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Dingliches Wohnungsrecht – Betriebs- und Nebenkosten – Wohnraummietrecht

LG Köln – Az.: 13 S 50/17 – Urteil vom 20.09.2017

Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des Amtsgerichts Bergheim vom 26.01.2017 (24 C 351/16) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 910,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.07.2016 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 176,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger jeweils 34 % und der Beklagte 32 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige – insbesondere statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete – Berufung des Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Das angefochtene Urteil musste teilweise abgeändert werden und der zulässigen Klage war lediglich in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe stattzugeben, weil sie nur insoweit begründet ist. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Betriebskosten in Höhe von 910,58 EUR entsprechend der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015. Ansprüche für die Jahre 2013 und 2014 sind hingegen ausgeschlossen.

Das Amtsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Beklagte nach § 2 Ziff. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Notarvertrages vom 07.11.2011 alle nach dem Mietrecht umlagefähigen Betriebs- und Nebenkosten für die Immobilie W-Straße in 50259 Pulheim zu tragen hat. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der vertraglichen Vereinbarung, die wie folgt lautet: „Der Berechtigte trägt alle Betriebs- und Nebenkosten, die auch von einem Mieter zu tragen wären, sowie die Kosten für Schönheitsreparaturen im üblichen Umgang. Die übrigen Kosten trägt der Erwerber.“

Gemäß §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt sich bereits dem Wortlaut der Regelung eindeutig entnehmen, dass der wohnungsberechtigte Beklagte Betriebs- und Nebenkosten zu tragen hat. Für dieses Verständnis spricht das Wort „trägt“ ebenso wie der folgende Passus „sowie die Kosten für Schönheitsreparaturen im üblichen Umgang. Die übrigen Kosten trägt der Erwerber.“ Diese Formulierungen verdeutlichen, dass die Parteien eine abschließende Regelung über die Kostentragung treffen wollten. Nichts deutet darauf hin, dass die Parteien davon ausgegangen sind, für eine Übernahme der Betriebs- und Nebenkosten durch den Wohnungsberechtigten eine weitere (Neben-)Abrede treffen zu müssen. Die Kammer verkennt nicht, dass die Formulierung „Betriebs- und Nebenkosten, die auch von einem Mieter zu tragen wären“ insofern auslegungsbedürftig ist, als nicht ausdrücklich geregelt ist, um welche Betriebs- und Nebenkosten es sich handelt. Dass der Wohnungsberechtigte überhaupt Betriebs- und Nebenkosten zu tragen hat, steht indessen außer Zweifel.

Nach dem Sinn und Zweck der Vereinbarung ist die Formulierung „Betriebs- und Nebenkosten, die auch von einem Mieter zu tragen wären“ so zu verstehen, dass hiermit die von dem Wohnungsberechtigten zu tragenden Betriebs- und Nebenkosten unter Bezugnahme auf die diesbezügliche mietrechtliche Regelung definiert werden. Durch die vertragliche Regelung wird klargestellt, dass alle nach dem Mietrecht umlagefähigen Betriebs- und Nebenkosten gemeint sind. Denn in der Wohnraummiete genügt zur Übertragung der Betriebskosten auf den Mieter die – auch formularmäßige – Vereinbarung, dass dieser „die Betriebskosten“ zu tragen hat. Auch ohne Beifügung des Betriebskostenkatalogs oder ausdrückliche Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 S. 2 BGB und die Betriebskostenverordnung ist damit die Umlage der in § 556 Abs. 1 S. 2 BGB definierten und in der Betriebskostenverordnung erläuterten Betriebskosten vereinbart (BGH NJW 2016, 1308 Ls., Rn. 13 ff.).

Dieses Verständnis der vertraglichen Vereinbarung steht im Einklang mit der Wertung von § 1093 BGB. Nach allgemeiner Ansicht hat der Wohnungsberechtigte verbrauchsabhängige Kosten wie Gas, Strom, Wasser, Heizung, Müllabfuhr und Abwasser zu tragen, weil es sich dabei nicht um Kosten der Wohnung, sondern um die erst durch die Ausübung des Wohnungsrechts verursachten Kosten ihrer Nutzung handelt (vgl. BGH NJW 2012, 522 Rn. 5; Wegmann, in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 43. Edition, Stand: 01.02.2017, § 1093 Rn. 26; Mohr, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1093 Rn. 9; Herrler, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1093 Rn. 10). Der Wohnungsberechtigte hat sich als Folge einer sachgerechten Abwägung seiner Interessen mit denjenigen des Eigentümers außerdem an den Kosten zu beteiligen, die dem Eigentümer durch die gewöhnliche Unterhaltung der zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen entstehen (BGH NJW 2012, 522 Ls. 1, Rn. 7 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien abweichend davon die Verpflichtung des Beklagten zur Tragung von Betriebs- und Nebenkosten von einer zusätzlichen vertraglichen Vereinbarung abhängig machen wollten und durch die Bezugnahme auf die „von einem Mieter“ zu tragenden Kosten nicht lediglich alle nach dem Mietrecht umlagefähigen Kosten auf den Beklagten umlegen wollten, bestehen nicht.

Das Amtsgericht hat indessen verkannt, dass die Kläger nur noch die Begleichung der Betriebs- und Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2015 vom 12.05.2016 in Höhe von 910,58 EUR verlangen können. Ansprüche für die Jahre 2013 und 2014 sind analog § 556 Abs. 2 und 3 BGB ausgeschlossen, weil die Kläger die hiernach geltende Abrechnungsfrist versäumt haben.

Wird bei der Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts – wie hier – schuldrechtlich vereinbart, dass der Berechtigte bestimmte Betriebskosten anteilig zu tragen und Vorauszahlungen zu leisten hat, gelten für die Abrechnung über die Vorauszahlungen die Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB entsprechend (BGH NJW 2009, 3644 Ls.).

Eine Analogie ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. nur BGH NJW 2017, 547 Rn. 33 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Das BGB enthält eine planwidrige Regelungslücke, weil eine § 556 Abs. 3 S. 3 BGB entsprechende Regelung für den Fall fehlt, dass derjenige, der fremden Wohnraum auf Grund eines anderen Rechtsverhältnisses als eines Mietverhältnisses nutzt, an den Eigentümer Vorauszahlungen für Betriebskosten leistet, und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelte (BGH NJW 2009, 3644 Rn. 11).

Die entsprechende Anwendung ist geboten, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt dem in § 556 Abs. 3 S. 3 BGB geregelten vergleichbar ist. § 556 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB soll eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss. Die Vorschriften dienen somit der Abrechnungssicherheit für den Mieter und sollen Streit vermeiden. Diese Zielrichtung entspricht nicht nur den Interessen des Mieters von Wohnraum, sondern zumindest auch den Interessen derjenigen Personen, die berechtigterweise Wohnraum auf einer anderen Rechtsgrundlage als einem Mietvertrag nutzen. Denn wenn sie Vorauszahlungen auf die durch die Wohnraumnutzung entstehenden Betriebskosten zahlen, ist ihnen daran gelegen, möglichst bald zu erfahren, ob die Vorauszahlungen den geschuldeten Betrag erreicht oder ihn über- oder unterschritten haben. Je nach dem Ergebnis der Abrechnung können sie ihr weiteres Verhalten ausrichten, nämlich entweder – bei verbrauchsabhängigen Betriebskosten – ihren Verbrauch beibehalten, erhöhen oder ermäßigen oder – bei verbrauchsunabhängigen Betriebskosten – die Höhe der Vorauszahlungen unverändert lassen oder auf eine Herauf- oder Herabsetzung drängen. In allen Fällen ist das Interesse der Wohnraumnutzer ebenso wie das der Wohnraummieter auf baldige Klarheit gerichtet. Der weitere Gesichtspunkt der Streitvermeidung hat für den Wohnungsberechtigten wenigstens denselben hohen Stellenwert wie für den Mieter von Wohnraum. Denn er lebt in den meisten Fällen mit dem Grundstückseigentümer unter einem Dach und ist, anders als regelmäßig der Mieter, in die Familie des Eigentümers mehr oder weniger integriert. Schon deshalb ist er besonders daran interessiert, dass der Familienfriede nicht dadurch gestört wird, dass der Eigentümer Betriebskostenvorauszahlungen entgegennimmt, ohne über sie zeitnah abzurechnen (BGH NJW 2009, 3644 Rn. 13 ff.).

Der entsprechenden Anwendung von § 556 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB steht nicht entgegen, dass der Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung keine Vorauszahlungen zu leisten hatte.

Ob die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB auch dann gilt, wenn ein Wohnungsberechtigter nach der vertraglichen Vereinbarung zwar die Betriebs- und Nebenkosten zu tragen hat, aber keine Vorauszahlungen zu leisten hat, ist in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden (bejahend aber AG Frankenberg-Eder, Urteil vom 17.02.2017 – 6 C 67/16 (1) -, juris, Rn. 13 ff.). Für Mietverhältnisse geht die wohl überwiegende Ansicht von einer Geltung der Ausschlussfrist aus, auch wenn keine Vorauszahlungen zu leisten sind (LG Berlin, Urteil vom 29.06.2007 – 63 S 469/06 -, juris, Rn. 14 f.; Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl. 2017, § 556 BGB Rn. 193, 202; Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 BGB Rn. 446 m. w. N. auch zur Gegenansicht bei Fn. 886; Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 1. Aufl. 2013, § 556 Rn. 351; Schmid/Rieke, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 556 Rn. 37). Die Gegenauffassung lehnt dies mit Blick auf den Wortlaut des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB ab und sieht für eine Analogie keinen Raum (LG München II NZM 2012, 342; AG Neuruppin, Urteil vom 24.07.2009 – 42 C 66/08 -, juris, Rn. 15; AG Potsdam, Urteil vom 30.08.2007 – 23 C 176/06 -, juris, Rn. 35; AG Köpenick, Urteil vom 13.09.2006 – 6 C 76/06 -, juris, Rn. 11; Weitemeyer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 556 Rn. 106; Emmerich/Sonnenschein, in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 556 Rn. 48).

Die Kammer schließt sich der Auffassung des Amtsgerichts Frankenberg-Eder an. Die Voraussetzungen für eine doppelt analoge Anwendung des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB für den Fall, dass der Nutzungsberechtigte Betriebs- und Nebenkosten zu tragen hat, aber keine Vorauszahlungen zu leisten hat, sind erfüllt.

Es besteht eine gesetzliche Regelungslücke, weil es keine Vorschrift über die Abrechnungsfrist für den Fall gibt, dass die Betriebskosten vom Nutzer des Wohnraums zu tragen sind, aber die Vertragsparteien – anders als in § 556 Abs. 2 S. 1 BGB vorgesehen – weder eine Pauschale noch Vorauszahlungen vereinbart haben.

Die Regelungslücke ist planwidrig, weil nicht ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber für diesen Fall auf die Festlegung einer Abrechnungsfrist verzichten wollte. Wie sich aus der Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) ergibt, sah der Gesetzgeber den maßgeblichen Unterschied zwischen einer Vorauszahlung und einer Pauschale darin, dass bei einer Vorauszahlung eine Abrechnung vorgenommen wird, während bei einer Pauschale eine spätere Abrechnung über die Betriebskosten gerade nicht erfolgt (BT-Drs. 14/4553, S. 50 = NZM 2000, 416, 437). Die Bedingungen für eine nachträgliche Abrechnung von Betriebskosten, auf die keine Vorauszahlungen zu leisten sind, sind nicht Gegenstand der Erwägungen des Entwurfs, so dass eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung gegen eine Ausschlussfrist nicht erkennbar ist (so auch AG Frankenberg-Eder, a. a. O., Rn. 23; vgl. auch LG Berlin, a. a. O., Rn. 15). Die Genese des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB spricht vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber eine möglichst weitreichende Anwendung der Vorschrift anstrebte, weil die Norm im Regierungsentwurf noch abdingbar ausgestaltet war (vgl. § 556 Abs. 4 BGB-RegE, BT-Drs. 14/4553, S. 11, 51 = NZM 2000, 416, 419, 437), nunmehr jedoch nach § 556 Abs. 4 BGB zwingendes Recht ist (vgl. AG Frankenberg-Eder, a. a. O., Rn. 24).

Der vorliegende Sachverhalt ist in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem in § 556 Abs. 3 S. 3 BGB geregelten Tatbestand vergleichbar, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Wie ausgeführt soll § 556 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss. Die damit verfolgten Ziele der Abrechnungssicherheit und Streitvermeidung sind in ganz ähnlicher Weise von Bedeutung, wenn ein Wohnungsberechtigter Betriebskosten zu tragen hat, aber keine Vorauszahlungen leisten muss. Zwar ist in diesem Fall auszuschließen, dass sich bei der Abrechnung ein Guthaben zu Gunsten des Wohnungsberechtigten ergibt. Allerdings hat er ein noch größeres Interesse daran, Gewissheit über die Höhe der Betriebskosten zu erlangen. Er wird nämlich gerade dann, wenn er keine Vorauszahlungen geleistet hat und die Abrechnungsforderung daher noch höher ausfällt als bei Leistung von Vorauszahlungen, regelmäßig nicht in der Lage sein, die gesamten Betriebskosten eines Jahres aus seinen laufenden monatlichen Einnahmen auf einmal zu bestreiten. Vielmehr wird er darauf angewiesen sein, monatlich einen Teil seiner Einkünfte beiseite zu legen, um mit dem dadurch angesparten Betrag die jährliche Betriebskostenabrechnung begleichen zu können (AG Frankenberg-Eder, a. a. O., Rn. 27). Der weitere Gesichtspunkt, Streit über die Abrechnung zu vermeiden, hat wie bereits ausgeführt für den Wohnungsberechtigten einen mindestens ebenso hohen Stellenwert wie für den Mieter von Wohnraum (BGH NJW 2009, 3644 Rn. 15).

Anders als die Kläger meinen, steht der entsprechenden Anwendung von § 556 Abs. 3 S. 3 BGB auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht entgegen, dass nach überwiegender Auffassung die entsprechende Anwendung von § 556 Abs. 3 BGB auf Gewerberaummietverhältnisse ausscheidet. Denn Gegenstand des Wohnungsrechts des Beklagten sind nicht gewerblich genutzte Räume, sondern Wohnräume. Insoweit besteht kein Unterschied zu einem Wohnraummietverhältnis (BGH NJW 2009, 3644 Rn. 21).

Nach alledem ist die Abrechnung dem Wohnungsberechtigten analog § 556 Abs. 3 S. 2 BGB spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen, auch wenn er keine Vorauszahlungen zu leisten hat. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Eigentümer analog § 556 Abs. 3 S. 3 BGB ausgeschlossen, es sei denn, der Eigentümer hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Bei Anwendung dieser Vorschriften ist die Geltendmachung der Betriebskosten für die Jahre 2013 und 2014 im Streitfall ausgeschlossen. Die Kläger haben die Abrechnungsfrist für die Jahre 2013 und 2014 versäumt, weil sie die Betriebs- und Nebenkosten für diese Jahre erst mit Datum vom 16.06.2016 abgerechnet haben. Dass sie die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten haben könnten, ist nicht ersichtlich.

Die Kläger können dem Beklagten nicht entgegenhalten, dass er sich zu spät auf die Versäumung der Ausschlussfrist berufen habe. Da die Vorschriften des Wohnraummietrechts analog anzuwenden sind, ist die Versäumung der Ausschlussfrist von Amts wegen zu berücksichtigen. Selbst wenn die Versäumung der Ausschlussfrist lediglich als Einrede zu berücksichtigen wäre, gälte nichts anderes, weil sowohl die Berufung des Beklagten auf die Versäumung der Ausschlussfrist als auch die den Ausschluss begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien unstreitig sind (vgl. zur Verjährungseinrede BGH NJW 2008, 3434 Ls., Rn. 9 ff.).

Gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB können die Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus der berechtigten Hauptforderung seit dem 14.07.2016 verlangen, nachdem der Beklagte mit Schreiben seines außergerichtlichen Vertreters vom 08.07.2016, zugegangen am 13.07.2016, jegliche Zahlungen abgelehnt hat und damit die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat.

Die Kläger haben nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, allerdings nur in Höhe von 176,12 EUR entsprechend dem Gegenstandswert der berechtigten Hauptforderung von 910,58 EUR. Der Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus diesem Betrag seit dem 21.10.2016 folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

IV.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i. S. d. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO die Zulassung der Revision. Insbesondere weicht das vorliegende Urteil nicht von einer höherrangigen oder einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Berufungsgerichts ab. Die Frage, ob die Ausschlussfrist analog § 556 Abs. 3 S. 3 BGB gegenüber einem Wohnungsberechtigten auch dann gilt, wenn er keine Vorauszahlungen zu leisten hat, ist bisher nur durch die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Frankenberg-Eder vom 17.02.2017 – 6 C 67/16 (1) – beantwortet worden, von der die Kammer nicht abgewichen ist.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.824,81 EUR.

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