OLG München – Az.: 34 Wx 396/18 – Beschluss vom 27.11.2018
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Memmingen – Grundbuchamt – vom 30. Oktober 2018 im Kostenausspruch aufgehoben.
II. Im Übrigen wird das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Gegen die aufgrund Erbfolge im Grundbuch eingetragenen Eigentümer von Grundbesitz erwirkte der Beteiligte ein am 15.10.2018 erlassenes, vorläufig vollstreckbares Anerkenntnisurteil, mit dem die Erben verurteilt wurden, das gegenständliche Grundstück an den Beteiligten aufzulassen und die Eintragung des Beteiligten als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. Auf Antrag des Beteiligten vom 23.10.2018 wurde auf dieser Grundlage am 25.10.2018 zu dessen Gunsten eine Vormerkung zur Sicherung seines Eigentumsübertragungsanspruchs in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen.
Mit Schreiben vom 28.10.2018 wandte sich der Beteiligte erneut an das Grundbuchamt. Unter dem Betreff „hier: Grundbuchberichtigung“ führte er zu seinem Vermächtnisanspruch und dem deswegen erwirkten Versäumnisurteil aus. Sodann gab er an, sein anwaltlicher Vertreter sei der Rechtsauffassung, dass er (der Beteiligte) mit einem vollstreckbar ausgefertigten und mit Rechtskraftvermerk versehenen Urteil selbst die Grundbuchberichtigung beantragen und auf diese Weise seine Eintragung im Grundbuch herbeiführen könne.
Weiter schrieb er wörtlich:
Ich bitte Sie höflich, mir unverzüglich schriftlich mitzuteilen, ob Sie eine andere Rechtsauffassung zu dieser Sache haben als mein gut ausgebildeter Rechtsanwalt Herr Dr. … .
Im Übrigen hat der Notarassessor Herr … inzwischen auch erkannt, daß in dieser Sache aufgrund des mir vorliegenden vollstreckbaren Urteils alles Nötige von der Erbengemeinschaft beantragt und bewilligt wurde um eine Grundbuchberichtigung problemlos durchführen zu können.
Ich möchte nach 10 Jahren endlich und unverzüglich als Eigentümer … im Grundbuch … stehen.
Ich fordere, daß die Erbengemeinschaft … unverzüglich als Eigentümer von … im Grundbuch entfernt wird.
Das Amtsgericht hat das Schreiben als Grundbuchantrag behandelt und diesen mit Beschluss vom 30.10.2018 kostenpflichtig zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Umschreibung des Eigentums lägen nicht vor, weil das Urteil nicht mit einem Rechtskraftvermerk versehen sei und die Auflassung des Beteiligten in notarieller Form nicht erklärt sei. Eine auf den Antragszeitpunkt rückwirkende Behebung des Eintragungsmangels sei nicht möglich.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde. Der Beschluss sei rechtswidrig und überflüssig. Er habe lediglich eine Anfrage an das Grundbuchamt gerichtet, ob eine Grundbuchberichtigung auf der Grundlage des Urteils möglich sei, um Notarkosten ersparen zu können. Einen Berichtigungsantrag habe er jedoch nicht gestellt.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde hat (nur) in Bezug auf den Kostenausspruch der angegriffenen Entscheidung Erfolg.
1. Als unzulässig erweist sich das Rechtsmittel insoweit, als mit ihm die Aufhebung der auf Antragszurückweisung lautenden Hauptsacheentscheidung verfolgt wird. Denn mangels Rechtsschutzbedürfnisses ist dem Beteiligten die Beschwerde, die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO gegen eine Antragszurückweisung grundsätzlich statthaft ist, insoweit nicht eröffnet.
Für die Beschwerde, mit dem die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses allein deshalb begehrt wird, weil der zurückgewiesene Grundbuchantrag gar nicht gestellt worden sei, fehlt jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Senat vom 21.12.2015, 34 Wx 349/15, juris Rn. 18; zur Frage der Beschwerdeberechtigung: BayObLGZ 1994, 115/117; OLG Naumburg FGPrax 2000, 3 m. Anm. Demharter FGPrax 2000, 52/53 f.; Demharter GBO 31. Aufl. § 71 Rn. 63; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 179; KEHE/Briesemeister GBO 7. Aufl. § 71 Rn. 55; Budde in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 62; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 11. Aufl. § 71 Rn. 116 und 127 a.E.).
Die Zurückweisung eines Antrags im Grundbuchverfahren ist nicht rechtskraftfähig. Einer künftigen Antragstellung steht der ergangene Beschluss deshalb nicht entgegen. Ein Interesse daran, dass die bei fehlender Antragstellung nur dem äußeren Anschein nach existente, rechtlich aber wirkungslose Entscheidung deklaratorisch aufgehoben wird, ist deshalb – anders als etwa in Streitverfahren nach der ZPO – für das Grundbuchverfahren nicht ohne weiteres zu bejahen.
Hier geht aus der Beschwerde klar hervor, dass der Beteiligte keinen Umschreibungsantrag stellt und der Meinung ist, einen solchen Antrag nicht gestellt zu haben. Er beanstandet die Entscheidung lediglich als überflüssig. Rechtliche Interessen an der Beseitigung des äußeren Fortbestands der Entscheidung hat der Beteiligte hingegen nicht dargetan; sie sind hier auch sonst nicht ersichtlich.
2. Unabhängig davon kann in Grundbuchverfahren eine Kostenentscheidung Gegenstand einer zulässigen Beschwerde sein (vgl. BGH Rpfleger 2012, 197 Rn. 7 m. Anm. Demharter; Senat vom 21.12.2015, 34 Wx 349/15, juris Rn. 19; OLG Dresden vom 8.3.2013, 17 W 212/13, juris Rn. 15 ff.; Budde in Bauer/Schaub § 71 Rn. 28).
Eine Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz nach § 81 Abs. 1 FamFG entnimmt der Senat dem hier ausdrücklich getroffenen Ausspruch im Tenor („kostenpflichtig“). Mangels Begründung kann eine Unterscheidung zwischen nur deklaratorischem oder aber konstitutivem Ausspruch nicht getroffen werden. Nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung ist in diesem Fall die Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel eröffnet.
Auf die Höhe der Kostenbelastung kommt es für die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht an, weil § 61 FamFG insoweit keine Anwendung findet (Senat vom 21.12.2015, 34 Wx 349/15, juris Rn. 19 m. w. Nachw.).
Mit seinem Rechtsmittel wendet sich der Beteiligte jedenfalls auch gegen die mit der Entscheidung ausgesprochene Kostenfolge.
3. Im Umfang seiner Zulässigkeit hat das Rechtsmittel Erfolg.
Die Eingabe vom 28.10.2018 hat das Grundbuchamt ohne hinreichende Anhaltspunkte als Grundbuchantrag (§ 13 Abs. 1 GBO) behandelt.
Zwar kommt es für die Frage, ob ein auf eine Eintragung gerichteter Verfahrensantrag vorliegt, nicht entscheidend darauf an, ob die Eingabe ausdrücklich als „Antrag“ bezeichnet ist. Vielmehr ist das an das Grundbuchamt herangetragene Begehren der Auslegung zugänglich (BayObLG Rpfleger 1979, 106; Demharter § 13 Rn. 15; Meikel/Böttcher § 13 Rn. 24).
Im Interesse der Sicherheit des Grundbuchverkehrs setzt eine Antragstellung allerdings voraus, dass der Wille, ein auf die Vornahme einer Grundbucheintragung gerichtetes Verfahren einzuleiten, unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht wird; dabei muss das Verlangen auf eine alsbaldige Eintragung gerichtet sein (allg. M.; vgl. Hügel/Reetz § 13 Rn. 38; Demharter § 13 Rn. 15 f.; Bauer in Bauer/Schaub § 13 Rn. 22; Meikel/Böttcher § 13 Rn. 23 f.; KEHE/Volmer § 13 Rn. 27; je m. w. Nachw.).
Diese Voraussetzung erfüllt das Schreiben des Beteiligten vom 28.10.2018 nicht. In dem Schreiben gibt der Beteiligte vielmehr die angebliche Rechtsansicht seines Verfahrensbevollmächtigten dahingehend wieder, dass (auch) er, der Beteiligte, die „Grundbuchberichtigung“ beantragen könne. Er bittet weiter um Auskunft über die Erfolgsaussicht des dort angedeuteten Vorgehens. Die Annahme, dass mit dem Schreiben bereits ein Antrag gestellt werde, steht im Widerspruch zu der klar geäußerten Bitte, zunächst Rechtsauskunft über die Erfolgsaussicht eines Antrags zu erteilen. Der anschließend geäußerte Wunsch, dass er endlich als Eigentümer im Grundbuch stehen möchte, rechtfertigt angesichts des übrigen Inhalts des Schreibens ebenso wenig wie die abschließende „Forderung“ nach einer Entfernung der Erbengemeinschaft aus dem Grundbuch eine Behandlung der Eingabe als Eintragungsantrag. Aus der ausführlich formulierten Anfrage geht vielmehr hervor, dass der Beteiligte daran interessiert ist, einen von vornherein nicht erfolgversprechenden Antrag zu vermeiden. Damit steht die Annahme, er stelle den Antrag dennoch bereits jetzt, in unauflöslichem Widerspruch. Deshalb ist auch die Betreffangabe nicht geeignet, eine Behandlung als Grundbuchantrag zu tragen.
Unabhängig davon, ob das Grundbuchamt zur Erteilung von Rechtsauskünften der gewünschten Art verpflichtet wäre, kann in dieser Situation ohne nähere Aufklärung über das mit der Eingabe verfolgte Ziel nicht von einem Eintragungsantrag ausgegangen werden.
III.
Für das Beschwerdeverfahren wird von einer Kostenentscheidung abgesehen. Dabei berücksichtigt der Senat, dass das Hauptinteresse, von der erstinstanzlich angeordneten Kostenfolge freigestellt zu werden, erreicht wurde. Demnach ist das Rechtsmittel als überwiegend erfolgreich anzusehen. Die in § 25 Abs. 1 GNotKG für den Fall eines Teilerfolgs angeordnete Kostenfolge – Erlöschen der Kostenhaftung für das Rechtsmittelverfahren – erscheint deshalb hier sachgerecht.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) sind nicht gegeben.