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Löschung Vorkaufsrecht – Auslegung Eintragungsbewilligung

OLG München – Az.: 34 Wx 251/16 – Beschluss vom 28.05.2018

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.

2. Der Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und den Beteiligten zu 2 und 3 die insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten zu ersetzen.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 430.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1 ist als Eigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.

Im Jahr 1970 hatte der frühere Eigentümer H. einen damals noch zu vermessenden Teil des Stammgrundstücks an die Beteiligten zu 2 und 3 veräußert und aufgelassen. Im Kaufvertrag vom 20.3.1970 ist auf Seite 11 unter XI. vereinbart:

Der Verkäufer räumt den Erwerbern und ihren Rechtsnachfolgern mit Wirkung für sich und seinen Erben/das dingliche Vorkaufsrecht hinsichtlich der nichtverkauften Teilflächen des Grundstücks … ein.

Das Vorkaufsrecht erstreckt sich auf den ersten und alle späteren Vorkaufsfälle, und zwar auch auf solche, die mit Rücksicht auf ein späteres gesetzliches Erbrecht erfolgen. …

Der Verkäufer bewilligt und beantragt die Eintragung dieses Vorkaufsrechts in das Grundbuch der bezeichneten Grundstücke.

Die Parteien treffen ferner folgende, nur zwischen ihnen und ihren Erben persönlich verbindliche, zur Eintragung in das Grundbuch nicht bestimmte Vereinbarung:

Die Erklärung, durch die das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, hat schriftlich durch Einschreibebrief zu erfolgen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts muss binnen einer Frist von sechs Wochen, gerechnet nach Empfang der Mitteilung, von dem geschlossenen Kaufvertrag erfolgen. Als Mitteilung gilt die Übermittlung einer beglaubigten Abschrift des geschlossenen Vertrages.

Die Eintragung im Grundbuch soll erst gelegentlich des Vollzugs der Auflassung erfolgen.

Links neben der dritten Zeile des ersten Absatzes (= 11. Zeile von unten), nämlich hinter „seinen Erben“ ist ein „/“ eingefügt und am Rand vermerkt: „richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes“. Darüber befinden sich gestempelt die Worte: „Einschaltung am Ende genehmigt“.

Unter Ziff. XVII. (vorletzte Seite der Urkunde) befindet sich folgende Erklärung:

Folgende Korrekturen werden genehmigt:

Auf Seite 11 in Zeile 11 von unten ist eingeschaltet: „richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes“

Das Vorkaufsrecht wurde am 29.12.1971 im Grundbuch des belasteten Restgrundstücks in Abteilung II unter lfd. Nr. 5 mit folgendem Wortlaut eingetragen: „für alle Verkaufsfälle für die jeweiligen Eigentümer der FlNr. … . GeM Bewilligung voM 20. März 1970 …“.

Diesen Grundbesitz hat der Beteiligte zu 1 von der Erbin des vormaligen Eigentümers H. gekauft und aufgelassen erhalten.

Mit notarieller Urkunde vom 14.8.2014 stellte er Löschungsantrag wie folgt:

2. Zu löschendes Recht

Dieser Grundbesitz ist in Abteilung II lfd. Nr. 6 mit einem Vorkaufsrecht gemäß der Eintragung „für alle Verkaufsfälle für den jeweiligen Eigentümer der Fl.Nr. …“ belastet. …

3. Löschungsgrund

Gemäß der vorgenannten Bewilligungsurkunde wurde das Vorkaufsrecht seinerzeit vom vorkaufsrechtsbestellenden Verkäufer an der seinerzeitigen nicht verkauften Restfläche für die seinerzeitigen Erwerber einer Teilfläche bestellt, und zwar mit Wirkung für sich und seinen Erben.

Der jetzige Eigentümer … (Beteiligter zu 1) gehört nicht zu dem Kreis der Personen, gegen die das Vorkaufsrecht nach dem Wortlaut der Bewilligung wirkt. Er ist weder der seinerzeitige Verkäufer noch sein Erbe oder Erbeserbe. Er gehört auch nicht zum Kreis potentieller gesetzlicher Erben des ursprünglichen Verkäufers und seiner Erben. Es gibt somit endgültig keinen Eigentümer des belasteten Grundstücks mehr, gegen den das Vorkaufsrecht noch wirken könnte. Es ist deswegen gegenstandslos zu löschen. Der Weiterbestand des Rechts macht das Grundbuch unrichtig.

Das Grundbuchamt hat wegen Bedenken zunächst rechtliches Gehör gewährt und mit Beschluss vom 5.8.2015 den Antrag zurückgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, ob der Wortlaut „richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes“ nicht auch eine Erweiterung des Personenkreises bedeutet, gegen den das Vorkaufsrecht gelten soll. Mit „dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes“ könne auch der Eigentümer der nichtverkauften Teilfläche gemeint sein. Eine Grundbuchunrichtigkeit sei dann nicht gegeben. Mangels Löschungsbewilligung sei der Antrag zurückzuweisen.

Dagegen wendet sich die Beschwerdeschrift vom 30.6.2016, mit der der Beteiligte zu 1 vorsorglich seinen Antrag neu stellt. Der Einschub korrigiere die ursprüngliche Formulierung hinsichtlich der Benennung der Berechtigten, denen das Vorkaufsrecht eingeräumt sei. Diese Formulierung deute auf ein subjektiv dingliches Vorkaufsrecht hin. Nicht korrigiert werden sollte der Kreis der Verpflichteten. Korrekt und inhaltlich sinnvoll sei, dass das Vorkaufsrecht gegenüber dem bestellenden Veräußerer und seinem Erben geltend gemacht werden könne, nicht aber gegenüber anderen Eigentümern des belasteten Grundstücks, welche nicht der Veräußerer oder sein Erbe seien. Auch in diesem Fall sei mehr als ein Verkaufsfall möglich, nämlich z.B. zunächst vom Veräußerer an seinen Erben und dann von diesem an einen weiteren Erben. Nicht hingegen sei damit der Kreis der Verpflichteten gemeint gewesen. Andernfalls hätten nicht der Dativ und nicht das Wort „Kaufgrundbesitz“ verwendet werden dürfen. Wäre allerdings die Ansicht des Grundbuchamts richtig, so wären Berechtigte mangels diesbezüglicher Korrektur die Erwerber und ihre Rechtsnachfolger (subjektiv persönliches Vorkaufsrecht); ein subjektiv dingliches Vorkaufsrecht wäre nicht bestellt und nicht bewilligt; die Grundbucheintragung wäre somit falsch. Das bewilligte Recht wäre nicht eingetragen, das eingetragene nicht bewilligt. In beiden Fällen wäre das Grundbuch antragsgemäß durch Löschung zu berichtigen. Im besten Fall müsse die ganze Bewilligung als in sich widersprüchlich angesehen werden, so dass ein Vorkaufsrecht mit der geforderten sachenrechtlichen Mindestbestimmtheit nicht gegeben und daher ebenfalls zu löschen wäre.

Das Amtsgericht – Grundbuchamt – hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Senat hat den Beteiligten zu 2 und 3 rechtliches Gehör gewährt, die sich gegen die beantragte Berichtigung wenden. Die Einschaltung ersetze die Passage „den Erwerbern und ihren Rechtsnachfolgern mit Wirkung für sich und seinen Erben“. Zutreffend sei das Vorkaufsrecht im Grundbuch für alle Vorkaufsfälle „für die jeweiligen Eigentümer FlSt Nr. …“ eingetragen. Die berichtigende Einschaltung habe der Klarstellung gedient, dass Berechtigter der jeweilige Eigentümer des Kaufgrundstücks sein sollte, und auf Seiten des Belasteten, dass das Vorkaufsrecht für alle späteren Vorkaufsfälle gelten sollte. Die Einschaltung habe nämlich einen ursprünglichen Widerspruch im Bewilligungstext beseitigt, da das Vorkaufsrecht nicht nur für den ersten, sondern für jeden Fall des Verkaufs des belasteten Grundstücks gelten sollte, wie im zweiten Absatz der Bewilligung vorgesehen. Ohne die Berichtigung hätte es jedoch im Widerspruch hierzu gestanden, wenn die Passage „mit Wirkung für sich und seinen Erben“ den Kreis der Verpflichteten eingegrenzt hätte und es somit nur einen einzigen Vorkaufsfall hätte geben können.

Der Senat hat die Grundakten des im Eigentum der Beteiligten zu 2 und 3 stehenden (berechtigten) Grundstücks beigezogen.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Allerdings bedarf das Begehren des Beteiligten zu 1 zunächst der Auslegung. Dem Wortlaut nach macht der Beteiligte zu 1 mit dem in der Beschwerdeinstanz erneut gestellten Antrag geltend, der beanstandete Grundbucheintrag sei gegenstandslos geworden (§ 84 GBO). Dennoch legt der Senat das Beschwerdeziel so aus, dass in der Sache ein Antrag auf Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO) weiterverfolgt wird. Denn ersichtlich hat das Grundbuchamt ein Verfahren nach §§ 84 ff. GBO, das grundsätzlich im Ermessen steht, nicht durchgeführt (§ 85 Abs. 2 Halbsatz 1 GBO), sondern den ursprünglichen „Antrag“ auf Löschung des Vorkaufsrechts wegen Gegenstandslosigkeit zulässigerweise als Antrag auf Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO behandelt.

Gegen die im Berichtigungsverfahren ergangene Antragszurückweisung ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO die unbeschränkte Beschwerde insoweit statthaft, als mit ihr die nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs geltend gemacht wird. Soweit sich die Beschwerde auf anfängliche Unrichtigkeit wegen Widersprüchlichkeit oder unzulässigen Inhalts der Eintragung stützt, ist sie jedenfalls mit dem Ziel der Amtslöschung nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 2, § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO statthaft (zum Ganzen: Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 150 bis 153).

Auch im Übrigen ist das Rechtsmittel zulässig eingelegt (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO).

2. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Voraussetzungen für eine Grundbuchberichtigung (§ 22 Abs. 1 GBO) nicht vorliegen, die Eintragung nicht inhaltlich unzulässig ist (§ 53 Abs. 1 Satz 2) und auch die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) nicht gegeben sind.

a) Gemäß § 19 GBO erfolgt eine Eintragung – auch eine Löschung ist eine Eintragung (Demharter GBO 30. Aufl. § 19 Rn. 3) -, wenn der von der Eintragung Betroffene sie bewilligt. Betroffen von einer Eintragung und damit bewilligungsberechtigt ist derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Eintragung rechtlich beeinträchtigt wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt wird (BGH FGPrax 2010, 223 mwN). Danach müssen die Beteiligten zu 2 und 3 als Eigentümer des berechtigten Grundstücks die Löschung des Rechts bewilligen. Sie haben jedoch keine Löschungsbewilligung erteilt.

Liegt eine Bewilligung nicht vor, so ist eine Grundbuchberichtigung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nur möglich, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen ist. Dies setzt voraus, dass das Grundbuch mit der wirklichen Rechtslage nicht in Einklang steht (Demharter § 22 Rn. 4). An den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen, weil damit eine Grundbucheintragung ohne Beteiligung des Betroffenen ermöglicht wird und das Grundbuchverfahren zur Klärung von streitigen Tatsachen weder geeignet noch bestimmt ist (BGH FGPrax 2016, 99). Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller hat vielmehr alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der Eintragung entgehen stehen könnten (BGH FGPrax 2016, 99; BayObLG Rpfleger 1992, 19; vgl. Demharter § 22 Rn. 37; Schäfer in Bauer/Schaub GBO 4. Auflage § 22 Rn. 174 jeweils m.w.N). Nur ganz entfernte oder bloß theoretische Möglichkeiten brauchen nicht widerlegt zu werden (Senat vom 25.9.2015, 34 Wx 121/15 = DNotZ 2016, 385; BayObLGZ 1988, 102; BayObLGZ 1995, 413/416; Schäfer in Bauer/Schaub § 22 Rn. 171). Der Nachweis ist grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen, selbst wenn die Möglichkeit, eine formgerechte Erklärung abzugeben, im Einzelfall erschwert oder unzumutbar ist. Notfalls bedarf es einer durch Urteil zu erwirkenden Berichtigungsbewilligung.

Ist ein Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen, so ist der Nachweis der Unrichtigkeit geführt, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Vorkaufsrecht erloschen ist.

aa) Für die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts gibt es zwei verschiedene, laut § 1103 BGB einander ausschließende Gestaltungsmöglichkeiten: es kann entweder nach § 1094 Abs. 1 BGB zugunsten einer bestimmten Person bestellt werden (subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht) oder nach § 1094 Abs. 2 BGB zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks (subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht). Das Vorkaufsrecht beschränkt sich seiner gesetzlichen Ausgestaltung nach regelmäßig auf den Fall des Verkaufs durch den Eigentümer, welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung gehört oder durch dessen Erben (Senat vom 18.12.2009, 34 Wx 81/08, 34 Wx 81/08 = Rpfleger 2010, 260; Palandt/Herrler BGB 77. Aufl. § 1097 Rn. 5). Es kann darüber hinaus auch für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob der Eigentümer zur Zeit der Bestellung (bzw. sein Erbe) oder ein späterer Eigentümer veräußert (Senat vom 18.12.2009 = Rpfleger 2010, 260), was jedoch einer ausdrücklichen Vereinbarung und der Eintragung im Grundbuch bedarf. Ein dingliches Vorkaufsrecht an einem ungeteilten Grundstück kann auch auf den Erwerb einer noch zu bildenden realen Teilfläche gerichtet sein (BGH Rpfleger 2014, 659; Demharter Anhang zu § 44 Rn. 82), wenn diese, wie vorliegend, bei Bestellung des Vorkaufsrechts abgeschrieben ist (BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck 43. Edition, § 1094 Rn. 10). Das subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht teilt grundsätzlich das rechtliche Schicksal des Grundstücks, zu dessen Gunsten es begründet worden ist; bei einem Eigentumswechsel am begünstigten Grundstück insbesondere geht es ohne weiteres mit auf den neuen Erwerber über (§ 1103 Abs. 1 BGB), wogegen das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht erlischt. Ist das Vorkaufsrecht für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellt, erlischt es bei einem Eigentumswechsel auf der Veräußererseite grundsätzlich nicht, es sei denn der Kreis der Verpflichteten ist auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, zu dem der neue Eigentümer des belasteten Grundstücks nicht gehört.

bb) Nach diesen Maßstäben ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachgewiesen, denn es steht nicht fest, dass der Beteiligte zu 1 als Eigentümer des belasteten Grundstücks nicht zum Kreis der Verpflichteten gehört.

Für die Bestimmung des Rechtsinhalts des Vorkaufsrechts kommt es ausschließlich auf den Grundbuchinhalt an. Der insoweit eindeutige Eintragungsvermerk enthält die Bestellung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts für alle Verkaufsfälle ohne Beschränkung des Personenkreises der Verpflichteten. Allerdings bestimmt sich der maßgebliche Grundbuchinhalt nach dem Eintrag und der dort gemäß § 874 BGB zulässig in Bezug genommenen Bewilligung (Senat vom 18.12.2009, Rpfleger 2010, 260; Senat vom 15.3.2016, 34 Wx 3/16 = NJW-RR 2016, 986); beides kann nur zusammen sowie einheitlich gelesen und gewürdigt werden (Senat vom 9.5.2008, 34 Wx 139/07 = RNotZ 2008, 495; Demharter § 44 Rn. 15; Meikel/Schneider Grundbuchrecht 11. Aufl. § 53 Rn. 135). Im Eintragungsvermerk ist auf die Eintragungsbewilligung vom 20.3.1970 Bezug genommen. Insoweit bedarf es der Auslegung insofern, als die Bewilligung in der Urkunde durch einen Einschub korrigiert wurde.

(1) Nach dem Originaltext war das Vorkaufsrecht für die Erwerber und ihre Rechtsnachfolger bestellt und hinsichtlich des Kreises der Verpflichteten beschränkt auf den Veräußerer und seinen Erben. Die Formulierung „Erwerber und ihre Rechtsnachfolger“ deutet dabei auf ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht hin, denn Vorkaufsrechte sind nach §§ 1098 Abs. 1 Satz 1, 514 Satz 1 BGB grundsätzlich weder übertragbar noch vererblich, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. Das Wort „Rechtsnachfolger” bezeichnet i.d.R. nicht den jeweiligen Eigentümer des betreffenden Teilgrundstücks, sondern vielmehr denjenigen, auf den das Vorkaufsrecht selbst später einmal übergehen wird. Die ausdrückliche Erwähnung der Rechtsnachfolger besagt also nichts anderes, als dass abweichend vom Regelfall die Übertragbarkeit und Vererblichkeit auf Seiten des Vorkaufsberechtigten gewollt ist (vgl. BGHZ 37, 143/153). Die Formulierung „Veräußerer und seinen Erben“ entspricht dem gesetzlichen Regelfall des § 1097 BGB. Die mit „/“ hinter „seinen Erben“ eingefügte Anmerkung „= richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes“ lässt nicht zweifelsfrei erkennen, welche Fassung mit der Berichtigung beabsichtigt war. Es kommt sowohl eine Klarstellung hinsichtlich des Kreises der Berechtigten als auch hinsichtlich des Kreises der Verpflichteten in Betracht.

(2) Für die – vom Senat selbst vorzunehmende (Demharter § 77 Rn. 2) – Auslegung (§ 133 BGB) ist vorrangig auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus der Grundbucheintragung und der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH Rpfleger 2014, 659; BGH NJW 1985, 385; Senat vom 11.5.2016, 34 Wx 61/16 = Rpfleger 2016, 713; Demharter § 19 Rn. 28). Nur nach diesem Maßstab richtet sich die Beantwortung der Frage, ob das Vorkaufsrecht erloschen ist, wobei zu beachten ist, dass auf die Auslegung nur zurückgegriffen werden kann, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis kommt (BGH Rpfleger 1995, 659; Demharter § 19 Rn. 28).

(3) Je nachdem, welche Textpassage ersetzt werden sollte, ergeben sich verschiedene Fassungen, nämlich

(I.) der Verkäufer räumt den Erwerbern und ihren Rechtsnachfolgern mit Wirkung für sich und seinen Erben dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes das dingliche Vorkaufsrecht hinsichtlich der nichtverkauften Teilflächen des Grundstücks … ein

oder

(II.) der Verkäufer räumt den Erwerbern und ihren Rechtsnachfolgern mit Wirkung für sich und seine Erben dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes das dingliche Vorkaufsrecht hinsichtlich der nichtverkauften Teilflächen des Grundstücks … ein.

In beiden Fällen begründet die Änderung ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht, wobei im Fall (I.) die Beschränkung hinsichtlich des Kreises der Verpflichteten weggefallen wäre (so die Beteiligten zu 2 und 3), bei Variante (II.) hingegen nicht (so der Beteiligte zu 1).

(4) Die zuerst genannte Auslegung ist maßgeblich. Denn zum einen lässt sich aus der Positionierung des „/“ nach „seine Erben“ schließen, dass der gesamte vorangestellte Text ersetzt werden sollte. Hätte der Textteil „mit Wirkung für sich und seinen Erben“ bestehen bleiben sollen, wäre nur die Einschaltung mit „/“ nach „Rechtsnachfolgern“ sinnvoll gewesen. Zudem ist das Vorkaufsrecht auf den ersten und alle späteren Verkaufsfälle erstreckt, was wenig Sinn ergibt, wenn lediglich der Veräußerer und sein Erbe verpflichtet sein sollten. Zwar wären grundsätzlich auch bei Beschränkung des Kreises der Verpflichteten auf der Veräußererseite mehrere Verkaufsfälle konstruierbar, wie der Beteiligte zu 1 ausführt, aber doch nur in ganz eingeschränktem Maße. Gerade der Umstand, dass nach der insoweit eindeutigen Formulierung alle späteren Verkaufsfälle einbezogen sind, legt den Schluss nahe, dass die insoweit misslungene ursprünglich Fassung auch in dem Sinn korrigiert werden sollte, dass ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht bestellt und der Kreis der Verpflichteten nicht nur auf den Veräußerer und seinen Erben beschränkt sein sollte. Schließlich hat keiner der an der Beurkundung Beteiligten nach Bekanntmachung der Eintragung Einwände gegen deren insoweit eindeutigen Wortlaut erhoben.

b) Es liegt auch keine inhaltlich unzulässige Eintragung vor, mit der Folge, dass das Vorkaufsrecht gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen zu löschen wäre.

Inhaltlich unzulässig im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 2 GBO ist eine Eintragung, wenn sie nach ihrem Inhalt einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbart, den es aus Rechtsgründen nicht geben kann (BGH NJW-RR 2005, 10/11; BayObLGZ 2001, 301/305; OLG Karlsruhe FGPrax 2014, 49/50; Hügel/Holzer § 53 Rn. 56). Dabei muss sich die Unzulässigkeit aus dem Eintragungsvermerk selbst und der zulässigerweise in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ergeben (BGH FGPrax 2015, 5; Senat vom 17.12.2013, 34 Wx 417/13 = NJOZ 2014, 685; Senat vom 9.5.2008, 34 Wx 139/07 = BeckRS 2008, 12472; Senat vom 29.10.2007, 34 Wx 105/07 = NJOZ 2008, 476). Voraussetzung für die einschneidende Maßnahme der Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist außerdem, dass sich die inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung mit Sicherheit aus ihr selbst ergibt (Meikel/Schneider § 53 Rn. 138). Bloße Zweifel genügen nicht. Nur wenn der Eintragungsvermerk und die Eintragungsbewilligung in einem auch durch Auslegung nicht aufzulösenden Widerspruch zueinander stehen, liegt eine inhaltlich unzulässige Grundbucheintragung vor (Demharter § 53 Rn. 49; § 44 Rn, 15; Hügel/Holzer § 53 Rn. 69). Eine Löschung von Amts wegen ist allerdings nur zulässig, wenn sich die Unklarheiten nicht anders beheben lassen; sie kommt folglich nicht in Betracht, wenn, wie hier, die Möglichkeit einer Auslegung besteht, die den Zweifel oder den anscheinend vorliegenden Widerspruch löst (BayObLG DNotZ 1990, 175). In einem solchen Fall muss es den Beteiligten überlassen bleiben, die Berichtigung einer vermeintlichen Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 894 BGB im Prozessweg herbeizuführen.

c) Schließlich liegt auch keine Grundbuchunrichtigkeit i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO vor, mit der Folge, dass ein Amtswiderspruch einzutragen wäre. Dies setzt voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften die beanstandete Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist (Hügel/Holzer § 53 Rn. 15 f. und 25). Dabei müssen die Gesetzesverletzung feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs glaubhaft sein (Demharter § 53 Rn. 28). Wie oben dargestellt, fehlt es schon an einer Gesetzesverletzung durch das Grundbuchamt, da bei einer rechtlich vertretbaren Auslegung eine solche ausscheidet (Senat vom 27.4.2009, 34 Wx 22/09 = FGPrax 2009, 154; Demharter § 53 Rn. 21).

III.

1. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 81 FamFG i.V.m. § 84 FamFG sowie §§ 22, 25 Abs. 1 GNotKG. Umfasst sind sowohl die gerichtlichen Kosten wie die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2 und 3, die die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt haben. Es handelt sich nicht um einen besonders gelagerten Ausnahmefall, der es erlauben könnte, von einem Kostenausspruch abzusehen. Vielmehr greift insoweit der Rechtsgedanke des § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG, nachdem dem Beteiligten zu 1 die maßgeblichen Gründe für die Zurückweisung des Löschungsantrags schon im Verfahren vor dem Grundbuchamt bekannt wurden.

2. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 51 Abs. 1 S. 2, 46 GNotKG, wobei der Senat für die Bestimmung des hälftigen Grundstückswerts den Kaufpreis aus dem notariellen Kaufvertrag vom 19.2.2010 (UR-Nr. 309/2010; Verkauf H./Beteiligter zu 1) zugrunde gelegt hat.

3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil deren Voraussetzungen (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) nicht gegeben sind. Es handelt sich um ein Auslegungsergebnis im Einzelfall.

 

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