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Notarkostenrechnung – Zulässigkeit der Aufrechnung mit Schadenersatzanspruch

LG Bonn – Az.: 6 OH 11/18 – Beschluss vom 02.10.2018

Die Einwendungen der Antragsteller gegen die Kostenrechnungen der Antragsgegner vom 13.02.2016 (UR-Nr. ####/## G, UR-Nr. ###/## G, UR-Nr. ####/## G, UR-Nr. ####/## H) sind unbegründet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Antragsteller unterzeichneten unter dem 10.12.2016 im Notariat der Antragsgegner einen Grundstückskaufvertrag betreffend die im Grundbuch von C – Amtsgericht Königswinter – in Blatt #### unter den lfd. Nr. ##, ##, ## und ## eingetragenen Grundstücke. Die Antragsgegner wurden mit dem auftragsgemäßen Vollzug des Kaufvertrages (u.a. der Anforderung der Löschungsunterlagen, der erforderlichen Erklärungen zur späteren Einstellung und Rücknahme des Zwangsversteigerungsverfahrens, der gemeindlichen Vorkaufsrechtsverzichtserklärung, sowie der Überwachung der Kaufpreisfälligkeit sowie der späteren Eigentumsumschreibung) von den Antragstellern beauftragt.

Die Antragsgegner stellten den Antragstellern mit den im Tenor dieses Beschlusses näher bezeichneten Rechnungen vom 13.02.2018 Kosten von insgesamt 2.567,37 EUR in Rechnung. Wegen der Einzelheiten der abgerechneten Gebühren nebst Auslagen wird auf die korrigierten Rechnungen vom 13.02.2018 (Bl. 52-56 GA) Bezug genommen.

Hiergegen richten sich die Antragsteller und wenden ein, ihnen stünde gegenüber den abgerechneten Kosten ein Schadensersatzanspruch über insgesamt 1.245,62 EUR zu, mit dem gegenüber der Kostenforderung der Antragsgegner die Aufrechnung erklärt wird. Dieser Schadensersatzanspruch beruhe auf den den Antragstellern entstandenen Zusatzkosten bei der Abwicklung des Kaufvertrages, die durch die Antragsgegner vermeidbar gewesen wären. Wegen der Einzelheiten zu den geltend gemachten Schadensersatzansprüchen – die von den Antragsgegnern vollumfänglich bestritten werden – wird auf die Beschwerdeschrift der Antragsteller vom 22.03.2018 (Bl. 1 ff. GA) Bezug genommen.

Sonstige inhaltliche Einwendungen gegen die streitgegenständlichen Kostenrechnungen werden von den Antragstellern nicht erhoben.

Die Kammer hat den Präsidenten des Landgerichts als dienstvorgesetzte Behörde der Notare gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 GNotKG zu dem Antrag angehört. Dieser hat unter dem 20.08.2018 Stellung genommen (Bl. 32-46 GA). Er hat die Kostenrechnungen beanstandet, weil sie in formeller Hinsicht  nicht den Soll-Vorschriften des § 19 Abs. 3 GNotKG entsprechen.

Die Antragsgegner haben daraufhin ihre Kostenrechnungen – ebenfalls das Datum vom 13.02.2018 tragend – korrigiert und mit Schriftsatz vom 14.09.2018 in der geänderten Fassung bei Gericht eingereicht (Bl. 50 ff. GA) und zugleich an die Antragsteller übersandt. Die beiden Parteien wurden abschließend schriftlich angehört.

II.

Der Antrag der Antragsteller vom 22.03.201 ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 127 Abs. 1 GNotKG über die Kostenrechnungen der Antragsgegner vom 13.02.2018 – in der korrigierten Fassung vom selben Datum – ist unbegründet.

a)

Die streitgegenständlichen Rechnung enthalten in ihrer korrigierten Fassung sämtliche Pflichtangaben nach § 19 Abs. 1 und 2 GNotKG und die Sollangaben des § 19 Abs. 3 GNotKG.

Überdies beinhalten sie eine Rechtsbehelfsbelehrung i.S.v. § 7a GNotKG und tragen die Unterschriften der Antragsgegner.

Überdies sind die streitgegenständlichen Rechnungen auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Notarkostenberechnungen selbst und den darin angesetzten Kosten haben die Antragsteller keine konkreten Beanstandungen erhoben.

b)

Die Antragsteller wenden sich gegen die Notarkosten allein mit der von ihnen geltend gemachten Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen (§ 19 BNotO) wegen Pflichtverletzungen, welche die beteiligten Notare  in dieser Eigenschaft nach Auffassung der Antragsteller verursacht haben sollen.

2.

Die Antragsteller sind Kostenschuldner der streitgegenständlichen Rechnung gemäß den §§ 29 Nr. 1 Alt. 1, 32 Abs. 1 GNotKG.

Eine unrichtige Sachbehandlung durch die Antragsgegner, die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG zu einer Nichterhebbarkeit von Kosten führen könnte, ist hier – auch nach dem Vorbringen der Antragsteller – nicht ersichtlich.

Die Antragsteller können dem Honoraranspruch des Antragsgegners auch nicht im Wege der Aufrechnung nach § 389 BGB einen etwaigen Schadenersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 BNotO entgegenhalten.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Rechtsprechung zu § 156 KostO eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen auf Grund von Amtspflichtverletzungen jedenfalls dann für möglich erachtet hat, wenn diese den Kostenanspruch unmittelbar betrafen oder aus typischen mit der Notartätigkeit zusammenhängenden Tatbeständen erwuchsen. Ob die Pflichtwidrigkeit des Notars in einer unrichtigen Sachbehandlung oder in einem sonstigen der Beurkundungstätigkeit vorgehenden pflichtwidrigen Verhalten des Notars lag, sollte insofern unbeachtlich sein (BayObLG MittBayNot 1979, 89; OLG Hamm DNotZ 1979, 57; OLG Düsseldorf DNotZ 1976, 251). Die im Schrifttum vorherrschende Auffassung möchte diese Grundsätze auch auf Verfahren nach § 127 Abs. 1 GNotKG übertragen (Sikora in: Korintenberg, GNotKG, 20. Auflage 2017, § 127 Rn. 36; Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2. Auflage 2016, § 127 Rn. 19; Wudy in: Leipziger Kommentar zum GNotKG, 1. Auflage 2013, § 21 Rn. 25).

Dem vermag die Kammer jedoch nicht uneingeschränkt beizutreten. Ein Schadenersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 BNotO stellt sich nämlich seit dem Inkrafttreten von § 17a Abs. 6 GVG zum 01.09.2009 gegenüber dem Notarkostenverfahren nach § 127 Abs. 1 GNotKG als rechtswegfremde Forderung dar. Während für die klageweise Geltendmachung des genannten Schadensersatzanspruches das Landgericht als streitiges Zivilgericht ausschließlich zuständig wäre (§§ 19 Abs. 3 BNotO, 71 Abs. 1 GVG), wird das Landgericht im Notarkostenverfahren als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG). Gemäß § 17a Abs. 6 GVG besteht daher eine Zuständigkeit des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit für zivilrechtliche – also rechtswegfremde – Forderungen nur noch, wenn diese unbestritten sind (Greger in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 145 Rn. 19a; Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Auflage 2018, § 388 Rn. 5). Dies ist auch sachgerecht und vermeidet die Inkonsequenz der bislang herrschenden Ansicht, die trotz der §§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, 26 FamFG in Bezug auf die Aufrechnungsforderung von der Geltung des Beibringungsgrundsatzes ausgehen möchte (LG Kleve, Beschluss vom 25.08.2014, 4 OH 2/14).

Die erkennende Kammer folgt insoweit auch der Rechtsprechung des Landgerichts Lübeck aus dessen Entscheidung vom 20.09.2016 (7 OH 18/14, JurBüro 2017, 27 ff.), in der unter anderem ausgeführt wird:

„…Jedoch können die Antragsteller der Notarkostenberechnung nicht die von ihnen erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen entgegenhalten.

Eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen (§ 19 BNotO) kann im Verfahren auf Überprüfung der Kostenberechnung nach § 127 GNotKG nur dann berücksichtigt werden, wenn die aufgerechnete Forderung zwischen den Beteiligten unstreitig oder rechtskräftig festgestellt ist (vgl. grundsätzlich zur Aufrechnung mit rechtsweg- oder spruchkörperfremden Forderungen: Grüneberg in: Palandt, 75. Aufl. (2016), § 388 BGB, Rn. 5; Bamberger/Roth, Beck’scher Onlinekommentar, 40. Edition (Stand: 01.08.2016, § 388 BGB, Rn. 14; Greger in: Zöller, 31. Aufl. (2016), § 145 ZPO, Rn. 19b). Ist die Gegenforderung, mit der aufgerechnet werden soll, dagegen streitig, hindert die Unzulässigkeit des Rechtswegs nach Sinn und Zweck der Rechtswegaufteilung (Sachnähe, Fachkompetenz und unterschiedliche Verfahrensordnungen) eine Prüfung und Entscheidung über die Gegenforderung (Greger in: Zöller, 31. Aufl. (2016), § 145 ZPO, Rn. 19b). Dies gilt gleichermaßen für die unzulässige Inanspruchnahme eines Spruchkörpers der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt der streitigen Zivilgerichtsbarkeit. Spätestens seit dem zum 01.09.2009 in Kraft getretenen FGG-Reformgesetz (BGBl. 2008 I, S. 2586) stehen sich nämlich die streitige Zivilgerichtsbarkeit und die freiwillige Gerichtsbarkeit wie fremde Rechtswege gegenüber, obgleich beide Gerichtsbarkeiten Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind. Denn der durch das FGG-Reformgesetz eingeführte Abs. 6 von § 17a GVG ordnet an, dass die Vorschriften über den Rechtsweg (§ 17a Abs. 1-5 GVG) für die Spruchkörper der streitigen Zivilgerichtsbarkeit und der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend zu gelten haben.

Neben der offenbaren Unvereinbarkeit von Amtsermittlungs- und Dispositionsgrundsatz würde die Anwendbarkeit unterschiedlicher Verfahrensordnungen den in ihnen jeweils vorgesehenen Interessenausgleich der Beteiligten gefährden (OLG Frankfurt NJW 2015, 2672). Die ZPO ermöglicht den Parteien grundsätzlich, Aufrechnungsansprüche in den Rechtsstreit einzuführen, im Gegenzug kann das Gericht einer dadurch drohenden Verfahrensverzögerung durch ein Vorbehaltsurteil nach § 302 ZPO oder ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO begegnen (OLG Frankfurt NJW 2015, 2672). Im Verfahren nach §§ 127 ff. GNotKG in Verbindung mit den ergänzend heranzuziehenden Vorschriften des FamFG kann auf diese Entscheidungsformen (§§ 301, 302 ZPO) nicht zurückgegriffen werden, da sie im FamFG nicht ausdrücklich vorgesehen sind (OLG Frankfurt NJW 2015, 2672). Insofern bleibt einem Gericht im Verfahren nach § 127 GNotKG lediglich die Möglichkeit, durch Beschluss über den Antrag auf Überprüfung der Notarkostenberechnung zu entscheiden und in den Gründen des Beschlusses die Unzulässigkeit der Aufrechnung festzustellen, ohne dass über die Gegenforderung selbst (inhaltlich) eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht. Ein Antragsteller wird durch die Nichtberücksichtigung der Aufrechnung nicht schutzlos gestellt. Insoweit bleiben ihm die Möglichkeiten, entweder eine Klage auf Zahlung von Schadensersatz zu erheben oder eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die (vollstreckbare) Notarkostenberechnung zu richten.

Zwar sieht die Kommentarliteratur zu den Vorschriften des GNotKG eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung notarieller Pflichten im Verfahren auf Überprüfung nach § 127 GNotKG als zulässig an (so etwa: Sikora in: Korintenberg, 19. Aufl. (2015), § 127 GNotKG, Rn. 36; Heinemann in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 1. Aufl. (2014), § 127 GNotKG, Rn. 64; Schmidt-Räntsch in: Dörndorfer/Neie/Petzold/Wendtland, Beck’scher Onlinekommentar, 14. Edition (Stand: 15.11.2015), § 127 GNotKG, Rn. 25; Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, 2. Aufl. (2016), § 127 GNotKG, Rn. 19; Wudy in: Leipziger Kommentar, 1. Aufl. (2013), § 21 GNotKG, Rn. 25). Jedoch befasst sich diese Kommentarliteratur nicht näher mit den Folgen des FGG-Reformgesetzes. Die Kammer schließt sich aus den oben genannten Gründen der gegenteiligen Meinung (so etwa LG Kleve BeckRS 2014, 20012) an.

Die Voraussetzungen für die Unzulässigkeit und Nichtberücksichtigung der Aufrechnung liegen vor. Bei der von den Antragstellern geltend gemachten Gegenforderung, die sie im Wege der Aufrechnung den Notarkosten entgegengehalten haben, handelt sich um die Aufrechnung mit einer als rechtswegfremd zu behandelnden (genauer: spruchkörperfremden) Forderung. Für die klageweise Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegen einen Notar wäre das Landgericht als Zivilgericht für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ausschließlich zuständig (vgl. § 19 Abs. 3 BNotO, §§ 13, 71 Abs. 1 GVG). Das Verfahren richtet sich nach der ZPO. Es gilt die Dispositionsmaxime. Hingegen ist das Landgericht für das Verfahren auf Überprüfung der Notarkostenberechnung (§ 127 GNotKG) wie ein Gericht für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig (vgl. § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG). Das Verfahren richtet sich nach dem FamFG. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. …“

Weil die in Rede stehende Schadenersatzforderungen der Antragsteller hier nicht unstreitig ist (vgl. u.a. Bl. 25 GA), kommt demnach eine Aufrechnung vorliegend nicht in Betracht.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren vor dem Landgericht ist gebührenfrei. Für die gerichtlichen Auslagen haftet der Antragsteller nach § 22 Abs. 1 GNotKG, ohne dass es eines gesonderten Ausspruchs bedarf. Seine außergerichtlichen Auslagen trägt im Kostenprüfungsverfahren jeder Beteiligte grundsätzlich selbst.

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