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Grundbuchverfahren – WEG  – nachträgliche Eintragung eines Sondernutzungsrechts

OLG München – Az.: 34 Wx 172/14 – Beschluss vom 11.06.2014

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 14. März 2014 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Beteiligte erwarb im Jahr 2013 Wohnungseigentum, beschrieben als Miteigentumsanteil zu 39,10/1.000 an einem Wohnhaus mit Vorgarten, Waschhaus und Autogarage sowie Hofraum, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. V/17 bezeichneten Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad samt Keller und Speicherraum. Wegen Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums ist (ausschließlich) auf die Eintragungsbewilligung vom 15.3.1955 – vollzogen am 31.10.1955 – Bezug genommen und im Bestandsverzeichnis ergänzend eine Veräußerungsbeschränkung vermerkt. In der Erwerbsurkunde vom 21.12.2012 ist unter Ziff. II. festgehalten:

Weitere Vorbemerkungen: Nach Angabe von Frau St. (= Veräußerin) wird vom Eigentümer des vorbezeichneten Wohnungseigentums ständig und seit 1955 ununterbrochen eine Garage genutzt. Der Notar konnte diese Garage aber im Grundbuch weder als Sondereigentum noch als Sondernutzungsrecht feststellen …

Der Veräußerer … überträgt dem Erwerber … mit dem heutigen Kaufvertrag alle möglichen Rechtspositionen, die ihm hinsichtlich dieser Garage zustehen könnten; der Erwerber nimmt diese Übertragung hiermit an …

2. Zum Vollzug der Grundstücksaufteilung gemäß § 8 WEG lag dem Grundbuchamt seinerzeit die Teilungserklärung vom 15.3.1955 vor. Bei den Grundakten findet sich auch ein urkundlicher Nachtrag vom 18.7.1955. Dieser regelt in Ziff. II u. a.:

In Ergänzung … wird hierdurch im Wege der Gebrauchsregelung nach § 15 WEG noch folgendes bestimmt:

Dem Eigentümer … der Wohnung Nr. V/17 wird eine Teilfläche des gemeinsamen Hofraumes an der nordwestlichen Grundstücksgrenze, wie sie aus dem Aufteilungsplan ersichtlich ist, im ungefähren Ausmaß von …, ca. 11 qm zur ausschließlichen Benützung als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge und zur Errichtung einer Garage überlassen …

Die Eintragung dieser Vereinbarung – Gebrauchsregelung – als Inhalt des Sondereigentums gemäß § 10 Abs. 2 WEG im Grundbuch wird hierdurch bewilligt und beantragt.

Aus den Grundakten ist nicht mehr nachzuvollziehen, ob und wann die Eintragung dieses Nachtrags beantragt wurde.

3. Die Beteiligte hat mit Schreiben vom 9.8.2013 beantragt, das Sondernutzungsrecht „an der Garage“ zugunsten ihres Wohnungseigentums entsprechend dem Nachtrag vom 18.7.1955 im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat zunächst betroffene Wohnungseigentümer schriftlich angehört. Erklärungen wurden nicht abgegeben. Schließlich hat die Rechtspflegerin den Antrag mit Beschluss vom 14.3.2014 zurückgewiesen. Der Nachtrag sei bisher nicht vollzogen worden, ein ursprünglicher Eintragungsantrag sei im Grundbuch nicht auffindbar. Es fehle wegen Eigentümerwechseln an der aktuellen Bewilligungsberechtigung der damaligen Eigentümer. Erforderlich seien die Bewilligungen sämtlicher gegenwärtiger Wohnungseigentümer, ebenso aller dinglich Berechtigten. Eine rückwirkende Genehmigung der Erklärungen in der Urkunde vom 18.7.1955 sei nicht möglich; diese müssten erneut abgegeben werden.

Hiergegen richtet sich die schriftlich erhobene Beschwerde der Beteiligten vom 7.4.2014. Sie meint, es handele sich bei der unterbliebenen Eintragung des ihr Wohnungseigentum betreffenden Nutzungsrechts um einen Fehler des Grundbuchamts. Die Miteigentümer hätten rechtliches Gehör erhalten. Die Eintragung sei nun nachzuholen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des zutreffend als Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GBO) gewürdigten Schreibens vom 9.8.2013 ist gemäß § 71 Abs. 1, § 73 GBO zulässig. Die Beteiligte ist als Wohnungseigentümerin beschwerdeberechtigt, wie sie auch antragsbefugt ist. Antragsbefugt ist nämlich derjenige (vgl. Demharter GBO 29. Aufl. § 13 Rn. 47), dessen unmittelbare Begünstigung die Eintragung bezweckt, also z. B. der Eigentümer, zu dessen Wohnungseigentum das Sondernutzungsrecht gebucht werden soll.

Der Antrag bedurfte keiner Form (siehe § 30 GBO). Ersichtlich zielte dieser darauf ab, eine Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts auf der Grundlage schon vorhandener und der Form des § 29 GBO entsprechender Erklärungen auszulösen (Demharter § 30 Rn. 3). Würde man hingegen das Schreiben der Beteiligten vom 9.8.2013 nur als Anregung verstehen, einen schon im Zusammenhang mit dem Nachtrag vom 18.7.1955 von früheren Berechtigten gestellten Eintragungsantrag nun zu vollziehen, ergäbe sich jedenfalls für deren aktuelle Beschwerdeberechtigung nichts anderes. Denn die Beteiligte selbst muss nicht auch die Antragstellerin gewesen sein (Demharter § 71 Rn. 63).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Es ist nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, dass zu der Wohnung Nr. V/17 auch das beschriebene Sondernutzungsrecht gehört. Das Grundbuchamt lässt deshalb zu Recht die Eintragung an der fehlenden Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigten scheitern. Konkret beanstandet das Grundbuchamt das Fehlen von Bewilligungen, also verfahrensrechtlicher Erklärungen von Personen, deren Rechte von der Eintragung betroffen sind (vgl. § 19 GBO). Soweit es um die Mitwirkung von sonstigen dinglich Berechtigten geht, fehlen diese in Form der notwendigen Zustimmung (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG). Was die übrigen Wohnungseigentümer angeht, kann es auf sich beruhen, ob grundbuchverfahrensrechtlich Bewilligungen oder Zustimmungen fehlen, nachdem sie bereits – wie der Nachtrag vom 18.7.1955 ausweist – von der Benutzung an der fraglichen Gemeinschaftsfläche ausgeschlossen worden waren. Denn als (Mit-) Bewilligung wird vielfach auch die Zustimmung von mittelbar Betroffenen verstanden (vgl. Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. § 19 Rn. 12; § 27 Rn. 72; Kohler in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 27 Rn. 27: „Unterfall der Bewilligung“). Formell ergibt sich kein Unterschied (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO). Zutreffend erkennt das Grundbuchamt auch, dass eine „Genehmigung“ nicht genügt, weil der Fall des § 185 BGB, der die Verfügung eines Nichtberechtigten, regelt, gerade anders liegt. Hier geht es indessen um Erklärungen von Berechtigten, die ihr Recht später verlieren.

a) Das Sondernutzungsrecht als Form der Gebrauchsregelung gemeinschaftlichen Eigentums (§ 15 Abs. 1 WEG) kann im Grundbuch eingetragen werden (vgl. § 10 Abs. 3 WEG). Zu dessen Wirksamkeit muss es dies aber nicht. Eine derartige Gebrauchsregelung lag hier mit der Zuweisung der fraglichen Garagenfläche in der Nachtragsurkunde vor.

b) Der Eigentümer kann das seinem Sondereigentum zugewiesene Recht „isoliert“, auch ohne dass dies im Grundbuch verlautbart werden müsste, durch Abtretung nach § 398 BGB an ein anderes Mitglied der Gemeinschaft übertragen (h.M.; vgl. Senat vom 11.5.2012, 34 Wx 137/12 = NJW-RR = 2013, 135, vom 18.4.2013, 34 Wx 363/12 = Rpfleger 2013, 514, vom 27.5.2014, 34 Wx 149/14; Bärmann/Klein WEG 12. Aufl. § 13 Rn. 121; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten WEG § 13 Rn. 35; Riecke in Riecke/Schmid WEG 3. Aufl. Anhang zu § 13 Rn. 164; Böttcher ZNotP 2014, 47/56).

Die Übertragung des Sondereigentums führt auch grundsätzlich – ohne dass die Abtretung im Vertrag ausdrücklich verlautbart sein müsste (vgl. OLG Hamm FGPrax 1998, 175; OLG Schleswig FGPrax 1996, 56; Hügel/Kral GBO 2. Aufl. Wohnungseigentum Rn. 140) – zum Übergang des schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts nach § 746 BGB (a. A. Bärmann/Klein § 13 Rn. 122).

c) Dazu kommt es aber nicht, wenn der jeweilige Voreigentümer das Sondernutzungsrecht ganz oder teilweise auf andere Miteigentümer übertragen hatte. Denn dann stand das Recht einem anderen Wohnungseigentümer als gerade dem hiesigen Rechtsvorgänger im Eigentum der Beteiligten zu. Da sich der Vorgang außerhalb des Grundbuchs abspielt, ist dessen Publizität insoweit eingeschränkt.

Mangels bisheriger Eintragung (vgl. § 10 Abs. 3 WEG) spricht deshalb auch keine Vermutung (§ 891 BGB) für die Zugehörigkeit des – einmal zugewiesenen – Sondernutzungsrechts an dem Garagenstellplatz gerade zum gegenständlichen Wohnungseigentum, eben weil das Recht zwischen den Wohnungseigentümern ein und derselben Gemeinschaft regelmäßig ohne Mitwirkung der anderen außerhalb des Grundbuchs wirksam übertragen werden kann. Es ist weder auszuschließen noch gänzlich unwahrscheinlich, dass dies in der Vergangenheit auch geschehen ist. Das Grundbuch verlautbart bislang eine Zuordnung des Sondernutzungsrechts zu einem Sondereigentum nicht, so dass für die begehrte Buchung des Rechts bei der Wohnung Nr. V/17 der Beteiligten die verfahrensrechtliche Mitwirkung aller Miteigentümer notwendig ist. Es steht nämlich nach der erstmaligen Zuweisung im Jahre 1955 nicht fest, ob und gegebenenfalls an wen das Sondernutzungsrecht abgetreten wurde. Ebenso bedarf es zur Buchung des bis jetzt lediglich „schuldrechtlichen“ Sondernutzungsrechts der Zustimmung der Gläubiger nach Maßgabe von § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG.

d) Eine abgeschwächte Form des Nachweises, dass das Recht (noch immer) zur ursprünglichen Wohneinheit gehört, zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung, ist im Eintragungsverfahren grundsätzlich unzulässig (Demharter § 29 Rn. 23). Erst recht genügt nicht bloßes Schweigen anderer Betroffener im Rahmen ihrer schriftlichen Anhörung, welches das Grundbuchamt gewährt hat. Offenkundigkeit im grundbuchrechtlichen Sinne, also das Vorhandensein eines Umstands, den das Grundbuchamt so sicher erfahren hat, dass ein Zweifel ausgeschlossen ist (KG JfG 20, 217/220; Demharter § 29 Rn. 60), kann nicht bejaht werden. Es lässt sich, jedenfalls bei größeren Eigentümergemeinschaften und bei der hier in Rede stehenden Form von Sondernutzungsrechten (Kfz-Stellplatzrecht), keineswegs ausschließen, dass in den vorangegangenen Jahrzehnten einer der Rechtsvorgänger das Stellplatzrecht, etwa mangels Eigenbedarfs, auf einen Miteigentümer übertragen hat. Dem mag zwar der Umstand widersprechen, dass die Veräußerin erklärt hat, eine Garage sei ständig vom Wohnungseigentümer der betreffenden Einheit genutzt worden. Jedoch kann das Grundbuchamt diese Erklärung nicht zur Grundlage der Eintragung verwenden; denn sie bringt keinen förmlichen Nachweis (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO) ihrer inhaltlichen Richtigkeit gemäß §§ 415, 418 ZPO (KG FGPrax 2012, 96; Demharter § 29 Rn. 29).

e) Unabhängig von dem nach Grundbuchlage nicht geführten Nachweis, dass seinerzeit im Zusammenhang bereits mit der Eintragung der Teilungserklärung vom 15.3.1955 auch die Eintragung des Nachtrags vom 18.7.1955 beantragt worden war, würde dies der Beteiligten auch nichts nützen. Gemäß § 878 BGB wird eine vom Berechtigten abgegebene Erklärung zwar nicht dadurch unwirksam, dass dieser in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und Eintragungsantrag gestellt ist. Die in der notariellen Urkunde vom 18.7.1955 enthaltenen Erklärungen der teilenden Miteigentümer hätten trotzdem ihre Wirksamkeit verloren. Denn § 878 BGB schützt nicht davor, dass der Erklärende die Rechtsinhaberschaft verliert (Palandt/Bassenge BGB 73. Aufl. § 878 Rn. 2; PWW/Huhn BGB 3. Aufl. § 878 Rn. 6). Die teilenden Eigentümer konnten noch bei Zuweisung des Sondernutzungsrechts über dieses verfügen, der Erwerber konnte dies zwar grundsätzlich ebenfalls, solange er Sondereigentümer war, dies aber nicht mehr, wenn er oder sein Rechtsnachfolger über das Sondernutzungsrecht – getrennt vom Sondereigentum – gemäß § 398 BGB verfügt hätte. In diesem Fall hätten die ursprünglichen Erklärungen ihre Wirkungen verloren (Senat vom 27.5.2014).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

4. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 i. V. m. §§ 46, 49 Abs. 1 GNotKG.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelentscheidung, die auf anerkannten Nachweisgrundsätzen beruht.

 

 

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