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Gemeinschaftsordnungsänderung – Zustimmung der dinglich Berechtigten aus Abt. III der WEG

Kammergericht Berlin: Zustimmungspflicht aller Miteigentümer bei Änderung der WEG-Gemeinschaftsordnung

Die nachträgliche Einführung einer Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung einer Wohneigentümergemeinschaft, die es einem Teileigentümer ermöglicht, sein Eigentum in Wohnungseigentum umzuwandeln, erfordert die Zustimmung aller Miteigentümer und kann nicht durch einen Mehrheitsbeschluss erreicht werden, es sei denn, es existiert bereits eine solche Öffnungsklausel.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 W 378 – 402/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die nachträgliche Einführung einer Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung, die eine Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum erlaubt, setzt die Zustimmung aller Miteigentümer voraus.
  • Ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung zur Änderung der Gemeinschaftsordnung ist nur dann gültig und eintragungsfähig, wenn bereits eine entsprechende Öffnungsklausel besteht.
  • Die beantragte Änderung der Gemeinschaftsordnung durch die Eigentümerversammlung ist ohne die Zustimmung aller Miteigentümer nicht im Grundbuch eintragbar.
  • Vereinbarungen oder Beschlüsse, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer regeln, wirken gegen Sondernachfolger nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind.
  • Einstimmige Willenserklärungen aller Wohnungseigentümer sind für die Gültigkeit von Verträgen, die das Verhältnis der Eigentümer untereinander regeln, notwendig.
  • Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung zur Änderung der Gemeinschaftsordnung waren nicht einstimmig und basierten nicht auf einer vorhandenen Öffnungsklausel, daher sind sie nicht im Grundbuch eintragungsfähig.
  • Die Beschwerde gegen die Nicht-Eintragung der Änderung der Gemeinschaftsordnung hatte nur vorläufigen Erfolg, da ein grundlegendes Eintragungshindernis besteht.
  • Eine nachträgliche Eintragung von Beschlüssen, die nicht auf einer Vereinbarung basieren, ist gegenüber Sondernachfolgern eines Wohnungseigentümers nicht erforderlich und daher nicht eintragungsfähig.

Gemeinschaftsordnungen und Wohnungseigentümergemeinschaften

Wohnungseigentümergemeinschaften sind rechtlich komplexe Gebilde, in denen die Interessen vieler Eigentümer geregelt werden müssen. Die Gemeinschaftsordnung ist dabei das zentrale Dokument, das die Rechte und Pflichten der Miteigentümer festlegt. Sie regelt unter anderem die Zweckbestimmung der Gebäude und Räumlichkeiten sowie die Befugnisse der Eigentümerversammlung.

Änderungen der Gemeinschaftsordnung sind häufig Streitpunkt in Wohnungseigentümergemeinschaften. Insbesondere die Zustimmungsanforderungen bei Änderungen sind vielschichtig und müssen sorgfältig beachtet werden. Dabei spielen auch die dinglichen Rechte Dritter, wie etwa von Gläubigern, eine wichtige Rolle. Eine professionelle Handhabung derartiger Vorgänge ist unerlässlich für den Interessenausgleich aller Beteiligten.

➜ Der Fall im Detail


Änderung der Gemeinschaftsordnung und die Zustimmungspflicht

In einem bemerkenswerten Fall, verhandelt vor dem Kammergericht Berlin unter dem Aktenzeichen 1 W 378 – 402/23, stand die Frage im Raum, ob und unter welchen Bedingungen die Gemeinschaftsordnung einer Wohneigentümergemeinschaft (WEG) geändert werden kann, um die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum zu ermöglichen. Der Kern der Auseinandersetzung drehte sich um die nachträgliche Einführung einer sogenannten Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung. Diese Klausel sollte es dem Eigentümer eines spezifischen Teileigentums erlauben, sein Eigentum in Wohnungseigentum umzuwandeln. Eine solche Änderung stieß jedoch auf rechtliche Hürden, da sie die Zustimmung aller Miteigentümer der WEG erforderte, um in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher eingetragen zu werden.

Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin

Das Gericht stellte klar, dass die Einführung einer Öffnungsklausel, die eine solche Umwandlung ermöglichen würde, die Zustimmung aller Miteigentümer erfordert. Ein bloßer Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung reicht nicht aus, es sei denn, eine entsprechende Öffnungsklausel existiert bereits in der Gemeinschaftsordnung. Das Gericht hob hervor, dass die Notwendigkeit der Zustimmung aller Miteigentümer eine fundamentale rechtliche Anforderung darstellt, um die Interessen aller Eigentümer zu wahren und Konflikte innerhalb der Wohneigentümergemeinschaft zu vermeiden.

Rechtliche Hintergründe der Entscheidung

Die Entscheidung basiert auf den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), insbesondere auf den Regelungen zur Änderung der Gemeinschaftsordnung. Vereinbarungen und Beschlüsse, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander regeln, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit und Eintragungsfähigkeit im Grundbuch der Zustimmung aller Eigentümer. Diese rechtliche Rahmensetzung stellt sicher, dass wesentliche Änderungen in der Struktur und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nicht ohne ein einheitliches Einverständnis aller Beteiligten erfolgen.

Bedeutung der Entscheidung für die Praxis

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Einigkeit innerhalb einer Wohneigentümergemeinschaft bei grundlegenden Änderungen. Sie verdeutlicht, dass der Schutz der Rechte jedes einzelnen Eigentümers eine zentrale Rolle im Wohnungseigentumsrecht spielt. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Planung von Änderungen in der Gemeinschaftsordnung sorgfältig vorgegangen werden muss, um die erforderliche Zustimmung aller Miteigentümer zu erhalten.

Konsequenzen für Wohneigentümergemeinschaften

Das Urteil des Kammergerichts Berlin wirft ein Licht auf die komplexen juristischen Anforderungen und die Notwendigkeit einer umfassenden Abstimmung innerhalb von Wohneigentümergemeinschaften. Es betont die Wichtigkeit, dass sämtliche Änderungswünsche in der Gemeinschaftsordnung transparent kommuniziert und mit allen Eigentümern abgestimmt werden müssen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und langwierige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Voraussetzungen müssen für die Änderung einer Gemeinschaftsordnung in einer WEG erfüllt sein?

Für die Änderung einer Gemeinschaftsordnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Einstimmiger Beschluss der Eigentümerversammlung: Alle Wohnungseigentümer müssen der Änderung der Gemeinschaftsordnung zustimmen. Ein Mehrheitsbeschluss reicht nicht aus.
  2. Notarielle Beglaubigung: Die Zustimmung aller Eigentümer muss mit notariell beglaubigten Unterschriften festgehalten werden.
  3. Zustimmung dinglich Berechtigter: Auch die dinglich Berechtigten aus allen beteiligten Wohnungsgrundbüchern, typischerweise die finanzierenden Banken mit Hypotheken oder Grundschulden, müssen der Änderung in notariell beglaubigter Form zustimmen.
  4. Eintragung im Grundbuch: Die Änderung der Gemeinschaftsordnung muss mit einem entsprechenden Antrag und dessen Bewilligung dem Grundbuchamt zur Eintragung vorgelegt werden, damit sie auch für Rechtsnachfolger gilt.
  5. Klare Formulierung: Der Beschluss zur Änderung der Gemeinschaftsordnung muss klar und eindeutig formuliert sein, sonst ist er nichtig.
  6. Keine Verletzung zwingender WEG-Vorschriften: Die Änderungen dürfen nicht gegen zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) verstoßen, sonst sind sie unwirksam.

Zusammengefasst erfordert eine Änderung der Gemeinschaftsordnung also die einstimmige Zustimmung aller Eigentümer und dinglich Berechtigten in notarieller Form sowie die Eintragung im Grundbuch. Ohne diese Voraussetzungen ist eine Änderung nicht möglich.

Warum ist die Zustimmung aller Miteigentümer bei einer Änderung der Gemeinschaftsordnung erforderlich?

Die Zustimmung aller Miteigentümer ist bei einer Änderung der Gemeinschaftsordnung aus folgenden Gründen erforderlich:

  1. Schutz der Eigentümerrechte: Die Gemeinschaftsordnung regelt grundlegende Fragen bezüglich der Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Eine Änderung kann daher die Rechtsposition der einzelnen Eigentümer wesentlich beeinflussen. Durch das Einstimmigkeitsprinzip wird verhindert, dass Eigentümer gegen ihren Willen Einschränkungen ihrer Rechte hinnehmen müssen.
  2. Eingriff ins Sondereigentum: Die Gemeinschaftsordnung kann Regelungen enthalten, die sich auf die Nutzung und Gestaltung des Sondereigentums auswirken. Da das Sondereigentum im Grundbuch eingetragen ist und damit ein dingliches Recht darstellt, darf es nur mit Zustimmung des betroffenen Eigentümers beschränkt werden.
  3. Verhinderung der Benachteiligung Einzelner: Würden Änderungen der Gemeinschaftsordnung per Mehrheitsbeschluss ermöglicht, könnten einzelne Eigentümer durch die Mehrheit überstimmt und in ihren Rechten beschnitten werden. Das Einstimmigkeitsprinzip schützt somit Minderheiten und Einzelne vor der Dominanz der Mehrheit.
  4. Wahrung der Privatautonomie: Beim Erwerb von Wohnungseigentum ist die Gemeinschaftsordnung eine wesentliche Vertragsgrundlage. Käufer müssen sich auf deren Fortbestand verlassen können. Einseitige spätere Änderungen durch die Gemeinschaft würden die Privatautonomie und Vertragsfreiheit der Eigentümer untergraben.
  5. Rechtssicherheit für Erwerber: Nur wenn Änderungen der Gemeinschaftsordnung im Grundbuch eingetragen werden, wirken sie auch gegenüber Rechtsnachfolgern wie Käufern. Die notwendige Zustimmung aller Eigentümer stellt sicher, dass die Gemeinschaftsordnung nur selten geändert wird und Erwerber sich auf den eingetragenen Inhalt verlassen können.

Zusammengefasst dient das Einstimmigkeitsprinzip bei Änderungen der Gemeinschaftsordnung dem Schutz der Eigentümerrechte, der Wahrung der Privatautonomie und der Rechtssicherheit. Es verhindert die Benachteiligung Einzelner und stellt einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Gemeinschaft und der individuellen Eigentümer dar.

Was ist eine Öffnungsklausel, und warum könnte sie für die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum wichtig sein?

Eine Öffnungsklausel ist eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), die es ermöglicht, die Zweckbestimmung von Sondereigentum zu ändern, ohne dass dafür die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist. Sie kann für die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum aus folgenden Gründen wichtig sein:

1. Erleichterung der Umwandlung: Ohne Öffnungsklausel ist für die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum stets die Zustimmung aller Eigentümer nötig, was oft schwierig zu erreichen ist. Mit einer Öffnungsklausel kann die Umwandlung je nach Ausgestaltung durch Mehrheitsbeschluss oder sogar durch einzelne Eigentümer allein erfolgen.

2. Flexibilität bei Nutzungsänderungen: Teileigentum wird oft für gewerbliche Zwecke genutzt. Ändert sich die Marktsituation, kann eine Umwandlung in Wohnraum sinnvoll sein. Die Öffnungsklausel schafft die nötige Flexibilität, um auf solche Entwicklungen zu reagieren, ohne von der Zustimmung aller Eigentümer abhängig zu sein.

3. Wertsteigerung der Immobilie: Die Möglichkeit, Teileigentum bei Bedarf in Wohnungseigentum umzuwandeln, kann den Wert der Immobilie erhöhen. Potenzielle Käufer oder Investoren sehen darin eine attraktive Option für die Zukunft, was sich positiv auf den Preis auswirken kann.

4. Vereinfachung baulicher Veränderungen: Um Teileigentum in Wohnraum umzuwandeln, sind oft bauliche Anpassungen nötig. Enthält die Öffnungsklausel auch Regelungen zu Umbaumaßnahmen, können diese leichter durchgeführt werden, ohne dass die Zustimmung aller Eigentümer eingeholt werden muss.

5. Konfliktpotenzial bei Umwandlungen: Sind sich die Eigentümer über die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum uneinig, birgt dies erhebliches Streitpotenzial. Eine von vornherein in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Öffnungsklausel kann solche Konflikte vermeiden oder zumindest entschärfen.

Es ist jedoch zu beachten, dass eine Öffnungsklausel stets einer sorgfältigen Formulierung bedarf, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Zudem müssen die Interessen aller Eigentümer angemessen berücksichtigt werden.

Zusammengefasst erleichtert eine Öffnungsklausel die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum erheblich, da sie Flexibilität schafft und die Notwendigkeit einer einstimmigen Entscheidung aller Eigentümer entfallen lässt. Sie kann somit ein wertvolles Instrument für die Anpassung an sich ändernde Marktbedingungen und Nutzungsanforderungen sein.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 10 Abs. 3 S. 1 und 2 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Regelt die Wirksamkeit von Vereinbarungen und Beschlüssen der Wohnungseigentümer untereinander, insbesondere dass diese nur wirken, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Für den Fall relevant, da die Eintragung einer Öffnungsklausel zur Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum ohne die Zustimmung aller Miteigentümer im Grundbuch nicht möglich ist.
  • § 5 Abs. 4 S. 1 WEG: Erläutert die Möglichkeit, Vereinbarungen und Beschlüsse der Wohnungseigentümer als Inhalt des Sondereigentums zu etablieren. Im Kontext wichtig, um zu verstehen, dass die formelle Eintragung ins Grundbuch eine grundlegende Anforderung für die Wirksamkeit solcher Änderungen darstellt.
  • § 18 Abs. 1 S. 1 GBO (Grundbuchordnung): Beschreibt das Verfahren bei Eintragungshindernissen, einschließlich der Möglichkeit des Grundbuchamtes, eine Frist zur Behebung des Hindernisses zu setzen. Dies ist im vorliegenden Fall relevant, da das Grundbuchamt die Eintragung der Änderung der Gemeinschaftsordnung zunächst verweigerte.
  • § 71 Abs. 1 GBO: Regelt die Zulässigkeit von Beschwerden gegen Entscheidungen des Grundbuchamtes. Dieser Paragraph ist bedeutsam, weil der Beteiligte Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes eingelegt hat, die Eintragung der Änderung der Gemeinschaftsordnung zu verweigern.
  • §§ 145 ff BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Enthalten die allgemeinen Bestimmungen zu Verträgen, einschließlich der Notwendigkeit übereinstimmender Willenserklärungen für deren Wirksamkeit. Im Zusammenhang wichtig, da die Änderung der Gemeinschaftsordnung einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer bedarf.
  • § 9a Abs. 2 WEG: Betont die ausschließliche Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft in bestimmten Angelegenheiten. Dieser Aspekt ist für das Verständnis der Grenzen individueller Handlungsfähigkeit innerhalb der WEG relevant.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 1 W 378 – 402/23 – Beschluss vom 01.02.2024

Leitsatz

1. Die – nachträgliche – Aufnahme einer Öffnungsklausel in die Gemeinschaftsordnung der Gemeinschaft der Wohnungs- und Teileigentümer, mit der dem Eigentümer eines bestimmten Teileigentums dessen Umwandlung in Wohnungseigentum ermöglicht werden soll, bedarf zur Eintragung in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher der Zustimmung aller Miteigentümer.

2. Ein mit demselben Ziel gefasster Mehrheitsbeschluss kann nur in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher eingetragen werden, wenn hierfür wiederum bereits eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung besteht.

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die vormaligen Eigentümer des im Grundbuch von x Blatt x verzeichneten Grundstücks teilten dieses im Jahr 1984 in fünf Teileigentums- und 22 Wohnungseigentumsrechte auf. Das Grundbuchamt schloss am 30. Oktober 1984 das Grundstücksgrundbuch und legte die Teileigentums- und Wohnungseigentumsgrundbücher wie im Beschlusseingang bezeichnet an. In den Bestandsverzeichnissen wird unter anderem auf die Bewilligungen der teilenden Eigentümer vom 11. Juli 1984 – UR-Nr. x/1984 des Notars x in Berlin – Bezug genommen. Dort hatten die teilenden Eigentümer auch die Eintragung der der Urkunde beigefügten Gemeinschaftsordnung im Grundbuch bewilligt. In der Gemeinschaftsordnung heißt es unter anderem:

„2. Zweckbestimmung der Baulichkeiten

(1) Das Gebäude dient zu Wohnzwecken und für gewerbliche Zwecke. (…)

(2) Der Bestimmungszweck des Gebäudes und der einzelnen Sondereigentumsräume kann nur mit einer Mehrheit von 3/4 aller stimmberechtigten Miteigentümer geändert werden. (…)

(3) Die Wohnräume können zu freiberuflichen Zwecken, z.B. als Arzt- und Anwaltspraxis oder in ähnlicher Weise genutzt werden, es sei denn, daß sich im Einzelfall durch die Nutzung eine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Bewohner ergibt (…).

17. Eigentümerversammlung

(1) (…)

(6) Bei der Eigentümerversammlung kann sich der Wohnungseigentümer durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter vertreten lassen. Bevollmächtigter kann jedoch nur ein anderer Wohnungseigentümer sein. (…)

21. Änderung der Gemeinschaftsordnung

(1) Während der Laufzeit der Hypotheken oder Grundschulden, die auf dem gesamten Grundstück bzw. einzelnen Sondereigentumsrechten lasten, ist zu einer Änderung der Gemeinschaftsordnung, die sonst mit 3/4-Mehrheit aller Miteigentümer beschlossen werden kann, auch die Zustimmung der Hypotheken- und Grundschuldgläubiger erforderlich. Diese darf jedoch nur aus wichtigen, die berechtigten Interessen der betreffenden Gläubiger gefährdenden Gründen versagt werden.“

Der Beteiligte ist seit dem 14. Juni 2005 als Eigentümer im Teileigentumsgrundbuch Blatt x und seit dem 18. November 2008 im Teileigentumsgrundbuch Blatt x eingetragen.

In der Eigentümerversammlung vom 17. November 2022 wurden u.a. auf Antrag des Beteiligten zu TOP 9 und 10 folgende Beschlüsse mehrheitlich gefasst:

TOP 9: „Die Teilungserklärung wird in Bezug auf die Ausübung des Stimmrechts dahingehend abgeändert, dass der Kreis der Vollmachtnehmer nicht mehr auf Miteigentümer oder den Verwalter beschränkt ist.“

TOP 10: „Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stimmt der Umwandlung der Teileigentumseinheiten 02 und 03 in Wohnungseigentum unwiderruflich zu, sofern der jeweilige Sondereigentümer dies wünscht.“

Am 7. September 2023 beantragte der Geschäftsführer der Hausverwaltung zur UVZ-Nr. x/2023 des Notars x in Berlin die „Änderung der Teilungserklärung“ aufgrund der Beschlüsse vom 17. November 2022 zu TOP 9 und 10 in den Grundbüchern der Gemeinschaft einzutragen.

Der Notar hat den Antrag mit dem Protokoll über die Versammlung vom 17. November 2022 unter dem 22. September 2023 bei dem Grundbuchamt eingereicht. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 6. Oktober 2023 unter Fristsetzung darauf hingewiesen, dass die Änderung der Gemeinschaftsordnung „der Zustimmung der dinglich Berechtigten aus Abt. III der gesamten WEG-Anlage erfordere“. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 23. November 2023, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 27. November 2023 nicht abgeholfen hat.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Insbesondere ist der Beteiligte beschwerdeberechtigt. Im Antragsverfahren deckt sich die Beschwerdeberechtigung mit dem Antragsrecht. Berechtigt, einen Antrag auf Eintragung im Grundbuch zu stellen ist jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Von der hier beantragten Eintragung wird das Wohnungseigentum des Beteiligten betroffen (vgl Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 10, Rdn. 65). Ein Fall der ausschließlichen Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 9a Abs. 2 WEG liegt nicht vor.

2. In der Sache führt die Beschwerde lediglich zu einem vorläufigen Erfolg.

a) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen, § 18 Abs. 1 S. 1 GBO.

Dabei kommt der Erlass einer Zwischenverfügung nur in Betracht, wenn ein bestehendes Eintragungshindernis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei dem Grundbuchamt behoben werden kann (BGH, WM 2021, 1773, 1774).

Vorliegend steht der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen. Dieses kann allerdings nicht durch das von dem Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgezeigte Abhilfemittel und schon gar nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung behoben werden. Die Zwischenverfügung war deshalb nicht geboten und ist aus diesem Grund aufzuheben.

b) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften der §§ 10 ff WEG zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden, § 5 Abs. 4 S. 1 WEG. Entsprechende Vereinbarungen, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind, § 10 Abs. 3 S. 1 WEG. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch, § 10 Abs. 3 S. 2 WEG.

Vereinbarungen in diesem Sinne sind die Verträge der Wohnungseigentümer, durch die sie ihr Verhältnis untereinander regeln. Sie setzen wie jeder andere Vertrag übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien voraus, §§ 145 ff BGB (vgl. Hügel/Elzer, a.a.O., § 10, Rdn. 23). Nichts Anderes kann für Abänderungen oder die Aufhebung von Vereinbarungen gelten.

aa) Der Antrag vom 7. September 2023 ist nicht auf Eintragung einer solchen Vereinbarung gerichtet. Weder haben alle Wohnungseigentümer Erklärungen abgegeben noch waren sie übereinstimmend. Beide Beschlüsse sind nicht einstimmig angenommen worden.

bb) Tatsächlich geht es um die Eintragung der beiden zu TOP 9 und 10 getroffenen Beschlüsse in der Eigentümerversammlung vom 17. November 2022. Aber auch diese Beschlüsse können in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern der Gemeinschaft nicht eingetragen werden. Zwar sind beide Beschlüsse auf eine Änderung der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet. Sie ergingen aber nicht aufgrund dieser Gemeinschaftsordnung.

Weder in der Teilungserklärung vom 11. Juli 1984 – UR-Nr. x/1984 – noch in der dort in Bezug genommenen Gemeinschaftsordnung ist eine Öffnungsklausel enthalten, die Grundlage der zu TOP 9 und 10 gefassten Beschlüsse sein könnte. Für den Beschluss zu TOP 9 bedarf dies keiner weiteren Ausführungen, aber auch für den Beschluss zu TOP 10 gilt nichts Anderes. Insbesondere enthält Punkt 2 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung keine entsprechende Ermächtigung.

Dabei muss nicht entschieden werden, ob auf Grund dieser Klausel eine Umwandlung einzelner, in der Teilungserklärung als Teileigentum bestimmter Sondereigentumsrechte in Wohnungseigentum – und umgekehrt – durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung überhaupt geregelt ist oder es dort nicht vielmehr nur um Zweckbestimmungen im engeren Sinne geht, ob also etwa Wohnungseigentum auch gewerblich genutzt werden darf. Darum geht es hier – noch – nicht.

Der Beschluss zu TOP 10 ist auf die Schaffung einer – weiteren – Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung gerichtet, aufgrund derer der Beteiligte als derzeitiger Eigentümer seine Teileigentumsrechte ohne weitere Beteiligung der anderen Miteigentümer in Wohnungseigentum umwandeln können soll (vgl. BGH, NZM 2021, 717, 719). Ein solcher Änderungsvorbehalt ist in der Gemeinschaftsordnung bislang nicht geregelt mit der Folge, dass seine Schaffung eine Vereinbarung der Miteigentümer untereinander erfordert. Eine solche Vereinbarung liegt bislang nicht vor.

c) Beschlüsse der Gemeinschaft der Miteigentümer, die nicht auf Grund einer Vereinbarung ergehen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch, § 10 Abs. 3 S. 2 WEG. Daraus folgt zugleich die fehlende Eintragungsfähigkeit solcher Beschlüsse (BGH, NJW 1994, 3230, 3231). Können die Beschlüsse zu TOP 9 und 10 also nicht in den Grundbüchern eingetragen werden, war auch die angefochtene Zwischenverfügung nicht veranlasst.

Ohne Bindungswirkung für das Grundbuchamt weist der Senat darauf hin, dass auch eine Zwischenverfügung nicht wird ergehen können, um Gelegenheit zur Vorlage einer hier erforderlichen Vereinbarung zu geben. Mittels einer Zwischenverfügung kann nicht auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hingewirkt werden kann, das Grundlage einer einzutragenden Rechtsänderung werden soll (BGH, FGPrax 2014, 192).

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