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Veräußerung eines bereits verkauften Grundstücks an Dritten

Doppelter Grundstücksverkauf: Ein komplexer Fall von Eigentumsübertragung und sittenwidrigem Handeln

Der Fall, der vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt wurde, betrifft die Veräußerung eines bereits verkauften Grundstücks an einen Dritten. Im Kern geht es um die Frage, ob der Verkäufer sittenwidrig gehandelt hat und ob der Antragsteller einen Anspruch auf Eigentumsübertragung hat. Das rechtliche Hauptproblem liegt in der komplexen Interaktion zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Aspekten, insbesondere im Kontext der Grundbuchänderung und der Nutzungsart des Grundstücks.

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Die Rolle des Grundbuchamts und die Auflassungsvormerkung

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass zu Gunsten des Antragstellers eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen werden soll. Diese Vormerkung dient der Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an den betreffenden Flurstücken. Das zuständige Grundbuchamt wurde ersucht, diese Vormerkung vorzunehmen. Die Entscheidung hebt einen vorherigen Beschluss des Landgerichts Siegen auf.

Änderung der Nutzungsart und Verwaltungsgerichtliche Verfahren

Ein weiterer strittiger Punkt war die Änderung der Nutzungsart des Grundstücks. Ursprünglich als „Allgemeines Wohngebiet“ festgesetzt, wurde es in „Gemeinbedarf mit Zweckbestimmung: Sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“ umgewandelt. Diese Änderung sollte offenbar als formale Voraussetzung für ein Vorkaufsrecht dienen. Das Gericht konnte jedoch nicht feststellen, dass der Verkäufer von den verwaltungsgerichtlichen Verfahren Kenntnis hatte und somit sittenwidrig gehandelt hätte.

Sittenwidriges Handeln und Anwartschaftsrecht

Das Gericht ging auch auf die Frage des sittenwidrigen Handelns ein. Es wurde festgestellt, dass der Antragsteller kein Anwartschaftsrecht hatte, da der Verkauf und der Vollzug des Kaufvertrags das Recht auf Eigentumsverschaffung unmöglich machten. Für die Annahme eines Anwartschaftsrechts wäre eine bindende Erklärung der Auflassung und die Bewilligung der Eigentumsumschreibung notwendig gewesen.

Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Überlagerungen

Der Fall ist besonders komplex, da er eine Mischung aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Fragen beinhaltet. Der Antragsteller argumentierte, dass die Antragsgegnerin in seine allgemeine Handlungsfreiheit eingegriffen habe und daher öffentlich-rechtlich handeln müsse. Die Antragsgegnerin hingegen behauptete, das Grundstück für einen legitimen Zweck, nämlich die Unterbringung von Flüchtlingen, erworben zu haben.

Der Fall zeigt die Schwierigkeiten auf, die entstehen können, wenn privatrechtliche Verträge und öffentlich-rechtliche Bestimmungen aufeinandertreffen. Es bleibt abzuwarten, wie die weitere juristische Aufarbeitung dieses komplexen Sachverhalts aussehen wird.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Hamm – Az.: 22 W 24/22 – Beschluss vom 23.02.2023

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Siegen vom 08.12.2022 aufgehoben.

Im Grundbuch von A des Amtsgerichts Siegen,G01G02G03wird zu Gunsten des Antragstellers eine Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an diesen Flurstücken eingetragen.

Das zuständige Grundbuchamt wird ersucht, die Vormerkung in das Grundbuch einzutragen.

Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Antragsgegnerin. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert erster Instanz wird in Abänderung der Festsetzung im angefochtenen Beschluss auf bis zu 95.000,00 € festgesetzt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 185.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch betreffend eines Hausgrundstücks B-Straße # in A, eingetragen im Grundbuch, G01, G02, G03.

Dem Begehren liegt Folgendes zugrunde:

Mit notariellem Vertrag vom 14.12.2021 (vgl. Bl. 3 GA) kaufte der Antragsteller von dem damaligen Eigentümer Herrn C (im Folgenden Verkäufer) das streitgegenständliche Hausgrundstück. Als Kaufpreis wurden 355.000,00 € vereinbart. Zugunsten des Antragstellers sollte eine Eintragungsvormerkung eingetragen werden (vgl. VIII. des notariellen Vertrages), was aber nicht erfolgte. Die Parteien erklärten die Auflassung. Der Antragssteller zog zum 04.03.2022 in das Objekt ein und nutzte das Ladengeschäft als Parteibüro für die Partei „D“, die rechtsextremistische Ansichten vertritt und vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Am 24.02.2022 teilte der Bürgermeister der Antragsgegnerin dem Verkäufer mit, er werde den dinglichen Vollzug des Kaufvertrages mit allen Mitteln verhindern (vgl. eidesstattliche Versicherung des Verkäufers, Bl. 34 d.A.).

Der beurkundende Notar beantragte am 01.03.2022 bei der Antragsgegnerin die Ausstellung eines Negativzeugnisses über das Nichtbestehen bzw. die Nichtausübung eines etwaig bestehenden Vorkaufsrechts (Bl. 15 GA) und die Mitteilung der Valutierung der zugunsten der Antragstellerin eingetragenen Zwangssicherungsgrundrechte (Bl. 14 GA). Die Antragsgegnerin erteilte das Negativzeugnis nicht. Ihr war von einem von ihr beauftragten Rechtsanwalt gutachterlich mit Schriftsatz vom 03.03.2022 (Bl. 52 d.A.) unter Hinweis auf die ganz h.M. und einheitliche Rechtsprechung mitgeteilt worden, dass kein gemeindliches Vorkaufsrecht bestehe und dieses nicht mit Rückwirkung begründet werden könne. In dieser gutachterlichen Empfehlung wurden auch weitere Möglichkeiten beleuchtet, um einen Betrieb einer Parteizentrale zu untersagen oder zu erschweren.

Entgegen dem gutachterlichen Rat beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 06.04.2022 eine Satzung zur Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts nach § 25 BauGB (Bl. 70 d.A.). Ferner wurde eine Änderung der Nutzungsart des streitgegenständlichen Grundstücks beschlossen. Die Festsetzung „Allgemeines Wohngebiet“ wurde verändert in „Gemeinbedarf mit Zweckbestimmung: Sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen hier: Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende sowie Ort der Integration und Begegnung“ (vgl. Bl. 185 ff. GA). Am 25.05.2022 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Die Antragsgegnerin erließ am 30.05.2022 den entsprechenden Bescheid mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung (Bl. 126 d.A.). Den Bescheid leitete der Verkäufer an den Antragsteller weiter. Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO war vor dem VG Arnsberg erfolgreich (Bl. 139 d.A.). Die Beschwerde der Antragsgegnerin wies das OVG mit Beschluss vom 15.09.2022 zurück (Bl. 174 d.A.), u.a. mit dem Hinweis, dass der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts offensichtlich materiell rechtswidrig sei. Am 29.09.2022 erteilte das VG Arnsberg in der Hauptsacheklage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Erteilung des Negativzeugnisses den Hinweis, dass die Klage des Antragstellers voraussichtlich erfolgreich sein werde (Bl. 185 d.A.).

Mit notariellem Vertrag vom 12.10.2022 (Bl. 336 ff. GA) verkaufte der Verkäufer das streitgegenständliche Grundstück zu einem Kaufpreis von 355.000 € an die Stadt A, diese vertreten durch den Bürgermeister und die Fachbereichsleiterin, obwohl der Vertrag des Verkäufers mit dem Antragsteller noch bestand. Auf Grundlage der ebenfalls erklärten Auflassung wurde die Antragsgegnerin am 28.11.2022 als Eigentümerin eingetragen (Bl. 225 GA).

Mit Schriftsatz vom 07.12.2022 beantragte der Antragsteller den Erlass der einstweiligen Verfügung.

Der Antragsteller hat gemeint, der zwischen Antragsgegnerin und Verkäufer geschlossene Kaufvertrag und die Auflassung seien gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weswegen ihm einen Anspruch auf Berichtigung des Grundstücks gem. § 894 BGB zustehe. Ihm stünden auch Ansprüche gem. § 826 BGB und § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG zu.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs gem. § 894 BGB. Weder das Verpflichtungs- noch das Verfügungsgeschäft zwischen dem Antragsgegner und dem Verkäufer seien gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkäufer sittenwidrig gehandelt habe. Denn es sei nicht glaubhaft gemacht, dass dieser von den verwaltungsgerichtlichen Verfahren Kenntnis gehabt habe. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass der Bescheid rechtmäßig sei. Selbst wenn er davon gewusst habe, müsste er das sittenwidrige Handeln der Antragsgegnerin gebilligt, gefördert oder ausgenutzt haben, was ebenfalls nicht glaubhaft gemacht sei.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstand inkl. des Antrags und der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Begehren weiter. Der Verkäufer sei über den gesamten Verlauf der Angelegenheit auch nach Erlass des Vorkaufsrechtsbescheides informiert gewesen, da er in ständigem Austausch mit ihm – Antragsteller – und seiner Prozessbevollmächtigten gestanden habe. Er habe u.a. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg erhalten. Da die Antragsgegnerin in seine allgemeine Handlungsfreiheit eingegriffen habe, hätte die Antragsgegnerin öffentlich-rechtlich handeln müssen. Auch der Verkäufer habe sittenwidrig gehandelt, weil er in Kenntnis der Tatsachen am Vertragsbruch mitgewirkt habe. Zudem habe das Landgericht den geltend gemachten Anspruch gem. § 826 BGB verkannt. Ein Herausgabeanspruch der Buchposition bestehe überdies gem. § 839 BGB i.V. mit Art 34 GG. Die Nichtigkeit des geschlossenen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts ergebe sich auch aus § 134 BGB i.V. mit Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG. Wenn die in privatrechtlichen Formen agierende öffentliche Hand Grundrechte eines am Rechtsgeschäft beteiligten Grundrechtsträgers verletze, sei das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig. Da er ein Anwartschaftsrecht besessen habe, sei er für den primär geltend gemachten Widerspruch aktivlegitimiert. Zumindest könne er im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft vorgehen.

Der Antragsteller beantragt primär,

I. der Beschluss des Landgerichts Siegen vom 08.12.2022, Az. 1 O 298/22, aufzuheben und

II. im Grundbuch von A des Amtsgerichts Siegen,G01G02G03zu Gunsten des Antragstellers einen Widerspruch gegen die Eintragung der Antragsgegnerin als Eigentümerin des Grundstücks einzutragen;

III. das zuständige Grundbuchamt zu ersuchen, den Widerspruch in das Grundbuch einzutragen.

Hilfsweise mit Schriftsatz vom 06.02.2023

IV. im Grundbuch von A des Amtsgerichts Siegen,G01G02G03zu Gunsten des Antragstellers eine Vormerkung zur Sicherung seines Anspruches auf Auflassung des Grundstücks aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und vorsätzlicher Amtspflichtverletzung einzutragen;

V. das zuständige Grundbuchamt zu ersuchen, die Vormerkung in das Grundbuch einzutragen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde und die Hilfsanträge zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Es liege weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vor. Für den primär geltend gemachten Widerspruch sei der Antragsteller nicht aktivlegitimiert. Bei dem zwischen ihr und dem Eigentümer abgeschlossenen Kaufvertrag sei nicht gegen § 138 BGB verstoßen worden. Sie habe das in Streit stehende Grundstück für einen legitimen Zweck erworben, nämlich, um geflüchteten Menschen Wohnraum zu bieten. Der Antragsgegnerin sei der Widerstand in der Bevölkerung gegen die vom Verfassungsschutz beobachtete Partei „D“ nicht zuzurechnen. Für einen Eigentumsverschaffungsanspruch gegen den Voreigentümer sei sie nicht aktivlegitimiert.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 316 GA).

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet.

1.Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht i.S. von § 569 ZPO eingelegt worden. Der Senat kann auch über die nunmehr gestellten Hilfsanträge entscheiden. Denn diese sind sachdienlich i.S. von § 263 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006, IX ZB 81/06 – NZI 2007, 166, 167 Rn. 20; MünchKommZPO-Hamdorf, 6. Aufl. 2020; § 571, Rn. 15 m.w.N.). Der Antragsteller hat zu den maßgeblichen in Betracht kommenden deliktischen Anspruchsgrundlagen bereits erstinstanzlich vorgetragen.

2.Die sofortige Beschwerde ist auf die Hilfsanträge begründet, im Hinblick auf die Hauptanträge aber unbegründet.

a.Die Hauptanträge – gerichtet auf Eintragung eines Widerspruchs und Ersuchen des Grundbuchamts auf Eintragung des Widerspruchs – sind unbegründet. Der Antragsteller hat nach seinem Vortrag keinen Verfügungsanspruch.

aa.Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 894 BGB

(I)Eine Nichtigkeit des Verpflichtungs- und des Verfügungsgeschäfts an dieser Stelle unterstellt, hätte der Antragsteller keinen Anspruch auf Grundbuchberichtigung. Gläubiger eines Berichtigungsanspruchs ist, wer durch die Unrichtigkeit unmittelbar beeinträchtigt ist. Dies ist nur der wirkliche Rechtsinhaber (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2000 – XI ZR 14/99 –, juris Rn. 9; OLG Hamm, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 5 U  157/06 –  BeckRS 2009, 25481; vgl. auch beckOGK-Hertel, § 894, Rn. 40 ff.). Eine Nichtigkeit des Verfügungsgeschäfts zwischen dem Verkäufer und der Antragsgegnerin unterstellt, hätte nur der Verkäufer einen Anspruch gem. § 894 BGB. Der Antragsteller ist unstreitig nie Eigentümer geworden. Der von dem Antragsteller geltend gemachte deliktische Eigentumsverschaffungsanspruch gegen den Verkäufer wird durch § 894 BGB nicht geschützt.

(II)Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich aus seiner Stellung als Auflassungsempfänger nichts anderes. Diese Stellung begründet kein Anwartschaftsrecht. Voraussetzung eines Anwartschaftsrechts ist es, dass dieses durch den Vertragspartner nicht mehr einseitig vernichtet werden kann. Vorliegend wurde das Recht auf Eigentumsverschaffung des Antragstellers durch den Verkauf und den Vollzug des Kaufvertrags unmöglich, § 275 BGB, was zeigt, dass der Antragsteller gerade kein Anwartschaftsrecht hatte.

Erforderlich für die Annahme eines Anwartschaftsrechts ist, dass der Erwerber nach bindender Erklärung der Auflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung unter Vorlage der Auflassungsurkunde Antrag auf Umschreibung des Eigentums beim Grundbuchamt gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1966 – V ZR 129/63 – NJW 1966, 1019; BGH, Beschluss vom 01. Dezember 2988 – V ZB 10/88 – NJW 1989, 1093). Ein Antrag auf Umschreibung des Eigentums beim Grundbuchamt hat der Antragsteller nicht gestellt. Die Bevollmächtigung des Notars in XI. des notariellen Vertrages ist nicht ausreichend. Bei einem vorrangigen Antrag des Antragstellers hätte der zweite Kaufvertrag auch nicht – wie erfolgt – vollzogen werden können.

Aus der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des OLG Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 17. Januar 1975 – 15 Wx 190/74 –, juris) ergibt sich nichts anderes. Maßgeblicher Grund für die Annahme eines Anwartschaftsrechts war, dass eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war, was vorliegend nicht der Fall ist.

Auf die weiteren Bedenken kommt es deswegen nicht an. Insbesondere erscheint es systemwidrig, ein nicht in das Grundbuch einzutragendes Anwartschaftsrecht durch eine analoge Anwendung des § 894 ZPO zu schützen. Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht ersichtlich. Hierfür gibt es auch – zumindest in der vorliegenden Konstellation – kein Bedürfnis, wie die nachfolgenden Ausführungen zu II. 2. b zeigen.

(III)Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann dieser auch nicht im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft vorgehen. Er hat die Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht (vgl. zu den Voraussetzungen etwa Zöller-Althammer, ZPO, 34. Aufl., Vorbemerkungen zu §§ 50-58 Rn. 40 ff.). Es ist schon das Vorliegen einer Ermächtigung zur Prozessführung nicht glaubhaft gemacht. Voraussetzung für eine Ermächtigung ist immer, dass diese sich auf einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Anspruch bezieht. Dass der Verkäufer den Antragsteller – trotz des Zweitverkaufs – ermächtigen wollte, einen ihm zustehenden Anspruch auf Grundbuchberichtigung im Wege der einstweiligen Verfügung zu sichern, ist fernliegend. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse des ermächtigenden Verkäufers ist nicht dargetan.

Ferner hätte der Antragsteller bei einer offenen Prozessstandschaft beantragen müssen, den Widerspruch zugunsten des Verkäufers einzutragen, was er nicht begehrt hat. Für eine verdeckte Prozessstandschaft ist eine gesonderte Ermächtigung i.S. von § 362 Abs. 2 BGB erforderlich, für die nichts dargetan ist. Spätestens nach Offenlegung der Prozessstandschaft wäre der Antrag umzustellen gewesen. Dieses Rechtsschutzziel verfolgt der Antragsteller aber nicht, weil er offensichtlich seine eigenen Rechte geltend machen möchte.

bb.Soweit der Antragsteller erstinstanzlich seinen Widerspruch auf deliktische Anspruchsgrundlagen gestützt hat (§ 826 BGB und § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG) führen diese als Rechtsfolge nicht zur Eintragung eines Widerspruchs. Sie haben als Rechtsfolge einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB zum

Gegenstand. Ein solcher Anspruch auf Übertragung des deliktisch erlangten Eigentums ist – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – durch eine Vormerkung sicherbar, ein Anspruch auf Geld durch einen Arrest.

b.Der Antragsteller hat aber Tatsachen hinreichend glaubhaft gemacht, die einen durch eine Vormerkung sicherbaren Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen die Antragsgegnerin gem. § 826 BGB als Verfügungsanspruch begründen. Es ist nach dem jetzigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich (vgl. zum Beweismaßstab BGH, Beschluss vom 11. September 2003 – IX ZB 37/03 –, BGHZ 156, 139-147 – juris Rn. 8 m.w.N.; Zöller-Vollkommer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 935 Rn. 8), dass die Antragsgegnerin den Antragsteller vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat.

Im Einzelnen:

Es ist anerkannt, dass die bloße Beteiligung an einem fremden Vertragsbruch keinen Anspruch aus Delikt begründet. Neben der stets erforderlichen positiven Kenntnis des Dritten – hier der Antragsgegnerin – von der vertraglichen Bindung müssen besondere Umstände vorliegen. Als Fallgruppen sind insoweit anerkannt: die Verleitung des Schuldners zum Vertragsbruch, insbesondere in Kombination mit der Freistellung von Ersatzansprüchen, das kollusive Zusammenwirken von Schuldner und Drittem zum Nachteil des Vertragsgläubigers und der Bruch besonderer Treuepflichten (vgl. MünchKommBGB-Wagner, § 826 Rn. 75 ff.; Staudinger-Oechsler (2021), § 826 Rn. 371 ff.). Hierbei ist stets eine Gesamtbetrachtung aller Umstände anzustellen. Die öffentliche Hand – wie vorliegend die Antragsgegnerin – darf dabei die Verfolgung ihrer eigenen Interessen nicht mit denselben Mittel durchsetzen, wie sie für eine Privatperson noch als hinnehmbar gehalten werden. Sie darf ihre mit ihrer amtlichen Autorität verbundene Vertrauensstellung nicht missbräuchlich einsetzen (vgl. BGH, Urteil vom 02. Juni 1981 – VI ZR 28/80 – NJW 1981, 2184 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab hat der Antragsteller seine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Zweitkauf der Antragsgegnerin hinreichend glaubhaft gemacht. Auch wenn dieser Fall nicht eindeutig einer der oben dargestellten Fallgruppen zugeordnet werden kann, hat das Vorgehen der Antragsgegnerin in der Gesamtschau überwiegend wahrscheinlich ein sittenwidriges Gepräge. Dies ergibt sich aus Folgendem:

aa.Soweit die Antragsgegnerin in diesem Verfahren bestreitet, der Antragsteller habe den ersten Kaufvertrag nicht abgeschlossen, kann sie damit nicht gehört werden. Hiermit setzt sie sich in Widerspruch zu ihrer durchgängig vertretenen Ansicht, dass ihr ein Vorkaufsrecht zustehe. Es ist auch unstreitig, dass der erste Kaufvertrag der Antragsgegnerin übersandt worden ist. Eingereicht worden ist zunächst eine Kopie

einer Ausfertigung des abgeschlossenen Notarvertrages, der eine Urkundenrollennummer aufweist. Eine solche wird nur vergeben, wenn eine Beurkundung vorgenommen wurde. Anhaltspunkte für eine Fälschung vermag die Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen. Zudem hat die Antragsgegnerin im Bescheid vom 30.05.2022 selbst auf die Übersendung des notariellen Kaufvertrags abgestellt. Nach dem Maßstab des § 138 ZPO ist das Bestreiten der Antragsgegnerin daher unbeachtlich. Zudem wurde – nach dem unzulässigen Bestreiten durch die Antragsgegnerin – die Kopie der Originalurkunde eingereicht (Bl. 411 ff. GA). Diese – nach Vertragsschluss zu Tage tretende Vorgehensweise der Antragsgegnerin – stellt ein Indiz für die sittenwidrige Schädigungsabsicht der Antragsgegnerin schon zum Vertragszeitpunkt dar. Denn bei diesem Bestreiten handelt es sich nicht um ein legitimes Verteidigungsverhalten. Vielmehr lässt dieses Verhalten den Schluss darauf zu, dass der Antragsgegnerin „jedes Mittel recht ist“, sei es von der Rechtsordnung gedeckt oder nicht. Dies steht in Übereinstimmung mit dem bereits vorher von der Antragsgegnerin an den Tag gelegten Verhalten.

bb.Die Kenntnis der Antragsgegnerin von der vertraglichen Bindung zwischen dem Antragsteller und dem Verkäufer ist damit unstreitig.

In Kenntnis dieser Vertragsbindung hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin, der grundsätzlich zur Vertretung befugt ist (vgl. § 40 Abs. 2 GO), am 24.02.2022 gegenüber dem Verkäufer erklärt, er werde dafür sorgen, dass der Verkäufer in den Medien erscheine und dass er den Verkauf mit allen Mitteln verhindern werde (vgl. Bl. 16 d.A.). Diese unstreitige und durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachte Drohung mit einer öffentlichen Bloßstellung und die Ankündigung, „alle Mittel“ zu benutzen, sind mit der Rechtsordnung schlechterdings nicht zu vereinbaren. Einschränkend ist insoweit nur zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin die Drohung der öffentlichen Diffamierung nicht umgesetzt hat.

cc.Umgesetzt hat die Antragsgegnerin aber den Versuch, die Eigentumsumschreibung mit allen Mitteln zu verhindern.

Obwohl ihr spätestens seit Einholung des Rechtsrates am 03.03.2022 (vgl. Bl. 32 GA.) bekannt war, dass sie nicht rückwirkend ein Vorkaufsrecht begründen konnte, hat sie genau dies versucht. So hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin in der Ratssitzung am 06.04.2022 ohne Hinweis auf die ganz h.M. und ständige Rechtsprechung (u.a. des BVerwG Beschluss vom 14. April 1994 – 4 B 70/94) erklärt, zur Ausübung des Vorkaufsrechts bestünden unterschiedliche Auffassungen (Bl. 74 d.A.). Das Vorgehen der Antragsgegnerin, rückwirkend ein Vorkaufsrecht zu begründen, war nach Auffassung des VG Arnsberg (vgl. Bl. 123 GA) und des OVG Münster (vgl. Bl. 158 GA und insbesondere die Nachweise in der Entscheidung des OVG Bl. 166 GA) offensichtlich rechtswidrig. Aufgrund des eingeholten Rechtsrats war dies der Antragsgegnerin auch bekannt. Dennoch hat sie sich über diese Kenntnis hinweggesetzt. Einen sachlichen Grund für dieses offensichtlich rechtswidrige Vorgehen hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen.

Die nachträgliche Änderung der Nutzungsart des streitgegenständlichen Grundstücks von „Wohngebiet“ zu „Fläche für Gemeinbedarf – Anlagen oder Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen und in denen eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird, mit der Zweckbestimmung als Anlage für soziale Zwecke mit Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbegehrende“ erfolgte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu dem Zweck, eine formale Voraussetzung für das Vorkaufsrecht zu begründen. Denn ein solches Vorkaufsrecht setzt gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB voraus, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts für öffentliche Zwecke erforderlich ist. Anhaltspunkte für andere Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 2 bis 8 BauGB, § 25 BauGB) sind nicht dargetan. Der zeitliche Ablauf und der Zusammenhang mit der Vorkaufssatzung sprechen dafür, dass die Antragsgegnerin sämtliche Maßnahmen mit dem Ziel eingeleitet hat, ein Vorkaufsrecht zu begründen.

Dies entspricht der Wahrnehmung in der Presse (vgl. Anlage A 37, Bl. 272 GA).

Die Präambel in dem notariellen Zweitkaufvertrag (vgl. I. des zweiten Vertrages) ist bei dieser Sachlage überwiegend wahrscheinlich nur der untaugliche Versuch einer Rechtfertigung. Auffällig ist insoweit, dass der beiden Vertragsparteien bekannte erste Kaufvertrag nicht mit einer Silbe erwähnt wird, obwohl beide Kaufverträge im Wesentlichen wörtlich gleich lauten. Auch eine Belastungsvollmacht wird – ebenso wie im ersten Kaufvertrag – aufgeführt, obwohl die Antragsgegnerin – was auch typisch für die öffentliche Hand ist – für die Finanzierung eine dingliche Belastung des Objekts gerade nicht benötigte. Es ist auch unwahrscheinlich, dass die in dem notariellen Kaufvertrag aufgeführte mehrfache Besichtigung stattgefunden hat. Der zweite Kaufvertrag stellt sich damit – überwiegend wahrscheinlich – als das unzulässige Vorhaben dar, unter Umgehung der Vorschriften der §§ 24 ff. BauGB letztlich eine Art Vorkaufsrecht auszuüben. Ob dies als Formwahlmissbrauch zu würdigen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben.

dd.Als die Ausübung des Vorkaufsrechts gescheitert war oder zu scheitern drohte und ggfls. nachdem das VG Arnsberg im Hauptsacheverfahren am 29.09.2022 darauf hingewiesen hat, dass die Antragsgegnerin auch im Hauptsacheverfahren betreffend das Vorkaufsrecht voraussichtlich verlieren werde, hat – dies ist aus Sicht des Senats aufgrund des Zeitablaufs überwiegend wahrscheinlich – die Antragsgegnerin Kontakt mit dem Verkäufer aufgenommen.

Die entsprechenden Verhandlungen wurden überwiegend wahrscheinlich im kollusivem Zusammenwirken zwischen der Antragsgegnerin und dem Verkäufer „geheim“ geführt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH a.a.O.). Der Antragsteller war unstreitig nicht informiert. Auch der Abschluss des Kaufvertrages vom 12.10.2022 wurde geheim gehalten. Noch mit Schriftsatz vom 15.11.2022 an das VG Arnsberg (Bl. 227 d.A.), d.h. nach Abschluss des Zweitkaufvertrages und vor Eintragung, wurde dieser Gesichtspunkt nicht offenbart, sondern eine Äußerung bis zum 15.12.2022 angekündigt. Auch der Verkäufer hat dem Antragsteller den Abschluss des Kaufvertrages verheimlicht (vgl. WhatsApp-Kontakt vom 14.11.2022, eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 12.12.2022, Bl. 249 GA). Eine Information des Antragstellers erfolgte erst am 06.12.2022 (Bl. 198 d.A.), d.h. nach Eintragung der Antragsgegnerin als Eigentümerin am 28.11.2022.

Der Abschluss des zweiten Kaufvertrages wurde auch nicht in einer Gemeinderatssitzung erörtert, obwohl dies bei einem gewöhnlichen Vorgehen zu erwarten gewesen wäre, gerade wegen der vorangegangenen verlorenen Prozesse und der erst kurz vorher erfolgten Änderung der Nutzungsart. Plausibel wird dieses Geschehen durch den Inhalt der eingereichten Presseartikel (Anlage A 38, Bl. 303 GA). Hiernach haben die Stadtverordneten sich verabredet, über die Schritte gegen „D“ nicht öffentlich zu diskutieren. Dies zeigt, dass nach dem jetzigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich der zweite Kaufvertrag primär mit dem Ziel des Vertragsbruches abgeschlossen wurde, um „D“ aus dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin zu vertreiben.

Zudem hat die Antragsgegnerin vorher schon „geheim“ agiert. Entgegen der rechtlichen Verpflichtung hat sie den Antragsteller vor Erlass des Bescheides der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht angehört (vgl. z.B. VGH München, Urteil vom 02. Oktober 2013 – 1 BV 11.1944 – BeckRS 2013, 57752; BeckOK BauGB – Grziwotz, § 28 Rn. 21).

ee.Der Senat verkennt nicht, dass die Antragsgegnerin den Verkäufer ausweislich des angeforderten notariellen Kaufvertrags nicht von Ansprüchen des Antragstellers freigestellt hat. Ob im Hinblick auf die Eintragungen zu Nr. 4 und 7 (Sicherungshypotheken für die Stadt A) verdeckte ergänzende Kaufpreiszahlungen vorliegen, ist möglich, aber nicht vorgetragen. Auffällig ist insoweit, dass nach den vertraglichen Regelungen die Stadt A teilweise den Kaufpreis mit Treuhandabrede an sich selber zahlen musste, was wenig lebensnah ist. Dieser Gesichtspunkt ist ggfls. im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären.

ff.Parallel zu dem Versuch, ein Vorkaufsrecht auszuüben, hat die Antragsgegnerin versucht, durch eine von ihr initiierte Ordnungsverfügung des zuständigen Kreises, dem Antragsteller „das Leben schwer zu machen.“ Auch dieses Vorgehen war rechtswidrig (vgl. den Beschluss des OVG Münster vom 17.11.2022, Bl. 170 GA) und lässt wiederum den Schluss auf eine sittenwidrige Gesinnung der Antragsgegnerin zu.

Zudem belegt dieses Vorgehen die Zielrichtung der Antragsgegnerin, nicht primär Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen, sondern gegen „D“ vorzugehen.

gg.Allein die Tatsache, dass der Antragsteller im Ladenlokal des streitgegenständlichen Objekts ein Bürgerbüro einer rechtsextremistischen Partei betreibt, steht der Sittenwidrigkeit nicht entgegen. Denn diese Partei ist nicht nach Art. 21 Abs. 2 GG durch das Bundesverfassungsgericht verboten und darf sich – bis zu ihrem Verbot – an der politischen Meinungsbildung beteiligen (vgl. auch Beschluss des OVG Münster vom 14.11.2022 – 15 B 893/22 – S. 10, Bl. 115 GA). Der von der Antragsgegnerin praktizierte Rechtsbruch ist im Übrigen ein unzulässiges und auch unzweckmäßiges sowie wenig überzeugendes Mittel, um Vereinigungen entgegenzutreten, die gegen den Rechtsstaat, also auch die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung, und die verfassungsmäßige Ordnung agitieren.

hh.In der Gesamtschau dieser Gesichtspunkte ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin – zumindest nach dem die Antragsgegnerin als öffentliche Verwaltung treffenden Maßstab – sittenwidrig gehandelt hat. Die Antragsgegnerin legt keine eidesstattlichen Versicherungen vor, aus denen sich eine Relativierung der oben angesprochenen Gesichtspunkte ergibt.

Der Senat verkennt nicht, dass sich im Hauptsacheverfahren etwas anderes ergeben kann, insbesondere wenn zu den Hintergründen und Absprachen im Zusammenhang des Zweitverkaufs zwischen der Antragsgegnerin und dem Verkäufer vorgetragen wird.

ii.Die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs gem. § 826 BGB hat der Antragsteller ebenfalls glaubhaft gemacht. Gerade aufgrund der Äußerung des Bürgermeisters vom 24.02.2022, dass er alle Mittel einsetzen werde, um einen Eigentumserwerb des Antragstellers zu hindern, und dem folgenden Geschehensablauf ist ein Schädigungsvorsatz überwiegend wahrscheinlich. Eine Schädigung des Antragstellers hat die Antragsgegnerin dabei – überwiegend wahrscheinlich – zumindest billigend in Kauf genommen.

jj.Als Rechtsfolge kann der Antragsteller das positive Interesse verlangen, d.h. die Herausgabe der Kaufsache in natura – also Besitz und Eigentum – (vgl. BeckOGK- BGB-Spindler, § 826, Rn. 44), allerdings nur Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises (vgl. MünchKommBGB-Wagner, § 826, Rn. 78). Ob noch weitere im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigende Positionen einzustellen sind, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn vorliegend geht es nur um die Sicherung des Herausgabeanspruchs, nicht um die Höhe der Zug- um Zug vom Antragsteller zu erbringenden Leistung.

c.Schon wegen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs und der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs (vgl. §§ 891, 892 BGB) besteht für den Antragsteller ein Verfügungsgrund, was sich auch aus der Wertung des § 899 Abs. 2 S. 2 BGB ergibt. Bei der vorliegend überwiegend wahrscheinlich sittenwidrig handelnden Antragsgegnerin besteht das Risiko eines Weiterverkaufs und Weiterübertragung. Hierdurch würde der Anspruch des Antragstellers auf Herausgabe der Kaufsache in natura unmöglich oder zumindest erschwert werden.

d.Die Tenorierung der Auflassungsvormerkung hat der in den Grenzen des § 938 ZPO freie Senat entsprechend der Üblichkeit vorgenommen.

Das Eintragungsersuchen an das zuständige Grundbuchamt beruht auf § 941 ZPO. Einen entsprechenden Antrag hat der Antragsteller gestellt.

3.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 2 ZPO. Da der Antragsteller erst im Beschwerdeverfahren den erfolgreichen Hilfsantrag gestellt hat, obwohl er dies schon hätte in erster Instanz tun können, findet § 97 Abs. 2 ZPO zu seinen Lasten Anwendung.

4.Der Streitwert I. Instanz ist auf bis zu 95.000 € festzusetzen. Wegen der Hilfsanträge über die entschieden wurde, beträgt der Streitwert in der 2. Instanz bis zu 185.000 €. Dies beruht auf § 3 ZPO. Hierbei ist der Senat von dem Verkehrswert des Grundstücks ausgegangen, wie er durch die beiden Kaufverträge belegt ist. Von diesen 355.000,00 € hat er Senat rund 25 % sowohl für den Widerspruch als auch für die Vormerkung zugrunde gelegt. Hierbei handelt es sich nicht um denselben Gegenstand i.S. von § 45 Abs. 1 S. 3 GKG, sodass sich in der Beschwerdeinstanz der Streitwert verdoppelt.

Zwar wird grundsätzlich bei der Bemessung des Streitwertes das Interesse des Antragstellers an der Eintragung einer Vormerkung oder der Eintragung eines Widerspruchs durch den Wert der Sache bzw. Forderung, auf deren Sicherstellung es dem Antragsteller ankommt, bestimmt, § 6 ZPO. Bei einer Eintragung aufgrund einer einstweiligen Verfügung ist der Verfahrenswert allerdings nach § 3 zu bewerten (Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 3 ZPO, Rn. 16.201). Im Allgemeinen liegt bei einer einstweiligen Verfügung der Streitwert unter dem der Hauptsache, weil das für das Eilverfahren bezüglich des Streitwerts maßgebende Interesse des Antragstellers an der Sicherung im Regelfall das Befriedigungsinteresse nicht erreicht. Es bleibt deshalb bei den meisten einstweiligen Verfügungen bei einer Bruchteilsbewertung im Rahmen der unteren Hälfte des Hauptsachewerts (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 15. April 2019 – 2 W 58/18 –, juris; Schleswig- Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 03. Februar 2014 – 5 W 4/14 -, Rn. 8 juris). Vorliegend hält der Senat eine Bemessung mit je 25 % für angezeigt.

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