OLG München – Az.: 34 Wx 508/13 – Beschluss vom 28.01.2014
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – München vom 18. November 2013 insoweit aufgehoben, als eine Frist zur Vorlage einer neuen Auflassung gesetzt wurde.
Gründe
I.
Der Beteiligte als Kläger schloss in einem Rechtsstreit mit Albert Sch. als Beklagten vor dem Oberlandesgericht in der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2008 einen Vergleich, der – soweit hier von Interesse – lautet:
Die Parteien sind sich einig über den Eigentumsübergang an dem 1/5-Anteil des Beklagten in Erbengemeinschaft am Grundstück Fl.Nr. xxx, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … an den Kläger.
Der Beklagte bewilligt die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 95.000,00 Euro.
Die Erklärungen des Beklagten erfolgen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt seiner Rechte aus § 826 BGB.
Das Landgericht erließ am 12.9.2012 in einem weiteren Rechtsstreit zwischen dem Beteiligten als Kläger und Albert Sch. als Beklagten ein Teil-End- und Teil-Grundurteil, wonach der Beklagte u. a. verurteilt wurde,
dem Kläger durch öffentlich beglaubigte Quittung den Empfang des Betrages von 95.000 € zu bestätigen, der vom Kläger gemäß dem am 16.7.2008 vor dem Oberlandesgericht … geschlossenen Vergleich an ihn gezahlt wurde.
Am 26.9.2013 legte der Beteiligte den gerichtlichen Vergleich und das – vorläufig vollstreckbare – Urteil je in beglaubigter Abschrift vor und beantragte u. a. den Vollzug der Auflassung. Hierfür bezog er sich auf eine notarielle Urkunde vom 30.8.2010. In jener hatten drei Miterbinnen dem Beteiligten Erbteile abgetreten. In Ziffer 9.2. ist festgestellt, dass das bezeichnete Grundstück aufgrund der erfolgten Abtretungen künftig im Eigentum von Albert Sch. und dem Beteiligten stehe. Damit wäre die im Vergleich vom 16.7.2008 erklärte Einigung über den Übergang des 1/5-Anteils von Albert Sch. auf den Beteiligten wirksam und vollziehbar. Der Beteiligte beantrage daher seine Eintragung als Alleineigentümer im Grundbuch.
Am 18.11.2013 hat das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung erlassen, mit der es – u. a. – dem Beteiligten Frist setzte zur Vorlage einer formgerechten Auflassung, da diejenige im Vergleich vom 16.7.2008 unwirksam sei. Sie stehe nämlich unter einer Bedingung (Zug- um-Zug-Leistung). Auch die Bewilligung dürfe grundsätzlich nicht bedingt sein. Auflassung und Bewilligung seien nicht getrennt voneinander zu sehen, sondern als Einheit. Die Bewilligung sei Teil der Auflassung und könne im Übrigen auch konkludent in der Auflassungserklärung enthalten sein.
Gegen diesen Teil der Zwischenverfügung richtet sich die Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung. Sie wird damit begründet, dass es sich bei der Einigung – anders als bei der Eintragungsbewilligung – um ein materielles Rechtsgeschäft handle. Die Eintragungsbewilligung sei auch nicht Teil der Auflassung, sondern eine eigenständige Erklärung. Prüfungsmaßstab seien für die Auflassung die Bestimmungen des BGB, für die Eintragungsbewilligung die grundbuchverfahrensrechtlichen Vorschriften. Die Auslegung der Auflassung ergebe, dass diese nicht von einer Bedingung abhängig gemacht worden sei.
Auch bedingte Eintragungsbewilligungen seien wirksam, wenn der Eintritt der Bedingung in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sei. Durch die Vorlage des Urteils vom 12.9.2012 sei der Nachweis erbracht, dass der Betrag von 95.000 € bezahlt sei.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§ 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG) des antragsberechtigten Beteiligten hat – jedenfalls vorläufigen – Erfolg; die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ist im beanstandeten Umfang aufzuheben.
1. Zu diesem Ergebnis gelangt man unabhängig davon, ob der Rechtsansicht des Grundbuchamts zu folgen und die Auflassung als nichtig anzusehen ist. Folgt man dem, so liegt nämlich ein nicht behebbares Hindernis vor, so dass der Eintragungsantrag sofort zurückzuweisen wäre (vgl. Demharter GBO 29. Aufl. § 18 Rn. 12 und 32). Ist die Eintragung nur aufgrund einer neuen Auflassung möglich, ist der Antrag zurückzuweisen (BayObLG FGPrax 1998, 6; Wilke in Bauer/v. Oefele GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 19). Denn die Zwischenverfügung – ebenso die Vormerkung oder der Widerspruch, die bei Eingang eines weiteren Antrags einzutragen sind – dient als Mittel, um der beantragten Eintragung den nach dem Eingang des Antrags sich bestimmenden Rang zu sichern, der bei sofortiger Zurückweisung nicht gewahrt bliebe. Eine Zwischenverfügung ist daher nicht zulässig, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann, da andernfalls die Eintragung einen Rang erhielte, der ihr nicht gebührt (jüngst BGH vom 26.9.2013, V ZB 152/12 bei Rz. 6; BGHZ 27, 310/313; BayObLGZ 1984, 105/106 f.; Demharter § 18 Rn. 8 m.w.N.). Eine nichtige Auflassung – wie sie nach Meinung des Grundbuchamtes vorliegt – lässt sich nicht mit rückwirkender Kraft heilen.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Jede rechtsgeschäftliche Bedingung oder Zeitbestimmung i. S. v. §§ 158, 163 BGB, von der die Beteiligten die Wirksamkeit der Auflassung abhängig machen wollen, führt zur Nichtigkeit der gesamten Auflassung (§ 925 Abs. 2 BGB). Das Grundbuchamt muss im Zweifel durch Auslegung ermitteln, ob die Erklärung eine unzulässige Bedingung oder Befristung der Auflassung darstellt (siehe § 20 GBO; vgl. Staudinger/Pfeifer BGB Neubearb. 2011 § 925 Rn. 93).
Auch Grundbucherklärungen sind der Auslegung zugänglich. Es gilt § 133 BGB entsprechend, wobei jedoch zu beachten ist, dass der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das Grundbuchamt und das Beschwerdegericht (§ 74 GBO) Grenzen setzt. Bei der Auslegung ist, wie bei der von Grundbucheintragungen, auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (st. Rechtspr.; etwa BayObLG Rpfleger 1993, 189; Demharter § 19 Rn. 28).
b) Von der bedingungsfeindlichen Auflassung sind Vollzugsvorbehalte zu unterscheiden, mit denen die Beteiligten den Grundbuchvollzug – nicht aber die Auflassung – von einer Voraussetzung abhängig machen wollen. Solche Vorbehalte haben keine sachenrechtlichen Wirkungen, verstoßen nicht gegen § 925 Abs. 2 BGB und werden häufig zum Verkäufer- und/oder Käuferschutz verwendet (vgl. Staudinger/Pfeifer § 925 Rn. 98). Aus diesem Grund wird auch eine Auswirkung auf die Auflassung, die letztere unwirksam machen würde, in aller Regel nicht gewollt sein.
An das Grundbuchamt gerichtete Erklärungen und Verfahrenshandlungen, also auch die Bewilligung nach § 19 GBO, können in bestimmtem Umfang unter einem Vorbehalt abgegeben werden (vgl. Staudinger/Pfeifer § 925 Rn. 99). So trennt der gerichtliche Vergleich vom 16.7.2008 zwischen der ohne Bedingung oder Zeitbestimmung gefassten Auflassungserklärung im ersten Absatz, und davon abgesetzt im zweiten Absatz der verfahrensrechtlichen Bewilligung, die von einer Zug-um-Zug-Leistung abhängig gemacht ist. Es spricht nichts dafür, dass die Parteien Auswirkungen des Bewilligungsvorbehalts auf die Auflassung gewollt haben.
c) Im dritten Absatz des Vergleichs sind die voranstehenden Erklärungen unter den Vorbehalt der Rechte des damaligen Beklagten aus § 826 BGB gestellt. Die nächstliegende Bedeutung der Erklärung ist es nicht, die Auflassung selbst bedingungsabhängig zu machen. Vielmehr wird nach dem Verständnis des Senats der Wille der Prozessparteien zum Ausdruck gebracht, dass dem Beklagten Rechte aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung erhalten bleiben. Dann geht es aber nur darum, sich Schadensersatzansprüche vorzubehalten, um bei erfolgreicher Durchsetzung das vollzogene Geschäft (Auflassung) rückabzuwickeln. Nun meint der damalige Beklagte in einem Schreiben vom 19.9.2011 an das Grundbuchamt, dass über den Eigentumsübergang des 1/5-Anteils nur unter dem Vorbehalt Einigkeit bestanden habe, dass dies vorab in einer durch ihn erhobenen Klage nach § 826 BGB überprüft werde. Solches ist aber im Vergleich nicht zum Ausdruck gekommen. Zwar ist dann, wenn die Auflassung an sich unbedingt und unbefristet erklärt, der Wille der Parteien aber auf eine Bedingung oder Befristung gegangen ist, die Auflassung nichtig (vgl. Staudinger/Pfeifer § 925 Rn. 93). Angesichts der eindeutigen Formulierung im Vergleich lässt sich aber aus der einseitigen Erklärung des damaligen Beklagten auf eine solche Bedingung nicht schließen.
d) Der Bewilligungsvorbehalt selbst ist (nur) insoweit bedeutsam, als das Grundbuchamt die Eintragung erst vornehmen darf, wenn ihm der Eintritt der Bedingung in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist (KG JFG 15, 128/131; Hügel/Holzer GBO 2. Aufl. § 19 Rn. 43; Demharter § 19 Rn. 31). Die öffentlich beglaubigte Quittung über den Empfang der Geldsumme, zu deren Erteilung der Beklagte verurteilt ist, stellt eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung dar. Auf sie ist zwar § 894 ZPO entsprechend anwendbar (vgl. Brehm in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 894 Rn. 9). Die Wirkungen treten aber nach § 894 Satz 1 ZPO erst mit Rechtskraft des Urteils ein. Das vorgelegte Teil-End- und Teil-Grundurteil vom 12.9.2012 ist lediglich vorläufig vollstreckbar und enthält keinen Rechtskraftvermerk (vgl. § 706 ZPO). Ohne diesen ist der Nachweis des Bedingungseintritts jedoch nicht geführt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.