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Ausschlussfrist der kostenrechtlichen Privilegierung gemäß Nr. 14110 KV GNotKG

Testamentsvollstreckung führt zu Kostenstreitigkeiten im Grundbuchverfahren

Ein komplexer Fall rund um die Testamentsvollstreckung bei der Übertragung von Grundstücken gibt Anlass zur Frage, welche Kosten anfallen und wie diese zu berechnen sind. Hierbei geht es insbesondere um die Frage, wann der Antrag zur Grundbucheintragung eingegangen ist und in welcher Höhe die daraus resultierenden Gebühren anfallen. Nach der Entscheidung des OLG Köln hat sich die Rechtslage für den Beteiligten entspannt.

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Das Testament und der Vermächtniserfüllungsvertrag

Der Fall betrifft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus einer mittlerweile verstorbenen Erblasserin und ihren beiden Kindern. Im Testament vom 04.01.2019 wurde den Kindern jeweils ein Grundstück vermacht. Am 31.03.2021 schlossen die Geschwister und der Testamentsvollstrecker einen notariell beurkundeten Vermächtniserfüllungsvertrag, in welchem das Eigentum an den betreffenden Grundstücken auf die Kinder übertragen wurde.

Streit um den rechtzeitigen Antragseingang

Der Antrag zur Grundbucheintragung ging am 01.04.2021 bei der gemeinsamen Posteingangsstelle des Land- und Amtsgerichts Bonn ein. Allerdings wurde der Antrag erst am 06.04.2021, einem Dienstag nach Ostern, im Grundbuchamt bearbeitet. Da dies außerhalb der gesetzlichen Frist lag, wurde dem Beteiligten eine Gebühr von 4.855,00 EUR zzgl. Kosten für einen Grundbuchausdruck in Höhe von 10,00 EUR berechnet.

Erinnerung und Beschwerde

Der Beteiligte legte daraufhin Erinnerung gegen die Kostenberechnung ein, die jedoch vom Grundbuchamt zurückgewiesen wurde. Begründet wurde dies mit dem Verweis auf die Bestimmung des § 13 GBO und der fehlenden Anwendung des § 31 VwVfG. Daraufhin legte der Beteiligte Beschwerde gegen die Zurückweisung seiner Erinnerung ein.

Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln entschied mit Beschluss vom 20.12.2021 zugunsten des Beteiligten und hob den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Bonn vom 20.08.2021 auf. Die Erinnerung des Beteiligten wurde somit anerkannt, und der Kostenansatz vom 26.04.2021 in Höhe von 4.855,00 EUR wurde aufgehoben.

Die Entscheidung zeigt, dass es im Rahmen von Testamentsvollstreckungen und Grundbuchverfahren zu komplizierten Fragestellungen und Berechnungen der anfallenden Gebühren kommen kann. Die Klarstellung des OLG Köln trägt dazu bei, zukünftige Fälle hinsichtlich des rechtzeitigen Antragseingangs und der damit zusammenhängenden Kosten besser beurteilen zu können.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-2 Wx 314/21 – Beschluss vom 20.12.2021

1. Der Rechtsunterzeichnende überträgt als Einzelrichter die Entscheidung dem Senat in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung.

2. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 30.09.2021 wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Bonn vom 20.08.2021 – BO-15808-3 – aufgehoben, soweit darin die Erinnerung des Beteiligten zu 1. vom 08.05.2021 zurückgewiesen worden ist.

Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 1. vom 08.05.2021 wird der Kostenansatz gegenüber dem Beteiligten zu 1. vom 26.04.2021, dem Beteiligten zu 1. mitgeteilt durch Kostenrechnung vom 27.04.2021, Kassenzeichen: A, in Höhe eines Teilbetrages von 4.855,00 EUR aufgehoben.

Gründe

1.

Im Grundbuch war als Eigentümerin des oben bezeichneten Grundbesitzes die aus der am 04.04.2019 verstorbenen Erblasserin sowie ihren beiden Kindern, nämlich dem Beteiligten zu 1. und seiner Schwester bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen. Die Erblasserin hatte im Testament von 04.01.2019 zu ihren Erben den Beteiligten zu 1. und seine Schwester zu gleichen Teilen berufen sowie dem Beteiligten zu 1. ein Übernahmerecht hinsichtlich des oben bezeichneten Grundbesitzes und seiner Schwester hinsichtlich eines anderen Grundstücks vermacht.

Am 31.03.2021 schlossen der Beteiligte zu 1. und seine Schwester unter Beteiligung des Testamentsvollstreckers einen notariell beurkundeten Vermächtniserfüllungsvertrag, in welchem das Eigentum an dem oben bezeichneten Grundbesitz auf den Beteiligten zu 1. und an dem anderen Grundstück auf seine Schwester übertragen wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urkunde Bl. 34 ff. Bezug genommen.

Der Vollzugsantrag des Notars ist nach Maßgabe der Eingangsstempel am Donnerstag, den 01.04.2021 bei der gemeinsamen Posteingangsstelle des Land- und Amtsgerichts Bonn eingegangen. Der Präsentatstempel des Grundbuchamtes weist einen Eingang am Dienstag nach Ostern, dem 06.04.2021 um 06:15 Uhr aus (Bl. 32).

Am 23.04.2021 hat das Grundbuchamt den Eigentumsübergang eingetragen. Unter dem 26.04.2021 ist gegenüber dem Beteiligten zu 1. eine Gebühr nach Nr. 14110 KV zum GNotKG in Höhe von 4.855,00 EUR zuzüglich Kosten für einen Grundbuchausdruck in Höhe von 10,00 EUR angesetzt und mit Kostenrechnung vom 27.04.2021, Kassenzeichen: A, in Rechnung gestellt worden.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beteiligten zu 1.vom 08.05.2021 (Bl. 68) hat die Grundbuchrechtspflegerin nach Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevisorin (Bl. 80 f.) mit Beschluss vom 20.08.2021 (Bl. 82 ff.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie wegen des Eingangs auf die Bestimmung des § 13 GBO Bezug genommen, danach komme es nicht auf den Eingang bei der gemeinsamen Posteingangsstelle des Land- und Amtsgerichts Bonn am 01.04.2021. Der Eingang bei dem Grundbuchamt am 06.04.2021 sei verfristet, eine Anwendung des § 31 VwVfG komme nicht in Betracht.

Mit an das Grundbuchamt gerichtetem Schriftsatz vom 30.09.2021 (Bl. 106 ff.) hat der Beteiligte zu 1. gegen die Zurückweisung seiner Erinnerung Beschwerde eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, nach § 31 VwVfG sei die Frist wegen der Osterfeiertage erst am 06.04.2021 abgelaufen.

2.

Der Einzelrichter überträgt die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung mit drei Richtern (§ 81 Abs.6 Satz 2 GNotKG).

3.

Die gemäß § 81 Abs. 2 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Gebühr nach Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG ist zu Unrecht angesetzt, weil das in dieser Bestimmung vorgesehene Kostenprivileg eingreift.

Danach wird die Gebühr nicht für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers oder von Erben des Gesellschafters bürgerlichen Rechts erhoben, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird. Dies gilt auch, wenn die Erben erst infolge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden.

a) Der Anwendung des Privilegierungstatbestandes steht nicht entgegen, dass der Eintragung des Beteiligten zu 1. als Eigentümer die Erfüllung eines Vermächtnisses zugrunde liegt. Denn er ist zugleich Miterbe nach seiner Mutter, die zuvor neben ihm und seiner Schwester im Grundbuch als Mitgesellschafterin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verzeichnet war, die als Eigentümerin eingetragen war.

In einem vergleichbaren Fall hat das Oberlandesgericht Braunschweig (FGPrax 2018, 233) ausgeführt:

„Die Beschwerdeführer sind im vorliegenden Fall nicht nur Vermächtnisnehmer, sondern zugleich auch Miterben des verstorbenen Grundstückseigentümers. Es kommt deshalb nicht auf die Frage an, ob das Kostenprivileg der Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG auf den „isolierten“ Vermächtnisnehmer anwendbar ist. Es liegt vielmehr der Fall eines Vorausvermächtnisses im Sinne des § 2150 BGB vor. Auf den Fall einer Eigentumsumtragung aufgrund eines Vorausvermächtnisses eines Miterben ist das Kostenprivileg nach Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG nach inzwischen ganz überwiegender Auffassung anwendbar (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 8 W 255/15 -, juris; OLG München ZEV 2016, 113; Korintenberg/Wilsch, GNotKG, 21. Aufl. 2020, KV 14110 Rn. 61).

Die kostenrechtliche Privilegierung gilt nach dem Wortlaut der Bestimmung für alle Formen der Erbauseinandersetzung (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG München, a.a.O.). Sie erfasst insbesondere nicht lediglich – wie Abs. 1 Satz 1 der Anmerkung zu Nr. 14110 KV – die Tatbestände berichtigender Grundbucheintragungen.

Zwar stellt der Vollzug des einem Miterben zugewendeten Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) durch dingliche Übertragung des vermachten Gegenstands keine (Teil-)Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft dar, sondern die Erfüllung einer gegen die Erbengemeinschaft gerichteten und schon vor Erbauseinandersetzung zu befriedigenden Nachlassverbindlichkeit (vgl. OLG München, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Diese rechtsdogmatische Sicht rechtfertigt es aber nicht, das Kostenprivileg dem (Mit-)Erben zu versagen, dessen Eigentumserwerb auf der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses beruht. Eine an der erbrechtlichen Dogmatik orientierte kostenmäßige Differenzierung insbesondere zwischen einem Eigentumserwerb des Erben in Ausführung einer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) einerseits und in Erfüllung eines Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) andererseits ist sachlich nicht zu rechtfertigen und vom Wortlaut der kostenrechtlichen Bestimmung nicht zwingend vorgegeben (vgl. OLG München, a.a.O.).“

Dieser obergerichtlichen Rechtsprechung schließt sich der Senat vollumfänglich für die vorliegende Rechtsnachfolge nach der Mitgesellschafterin an.

b) Jedenfalls mit dem ausweislich des aufgebrachten Stempels am 06.04.2021 bei dem Amtsgericht Bonn als Grundbuchamt eingegangenen Antrag ist die Frist gewahrt worden, weshalb hier dahinstehen kann, ob sie nicht bereits mit dem Eingang am 01.04.2021 bei der gemeinsamen Posteingangsstelle des Land- und Amtsgerichts Bonn gewahrt worden war. Offenbleiben kann daher, ob im Zusammenhang mit der in Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG geregelten Frist die Organisation des Posteingangs – wie die Beschwerde geltend macht – sich zu Lasten des Antragstellers auswirken darf, was der Fall wäre, wenn im Rahmen dieser Gebührenvorschrift § 13 Abs. 2 und 3 GBO, welche die funktionelle Empfangszuständigkeit des Grundbuchamtes im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit regeln (vgl. BGHZ 146, 361 ff.), Anwendung fänden.

Denn es genügte jedenfalls hier zur Fristwahrung der Eingang bei dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Bonn am 06.04.2021: Die zweijährige Frist begann mit dem Erbfall am 04.04.2019 zu laufen und wäre am 04.04.2019 abgelaufen. Sie lief hier indes erst am 06.04.2021, 24.00 Uhr, ab, weil es sich bei dem 04.04.2021 und dem 05.04.2021 um den Ostersonntag und den Ostermontag, mithin zwei gesetzliche Feiertage handelte. Dies folgt aus § 16 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO: Soweit das GNotKG keine spezielle Regelung vorsieht – wie etwa in § 1 Abs. 6 GNotKG hinsichtlich der Vorschriften über das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren – gelten auch für das gerichtskostenrechtliche Verfahren ergänzend die Vorschriften des FamFG (BTDrucksache 17/11471 S. 154).

Der Umstand, dass es sich um eine Ausschlussfrist handelt, steht einer Anwendung dieser fristenrechtlichen Vorschriften nicht entgegen. Denn den darauf gestützten, von der Bezirksrevisorin für ihre Auffassung in Bezug genommenen Entscheidungen, auch des erkennenden Senats, ist nur zu entnehmen, dass es einem verspätet eingereichten Antrag nicht zur kostenrechtlichen Privilegierung verhilft, wenn die Verspätung unverschuldet ist. Dies hat nichts mit der vorliegenden Rechtsfrage zu tun, ob überhaupt eine Verspätung vorliegt, was nicht der Fall ist, wenn gemäß den genannten Vorschriften infolge von Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sich der Ablauf der Frist verschiebt und bei Eingang am folgenden Werktag bereits eine Verspätung ausscheidet.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 81 Abs. 8 GNotKG.

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