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WEG – Versagung der Zustimmung des Verwalters zur Wohnungsveräußerung

LG Itzehoe – Az.: 11 S 20/11 – Urteil vom 16.08.2011

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 8.600,00 € festgesetzt.

Gründe

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft O. in P. dazu verpflichtet war, die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums des Klägers an die Erwerber T. und A. zu erteilen. Auf die zutreffenden Erwägungen des amtsgerichtlichen Urteils wird in erster Linie verwiesen.

Ist in der Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend § 12 Abs. 1 WEG vereinbart, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung eine Zustimmung benötigt, darf diese nach § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Da jeder Eigentümer einer Sache grundsätzlich „nach Belieben“ (§ 903 Satz 1 BGB, § 10 Abs. 1 WEG i. V. m. § 747 BGB) mit seinem Eigentum verfahren kann, ist die Regelung des § 12 WEG als Ausnahme von der Verbotsvorschrift des § 137 Satz 1 BGB eng auszulegen. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne der vorgenannten Vorschrift, aufgrund dessen die schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer durch die Veräußerung des Wohnungseigentums konkret unzumutbar gefährdet würden, ist weder aufgrund von einzelnen erwiesenen Vorkommnissen und Umständen noch aufgrund einer Gesamtschau anzunehmen.

Als Gründe für eine Zustimmungsverweigerung kommen lediglich solche in Betracht, die ihre Ursache in der Person oder im Umfeld des Erwerbers haben und zudem schwerwiegend und nachhaltig sind. Unzuträglichkeiten, persönliche Spannungen oder Vorkommnisse, wie sie in jedem Gemeinschafts- und Nachbarschaftsverhältnis immer wieder einmal auftreten können, sind nicht ausreichend. Denn ein Eingriff in die Eigentumsrechte des Veräußerungswilligen durch Verweigerung der Zustimmung rechtfertigt sich nur, wenn umgekehrt die Zustimmung zur Veräußerung einen nicht weniger erheblichen Eingriff in die Eigentumsrechte des Zustimmungsverweigernden darstellen würde (OLG Zweibrücken ZWE 2006, 46 f.; OLG Frankfurt NZM 2006, 380 f.).

Ein wichtiger Grund kann die mangelnde Sicherheit der Erfüllung der Beitragspflichten und der Finanzierungsverpflichtungen durch den Erwerber sein. Anhaltspunkte dafür können z.B. die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, eine nicht nur vorübergehende Mittellosigkeit oder die Zahlungsunfähigkeit bereits als Mieter sein.

Vorliegend schließt der Beklagte allein aus der Verweigerung der Erteilung einer Selbstauskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Raten in dem Verfahren vor dem AG Pinneberg zu dem Az.: 60 C 30/10 (LG Itzehoe Az.: 11 S 65/10) auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Erwerbers.

Dem Beklagten, der den Erwerber zur Erteilung einer Selbstauskunft aufgefordert hatte, steht diesem gegenüber jedoch kein solcher Anspruch zu, lediglich der Veräußerer war ggfls. dazu verpflichtet, auf den Erwerber einzuwirken, eine entsprechende Selbstauskunft vorzulegen.

Die Gefahr, der Erwerber könne seine finanziellen Verpflichtungen innerhalb der Gemeinschaft nicht erfüllen ist auch vor dem Hintergrund zu verneinen, dass sich der Kaufpreis für die Wohnung auf lediglich 43.000,00 € belief und es keine unmittelbar anstehenden kostenintensiven Sanierungsmaßnahmen der Gemeinschaft gibt, die von dem Erwerber zusätzlich zu finanzieren sein werden.. Der bisher nicht umgesetzte Beschluss vom 08.11.2003 (Bl. 266 d. A.:“Es wurde beschlossen das Dach zu erneuern. Einigung erzielte die Firma H. GmbH. Im kommenden Jahr werden endgültige Verhandlungen mit der Firma geführt werden.“), kann nicht als Grundlage für eine bei Beschlussfassung weder genau konkretisierte noch bezifferte Baumaßnahme erst 8-9 Jahre später dienen. Die im Jahr 2010 eingeholten Angebote (Anlage B 15, Bl. 267 ff.) über Dachsanierungskosten in Höhe von rund 23.000,00 €, lagen der Beschlussfassung im Jahre 2003 nicht zugrunde.

Des Weiteren liegen nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dem Erwerber fehle die Bereitschaft, sich in die Hausgemeinschaft einzufügen.

Der hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes beweisbelastete Beklagte hat nicht substantiiert dazu vorgetragen, wann trotz erfolgter „Abmahnung“ Einkaufswagen des Supermarktes vor dem Haus stehen gelassen und Kinderwagen im Treppenhaus abgestellt wurden. Entsprechendes gilt hinsichtlich der behaupteten vorsätzlichen Einleitung von Essensdämpfen in das Treppenhaus.

Nicht zulässig war zwar der ungenehmigte Einbau der Abluftführung des Wrasenabzuges über einen Schornsteinzug des Hauses. Denn das Aufbrechen des Schornsteinzuges stellt eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar, welche der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedurft hätte. Eine solche lag nicht vor. Allerdings erscheint der Vortrag des Beklagten, die Essensgerüche aus der Wohnung des Erwerbers seinen auf diesem Wege in seine Wohnung geleitet worden, da es sich um denselben Schornsteinzug handele, an den auch sein offener Kamin angeschlossen sei, nicht schlüssig. Nach der schriftlichen Stellungnahme des Schornsteinfegers B. (Bl. 277 d.A.) diente der von dem Erwerber genutzte Schornsteinzug nicht als Abzug für Kamine und Heizungsanlagen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das Loch inzwischen wieder verschlossen wurde und der Wrasenabzug nunmehr mit Umluft betrieben wird.

Auch die von den Wohnungseigentümern nicht genehmigte Installation einer Parabolantenne an der hinteren Fassade des Gebäudes (siehe dazu das Verfahren vor dem AG Pinneberg zu dem Az.: 60 C 30/10; LG Itzehoe Az.: 11 S 65/10) stellt eine nicht genehmigte bauliche Veränderung dar, reicht aber nicht für das Vorliegen eines wichtigen Grundes.

Hinsichtlich der behaupteten Lärmbelästigungen durch Geräusche, die über das übliche Wohnverhalten einer Familie mit 2 kleinen Kindern hinaus gehen, ist die Kammer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellung des Amtsgerichts gebunden, wonach solche nicht festzustellen seien. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Gleiches gilt für den Ablauf des Vorfalls vom 09.02.2010. Nach den bindenden Feststellungen des Amtsgerichts hat erst die Zeugin K. die Zeugin A. beschimpft, dann hat anschließend der Zeuge T. den Beklagten beschimpft und gegen dessen Tür geschlagen, wobei nicht als erwiesen anzusehen sei, dass die Beschädigungen an der Tür allein durch das Treten des Zeugen T. entstanden seien. Derartige Auseinandersetzungen, für die zumindest nicht allein die Familie des Erwerbers verantwortlich ist, können einen Versagungsgrund nicht rechtfertigen.

Auch die Behauptung des Beklagten, der Erwerber verweigere die Installation von Rauchwarnmeldern in der Wohnung des Klägers, kann einen Versagungsgrund nicht begründen. Rauchwarnmelder dienen zum einen in erster Linie dem Schutz der Nutzer einer Wohnung, damit diese nicht durch das Einatmen von Kohlenmonoxid – insbesondere im Schlaf – ersticken können. Zum anderen obliegt die nach § 49 Abs. 4 LBO S-H bestehende Nachrüstungspflicht bezüglich der Installation von Rauchwarnmeldern in bestehenden Wohnraum, den jeweiligen Eigentümern der Wohnungen. Verpflichtet war mithin der Kläger, nicht der Erwerber, der nicht als Eigentümer eingetragen ist/war, die ihm obliegende Verpflichtung bei einer etwaigen Weigerung des Erwerbers diesem gegenüber durchsetzen.

Die bisher nicht erfolgte Kostenübernahme für Schäden, welche die Erwerber bei deren Einzug im Dezember 2009 im Treppenhaus verursacht haben sollen, stellt keinen Versagungsgrund dar (zu Nichtvornahme bestimmter Reparaturarbeiten: Bärmann – Klein, WEG, 11. Aufl., § 12 Rn 40 – m.w.N.), zumal die Ursache hierfür offenbar in Problemen bei der Kommunikation und in der Abwicklung mit der Haftpflichtversicherung lag.

Ein Versagungsgrund ergibt sich auch nicht unter Hinzuziehung des behaupteten Vorfalls vom 17.06.2011, bei dem die Erwerber beleidigende Gesten gegenüber dem Beklagten und dessen Ehefrau gezeigt haben sollen. Ein solches Verhalten, legt man es als wahr zugrunde, wäre keinesfalls akzeptabel, stellt aber auch in einer Gesamtschau mit den vorgenannten Umständen keinen wichtigen Grund im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG dar.

Schließlich steht der unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 30.04.2010 gefasste Beschluss (siehe dazu das Verfahren AG Pinneberg, Az.: 60 C 293/09; LG Itzehoe, Az.: 11 S 60/10), wonach die Familie T. als Eigentümer und Mieter abgelehnt wird, der begehrten Zustimmung nicht entgegen. Denn zustimmungsberechtigt ist nach den Regelungen der vorliegenden Teilungserklärung allein der Verwalter. Die Wohnungseigentümer sind diesem gegenüber zwar weisungsberechtigt, der insoweit gefasste Beschluss hat jedoch keine Wirkungen im „Außenverhältnis“ zwischen dem Verwalter und dem Veräußerer, da die Wohnungseigentümer nicht primär zuständig sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

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