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Notarkostenverfahren – Aufrechnung mit materiell-rechtlichen Schadensersatzansprüchen

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 46/17 – Beschluss vom 18.12.2018

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 2.331,27 EUR.

Gründe

I.

Die Antragstellerin war Mitglied zweier Erbengemeinschaften nach ihren verstorbenen Großeltern. Die Mitglieder der Erbengemeinschaft waren unter anderem Miteigentümer des Grundstücks Straße1, Stadt1, auf denen sich zwei Gebäude befinden.

Der Antragsgegner war mit der Beurkundung eines das Grundstück betreffenden Erbauseinandersetzungsvertrages beauftragt. Dem waren Gespräche der Vertragsbeteiligten mit dem Sozius des Antragsgegners, A, vorausgegangen. Für ein Mitglied der Erbengemeinschaft, B, war eine gesetzliche Betreuung angeordnet, die sich zunächst auf die Aufgabenbereiche „Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Interessenwahrnehmung gegenüber Behörden und Einrichtungen, Wohnungsangelegenheiten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post“ beschränkte. Auf den Betreuerausweis vom 26.05.2009, Bl. 13 d. A., wird Bezug genommen.

Am 27.05.2015 beurkundete der Antragsgegner unter seiner UR-Nr…/2015 einen Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag mit Ausgleichszahlungen an die Miterben. Dabei trat für B deren Betreuerin auf. Der Vertrag sah eine Übertragung von Miteigentumsanteilen an die Antragstellerin vor. Diese sollte Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 110.000,– EUR an die übertragenden Miterben leisten. Für den Miterben C trat die Mutter der Antragstellerin als vollmachtlose Vertreterin auf. Der Vertrag sah vor, dass die Kosten der Beurkundung und ihres Vollzuges von der Antragstellerin zu tragen waren. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die Urkunde verwiesen (Bl. 7 ff. d. A.).

Eine Genehmigungserklärung des Vertretenen C erreichte die Antragstellerin am 16.06.2015, den Antragsgegner am 19.06.2015. Die Antragstellerin schloss am 18.06.2015 einen Darlehensvertrag über 114.000,– EUR ab, der für den Fall der Nichtabnahme der Darlehensvaluta die Zahlung einer Bereitstellungsprovision vorsah.

Der Antragsgegner forderte das Amtsgericht – Betreuungsgericht – Marburg am 24.06.2016 zur Erteilung einer Genehmigung der Vertragserklärung der Betreuerin auf. Mit Schreiben vom 13.07.2015, am folgenden Tag beim Antragsgegner eingegangen, wies das Betreuungsgericht darauf hin, dass eine Genehmigung nicht erteilt werden könne, weil die Betreuung nicht den Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasse. Hiervon informierte der Antragsgegner die Betreuerin mit Schreiben vom 15.07.2015. Mit Schreiben vom 16.09.2015 wurde dem Antragsgegner mitgeteilt, dass der Aufgabenkreis der Betreuung mit Beschluss vom 16.09.2015 auf die Vermögenssorge erweitert worden war. Mit Schreiben vom 21.09.2015 forderte der Antragsgegner die Betreuerin auf, den Vertrag vom 27.05.2015 zu genehmigen. Eine solche Genehmigung erteilte die Betreuerin der B am 28.09.2015.

Am 05.10.2015 stellte der Antragsgegner sodann erneut den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung der Betreuererklärung durch das Betreuungsgericht. Eine solche wurde am 22.10.2015 erteilt. Am 16.11.2015 ging eine mit einem Rechtskraftvermerk vom 11.11.2015 versehene Ausfertigung des genehmigenden Beschlusses beim Antragsgegner ein. Am 17.11.2015 beantragte der Antragsgegner die Eintragung einer Vormerkung zu Gunsten der Antragstellerin. Die Eintragung der Vormerkung erfolgte am 24.11.2015. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte der Antragsgegner die Betreuerin und das Betreuungsgericht auf, zu bestätigen, dass die Betreuerin zum Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung noch als Betreuerin amtierte. Die entsprechenden Bestätigungen erreichten den Antragsgegner am 07.12.2015 bzw. am 16.12.2015. Am 16.12.2016 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin eine Fälligkeitsmitteilung betreffend die Ausgleichszahlungen.

Die Antragstellerin veranlasste die Zahlungen zu einem nicht näher beschriebenen Zeitpunkt im Januar 2016.

Der Antragsgegner erstellte am 29.04.2016 zur Nr. 10 eine Kostenberechnung über insgesamt 1.837,12 EUR und zur Nr. 11 eine weitere Kostenberechnung über insgesamt 494,15 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 22 d. A. verwiesen. Mit Schreiben vom 16.06.2016 verwies der Vertreter der Antragstellerin auf vermeintliche Schadensersatzansprüche.

Mit einem an das Landgericht gerichteten Schreiben vom 09.08.2016 hat die Antragstellerin Einwendungen gegen die mit den Kostenberechnungen geltend gemachte Kostenforderung des Antragsgegners erhoben. Sie stützt diese Einwendungen auf den Gesichtspunkt der Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, der Antragsgegner habe es als Notar amtspflichtwidrig unterlassen, den Umfang der Betreuerbestellung zu prüfen und gegebenenfalls Hinweise zu erteilen. Hieraus sei ihr ein Schaden in Höhe von 1.436,08 EUR entstanden, der sich aus Bereitstellungszinsen für die Monate August 2015 bis Januar 2016 ergäbe. Weiterhin sei ein Schaden in Höhe von insgesamt 5.592,– EUR dadurch entstanden, dass der Antragstellerin Mieteinnahmen für die Monate August 2015 bis Januar 2016 entgangen seien. Sie hat mit Schriftsatz vom 31.10.2016 einen Mietvertrag vom 12.09.2016 (Bl. 57 ff. d. A.) vorlegen lassen, ausweislich dessen eine sich auf dem Objekt befindliche Gartenwohnung ab 15.09.2016 zu einer Nettomiete von 300,– EUR vermietet worden sei. Darüber hinaus hat sie behauptet, eine Wohnung sei ab dem 01.02.2016 zu einer Nettokaltmiete von 485,– EUR vermietet worden.

Die Antragstellerin hat beantragt, die Notarkostenberechnungen des Antragsgegners mit der Nr. 10 über 1.837,12 EUR und Nr. 11 über 494,15 EUR aufgrund Aufrechnung der Antragstellerin als gegenstandslos zu erklären.

Der Antragsgegner hat an den angegriffenen Kostenberechnungen festgehalten und sinngemäß beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Antragstellerin sei dadurch, dass er bei Beurkundung die fehlende Vertretungsmacht nicht bemerkt habe, kein Schaden entstanden. So sei etwa der tatsächlich erforderliche Zeitraum zwischen Kenntnis des Antragsgegners von der Erweiterung der Betreuung auf den Aufgabenbereich der Vermögenssorge bis zur Fälligkeitsmitteilung im Umfang von zwei Monaten und 26 Tagen nur wegen überobligatorischer Anstrengungen des Antragsgegners und seiner Mitarbeiter so kurz ausgefallen. Unter Zugrundelegung einer kanzleiüblichen Bearbeitung wäre ein weiterer Zeitraum von mindestens vier Wochen verstrichen.

Das Landgericht hat die vorgesetzte Dienstbehörde des Antragsgegners angehört. Diese hat am 04.11.2016 Stellung genommen (Bl. 65 d. A.).

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 73 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die bezeichneten Kostenberechnungen bestätigt. Es hat den Antrag zwar als zulässig erachtet, ihn jedoch als unbegründet angesehen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass im Verfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG der – hier ausschließlich geltend gemachte – Einwand der Aufrechnung lediglich zu berücksichtigen sei, wenn die aufgerechnete Forderung unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sei; dies sei hier nicht der Fall. Aber auch wenn man anderer Auffassung sei, wäre der Antrag im Ergebnis unbegründet, weil der Antragstellerin – eine Amtspflichtverletzung des Antragsgegners unterstellt – kein kausaler Schaden entstanden sei.

Gegen diesen am 27.12.2016 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 26.01.2017 eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom gleichen Tag (Bl. 90 ff. d. A.) Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie rügt die Rechtsanwendung durch das Landgericht. Sie vertritt die Auffassung, bei pflichtgemäßem Verhalten wäre es nicht zu einer Verzögerung im vorliegenden Ausmaß gekommen; zumindest sei eine Verzögerung von zwei Monaten gegeben. Überdies hätte die Antragstellerin dann nicht den Darlehensvertrag bereits am 18.06.2015 abgeschlossen. Ein Mieter hätte für den Zeitraum vor dem 01.02.2016 zur Verfügung gestanden.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde ausweislich seines Schriftsatzes vom 13.03.2017 (Bl. 105 ff. d. A.) entgegen und beantragt deren Zurückweisung. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Das Landgericht hat der Beschwerde ausweislich seines Beschlusses vom 30.01.2017 (Bl. 94 ff. d. A.) nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und dessen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 129 Abs. 1 GNotKG statthaft und auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Festzuhalten ist zunächst, dass lediglich die jeweils erhobenen Beanstandungen – hier: der Antragstellerin – den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Antragsverfahrens in Notarkostensachen bestimmen. Eine weitergehende gerichtliche Überprüfung findet nicht statt (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 22.02.2011, 20 W 88/08, zitiert nach juris und m. w. N., zu § 156 KostO). Gegen die verfahrensgegenständlichen Kostenberechnungen des Antragsgegners hat die Antragstellerin lediglich den Einwand der Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus einer Amtspflichtverletzung des Antragsgegners gemäß § 19 BNotO erhoben. Sonstige Beanstandungen gegen die Berechnungen bzw. einzelne Positionen werden nicht erhoben.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Aufrechnung der Antragstellerin mit einem Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO nicht durchgreifen lassen und demgemäß – wie sich aus den Beschlussgründen ergibt – den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.

Die Voraussetzungen für einen derartigen Schadensersatzanspruch der Antragstellerin nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO liegen nicht vor. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit der Antragsgegner als Notar fahrlässig eine ihm der Antragstellerin gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt hat, ist der Antragstellerin ausgehend von ihrem Sachvorbringen im hiesigen Verfahren mit dem Landgericht jedenfalls kein darauf beruhender Schaden entstanden.

Der Senat vermag allerdings den dieser inhaltlichen Begründung des Landgerichts vorangehenden Rechtsausführungen im angefochtenen Beschluss zur fehlenden Zulässigkeit der Aufrechnung im vorliegenden Notarkostenverfahren nicht zu folgen. Nach wohl herrschender Auffassung (vgl. etwa OLG Karlsruhe Notar 2015, 198; KG ZEV 2015, 640 ; OLG Dresden NotBZ 2017, 51 ; OLG Hamm FGPrax 2012, 267; OLG Celle NdsRpfl 2015, 374; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.02.2016, 10 W 33/16, jeweils für Verfahren nach dem 01.09.2009 und zitiert nach juris; vgl. weiter die – auch neueren – Nachweise bei Ländernotarkasse, Leipziger Kostenspiegel, 2. Aufl., Teil I Rz. 1.194 ff.; Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 18. Aufl., § 16 Rz. 2c; Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 20. Aufl., § 21 Rz. 8; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 127 GNotKG Rz. 6, Stichwort „Aufrechnung“; Neie in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Aufl., § 127 Rz. 19; Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Nov. 2017, §§ 127-130 Rz. 12 ff.; BeckOK KostR/Schmidt-Räntsch, Stand: 01.09.2018, § 127 GNotKG Rz. 25; Heinemann in NK-Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 127 GNotKG Rz. 64; vgl. zum Streitstand auch Wudy in Leipziger Gerichts- & Notarkostenkommentar, 2. Aufl., § 21 Rz. 25; § 127 Rz. 61, 66; a. A. Heinze notar 2016, 131) und bislang ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa zuletzt etwa Senat, Beschluss vom 27.10.2016, 20 W 352/14, zitiert nach juris; Beschluss vom 13.12.2017, 20 W 264/16, n. v.) ist es im Verfahren nach § 156 KostO (und dementsprechend nach den §§ 127 ff. GNotKG) grundsätzlich zulässig, gegen den geltend gemachten Kostenanspruch mit materiell-rechtlichen Schadensersatzansprüchen gegen den Notar aus Amtspflichtverletzungen aufzurechnen, jedenfalls dann, wenn diese – wie hier – mit dem notariellen Geschäft in einem Zusammenhang stehen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die §§ 156 Abs. 1 KostO, 127 Abs. 1 Satz 1 GNotKG sich ausdrücklich auch auf in diesen Verfahren geltend zu machende Einwendungen „gegen die Zahlungspflicht“ beziehen. Angesichts dieser gesetzlichen Zuweisung in das Verfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG greift das Argument, es handele sich um eine rechtswegfremde oder zumindest spruchkörperfremde Forderung, deren Behandlung in dem gemäß § 130 Abs. 3 GNotKG dem FamFG unterliegenden Verfahren ausscheide (vgl. LG Kleve NotBZ 2015, 359; LG Lübeck JurBüro 2017, 27, je zitiert nach juris), zur Überzeugung des Senats nicht durch. Soweit im Hinblick auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf die Unterschiede in den jeweiligen Verfahrensordnungen – Dispositions- bzw. Beibringungsgrundsatz und Amtsermittlungsgrundsatz – verwiesen wird, überzeugt dies im gegebenen Zusammenhang nicht. Dem Notarkostenverfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG ist nämlich die Prüfung und Entscheidung von Schadensersatzansprüchen nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht fremd. So ist nach § 90 Abs. 2 GNotKG – neben weiteren Ansprüchen – über (anderweitige) Schadensersatzansprüche gegen den Notar nach § 90 Abs. 1 GNotKG im Verfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG zu entscheiden. Soweit im Übrigen darauf abgestellt wird, durch die Verweigerung der Aufrechnungsmöglichkeit im Notarkostenverfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG werde der jeweilige Antragsteller nicht schutzlos gestellt, weil ihm insoweit die Möglichkeit bleibe, eine Vollstreckungsabwehrklage zu erheben (so LG Kleve NotBZ 2015, 359, zitiert nach juris), so ist wiederum darauf hinzuweisen, dass in Einklang mit der oben dargelegten Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Literatur zum Notarkostenverfahren auch nach ganz herrschender Auffassung in der zivilprozessualen Rechtsprechung und Literatur eine gegen eine Notarkostenberechnung gerichtete Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO – also im Zivilprozess – unstatthaft wäre (vgl. etwa OLG Düsseldorf OLGR 2002, 415, zitiert nach juris; Münchener Kommentar/Schmidt/Brinkmann, ZPO, 5. Aufl., § 767 Rz. 34; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl., § 767 Rz. 11; Wieczorek/Schütze/Spohnheimer, ZPO, 4. Aufl., § 767 Rz. 17; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 2. Aufl., § 767 Rz. 58; Schuschke/Walker/Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl., § 767 Rz. 5, je m. w. N.). Ausgehend davon wäre ein effektiver Rechtsschutz gegen notarielle Kostenberechnungen nicht gewährleistet. Auch wenn es danach nicht mehr darauf ankommt, ist letztendlich noch darauf hinzuweisen, dass etliche der Erwägungen, die der 5. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in der in Bezug genommenen Entscheidung vom 30.03.2015 (vgl. NJW 2015, 2672 , zitiert nach juris) für den dortigen – nicht vergleichbaren – Sachverhalt aufgeführt hat, hier gerade nicht eingreifen, so etwa der fehlende Sachzusammenhang zwischen den Forderungen (vgl. Tz. 93 bei juris) oder die bei Zulassung der Aufrechnung eintretende Gefährdung des vorgesehenen Interessenausgleichs zwischen den Beteiligten (vgl. Tz. 94 bei juris).

Soweit das Landgericht im Anschluss daran ausweislich des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass der Antragstellerin – unterstellt eine Amtspflichtverletzung des Antragsgegners läge vor – kein kausaler Schaden entstanden ist, ist dies – wie gesagt – nicht zu beanstanden.

Ausweislich der Antragsschrift stützt die Antragstellerin die geltend gemachte Amtspflichtverletzung des Antragsgegners, auf die sie ihren Schadensersatzanspruch nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO stützt, auf die Erwägung, dass dieser verpflichtet gewesen sei, spätestens bei der Beurkundung am 27.05.2015 zu prüfen, ob der Betreuungsrahmen ausreichend ist, was er schuldhaft versäumt habe. Derartiges liegt in der Tat nahe und wird vom Antragsgegner (vgl. etwa den Schriftsatz vom 15.12.2016, Seite 2, letzter Abs.) offensichtlich auch nicht in Abrede gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. die Nachweise bei BGH NJW-RR 2018, 443, zitiert nach juris) muss der Notar als Ausfluss des durch § 17 Abs. 1 BeurkG festgelegten Pflichtenkreises bei der Beurkundung von Willenserklärungen eines (gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich bevollmächtigten) Vertreters dessen Vertretungsmacht prüfen, was sich aus dem allgemein mit § 17 Abs. 1 BeurkG verfolgten Zweck ableitet. Diese Prüfungspflicht bezieht sich auch auf die Bestallungsurkunde des Betreuers als gesetzlichen Vertreters des Betreuten (vgl. die Nachweise bei Winkler, BeurkG, 18. Aufl., § 12 Rz. 11). Soweit es um Belehrungspflichten im Rahmen des § 17 Abs. 1 BeurkG geht, die sich ggf. an die oben genannte Prüfungspflicht des Notars anschließen (vgl. Eylmann/Vaasen/Limmer, BNotO/BeurkG, 4. Aufl., § 12 BeurkG Rz. 11), hat die Belehrung zum Zeitpunkt der Beurkundung zu erfolgen (vgl. etwa Armbrüster in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot, 7. Aufl., § 17 BeurkG Rz. 28 m. w. N.). Mit dem Landgericht lässt sich eine an einen früheren Zeitpunkt anknüpfende Amtspflichtverletzung des Antragsgegners nicht feststellen. Auch die Beschwerde geht davon aus, dass eine vor dem Beurkundungstermin bestehende Prüfungspflicht des Notars hinsichtlich des Umfangs „der Vollmacht“ (hier: gesetzliche Vertretungsmacht) nicht zwingend besteht, aber jedenfalls im Beurkundungstermin.

Anknüpfend hieran teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass bei unterstelltem amtspflichtgemäßem Verhalten des Antragsgegners und gewöhnlichem Geschäftsgang eine Fälligkeit der vertraglich vereinbarten Zahlungen erst Mitte Januar 2016 zu unterstellen wäre (vgl. Seite 8, 1. Abs. des angefochtenen Beschlusses) und ausgehend von einer tatsächlichen Fälligkeitsmitteilung durch Schreiben vom 16.12.2015 eine kausale Verzögerung, auf die die Antragstellerin ihren Schaden gründet, mithin nicht feststellbar wäre. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf den Seiten 7 ff. des angefochtenen Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Soweit die Beschwerde den vom Landgericht angenommenen hypothetischen Kausalverlauf dahingehend beanstandet, dass es auch bei hinreichender Belehrung des Antragsgegners über die fehlende Vertretungsmacht zu einer Beurkundung am 27.05.2015 gekommen wäre, kann dem nicht gefolgt werden. Der Antragsgegner hat ausdrücklich erklärt, dass er in diesem Fall – hätte er also die fehlende Vertretungsmacht erkannt – von einer Vertragsbeurkundung Abstand genommen hätte. Zutreffend ist zwar grundsätzlich, dass dann, wenn nach Belehrung des Notars die Vertragsbeteiligten gleichwohl auf der Beurkundung bestehen, dieser sie auch bei Zweifeln an der Wirksamkeit des Geschäfts vornehmen kann, dann allerdings gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 BeurkG einen entsprechenden Vorbehalt in die Niederschrift aufzunehmen hat (vgl. BGH NJW 1993, 2744; DNotZ 1989, 43, je zitiert nach juris), etwa dann, wenn eine Genehmigung durch den Geschäftsherrn möglich erscheint (Winkler, a.a.O., § 12 Rz. 19b). Steht etwa der Mangel der Vertretungsmacht fest und erscheint eine nachträgliche Genehmigung durch den Vertretenen ausgeschlossen, hat er die Beurkundung abzulehnen (vgl. BGH NJW 1993, 2744 ; DNotZ 1989, 43 ). Ungeachtet der Frage, dass – wie auch die Beschwerde einräumt – unklar ist, ob die an der Beurkundung Beteiligten (insbesondere die Vertreterin ohne Vertretungsmacht, die dann letztendlich – zumindest im Innenverhältnis der Vertragsbeteiligten – das nicht unerhebliche Kostenrisiko getragen hätte) bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Antragsgegner trotz fehlender Vertretungsmacht der Betreuerin auf einer Beurkundung bestanden hätten, wäre die Entscheidung des Antragsgegners, die Beurkundung dennoch nicht vorzunehmen, nicht pflichtwidrig im Sinne der §§ 4 BeurkG, 14 Abs. 2 BNotO gewesen. Hier stand der Mangel der Vertretungsmacht fest. Es ging auch nicht um die bloße Genehmigung eines Rechtsgeschäftes durch einen Vertretenen. Zur Herbeiführung der gesetzlichen Vertretungsmacht der Betreuerin bedurfte es hier vielmehr der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens (vgl. etwa § 293 FamFG) und Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung, nämlich der Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuerin durch das Betreuungsgericht. Dass das Ergebnis dieser gerichtlichen Entscheidung am 27.05.2015 durch den Antragsgegner ohne weiteres hätte abgeschätzt werden können und müssen, ist nicht ersichtlich. Auch dass etwa die Betreute selbst den Vertrag hätte genehmigen können bzw. dazu bereit gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Entsprechendes ist denn auch in der Folge nicht veranlasst worden. Dass der Antragsgegner in dieser mit nicht abschätzbaren Unabwägbarkeiten behafteten Situation von der Beurkundung eines derart unsicheren Rechtsgeschäfts abgesehen hätte, wäre – wie gesagt – nicht zu beanstanden gewesen.

Soweit das Landgericht ausgehend davon mithin die Zeiträume nicht als verschuldete Verzögerung der Vertragsabwicklung angesehen hat, die auch bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Antragsgegner erforderlich gewesen wären, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies gilt weiter für den Umstand, dass das Landgericht in diesem Zusammenhang auch den Zeitraum von Beginn des Monats August 2015 bis 03.09.2015 berücksichtigt hat. Ungeachtet der Frage, ob davon ausgegangen werden könnte, dass die Vertragsbeteiligten trotz des überschaubaren Zeitraums der Abwesenheit des Antragsgegners auf eine Beurkundung durch einen Vertreter bestanden hätten, zumal unter Zugrundelegung dieses hypothetischen Verfahrensverlaufs nicht ersichtlich wäre, dass auf Seiten der Vertragsbeteiligten ein besonderes Beschleunigungsbedürfnis bestanden hätte, wäre weiter nicht erkennbar, dass dies angesichts der Komplexität der erbvertraglichen Angelegenheit und unter Berücksichtigung der dann erforderlichen Einarbeitungszeit des Vertreters und dessen eigener – wie der Antragsgegner dargelegt hat engen – Terminslage zu einer nennenswerten Verkürzung dieses Zeitraums geführt hätte.

Selbst wenn man all dies anders sehen wollte, fehlt es – darauf hat das Landgericht ebenfalls bereits zu Recht abgestellt – an einem kausalen Schaden der Antragstellerin.

Was die an erster Stelle von der Antragstellerin zur Aufrechnung gestellten 1.436,08 EUR an Bereitstellungszinsen für die Monate August 2015 bis Januar 2016 betrifft, lässt sich bereits nicht feststellen, dass diese Kosten durch die genannte Amtspflichtverletzung des Antragsgegners verursacht worden sind. Es mag unterstellt werden, dass die Antragstellerin den Darlehensvertrag nicht am 18.06.2015 abgeschlossen hätte, wenn der Antragsgegner zuvor, nämlich am 27.05.2015, auf den Mangel der Vertretungsmacht einer der Vertragsbeteiligten hingewiesen hätte, und zwar unabhängig davon, ob es dann – wie oben verneint – an diesem Tage zu einer Beurkundung gekommen wäre. Auch bei der hier gegebenen Sachlage war der Abschluss des Darlehensvertrages bereits am 18.06.2015 aber in keiner Weise veranlasst und demgemäß dem Antragsgegner nicht anzulasten. Die Fälligkeitsvoraussetzungen gemäß § 4 des notariellen Vertrages lagen zu diesem sehr frühen Stadium der Vertragsabwicklung bei weitem noch nicht vor. Der Antragsgegner hatte das Betreuungsgericht noch nicht einmal zur Erteilung einer Genehmigung der Vertragserklärung aufgefordert; gleiches gilt für die Eintragung der Vormerkung, die noch nicht beantragt war. Weiter wäre nicht ersichtlich, warum trotz vertragsgemäßer Fälligstellung mit Schreiben des Antragsgegners vom 16.12.2015 auch für Januar 2016 noch Bereitstellungszinsen angefallen sein sollen und aus welcher Überlegung heraus der Antragsgegner hierfür einzustehen hätte; hierauf hat der Antragsgegner zu Recht hingewiesen. Auf den Umstand, dass sich anhand des Sachvorbringens der Antragstellerin und der hierzu mit der Antragsschrift vorgelegten Leistungsanforderungen der Deutschen Bank (Anlagenkonvolut 5) der geltend gemachte Betrag in Höhe von 1.436,08 EUR in keiner Weise nachvollziehen lässt, kommt es damit nicht mehr an.

Entsprechende Erwägungen gelten für die sodann noch von der Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung wegen entgangener Mieteinkünfte aus dem Objekt für die Monate August 2015 bis Januar 2016 in Höhe von 932,– EUR monatlich, insgesamt 5.592,– EUR. Abgesehen davon, dass diese (offensichtlich abstrakte) Schadensberechnung nicht mit den Angaben im Schriftsatz vom 31.10.2016 korrespondiert, ausweislich der die Wohnungen im Anschluss zu deutlich geringeren Mieten vermietet wurden, hat bereits das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss darauf hingewiesen, dass auch dem Beschwerdevorbringen nicht entnommen werden kann, für welchen Zeitraum vor dem 01.12.2016 eine Möglichkeit der Vermietung bestanden hätte. Dieses Vorbringen hat die Beschwerde auch in der Folge nicht nachgeholt. Darüber hinaus – darauf hat das Landgericht ebenfalls zu Recht hingewiesen – fehlt es an jeglichem Vorbringen, warum nicht bereits die Erbengemeinschaft eine solche Möglichkeit wahrgenommen hat, obwohl doch der Mangel der Vertretungsmacht bei Vertragsschluss am 27.05.2015 in Person eines ihrer Mitglieder lag. Auch insoweit wäre eine fehlende Vermietung – unterstellt, ein Mieter hätte zu welchem Zeitpunkt auch immer zur Verfügung gestanden – nicht ohne weiteres dem Antragsgegner anzulasten. Auf die weiteren Einwendungen des Antragsgegners gegen die diesbezügliche Schadensberechnung im Schriftsatz vom 19.09.2016 kommt es von daher nicht mehr an. Auch hier gilt im Übrigen – auch wenn es hierauf letztendlich nicht mehr ankommen dürfte -, dass unklar wäre, warum trotz der vertraglichen Fälligstellung mit Schreiben vom 16.12.2015 und der entsprechenden Regelungen in den §§ 4 und 5 des notariellen Vertrages der Antragsgegner auch für eine – unterstellte – entgangene Miete für Januar 2016 einstehen sollte.

Einer ausdrücklichen Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da sich die diesbezügliche Kostentragungspflicht aus dem Gesetz ergibt, § 22 GNotKG, Nrn. 19110 ff. KV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren orientiert sich an der Höhe der Rechnungsbeträge.

Die Anordnung der Erstattung notwendiger Aufwendungen für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach dem gesetzlichen Regelfall, § 84 FamFG in Verbindung mit § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, wobei der Senat nicht zu überprüfen hat, ob und inwieweit dem Antragsgegner, der als Notar lediglich die von ihm erstellte Kostenberechnung verteidigt, solche überhaupt entstanden sind.

Gründe dafür, die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung zuzulassen, §§ 129 Abs. 2, 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, 70 FamFG, hat der Senat nicht gesehen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, da gesetzlich nicht vorgesehen.

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