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Rückabtretung Grundschuld trotz erteilter Löschungsbewilligung

Oberlandesgericht Thüringen – Az.: 5 W 45/18 – Urteil vom 15.05.2018

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 12.01.2018, Az.. 6 0 9/18, wie folgt abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, die Löschung der im Wohnungsgrundbuch von B Blatt 6508, Gemarkung B, 99,24/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur 23, Flurstück 18/12, Gebäude und Freifläche, W 9 d, W9 e, W 9 f, W 9 g, W 9 h, W 9, W 9 a, W 9 v, W 9 c zu 2770 m2 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Haus 9, bezeichnet mit Nr. 9 laut Aufteilungsplan, in Abteilung 111/1 eingetragenen Grundschuld der C AG in Höhe von DM 230.000,00 (€ 117.597,13) nebst 18 % Zinsen gemäß Bewilligung der Notarin B vom 26.08.2000, Urkundenrolle-Nr. 960/00, eingetragen am 12.09.2000, ohne Zustimmung des Antragstellers zu beantragen. Soweit ein wirksamer Löschungsantrag bereits gestellt wurde, hat die Antragsgegnerin als eingetragene Eigentümerin die Zustimmung zur Löschung zurück zu nehmen und den Notar Dr. R anzuweisen, den Löschungsantrag zurück zu nehmen, sofern der Antragsteller der Löschung nicht ebenfalls zustimmt.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 19.599,52 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist der Bruder der Antragsgegnerin und mit dieser zu je 1/2 Miterbe nach der am 25.6.2010 verstorbenen Mutter M.

Zu dem Nachlass gehörte eine Wohnung im Haus W 9 in B.

Am 02.05.2011 wurden die Parteien aufgrund des vorgelegten Erbscheins als Erbengemeinschaft: anstelle von M als Eigentümer eingetragen.

Im Grundbuch von B ist unter lfd. Nummer 1 zu Gunsten der C AG eine Grundschuld ohne Brief über 230.000,00 DM (= 117.597,12 €) eingetragen.

Die Grundschuld besicherte ein von der Erblasserin und ihrem Lebensgefährten K zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommenes Darlehen. Da die Erblasserin zunächst allein im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen wurde, räumte sie Herrn K ein dingliches Wohnrecht ein, das ebenfalls in das Grundbuch eingetragen wurde. Mit notariellem Vertrag vom 28.07.2011 hat Herr K die Löschung des Wohnrechts bewilligt. Das Wohnrecht ist zwischenzeitlich im Grundbuch gelöscht worden.

Die mit der Grundschuld besicherte Darlehensforderung wurde unstreitig im Jahre 2010 vollständig zurückgeführt. Unter dem 07.09.2010 teilte die C AG Herrn K mit, dass zum einen die an die Bank abgetretenen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung an ihn zurück abgetreten würden, zum anderen übersandte sie eine Löschungsbewilligung (Anlage ASt 10, BI. 34 d.A., bzw. Anlage AG 1, BI. 103 d.A.) und forderte Herrn K auf, diese über einen Notar dem Grundbuchamt einzureichen.

Die Grundschuld ist nach wie vor im Grundbuch eingetragen.

Im Jahre 2015 wurde durch den Antragsteller ein Teilungsversteigerungsverfahren eingeleitet. Der Verkehrswert der Wohnung wurde auf 127.000,00 € festgesetzt.

Im Zwangsversteigerungstermin am 15.11.2017 erhielt die Antragsgegnerin den Zuschlag zu einem Gebot in Höhe von 102.000,00 €. Die Grundschuld blieb ausdrücklich bestehen.

Zwischenzeitlich ist allein die Antragsgegnerin im Grundbuch als Eigentümerin der Wohnung eingetragen.

Unter dem 05.12.2017 hat Herr K an den Antragsteller sämtliche Ansprüche aus der ihm durch die C AG übersandte Löschungsbewilligung abgetreten.

Unter dem 13.02.2018 hat die Antragsgegnerin über den Notar Dr. R beim Grundbuchamt die Löschung der Grundschuld beantragt.

Der Antragsteller hat mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 10.01.2018 begehrt, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Löschung der Grundschuld ohne Zustimmung des Antragstellers zu beantragen.

Mit Beschluss vom 12.01.2018 hat das Landgericht Mühlhausen ohne Anhörung der Antragsgegnerin und ohne mündliche Verhandlung den Antrag als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Zustimmung des Antragstellers zur Löschung nicht erforderlich sei gemäß § 27 Satz 1 GBO. Zwar dürfe eine Grundschuld nur mit Zustimmung des Eigentümers gelöscht werden, dies sei aufgrund des Zuschlags im Versteigerungsverfahren aber nunmehr allein die Antragsgegnerin. Eine Zustimmung eines früheren Miteigentümers sei nicht erforderlich. Mögliche schuldrechtliche Ausgleichsansprüche seien hiervon nicht berührt.

Mit Schriftsatz vom 31.01.2018, am gleichen Tag beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangen, hat der Antragsteller gegen den ihm am 17.01.2018 zugestellten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin habe die Löschungsbewilligung der C AG ohne Wissen und Wollen des Herrn K aus dem Schlafzimmerschrank der Erblasserin und des Herrn K entnommen.

Er ist der Ansicht, dass sie als Nichtberechtigte die Löschung der Grundschuld veranlasst habe. Berechtigte für die Aufhebung des Rechts an einem Grundstück seien gemäß § 875 BGB die wahren Rechtsinhaber, d.h. die materiellen Inhaber des Rechts zum Zeitpunkt der Löschung. Dies sei entweder die Erbengemeinschaft nach M oder Herr K gewesen. Das Grundbuchamt prüfe dagegen nur die Eintragungsvoraussetzungen nach der Grundbuchordnung. Die bestehen bleibende Grundschuld sei Preisbestandteil der Ersteigerung gewesen. Sofern die Antragsgegnerin die Löschung alleine veranlassen könne, erhalte die Erbengemeinschaft einen um den Wert der Grundschuld verringerten Erlös. Auf ihn als Miterben zu 1/2 würde daher ein um 58.798,57 EUR reduzierter Erlös entfallen. Die Antragsgegnerin sei in diesem Fall ungerechtfertigt bereichert. Der Antragsteller hingegen würde neben der Grundschuld als Vermögensposition auch die Sicherung seines Ausgleichsanspruchs gegen die Antragsgegnerin verlieren.

Der Senat hat am 08.02.2018 Termin auf den 20.03.2018 bestimmt.

Nachdem der Antragsteller am 22.02.2018 mitgeteilt hat, dass die Antragsgegnerin zwischenzeitlich die Löschung der Grundschuld beantragt habe, hat der Senat unter dem 22.02.2018 der Antragsgegnerin aufgegeben, das Grundbuchamt beim Amtsgericht Mühlhausen anzuweisen, dass Löschungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht weiter zu betreiben und bis dahin keine Eintragung vorzunehmen.

Der Antragsteller hat beantragt, der Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 12.01.2018 wird aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, die Löschung der im Wohnungsgrundbuch von B Blatt 6508, Gemarkung B, 99,24/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur 23, Flurstück 18/12, Gebäude und Freifläche, W 9 d, W 9 e, W 9 f, W 9 g, W 9 h, W 9, W 9 a, W 9 v, W 9 c zu 2770 m2 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Haus 9, bezeichnet mit Nr. 9 laut Aufteilungsplan, in Abteilung 111/1 eingetragenen Grundschuld der C AG in Höhe von DM 230.000,00 (€ 117.597,13) nebst 18 % Zinsen gemäß Bewilligung der Notarin B vom 26.08.2000, Urkundenrolle-Nr. 960/00, eingetragen am 12.09.2000, ohne Zustimmung des Antragstellers zu beantragen, bzw. nach erfolgter Beantragung der Löschung wird der Antragsgegnerin aufgegeben, den Antrag auf Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grundschuld zurückzunehmen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat zunächst vorgetragen, dass sie keinesfalls ohne Wissen und Zustimmung des Herrn K in den Besitz der Löschungsbewilligung gelangt sei. Vielmehr sei ihr selbst als Erbin der M eine Löschungsbewilligung von der C AG zugesandt worden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass es sich bei den Löschungsbewilligungen um verschiedene Schriftstücke handele. Mit Schriftsatz vom 14.03.2018 korrigierte sie den Vortrag dahingehend, dass tatsächlich nur eine Löschungsbewilligung von der C AG erteilt worden und an Herrn K übersandt worden sei. Dieser habe sie allerdings freiwillig an ihren Ehemann, Herrn Karsten N übergeben. Ihr Ehemann habe Herrn K gelegentlich aufgesucht, auch um zum Nachlass gehörige Post abzuholen. Die Löschungsbewilligung habe ihr Ehemann dann im Büro zu den Posteingängen gelegt, so dass sie angenommen habe, die Löschungsbewilligung sei ihr übersandt worden. Da nur der Eigentümer berechtigt sei mit Hilfe der Löschungsbewilligung die Löschung zu beantragen, hätte diese Urkunde Herrn K als Drittem nicht in die Lage versetzt, die Löschung zu beantragen. Da sie nunmehr infolge des Zuschlags bei der Teilungsversteigerung als alleinige Eigentümerin im Grundbuch eingetragen sei, sei auch nur sie alleine berechtigt, die Löschung zu beantragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die gestellten Zeugen K und N vernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 10.04.2018 verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 935, 936, 922 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Grundschuld ist als Belastung des Grundbesitzes auch soweit keine persönliche Forderung mehr zugrunde liegt, nach dem Zuschlag bestehen geblieben und belastet die Antragsgegnerin als jetzigen Alleineigentümer ebenso, wie sie zuvor die Miteigentumsanteile beider Parteien bzw. der vormaligen Eigentümerin, der Erblasserin, belastet hatte. Der in der Grundschuld verkörperte Wert gebührt, solange und soweit der Sicherungszweck nicht entfallen ist, weiterhin dem Grundschuldgläubiger (vgl. BGH Urteil vom 25. September 1986 – IX ZR 206/85 = WM 1986, 1441, 1442 = ZIP 1986, 1452, 1453). Etwas anderes gälte nur, wenn ein Fall des § 50 Abs. 1 ZVG vorläge, die in das geringste Gebot aufgenommenen Grundschulden also „nicht bestanden“ hätten. Das ist aber nicht schon der Fall, wenn eine Grundschuld nicht valutiert ist (vgl. Stöber, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 5. Aufl. Rdn. 514 unter a; Zeller/Stöber ZVG 13. Aufl. § 50 Anm. 27); denn das Grundpfandrecht besteht unter diesen Umständen als Grundstückslast weiter (vgl. BGH Urteile vom 11. Oktober 1974 – V ZR 231fl3 = NJW 1974, 2279, 2280; vom 17. Mai 1988 – IX ZR 5/87 = NJW-RR 1988, 1146, 1147 = WM 1988, 1137, 1139; vom 9. Februar 1989 – IX ZR 145/87 = NJW 1989, 1349).

Aus dem zugrundeliegenden Sicherungsvertrag hatten zunächst die Erblasserin und der Mitdarlehensnehmer als Darlehensnehmer und Grundschuldbesteller gegen die Sicherungsnehmerin (die Bank) einen durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr der nicht (mehr) valutierten Teile der Grundschuld, der durch den Zuschlag nicht weggefallen ist; Zwangsversteigerung und Zuschlag haben ihr Verhältnis zu den Darlehensgebern und Grundschuldgläubigern insoweit nicht berührt (vgl. BGH WM 1986, 1441, 1442; NJW 1989, 1349; Urteil vom 28. April 1983 – IX ZR 1/82 = WM 1983, 705). Solange die Erblasserin allerdings Eigentümerin des versteigerten Grundbesitzes war, konnte die Rückgewähr durch Verzicht auf die Grundschulden, durch Erteilung einer Löschungsbewilligung oder auch durch Rückabtretung der nicht mehr valutierten Grundschuld bewirkt werden. Nach dem Tod der Erblasserin konnte die Grundschuldgläubigerin den Rückgewähranspruch gegenüber den Erben und dem Mitdarlehensnehmer nur noch durch Abtretung der nicht valutierten Grundschuld erfüllen; jede andere Form der Rückgewähr käme nunmehr allein der Antragsgegnerin als Ersteher und nunmehrigem Alleineigentümerin des Grundstücks zugute (BGH NJW 1989, 1349 m.w.N.; WM 1988, 1137, 1141). Unabhängig davon, in welcher Form er von der Grundschuldgläubigerin zu erfüllen ist, steht der Rückgewähranspruch, wie dargelegt, trotz des Eigentumsübergangs an dem Grundstück auf die Antragsgegnerin wie vor der Versteigerung weiterhin den Erben … und dem Mitdarlehensnehmer gemeinschaftlich zu gleichen Teilen zu und kann von ihnen realisiert werden (BGH Urteil vom 25. März 1986 – IX ZR 104/85 = NJW 1986, 2108, 2110; auch Urteil vom 28. April 1983 – IX ZR 1/82 = NJW 1983,2449, 2450).

Die (nunmehr unstreitige) Übersendung der Löschungsbewilligung an den Mitdarlehensnehmer Herrn K durch die Sicherungsnehmerin (Bank) kann nicht als Rückgewähr der Grundschuld und Entstehung einer Eigentümergrundschuld allein der Erben angesehen werden. Vielmehr ist diese (zumindest zum Teil Fremdgrundschuld) geblieben.

Die Abwicklung nicht mehr valutierender Grundschulden bei Erwerb eines Grundstücks in der Teilungsversteigerung durch einen der früheren Miteigentümer und Mitdarlehensnehmer hat nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 187, 169 = FamRZ 2011, 93 Tz. 12 ff., BGH FamRZ 1993, 676, Tz. (juris) 49) vielmehr in folgender Weise zu erfolgen: Aufgrund des der Einräumung der Grundschulden zugrundeliegenden Sicherungsvertrages zwischen den Beteiligten und der kreditgebenden Bank steht den Beteiligten zunächst (nur) ein Anspruch gegen die Bank auf Rückgabe der für Sicherungszwecke nicht mehr benötigten Grundschuld zu. Dieser Anspruch kann nach Versteigerung des Grundstücks nicht mehr durch Erteilung einer Löschungsbewilligung befriedigt werden, da diese der Antragstellerin wegen des Verlusts ihres Miteigentums nicht mehr zugute käme, sondern nur noch durch Rückabtretung der Grundschuld an beide Beteiligten gemeinschaftlich (vgl. BGH, FamRZ 1993, 676, Tz. 49). Jeder der Beteiligten kann vom anderen im Rahmen des gemeinschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs (§ 747 S. 2 BGB) die Mitwirkung an der Geltendmachung des vorgenannten Anspruchs gegen die Bank{en) verlangen. Im zweiten Schritt kann jeder der Beteiligten vom anderen die Teilung der durch die Rückabtretung entstandenen Gemeinschaft hinsichtlich der Grundschuld in Natur verlangen. Im dritten Schritt kann sodann aus den entstehenden Teilgrundschulden der Grundstückseigentümer auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen werden (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 25.01.2015, 2 UF 120/14, zitiert nach juris).

Der Auffassung, dass nach Erteilung von Löschungsbewilligungen – wie hier – sei ein Anspruch der Beteiligten gegen die Banken auf Rückabtretung der Grundschulden nicht mehr gegeben, kann nicht gefolgt werden. Wie bereits ausgeführt, sind die Banken aufgrund der Sicherungsabreden verpflichtet, den vertraglichen Sicherungsgebern nach Erlöschen des Sicherungszwecks die Sicherungen zurückzugeben und zwar in einer Weise, die es den Sicherungsgebern ermöglicht, den Wert der Sicherungen zu realisieren. Durch Erteilung von Löschungsbewilligungen wird die Erfüllung der entsprechenden Verbindlichkeit der Kreditinstitute lediglich eingeleitet; stellt sich heraus, dass die Löschung der Grundschuld im Einzelfall – so hier – kein geeignetes Mittel ist, den Sicherungsgebern den Wert der Sicherungen zurückzuerstatten, dann besteht die Verpflichtung der Kreditinstitute, dies in anderer geeigneter Weise (konkret: durch Rückabtretung) zu bewerkstelligen, fort. Eine entsprechende Verpflichtung besteht auch im Innenverhältnis zwischen mehreren Sicherungsgebern; diese Pflicht geht so weit, dass sicherungsgebende Mitdarlehensnehmer untereinander sogar zur Wiedereinräumung bereits tatsächlich erloschener Grundschulden verpflichtet sind (BGH, Urteil vom 19.3.2001, Az. II ZR 277/00, zitiert nach juris). Die bloße Erteilung von Löschungsbewilligungen beseitigt daher erst recht nicht die dreiseitige Verpflichtung aus den Sicherungsabreden auf Rückübertragung der Grundschulden.

Die bloße Entgegennahme von Löschungsbewilligungen durch die Beteiligten stellt auch keine stillschweigende Abrede dar, den Wert der Grundschulden (nur) durch Löschung und nicht in anderer Weise zu realisieren. Löschungsbewilligungen werden von den Banken nach Erlöschen des Sicherungszwecks typischerweise ohne besondere Aufforderung der Sicherungsgeber erstellt und diesen übersandt. Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, hat die bloße Existenz oder die Entgegennahme von Löschungsbewilligungen daher nicht den behaupteten stillschweigenden Erklärungsgehalt (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.).

Es kann letztlich dahinstehen, ob die Herausgabe der Löschungsbewilligung durch Herrn K an die Antragsgegnerin freiwillig erfolgte, oder ob diese Herrn K durch die Antragsgegnerin entwendet wurde, da dies nicht als eine Abtretung der Rückgewähransprüche des Herrn K gedeutet werden kann. Auch nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin soll die Herausgabe der Löschungsbewilligung „als die Erbschaft betreffende Post“ erfolgt sein. Ein rechtsgeschäftlicher Wille der Abtretung des Rückgewähranspruchs oder gar ein Verzicht auf die möglichen Rechte des Mitdarlehensnehmers, der unstreitig die Darlehensforderung zusammen mit der Erblasserin getilgt hat, kann darin nicht gesehen werden. Dies hat zur Folge, dass die Grundschuld zumindest zum Teil als Fremdgrundschuld auch nach dem Zuschlag für die Antragsgegnerin dem Teilungsversteigerungsverfahren bestehen geblieben ist.

Die Ansprüche aus der Löschungsbewilligung hat Herr K unter dem 05.12.2017 an den Antragsteller abgetreten. Der Mitdarlehensnehmer Herr K konnte alleine mittels der Löschungsbewilligung nicht die Löschung im Grundbuch bewerkstelligen, da hierzu die Einwilligung der eingetragenen Eigentümerin bzw. deren Erben nach der erfolgten Eigentumsumschreibung im Grundbuch gemäß § 27 Satz 1 GBO erforderlich war. Die Rückgewähr der Grundschuld an die/den Eigentümer hätte durch ausdrückliche Übertragung, Abtretung der Rechte aus der Grundschuld seitens des Herrn K entweder auf die Erben oder die Ersteherin erfolgen müssen. Eine solche ist ausdrücklich nicht erfolgt bzw. nicht allein aus der Herausgabe der Löschungsbewilligung – sofern man der Darstellung der Beklagten folgen würde – als konkludent erfolgt anzunehmen.

Soweit das Landgericht Mühlhausen in der angefochtenen Entscheidung allein auf die förmliche Einwilligung der nunmehr eingetragenen alleinigen Eigentümerin, der Antragsgegnerin, abgestellt hat, betrifft dies nur die Frage, ob das Grundbuchamt von sich aus die Eintragung unter Verweis auf eine frühere Miteigentümerschaft ablehnen durfte. Nicht hingegen hat sich das Landgericht Mühlhausen mit der Frage beschäftigt, ob die Antragsgegnerin im Innenverhältnis der Erben, sei es aus eigenem, sei es aus abgetretenem Recht dazu berechtigt war, alleine die Löschung der Grundschuld zu beantragen und zu bewilligen. Gerade dies ist, wie oben bereits ausgeführt, nicht der Fall.

Da die Übersendung der Löschungsbewilligung seitens der finanzierenden Bank ausdrücklich gemäß dem Anschreiben vom 07.09.2010 (Anlage ASt.9) nur an Herrn K gerichtet war, wäre es zumindest treuwidrig von der Antragsgegnerin, wenn sie alleine zu ihren eigenen Gunsten von der wie auch immer in ihren Besitz gelangten Löschungsbewilligung Gebrauch machen könne. Zudem stellt das alleinige, ohne Einbeziehung des Miterben, Gebrauchmachen eine schädliche Verfügung eines einzelnen Miterben über den Nachlass, bzw. einzelne Nachlassgegenstände oder Rechte dar, § 2040 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass im Innenverhältnis nur beide Erben gemeinschaftlich oder zusammen mit dem Mitdarlehensnehmer Herrn K zur Verfügung über bestehende Rückgewähransprüche nach Tilgung der der Sicherungsgrundschuld zugrundeliegenden Forderung berechtigt sind.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 27.04.2018 und 07.05.2018 geben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. Abs.2 Nr. 1 ZPO.

Einer Vollstreckbarkeitsentscheidung bedarf es nicht (vgl. Zöller-Vollkommer, 32.Aufl. ZPO, § 929 Rdn. 1 m.w.N.).

Eine Revision ist nicht statthaft, § 542 Abs.2 ZPO.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt und die Entscheidung keinen Auszahlungsanspruch des Antragsstellers zum Gegenstand hat, war es gemäß § 3 ZPO gerechtfertigt einen Abschlag bei der Streitwertfestsetzung vorzunehmen. Der Senat hält daher einen Betrag von 1/3 des Anspruchs, dessen sich der Antragsteller im Rahmen der Erbauseinandersetzung berühmt, mithin vom 19.599,52 EUR für angemessen.

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