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Wohnungsgrundbuch – Recht eines Wohnungseigentümers auf Grundbucheinsicht

OLG Hamm: Kein generelles Grundbucheinsichtsrecht für Wohnungseigentümer

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Beschluss vom 17. Juni 2015 (Az.: I-15 W 210/14) entschieden, dass Wohnungseigentümern nicht generell ein Recht auf uneingeschränkte Grundbucheinsicht zusteht. Ein berechtigtes Interesse muss konkret dargelegt werden, und allein die Stellung als Miteigentümer reicht hierfür nicht aus. Die Entscheidung betont, dass die Einsicht in bestimmte Grundbuchteile, die die Nutzungs- und Haftungsverhältnisse sowie wirtschaftlichen Verhältnisse anderer Eigentümer offenlegen, nicht ohne Weiteres gewährt wird. Der Zugang zu notwendigen Informationen kann über den Verwalter erfolgen, der bei Bedarf ein Einsichtsrecht hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-15 W 210/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Grundbucheinsicht für Wohnungseigentümer ist nicht generell gewährleistet.
  • Ein berechtigtes Interesse muss konkret dargelegt werden.
  • Allein die Stellung als Miteigentümer reicht nicht für ein Einsichtsrecht.
  • Einsicht in bestimmte Grundbuchteile kann die wirtschaftlichen Verhältnisse anderer Eigentümer offenlegen und wird daher restriktiv gehandhabt.
  • Verwalter haben bei Bedarf ein Einsichtsrecht, um ihre Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft zu erfüllen.
  • Individuelle Einsichtsrechte erfordern die Darlegung eines besonderen Sachverhalts.
  • Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit der Abwägung zwischen dem Informationsbedürfnis und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht.
  • Die Entscheidung bekräftigt, dass der Zugang zu Informationen über den Verwalter möglich und ausreichend ist.

Wohnungsgrundbuch: Schlüssel zur Eigentumssicherheit

Das Wohnungsgrundbuch ist ein öffentliches Register, das wesentliche Informationen über das Eigentum an Wohnimmobilien enthält. Für Wohnungseigentümer und Interessenten bietet es eine transparente Einsicht in Rechte, Belastungen und Beschränkungen, die mit einer Immobilie verbunden sind. Ein grundlegendes Verständnis dieses Registers ist essentiell, um die eigene Rechtsposition zu kennen und zu sichern.

Zugang zum Wohnungsgrundbuch ermöglicht es, die rechtliche Situation einer Immobilie vollständig zu erfassen. Es dient nicht nur dem Schutz des Eigentums, sondern auch der Sicherheit im Rechtsverkehr, indem es Klarheit über die rechtlichen Verhältnisse schafft. Für Eigentümer ist die Grundbucheinsicht daher ein unverzichtbares Instrument, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen und verteidigen zu können.

OLG Hamm entscheidet: Einsicht ins Wohnungsgrundbuch nur bei berechtigtem Interesse

Im Zentrum eines rechtlichen Streits, der bis vor das Oberlandesgericht Hamm getragen wurde, stand die Frage, ob Wohnungseigentümern ein generelles Recht auf Einsicht in das Wohnungsgrundbuch zusteht. Der Fall, der unter dem Aktenzeichen I-15 W 210/14 verhandelt wurde, erreichte seinen Höhepunkt mit dem Beschluss vom 17. Juni 2015. Die Auseinandersetzung drehte sich um die Berechtigung zur Einsichtnahme in die Grundbücher anderer Sondereigentumseinheiten innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Grundbucheinsicht: Ein Recht für jeden?

Die Grundbucheinsicht ist nach § 12 Abs. 1 GBO grundsätzlich jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. Ein solches Interesse liegt vor, wenn sachliche Gründe vorgebracht werden, die eine Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausschließen. Diese rechtliche Rahmenbedingung bildet den Ausgangspunkt des Streits, bei dem es um die spezifischen Bedingungen für Wohnungseigentümer ging.

Die Herausforderung der wirtschaftlichen Verbundenheit

Historisch gesehen wurde ein Einsichtsrecht aufgrund der engen wirtschaftlichen Verbundenheit der Miteigentümer angenommen. Diese Auffassung hat sich jedoch mit der WEG-Reform und der damit einhergehenden Änderung der wirtschaftlichen Beziehungen gewandelt. Nun stehen die Beziehungen nicht mehr direkt zwischen den Wohnungseigentümern, sondern vielmehr im Verhältnis zur rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dieser Wandel führte zur Frage, inwieweit ein individuelles Einsichtsrecht noch haltbar ist.

Zwischen individuellem Recht und Gemeinschaftsinteresse

Das Gericht stellte klar, dass die bloße Stellung als Miteigentümer ohne konkretes Informationsbedürfnis nicht ausreicht, um ein umfassendes Einsichtsrecht zu begründen. Vielmehr ist eine Abwägung zwischen dem Informationsbedürfnis des Einzelnen und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der übrigen Eigentümer erforderlich. Ein berechtigtes Interesse kann etwa bei Hausgeldrückständen vorliegen, doch selbst in solchen Fällen wird die Einsicht in die Grundbücher anderer Sondereigentumseinheiten als nicht zwangsläufig notwendig erachtet.

Entscheidung des OLG Hamm: Ein Fall von berechtigtem Interesse?

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass die zulässige Beschwerde unbegründet sei und wies sie zurück. Es betonte, dass die Verwaltung und die Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft, insbesondere bei Hausgeldrückständen, in der Verantwortung des Verwalters liegen. Dieser besitzt im Bedarfsfall ein Einsichtsrecht, um seine Pflichten erfüllen zu können. Die individuellen Eigentümer können notwendige Informationen über den Verwalter erhalten, wodurch ein direktes Einsichtsrecht des Einzelnen in das Grundbuch anderer Sondereigentümer nicht erforderlich ist.

In seinem Urteil berücksichtigte das Gericht die Balance zwischen dem Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer und dem Schutz der Daten anderer Beteiligter. Es betonte die Rolle des Verwalters als Mittelsmann, der bei der Verfolgung von Gemeinschaftsansprüchen eine zentrale Rolle spielt. Die Entscheidung des OLG Hamm macht deutlich, dass der direkte Zugang zu Informationen über das Grundbuch, insbesondere in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse anderer Eigentümer, sorgfältig gegen die Rechte und Interessen aller Beteiligten abgewogen werden muss.

Das Gericht setzte mit seinem Beschluss einen klaren Rahmen für die Gewährung von Grundbucheinsichten unter Wohnungseigentümern. Es stärkt die Position des Verwalters und unterstreicht die Notwendigkeit eines nachweisbaren, berechtigten Interesses für die Einsichtnahme in Grundbuchdaten. Diese Entscheidung trägt zur Klärung der Rechtslage bei und dient als Orientierung für zukünftige Fälle ähnlicher Natur.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter dem Wohnungsgrundbuch?

Das Wohnungsgrundbuch ist eine spezielle Form des Grundbuchs, die im deutschen Grundbuchrecht verankert ist. Es dient der Eintragung und Dokumentation von Wohnungseigentum, also dem Eigentum an einzelnen Wohnungen innerhalb eines Mehrparteienhauses oder einer Wohnanlage. Im Gegensatz zum herkömmlichen Grundbuch, das Grundstücke und die darauf befindlichen Immobilien erfasst, konzentriert sich das Wohnungsgrundbuch auf das sogenannte grundstücksgleiche Recht des Wohnungseigentums.

Im Wohnungsgrundbuch werden alle wesentlichen Informationen und Rechtsverhältnisse bezüglich des Wohnungseigentums festgehalten. Dazu gehören die Besitzer von gemeinschaftlichem Wohnungseigentum, die in der Teilungserklärung eingetragen sind. Die Teilungserklärung ist ein zentrales Dokument, das die Aufteilung des Gebäudes in einzelne Wohneinheiten und die damit verbundenen Miteigentumsanteile am Grundstück regelt. Sie enthält in der Regel auch die Gemeinschaftsordnung, die die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander festlegt.

Das Wohnungsgrundbuch ist ein öffentliches Register, das beim Grundbuchamt geführt wird. Es offenbart alle bestehenden Rechte an Eigentumswohnungen, einschließlich des Bruchteils des Miteigentums am Grundstück, des zum Miteigentumsanteil gehörenden Sondereigentums sowie der Sondereigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer. Die Anlage und Führung des Wohnungsgrundbuchs, die auch elektronisch erfolgen kann, wird durch die Wohnungsgrundbuchverfügung geregelt.

Das Wohnungsgrundbuch ist nicht als Teil des klassischen Grundbuchs zu verstehen, sondern stellt ein vollkommen eigenständiges Grundbuch dar. Es ist prinzipiell in zwei Bereiche aufgeteilt: das Wohnungsgrundbuch und das Teileigentumsgrundbuch. Die Gliederung und Aufteilung der jeweiligen Grundbuchseite erfolgt dabei in der gleichen Weise wie beim normalen Grundbuch.

Die Bedeutung des Wohnungsgrundbuchs im Wohnungseigentumsrecht ist besonders hervorzuheben. Vor dem Erwerb von Wohnungseigentum oder Teileigentum ist es ratsam, das Wohnungsgrundbuch einzusehen, um sicherzustellen, dass der Kauf risikofrei ist. Alle maßgeblichen Rechte und Pflichten für das Wohnungseigentum ergeben sich aus dem Wohnungsgrundbuch und der Teilungserklärung.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Grundbucheinsicht erfüllt sein?

Um Einsicht in das Grundbuch zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden, wie es in § 12 der Grundbuchordnung festgelegt ist. Dieses berechtigte Interesse muss konkret und nachweisbar sein und darf nicht auf bloßer Neugier beruhen. Beispiele für ein berechtigtes Interesse sind:

  • Eigentum: Als Eigentümer oder Inhaber eines im Grundbuch eingetragenen Rechts haben Sie uneingeschränkten Zugang.
  • Kaufinteresse: Als potenzieller Käufer können Sie eine Vollmacht des Eigentümers vorlegen oder einen notariell beglaubigten vorläufigen Kaufvertrag.
  • Mietverhältnis: Als Mieter kann ein Mietvertrag als Nachweis dienen.
  • Kreditsicherheit: Kreditgeber, die das Grundstück oder Gebäude als Sicherheit verwenden möchten, haben ebenfalls ein berechtigtes Interesse.
  • Vollstreckungstitel: Gläubiger mit einem Vollstreckungstitel gegen den Eigentümer können ihr Interesse nachweisen.

Die Beantragung der Grundbucheinsicht erfolgt beim zuständigen Grundbuchamt, das in der Regel eine Abteilung des Amtsgerichts ist, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Der Antrag kann schriftlich oder mündlich gestellt werden und muss die genaue Adresse des Objektes sowie gegebenenfalls den Grundbuchbezirk und die Grundbuchblattnummer enthalten. Personen, die nicht Eigentümer sind, müssen zusätzlich zum Nachweis des berechtigten Interesses auch eine Vollmacht des Eigentümers oder eine entsprechende Zustimmung vorlegen. Notare, Behörden und Gerichte haben aufgrund ihrer Amtspflichten in der Regel ebenfalls Zugang zum Grundbuch. In Deutschland sind alle Grundbücher digitalisiert, und es besteht die Möglichkeit, einen Grundbuchauszug auch online zu beantragen, wobei die genauen Modalitäten von Bundesland zu Bundesland variieren können.

Inwiefern unterscheidet sich das Einsichtsrecht eines Wohnungseigentümers vom allgemeinen Einsichtsrecht?

Das Einsichtsrecht eines Wohnungseigentümers in das Grundbuch unterscheidet sich vom allgemeinen Einsichtsrecht hauptsächlich durch die spezifischen Rechte, die mit dem Wohnungseigentum verbunden sind. Während das allgemeine Einsichtsrecht in das Grundbuch an das Vorliegen eines berechtigten Interesses gebunden ist, haben Wohnungseigentümer aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse grundsätzlich ein uneingeschränktes Recht zur Einsichtnahme in das Grundbuch.

Ein Wohnungseigentümer ist Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft und hat neben dem Sondereigentum an seiner Wohnung auch Miteigentum am gemeinschaftlichen Eigentum, wie beispielsweise dem Grundstück und den gemeinschaftlich genutzten Teilen des Gebäudes. Dieses spezielle Eigentumsverhältnis gewährt dem Wohnungseigentümer ein inhärentes Interesse an den Eintragungen im Grundbuch, die sein Wohnungseigentum betreffen.

Im Gegensatz zu anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen müssen, um Einsicht in das Grundbuch zu erhalten, haben Wohnungseigentümer also aufgrund ihrer Eigentümerstellung ein direktes Einsichtsrecht. Dieses Recht umfasst sowohl das Sondereigentum an der Wohnung als auch das Miteigentum an den gemeinschaftlichen Teilen der Immobilie.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieses erweiterte Einsichtsrecht sich primär auf die Teile des Grundbuchs bezieht, die das eigene Wohnungseigentum und das gemeinschaftliche Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffen. Für die Einsichtnahme in andere Teile des Grundbuchs, die nicht direkt das eigene Wohnungseigentum betreffen, müsste auch ein Wohnungseigentümer ein berechtigtes Interesse nachweisen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Einsichtsrecht eines Wohnungseigentümers im Vergleich zum allgemeinen Einsichtsrecht durch die spezielle Eigentümerstellung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft erweitert ist. Dies spiegelt die besonderen Rechte und Interessen wider, die mit dem Wohnungseigentum verbunden sind.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 12 Abs. 1 GBO (Grundbuchordnung): Regelt das Recht auf Einsicht in das Grundbuch, vorausgesetzt es wird ein berechtigtes Interesse dargelegt. Im Kontext des Urteils ist dieses Gesetz zentral, da es die grundlegende Voraussetzung für die Gewährung oder Verweigerung der Grundbucheinsicht an Wohnungseigentümer bestimmt.
  • Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere § 10 Abs. 7 WEG: Nach der WEG-Reform sind die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft neu geordnet. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Frage, ob und inwieweit einzelne Wohnungseigentümer Einsichtsrechte in das Grundbuch anderer Sondereigentumseinheiten haben.
  • Rechtsprinzip des berechtigten Interesses: Ein fundamentales Prinzip im deutschen Recht, das besagt, dass eine Person ein nachweisbares und legitimes Interesse haben muss, um bestimmte Rechtsansprüche geltend machen zu können. Dieses Prinzip ist entscheidend für die Beurteilung von Ansprüchen auf Grundbucheinsicht.
  • Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts: Ein weiterer relevanter Rechtsbereich im vorliegenden Fall, der die Abwägung zwischen dem Informationsbedürfnis des Antragstellers und dem Datenschutz der im Grundbuch eingetragenen Personen erfordert.
  • BGHZ 188, 157ff: Eine Rechtsprechung, die die Verantwortung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft für die effektive Durchsetzung von Gemeinschaftsansprüchen, insbesondere bei Hausgeldrückständen, hervorhebt. Diese Rechtsprechung unterstreicht die Rolle des Verwalters im Kontext der Grundbucheinsicht.
  • §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG (Gerichts- und Notarkostengesetz): Grundlage für die Festsetzung des Gegenstandswertes im Beschwerdeverfahren. Dies zeigt, wie gerichtliche Kosten im Rahmen von Beschwerdeverfahren bestimmt werden und ist für die Kostenrisikoabschätzung bei der Einlegung von Rechtsmitteln relevant.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-15 W 210/14 – Beschluss vom 17.06.2015

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat den Beteiligten die beantragte Grundbucheinsicht im Ergebnis zu Recht verweigert. Gemäß § 12 Abs. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt; es müssen sachliche Gründe vorgetragen werden, welche die Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen (so schon Senat OLGZ 1985, 148; KG, Beschluss vom 03. April 2014 – 1 W 83/14 -, Rn. 2, juris; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 12 Rdn. 7).

Dieser allgemeine Grundsatz findet auch auf Sondereigentümer innerhalb einer Gemeinschaft nach dem WEG Anwendung, soweit diese Einsicht in die Grundbücher anderer Sondereigentumseinheiten begehren. Zu prüfen ist daher stets, ob ein solches sachliches Interesse schlüssig dargelegt ist.

Hieraus erklärt sich, dass in der älteren Rechtsprechung (insbes. OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 842) ein Einsichtsrecht im Hinblick auf die enge wirtschaftliche Verbundenheit der Miteigentümer -jedenfalls teilweise- als Grundsatz angesehen wurde. Von einem solchen Grundsatz kann man jedenfalls heute im Hinblick darauf, dass seit der WEG-Reform die wirtschaftlichen Beziehung nach § 10 Abs. 7 WEG nicht mehr unmittelbar zwischen den Wohnungseigentümern bestehen, sondern im Verhältnis zu der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, nicht mehr ausgehen (so zutreffend KG a.a.O.; Hügel/Wilsch, GBO, Stand 2015, § 12 Rdn.75; noch enger Bauer/v.Oefele/Maaß, GBO, 3 Aufl., § 12 Rdn.54). Allein die Stellung als Miteigentümer kann daher -bei entsprechendem Informationsbedarf- allenfalls einen Anspruch auf die Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I des Grundbuchs begründen.

Die Auffassung der Beteiligten, dass sich unabhängig von der Verwaltung der Gemeinschaft ein Einsichtsrecht bereits aus der Stellung als Miteigentümer ergebe, da sie insoweit ihr Eigentumsrecht wahrnähmen, wie z.B. durch das Agieren in der Wohnungseigentümerversammlung, teilt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht. Zunächst besagt die Stellung als Miteigentümer nichts über ein konkretes Informationsbedürfnis. Soweit ein solches hinsichtlich des sog. sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Gemeinschaft im Einzelfall besteht, kann dem durch eine beschränkte Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I regelmäßig Rechnung getragen werden.

Die Einsicht in die Abteilungen II und III des Grundbuchs offenbart hingegen die Nutzungs- und Haftungsverhältnisse des fremden Sondereigentums und in Grenzen die wirtschaftlichen Verhältnisse des entsprechenden Eigentümers. Dabei ist den Beteiligten zuzugeben, dass die Kenntnis der Eintragungen in Abteilung II und III bei Wohngeldrückständen, mag deren Verfolgung auch bei der Gemeinschaft liegen, für den einzelnen Eigentümer als Grundlage seines Verhaltens in der Wohnungseigentümerversammlung von Interesse sein kann. Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen diesem Informationsbedürfnis und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Schuldners ist jedoch auch zu fragen, ob der einzelne Miteigentümer zur Erlangung der relevanten Informationen auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist. Dies ist aus Sicht des Senats im Regelfall zu verneinen.

Wenn Hausgeldrückstände bestehen, zählt es zu den Aufgaben des Verwalters, für eine effektive Durchsetzung der Ansprüche der Gemeinschaft Sorge zu tragen (BGHZ 188, 157ff). Er muss daher, wenn Rückstände auflaufen und er durch die Gemeinschaftsordnung nicht allgemein ermächtigt ist, derartige Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, auf eine Entscheidung der Eigentümer über die gerichtliche Geltendmachung dringen. In beiden Alternativen stellt sich unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Anspruchsverfolgung auch die Frage nach den (Vor-)Belastungen der Sondereigentumseinheit(en) des Schuldners. Dementsprechend ist dem Verwalter in einer solchen Situation ein Einsichtsrecht nach § 12 Abs. 1 GBO zuzubilligen, da er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft dann auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist.

Auf der Grundlage der Auffassung des Senats können die einzelnen Wohnungseigentümer, so sie denn vor einer gerichtlichen Geltendmachung zu einer Beschlussfassung aufgerufen sind, über den Verwalter die notwendigen Informationen betr. den Grundbuchinhalt erhalten. Ein individuelles Einsichtsrecht des einzelnen Miteigentümers würde, soweit es um die Verfolgung von Hausgeldansprüchen geht, dementsprechend die Darlegung eines besonderen Sachverhalts erfordern, aufgrund dessen feststellbar ist, dass der vorbeschriebene mittelbare Informationsfluss nicht umsetzbar oder unzumutbar ist, etwa weil der Verwalter sich hartnäckig weigert, hieran mitzuwirken. Die gerichtliche Erzwingung seiner Mitwirkung wäre hier, schon im Hinblick auf die Verjährbarkeit der Gemeinschaftsansprüche, regelmäßig unzumutbar.

Einen solchen Ausnahmesachverhalt haben die Beteiligten vorliegend jedoch nicht dargelegt.Vielmehr ergibt sich aus der Tatsache, dass die Verwalterin ihn (später) zur Grundbucheinsicht in ihrem Namen bevollmächtigt hat, dass diese durchaus zur Kooperation bereit ist. Soweit das Grundbuchamt nach den Darlegungen der Beteiligten auch diese Grundbucheinsicht nur eingeschränkt erteilt hat, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor. Insbesondere steht die vorliegende Entscheidung nicht im Widerspruch zum Beschluss des OLG Hamburg vom 24.04.2008 (= ZMR 2008, 814 f). Das dortige obiter dictum betrifft nicht die Vorbereitung der Geltendmachung von Gemeinschaftsansprüchen gegen einen einzelnen Eigentümer, sondern der Geltendmachung eines Individualanspruchs aus § 21 Abs. 4 WEG gegen die anderen Miteigentümer im Falle einer baulich unvollendeten Wohnungseigentumsanlage (zu dieser Problematik vgl. OLG Karlsruhe NJW 1981, 466; MK-BGB/Engelhardt, § 22 WEG Rdn. 57).

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