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Unterschiedliche Belastung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück

KG Berlin – Az.: 1 W 257/19 – Beschluss vom 08.04.2020

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eigentümereintragung des Beteiligten in Abt. I lfd. Nr. 3.6 des im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuchs mit den weiteren, sich aus den nachfolgenden Gründen ergebenden Eintragungen dahin klarzustellen, dass ihm ein Bruchteil von ¼ an der eingetragenen Bruchteilsgemeinschaft zusteht.

Gründe

I.

Ursprünglich – soweit hier von Interesse – waren in Abt. I lfd. Nr. 2 b) und c) des im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuchs H… M… und W… D… in Erbengemeinschaft mit einem Miteigentumsanteil zu ½ eingetragen.

Am 20. Dezember 2018 setzten sie zur UR-Nr. 1… /2… des Notars Dr. G… W… in B… die Erbengemeinschaft unter entsprechender Auflassung dahin auseinander, dass jeder von ihnen einen Miteigentumsanteil von ¼ an dem Grundstück erhielt (Teil B der Urkunde). Von seinem so entstandenen Miteigentumsanteil ließ W… D… unter Teil E der Urkunde einen Miteigentumsanteil von 1/8 an seine Ehefrau H… D… und unter Teil F der Urkunde einen weiteren Miteigentumsanteil von 1/8 an den Beteiligten auf. W… D… behielt sich dabei auf seine Lebensdauer den unentgeltlichen und nicht weiter übertragbaren Nießbrauch sowie das Recht des Widerrufs der Übertragung an den jeweiligen Miteigentumsanteilen vor. Er, seine Ehefrau und der Beteiligte bewilligten dementsprechend jeweils die Eintragung eines Nießbrauchs sowie einer Eigentumsvormerkung zu Gunsten von W… D… an den beiden Miteigentumsanteilen.

Auf den bei dem Grundbuchamt am 9. Januar 2019 eingegangenen Antrag des Urkundsnotars vom 3. Januar 2019 wurden H… D… und der Beteiligte am 15. Mai 2019 unter lfd. Nr. 3.4 und 3.5 zu jeweils 1/8 in Abt. I des Grundbuchs und die bewilligten Belastungen in Abt. II lfd. Nr. 4 bis 7 eingetragenen.

Zur UR-Nr. 1… /2… des Notars Dr. G… W… in B… übertrug H… D… ihren Miteigentumsanteil von 1/8 an dem Grundstück an den Beteiligten, ließ das Eigentum an ihn auf und behielt sich ebenfalls den Widerruf der Übertragung vor.

Auf den bei dem Grundbuchamt am 14. Januar 2019 eingegangenen Antrag des Urkundsnotars vom 8. Januar 2019 wurde der Beteiligte in Abt. I lfd. Nr. 3.6 mit einem weiteren Miteigentumsanteil von 1/8 eingetragen und in Abt. II lfd. Nr. 8 eine Rückauflassungsvormerkung zugunsten von H… D… gebucht.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2019 hat der Urkundsnotar gegenüber dem Grundbuchamt die Eintragung des Beteiligten mit zwei Miteigentumsanteilen beanstandet und um “möglichst sofortige Grundbuchberichtigung” gebeten. Mit Schriftsatz vom 9. August 2019 hat er “Fassungsbeschwerde” erhoben und am 7. Oktober 2019 erklärt, er “erwarte nun die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts”. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8. Oktober 2019 nicht abgeholfen.

II.

1. Die Beschwerde ist – unbeschränkt – zulässig, § 71 Abs. GBO.

Dem steht die Regelung in § 71 Abs. 2 S. 1 GBO nicht entgegen. Danach ist eine Beschwerde gegen eine Eintragung unzulässig. Gegen sie kann nur mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs oder einer Amtslöschung nach § 53 GBO vorgegangen werden, § 71 Abs. 2 S. 2 GBO. Darum geht es hier aber nicht. Auch die ursprünglich auf “sofortige Grundbuchberichtigung” gerichtete Beanstandung des Urkundsnotars war tatsächlich nicht hierauf, sondern nur auf die Klarstellung der – weiteren – Eintragung des Beteiligten in Abt. I des Grundbuchs gerichtet. Eine sachliche Änderung der Eintragung war damit nicht verbunden, was der Urkundsnotar schließlich auch mit der Bezeichnung des Rechtsmittels als “Fassungsbeschwerde” ausgedrückt hat. Eine solche Beschwerde unterfällt nicht den Beschränkungen des § 71 Abs. 2 GBO (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 71, Rdn. 46).

Zur Entscheidung über die Beschwerde ist nicht das Landgericht, sondern der Senat berufen, § 72 GBO in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Steht das Eigentum an einem Grundstück – wie vorliegend – mehreren Personen gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu, besteht der jeweilige Anteil nicht in einem realen, sondern lediglich in einem fiktiven Teil des Grundstücks, über den der jeweilige Teilhaber selbstständig verfügen kann (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl., § 741, Rdn. 7; Böhringer, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 47, Rdn. 27).

Erwirbt ein Miteigentümer einen weiteren Miteigentumsanteil, entsteht ein einheitlicher, sich aus den Bruchteilen der bisherigen Anteile zusammensetzender Miteigentumsanteil. Der bisherige Anteil des Miteigentümers und der hinzuerworbene Anteil existieren dann nicht mehr (BGH, ZfIR 2013, 296, 297).

Daran ändert sich grundsätzlich nichts, wenn beide Anteile mit dinglichen Rechten belastet sind. Die Belastungen erstrecken sich dann aber nicht auf den gesamten Anteil. Vielmehr bestehen die belasteten Anteile insoweit als fiktive Anteile eines einheitlichen Rechts im Rahmen der durch Vollzug einer Eigentumsübertragung zu schaffenden Rechtslage fort (OLG München, RNotZ 2012, 391, 393; BayObLGZ 1996, 41, 45).

b) Vorliegend ist der Beteiligte seit dem 15. Mai 2019 als Miteigentümer mit einem durch Nießbrauch und Eigentumsvormerkung belasteten 1/8 Anteil im Grundbuch eingetragen. Durch den Vollzug der zur UR-Nr. 1… /2… erklärten Auflassung im Grundbuch ist er Eigentümer eines weiteren, ebenfalls mit Nießbrauch und Eigentumsvormerkung belasteten 1/8 Anteils geworden. Beide Anteile sind nach den voranstehenden Ausführungen in einem neuen Anteil von ¼ aufgegangen. Die bisherigen Anteile existieren nicht mehr, lediglich fiktiv bestehen sie hinsichtlich ihrer Belastungen fort.

c) Diese, von dem Grundbuchamt nicht in Abrede gestellte Rechtslage wird durch die Eintragungen im Grundbuch nicht ausreichend wiedergegeben. Das aber widerspricht dem Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und eindeutige Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten. Dies erfordert klare und eindeutige Eintragungen (OLG Köln, OLGreport 1992, 99, 101).

Die jetzige Buchung ist nicht mit den Fällen zu vergleichen, in denen Ehegatten zu je ½ im Eigentum eingetragen sind und nach dem Tod des einen dessen Erben an seiner Stelle im Grundbuch eingetragen werden. Hat der Verstorbene neben dem überlebenden Ehegatten weitere Erben, ist der Überlebende mit den übrigen Erben in Erbengemeinschaft einzutragen. Der überlebende Ehegatte wird also zweimal als Eigentümer verlautbart, einerseits zu ½ und andererseits mit den übrigen Erben zu ½. Das ist hingegen nichts Besonderes. Der Anteil des verstorbenen Ehegatten bleibt in diesem Fall als solcher erhalten, eine Vereinigung mit der anderen Hälfte findet entgegen dem vorliegenden Fall nicht statt.

Erforderlich ist danach die zweifelsfreie Verlautbarung eines einheitlichen Miteigentumsanteils des Beteiligten in Höhe von ¼. Das kann in Abt. I des Grundbuchs durch Rötung der lfd. Nr. 3.5 und entsprechender Berichtigung bei lfd. Nr. 3.6 – ¼ an Stelle von jetzt noch 1/8 – erreicht werden. Darüber hinaus ist Spalte 4 zu ergänzen – “Anstelle 3.4 und 3.5:” – sowie bei dem Hinweis auf die Auflassung vom 28. Dezember 2018 zu vermerken “im übrigen ohne Eigentumswechsel”.

Allerdings hat es damit nicht sein Bewenden. Das Grundbuchamt hat zu Recht darauf hingewiesen, dass weitere Klarstellungen bei den Belastungen Abt. II lfd. Nr. 4 bis 7 erforderlich sind. Dass dabei eine Unübersichtlichkeit zu erwarten ist, die die derzeitige Buchung vorzugswürdig erscheinen ließe, ist aber nicht zu befürchten. Letztlich genügt bei jeder Position der Verweis auf Abt. I lfd. Nr. 3.6 an Stelle von 3.4 bzw. 3.5 und der Zusatz „in Höhe von 1/8” (vgl. BayObLG, a.a.O., 46). Dieser Zusatz ist auch bei lfd. Nr. 8 erforderlich. Außerdem ist klarzustellen, dass die Belastungen lfd. Nr. 4 bis 7 jeweils im gleichen Rang zueinander stehen, was durch Ergänzung der bereits vorhandenen Vermerke “Gleichrang mit Abt. II Nr. …” erreicht werden kann

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