weiterem Beschluss vom 24. Juni 2019 dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Der Eintragungsantrag sei eindeutig, nämlich nur für die Gläubigerin und für beide Grundbuchblätter gestellt. Aufgabe des Grundbuchamtes sei es deshalb gewesen, diesen Antrag der Beteiligten zu 3 darauf hin zu überprüfen, ob die erforderlichen Unterlagen dazu vorliegen. Das sei für Blatt 13844 nicht der Fall gewesen. Eine Auslegung der Eintragungsunterlagen dahin, dass Bewilligungen für das Blatt 13844 vorlägen, sei nicht möglich. Der Erlass einer Zwischenverfügung sei nicht in Betracht gekommen, der Antrag zurückzuweisen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundbuchakte verwiesen.

II.

Das von dem im Rubrum genannten Notar für die Beteiligte zu 3 gegen den Beschluss vom 29. Mai 2019 eingelegte Rechtsmittel ist als Grundbuchbeschwerde statthaft, § 71 Abs. 1 GBO, und auch im übrigen zulässig, §§ 72, 73 GBO. Die Sache ist dem Senat aufgrund der vom Grundbuchamt mit weiterem Beschluss vom 24. Juni 2019 erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Bereits in verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zu beanstanden, dass das Grundbuchamt der Beteiligten zu 3 vor Erlass des angefochtenen Beschlusses kein rechtliches Gehör gewährt hat, was aber nach einer im Vordringen befindlichen Meinung vor Zurückweisung eines Eintragungsantrages geboten sein soll (vgl. BeckOK GBO/Zeiser, 36. Edition, Stand: 1. Juni 2019, § 18 Rn. 20 m.w.N.).

Es kann offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen der Senat sich dieser Auffassung für alle Zurückweisungsfälle anschließt; jedenfalls im hiesigen Verfahren wäre es angezeigt gewesen, die Beteiligte zu 3 zunächst auf den Umstand hinzuweisen, dass in ihrer Antragsschrift auch das Grundbuchblatt 13844 genannt ist, während sich die beigefügte notarielle Urkunde und die dortigen Erklärungen der Beteiligten ausschließlich auf das Grundbuchblatt 13775 beziehen. Dass im Zusammenhang mit der Erstellung oder der Einreichung der Antragsschrift vom 23. Mai 2019 an irgendeiner Stelle – sei es durch ein Schreibversehen in der Betreffzeile, sei es durch eine versehentlich unterbliebene Vorlage einer weiteren Urkunde mit Erklärungen zu Blatt 13844 – ein Fehler unterlaufen ist, ist offensichtlich. Es wäre daher zunächst zu klären gewesen, ob zu Blatt 13844 überhaupt ein Antrag gestellt sein sollte. Dies musste/konnte nicht in Form einer Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO geschehen, an deren Erlass sich das Grundbuchamt gehindert gesehen hat. Ein telefonischer Hinweis oder ein formloses gerichtliches Anschreiben wäre ohne weiteres möglich und geboten gewesen.

Lediglich ergänzend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich das Grundbuchamt zu Unrecht am Erlass einer Zwischenverfügung gehindert gesehen hat. § 18 Abs. 1 GBO gewährleistet eine sachgerechte Antragserledigung auch bei Vorliegen eines Vollzugshindernisses. Leidet der Antrag an einem leicht zu behebenden Mangel, würde eine sofortige Zurückweisung empfindliche Härten mit sich bringen. Der Erlass einer Zwischenverfügung, der im Ermessen des Grundbuchamtes steht, ist bei leicht behebbaren Mängeln die Regel, die sofortige Zurückweisung die Ausnahme (vgl. OLG München DNotZ 2008, 934 ff.). Der Erlass einer Zwischenverfügung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn – wie es hier nach Auffassung des Grundbuchamtes der Fall war – der Antrag und die hierzu eingereichten Unterlagen Widersprüche aufweisen. Die Zwischenverfügung dient dann der Klarstellung des Antrages bzw. seiner Einschränkung (Demharter, a.a.O., § 18 Rn. 26 f.). Auch die Vorlage etwa fehlender Unterlagen kann Gegenstand einer Zwischenverfügung sein (vgl. Beck GBO/Zeiser, a.a.O., § 18 Rn. 6), so dass das Grundbuchamt auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung, wonach auch die Eintragung einer Grundschuld auf Blatt 13884 beantragt sei, die Vorlage der schon erklärten, lediglich nicht eingereichten Bewilligung durch Erlass einer Zwischenverfügung hätte anfordern können.

Auch in der Sache ist der angefochtene Beschluss zu beanstanden, denn das Grundbuchamt hat einen tatsächlich nicht gestellten Eintragungsantrag zurückgewiesen. Das Grundbuchamt hat das Antragsschreiben vom 23. Mai 2019 unzutreffend ausgelegt.

Als verfahrensrechtliche Erklärung ist der Antrag auf Vornahme einer Eintragung im Grundbuch einer Auslegung zugänglich. § 133 BGB gilt entsprechend. Die Sicherheit des Grundbuchverkehrs verlangt zwar eine klare Ausdrucksweise; bestimmte Ausdrücke sind aber nicht vorgeschrieben; auch kann der Antrag wegen des Inhalts der begehrten Eintragung auf beigefügte Urkunden Bezug nehmen. Im Zweifel ist die zulässige Eintragung als gewollt anzusehen (vgl. zum Vorstehenden: Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 13 Rn. 15 ff. m.w.N.).

Der Inhalt der Antragsschrift vom 23. Mai 2019 sowie der der beigefügten Grundschuldbestellungsurkunde vom 20. Mai 2019 sind dahin zu verstehen, dass sich der Eintragungsantrag ausschließlich auf das Grundbuchblatt 13775 bezieht, denn nur zu diesem Grundbuchblatt sind überhaupt materiell-rechtliche Erklärungen abgegeben und die Bewilligung der Beteiligten im Sinne von § 19 GBO erklärt worden. Die Erwähnung des Grundbuchblatts 13844 nur in der Betreffzeile ging deshalb ersichtlich ins Leere.

Vor diesem Hintergrund hat sich das Grundbuchamt auch zutreffend an einer Auslegung der Eintragungsunterlagen dahin, dass auch für Blatt 13844 eine Grundschuld bewilligt ist, gehindert gesehen. Entgegen der vom Grundbuchamt gezogenen Schlussfolgerung kann jedoch der Verweis auf das Grundbuchblatt 13844 ausschließlich in der Betreffzeile der Antragsschrift nicht dahin verstanden werden, dass dadurch zugleich ein weiterer Eintragungsantrag gewollt war. Dem steht zum einen der oben genannte Zweifelssatz, wonach im Zweifel die zulässige Eintragung als gewollt anzusehen ist, entgegen. Zum anderen stellt sich die Würdigung des Grundbuchamtes als Überbewertung der Betreffzeile der Antragsschrift dar. Nicht der Inhalt einer Betreffzeile – als schlichte Information zur Erleichterung der Zuordnung eines Schriftstückes – bestimmt den Inhalt des gestellten Eintragungsantrages; der Inhalt einer Betreffzeile kann vielmehr – gleichsam umgekehrt – lediglich als Indiz herangezogen werden, wenn sich die Frage nach dem Inhalt des Gewollten stellt.

III.

Für das Beschwerdeverfahren war mit Blick auf den Erfolg des Rechtsmittels eine Kostenentscheidung nicht veranlasst, §§ 25 Abs. 1, 22 Abs. 1 GNotKG. Wegen der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses insgesamt, hat auch der dortige Kostenausspruch zu Lasten der Beteiligten zu 3 keinen Bestand, so dass Gerichtskosten auch für das Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht mehr erhoben werden können.

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