OLG München – Az.: 34 Wx 270/13 – Beschluss vom 17.12.2013
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 15. Mai 2013 (Ziffer 2.) aufgehoben.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer von Wohnungseigentum. Mit notariellem Vertrag vom 27.12.2012 überließ er dieses seinen Töchtern, den Beteiligten zu 2 und 3, je zur Hälfte zu Miteigentum. In derselben Urkunde ließ sich der Beteiligte zu 1 ein Rückübertragungsrecht einräumen, wenn der jeweilige Erwerber vor dem Veräußerer versterben oder geschäftsunfähig werden sollte (Ziff. III. 2. d). Zur Sicherung dieses Rechts bewilligten die Beteiligten zu 2 und 3 die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 BGB für den Beteiligten zu 1.
Unter dem 6.5.2013 legte der Notar die Urkunde dem Grundbuchamt zum Vollzug vor.
Am 15.5.2013 hat das Grundbuchamt eine fristsetzende Zwischenverfügung u.a. folgenden Inhalts erlassen: Die Rückauflassungsvormerkung sei wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz nicht eintragungsfähig. Es sei daher eine Nachtragserklärung der Beteiligten zu 2 und 3 erforderlich, „dass entweder der Rückforderungsgrund nicht Inhalt der Rückauflassungsvormerkung ist oder dass dieser Rückforderungsgrund näher konkretisiert wird (§ 19 GBO)“. Diese Nachbewilligung sei in zumindest öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Dagegen haben sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde gewandt. Dieser hat das Grundbuchamt am 1.7.2013 nicht abgeholfen.
II.
Das nach § 71Abs. 1, § 73i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.
Nach § 883 Abs. 1 Satz 1 BGB kann zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung eines Rechts an einem Grundstück eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Ein solcher Anspruch muss nach Inhalt oder Gegenstand genügend bestimmt oder bestimmbar sein (BGH NJW 2002, 2461/2463; BayObLG DNotZ 1989, 364/366; Demharter GBO 28. Aufl. Anh. zu § 44 Rn. 87 m.w.N., Anh. zu § 13 Rn. 5). Hängt der Rückübertragungsanspruch von einer rechtlichen Bewertung ab, wie etwa bei grobem Undank nach § 530 BGB oder der Geschäftsunfähigkeit nach § 104 BGB, muss der Rechtsbegriff zum einen für sich hinreichend bestimmt sein, also in der Rechtsprechung eine hinreichende Definition erfahren haben. Zum anderen müssen aber auch die für die Subsumtion unter diese Begriffe erforderlichen Tatsachen hinreichend sicher feststellbar sein.
Der Sicherung eines Rückübertragungsanspruchs für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Erwerbers steht der grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz nicht entgegen. Als ausreichend wird angesehen, dass das Ereignis, mit dessen Eintritt der bedingte Rückübertragungsanspruch wirksam werden soll, aufgrund objektiver Umstände bestimmbar ist, die auch außerhalb des Grundbuchs liegen können, sofern sie nachprüfbar und wenigstens in der Eintragungsbewilligung angedeutet sind (BGHZ 130, 342/345 ff. m.w.N. für den Fall einer Reallast). Die Rechtsprechung muss etwa einen unbestimmten Rechtsbegriff näher ausgefüllt und ihm damit einen objektiv bestimmbaren Bedeutungsinhalt verliehen haben.
Dass der Nachweis der zur Subsumtion erforderlichen Umstände in der Form des § 29 GBO nicht immer möglich ist, steht ebenfalls nicht entgegen. Auch im Fall der Rückauflassungsvormerkung wegen groben Undanks (BGH NJW 2002, 2461), wegen drohender Zwangsvollstreckung (Senat vom 12.3.2009, 34 Wx 9/09 = MittBayNot 2009, 464) oder wegen wesentlicher Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Erwerbers (OLG München – 32. Zivilsenat – MittBayNot 2008, 50) steht das Grundbuchamt vor dem Problem, nicht nur einen behaupteten Sachverhalt unter das Gesetz zu subsumieren, sondern auch die jeweilige Bedingung als eingetreten festzustellen. In diesen Fällen wird die Bestimmbarkeit eines durch eine Vormerkung zu sichernden bedingten Rechts nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass der Eintritt der Bedingung möglicherweise erst durch eine richterliche Entscheidung festgestellt werden kann (vgl. BGH NJW 2002, 2461/2463; OLG München MittBayNot 2008, 50; BayObLGZ 1997, 246/247; BayObLG NJW-RR 1990, 1169/1170).
b) Nach diesen Maßstäben genügt die an das Vorliegen der Geschäftsunfähigkeit geknüpfte Bedingung dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Das Grundbuchamt überspannt die hieran zu stellenden Anforderungen, wenn es den in dieser Vorschrift geregelten Tatbestandsvoraussetzungen eine ausreichende Bestimmtheit abspricht.
Auch bezogen auf die konkrete Klausel ist der vertraglich verwendete Begriff der Geschäftsunfähigkeit bereits näher ausgefüllt und ihm ein objektiv bestimmbarer Bedeutungsinhalt verliehen. Dass die Beteiligten mit der vereinbarten Bedingung andere Kriterien gemeint oder gewollt hätten, als das Gesetz in § 104 BGB bezeichnet, ist nicht ersichtlich.
Nach § 104 Nr. 2 BGB ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Kriterien zur Störung der Geistestätigkeit sind durch die Rechtsprechung noch weitergehend präzisiert worden (vgl. Palandt/Ellenberger BGB 73. Aufl. § 104 Rn. 4 ff.). Damit ist aber eine ausreichende Bestimmbarkeit des Zustands der Geschäftsunfähigkeit gegeben und hinreichend klar, welche Umstände den durch die Vormerkung gesicherten Rückübereignungsanspruch des Veräußerers auslösen.
c) Auch die Tatsache, dass ein Nachweis in der Form des § 29 GBO nicht durch Vorlage eines Attests oder ärztlichen Gutachtens möglich ist (vgl. OLG Schleswig FGPrax 2010, 125), hindert die Eintragung nicht. Sollten im Einzelfall Unsicherheiten verbleiben, so können diese Zweifel durch eine richterliche Entscheidung ausgeräumt werden, ohne dass hierdurch die objektive Bestimmbarkeit der vorgemerkten Ansprüche in Frage gestellt wird (OLG München MittBayNot 2008, 50; 2009, 464).
3. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, § 131 Abs. 3 KostO, § 136 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.