Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 7 W 17/20 – Beschluss vom 30.03.2020
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Gründe
I.
Die Antragsteller, ein Ehepaar, wandten sich an den Antragsgegner, um Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten beurkunden zu lassen. Sie fragten mehrmals nach den Kosten, die entstehen würden, und erhielten stets die Antwort, dies könne noch nicht genau angegeben werden.
Der Antragsgegner übersandte den Antragstellern Entwürfe, nach denen die Erklärungen beurkundet wurden.
Die Antragsteller zahlten die Hälfte der vom Antragsgegner berechneten Gebühren und wenden sich mit ihren Anträgen, die das Landgericht zurückgewiesen hat, und mit ihren Beschwerden gegen alle vier Gebührenrechnungen.
Sie beanstanden, der Antragsgegner hätte ihre wiederholten Fragen nach der Höhe der Kosten mit größerer Sorgfalt und genaueren Angaben beantworten müssen. Hätten sie die schließlich berechnete Höhe der Kosten gekannt, hätten sie die Erklärungen nicht beurkunden lassen. Der Antragsgegner hätte sie zudem darauf hinweisen müssen, dass die Patientenverfügungen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Beurkundung bedurft hätten. Die Vollmachten hätte er, da sie wechselseitige Bevollmächtigungen gewollt hätten, in einer Urkunde beurkunden müssen, um geringere Kosten entstehen zu lassen.
Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Beschwerden sind unbegründet.
Die Antragsteller schulden dem Antragsgegner die berechneten Kosten. Sie können nicht einwenden, der Antragsgegner habe sie unzureichend beraten oder habe eine unzweckmäßige Gestaltung der Beurkundungen ohne Rücksicht auf die Höhe der Kosten gewählt.
Den Antragstellern ist grundsätzlich zuzugestehen, dass ein Notar sorgfältig darauf achten muss, ob in den Erklärungen oder im Verhalten der um eine Amtstätigkeit Ansuchenden etwas dafür spricht, dass die Höhe der Kosten eine Rolle spielen könnte für die Entscheidung, ob zur Sprache gebrachte Beurkundungen vorgenommen werden sollen oder nicht. Hält man einen Schadensersatzanspruch (§§ 19 I BNotO, 249 I BGB) für gegeben, so sind die Beteiligten so zu stellen, als hätten sie Aufträge nicht erteilt, die der Notar ausführt, obwohl er hätte erkennen müssen, dass seine Auftraggeber sie von einer genauen Kenntnis über die Höhe der entstehenden Kosten abhängen lassen wollten. Hält man die unterlassene Nachfrage, ob die Höhe der Kosten entscheidend sein soll, oder den unterlassenen Hinweis, die Amtstätigkeit werde Kosten in bestimmter Höhe entstehen lassen, für eine unrichtige Sachbehandlung, so führt § 21 I 1 GNotKG zum gleichen Ergebnis: Der Notar kann Gebühren verlangen, als hätten die Auftraggeber erst nach einer zuverlässigen Voraussage über die entstehenden (weiteren) Kosten entschieden, ob der Notar seine Amtstätigkeit beginnen oder fortführen sollte.
Die Antragsteller haben die von ihnen in Auftrag gegebenen Beurkundungen nicht in dieser Weise von einer Vorausberechnung der entstehenden Notarkosten abhängen lassen. Selbst wenn sie vor dem Erstellen der Entwürfe und nochmals vor der Beurkundung nach den voraussichtlichen Kosten gefragt haben, so haben sie doch die weitere Tätigkeit des Notars nicht von einer zuverlässigen Antwort auf ihre Fragen abhängen lassen. Es mag zutreffen, dass der Antragsgegner sich zuvorkommender hätte verhalten können, indem er die erforderlichen Angaben zur Wertbemessung verbindlich nachfragt, um die voraussichtlichen Kosten genau vorausberechnen und mitteilen zu können. Aber die Antragsteller haben es ihrerseits an einer deutlichen Erklärung fehlen lassen, ob und wie bedeutsam ihnen eine genaue Auskunft gewesen sein könnte. Sie haben Entwürfe erstellen lassen, einen Beurkundungstermin vereinbart und schließlich ihre Erklärungen beurkunden lassen, ohne diesen Fortgang der Amtstätigkeit des Notars in irgendeinem Stadium aufzuhalten und davon abhängen zu lassen, dass ihnen zuvor die Frage nach den Kosten genau beantwortet werde. Dass die Antragsteller dabei besonders schutzbedürftig gewesen wären, ist nicht zu erkennen. Weder bestand besonderer Zeitdruck, noch waren sie sonstwie auf die Beurkundungstätigkeit des Antragsgegners angewiesen. Dass es ihnen an Durchsetzungsvermögen gegenüber dem Antragsgegner gefehlt hätte, um auf die Bedeutung ihrer Frage nach den Kosten deutlich hinzuweisen, kann nicht angenommen werden. Es fehlte ihnen schließlich auch nicht an der nötigen Resolutheit, um die Zahlung auf die übersandten Kostenrechnungen zu verweigern.
Eine unrichtige Sachbehandlung kann dem Antragsgegner auch nicht in bezug auf Art und Umfang der von ihm vorgeschlagenen und vorgenommenen Beurkundungen vorgeworfen werden. Der Notar muss nicht in jedem Falle darauf hinweisen, dass eine Erklärung nicht der Beurkundung bedarf. Die Beurkundung dient nicht allein dazu, eine Erklärung vor der Nichtigkeit wegen Formmangels zu bewahren. Nur wenn ein weiterer Vorteil der beurkundeten gegenüber der formfreien Erklärung fernliegt, weil es sich um eine Erklärung einfachster Art handelt, die rechtlich, persönlich und wirtschaftlich für die Beteiligten erkennbar nur geringste Bedeutung haben wird, könnte der Notar verpflichtet sein, auf die Entbehrlichkeit einer kostenträchtigen Amtstätigkeit hinzuweisen. Aber so verhält es sich bei der Beurkundung einer auch formfrei gültigen Patientenverfügung nicht. Die notarielle Beurkundung kann hier die ihr allgemein zukommenden Vorteile für den Erklärenden entfalten: Die Verfügung wird in Inhalt und Umfang sicher verständlich formuliert, nämlich durch Verwendung der in den fachkundigen Kreisen der Juristen und Ärzte geläufigen Begriffe. Die Urheberschaft der Erklärung ist durch die Identitätsprüfung und Beurkundung gesichert, auch wenn die Erklärung schließlich gegenüber einem Dritten abzugeben ist, dem der Erklärende bis dahin unbekannt gewesen ist und der sich keine andere Gewissheit mehr darüber verschaffen kann, wie die Erklärung zustandegekommen ist.
Schließlich hat der Antragsgegner mit der Aufnahme der Vollmachtserklärungen der Antragsteller in zwei gesonderte Urkunden eine zweckmäßige Gestaltung gewählt, deren Vorteile den Nachteil geringfügig höherer Kosten aufwiegen, die im Vergleich zur Aufnahme in eine einzige Urkunde entstanden sind. Die getrennte Beurkundung bewahrt den Vollmachtgebern weitestgehende Dispositionsfreiheit bei der Verwendung und bei der Änderung oder dem ersatzlosen Widerruf der Vollmachten. Irgendwelche gegenseitigen Bindungen, auf die aus der gemeinsamen Aufnahme in eine Urkunde geschlossen werden könnte, bestehen nun zweifelsfrei nicht, und keiner der Antragsteller braucht sich wegen der Aufnahme in nur eine Urkunde zur Rücksichtnahme bei der Verwendung oder Abänderung seiner Vollmacht verpflichtet zu fühlen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 130 III GNotKG, 84 FamFG. Einer Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren (§§ 130 III GNotKG, 55 II FamGKG) bedarf es nicht, weil die Gebühren für das Beschwerdeverfahren nicht nach einem Wert berechnet werden.