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Entscheidungen des Grundbuchamts – Anfechtbarkeit durch Beschwerde

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 108/12 – Beschluss vom 02.04.2012

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben.

Gründe

Die Antragstellerin, die zusammen mit ihrer Schwester in Erbengemeinschaft als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, hat mit Schreiben vom 15.12.2011 beantragt, im Weg der Grundbuchberichtigung die in Abt. II, lfde. Nr. 1 seit dem 15.12.1983 zu Gunsten der Beteiligten zu 2), der zweiten Ehefrau ihres Vaters, eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) zu löschen. Die Eintragung der Dienstbarkeit war auf Grund einer zu UR-Nr. …/83 durch den Notar A, Stadt1, öffentlich beglaubigten Eintragungsbewilligung des Vaters der Antragstellerin vom 01.12.1983 erfolgt. Dieser war seit 1936 als Alleineigentümer des betroffenen Grundstücks, bis zur Umschreibung des betroffenen Grundstücks auf das Loseblatt-Grundbuch 1977, in Blatt … des Grundbuchs von Stadtteil1 im Grundbuch eintragen.

Am 20.05.1964 hatte der Vater der Antragstellerin zusammen mit seiner damaligen ersten Ehefrau privatschriftlich ein gemeinsames Testament errichtet, für dessen Inhalt auf Fol. 12/2 und 12/3 der Akten verwiesen wird. Dieses Testament ist in einem Beschluss des Landgerichts Stadt1 vom 28.01.2005 -Az. …-, für dessen Inhalt im Einzeln auf Fol. 12/6-12/16 d. A. Bezug genommen wird, als Schlusserbeneinsetzung der Antragstellerin und ihrer Schwester zu je 1/2 angesehen worden. Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass auf Grund der Wechselbezüglichkeit dieser Schlusserbeneinsetzung i. S. d. § 2270 BGB zu der Einsetzung des Vaters der Antragstellerin als Alleinerbe durch seine erste Ehefrau eine davon abweichende letztwillige Verfügung nicht wirksam möglich war und Anfechtungen durch den Vater der Antragstellerin und seine zweite Ehefrau nicht durchgegriffen haben.

Mit UR-Nr. …/1983 des Notars A, Stadt1, vom 01.12.1983 (Fol. 12/26-12/29 d. A.) hatte der Vater der Antragstellerin diese und ihre Schwester zu seinen Erben zu je 1/2 eingesetzt und seiner zweiten Ehefrau als Vermächtnis ein lebenslängliches Wohnrecht in dem Haus auf dem betroffenen Grundstück zugewendet, dass bereits zu seinen Lebzeiten im Grundbuch eingetragen werden sollte.

Die Antragstellerin hat ihren Löschungsantrag darauf gestützt, dass ihr in … verstorbener Vater nach dem Tod seiner in … verstorbenen ersten Ehefrau auf Grund der Bindung an das gemeinschaftliche Testament vom 20.05.1964 gehindert gewesen sei, das betroffene Grundstück mit dem Wohnungsrecht zu belasten.

Mit Verfügung vom 05.03.2012, der eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt ist, hat die Grundbuchrechtspflegerin unter Fristsetzung gemäß § 18 GBO ausgeführt, dass eine Löschung nach § 22 GBO ohne Bewilligung der Berechtigten nicht möglich sei, da der Nachweis der Unrichtigkeit nicht geführt worden sei. Da der Vater der Antragstellerin das betroffene Grundstück als Alleineigentümer erworben habe, sei es nicht in die Nachlassmasse nach dem Tod seiner ersten Ehefrau eingeflossen. Als in seiner Verfügungsmacht unbeschränkter Alleinerbe habe er ohne Mitwirkung der Nacherben seiner ersten Ehefrau bzw. den gemeinsamen Schlusserben über das betroffene Grundstück verfügen und es mit dem in Frage stehenden Wohnungsrecht belasten dürfen. Auch eine Löschung von Amts wegen komme nicht in Betracht, da es sich bei dem Wohnungsrecht nicht um eine inhaltlich unzulässige Eintragung handele.

Gegen die Verfügung vom 05.03.2012 hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 13.03.2012, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Löschungsbegehren weiter verfolgt.

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16.03.2010 nicht abgeholfen, da das Grundbuchamt zum Zeitpunkt der für die Eintragung des Wohnrechts allein erforderlichen rein verfahrensrechtlichen Eintragungsbewilligung keinerlei Zweifel über die Verfügungsbefugnis des bewilligenden Alleineigentümers habe hegen müssen und hat die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde, über die gemäß §§ 72, 75 GBO nach Nichtabhilfe durch die Grundbuchrechtspflegerin der Senat zu befinden hat, ist unzulässig.

Der Anfechtung durch die Beschwerde unterliegen gemäß § 71 Abs. 1 GBO die Entscheidungen des Grundbuchamtes. Anfechtbar sind deshalb grundsätzlich nur die in der Sache ergehenden Entschließungen des Grundbuchamtes. Bezogen auf einen Eintragungsantrag, zu dem auch die Löschung eines Rechts zählt, handelt es sich hierbei entweder um eine Zwischenverfügung im Sinne des § 18 Abs. 1 GBO oder eine sonstige abschließende Sachentscheidung, also eine Zurückweisung oder eine Eintragung, wobei für letztere die Einschränkung des § 71 Abs. 2 GBO gilt (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 71 Rn. 11/12 m. w. N.).

Sonstige Maßnahmen, bloße Vorbescheide oder Hinweise des Grundbuchamts auf die Rechtslage, sind nicht mit der Grundbuchbeschwerde anfechtbar, weil es sich hierbei nicht um Entscheidungen im Sinne des § 71 GBO handelt (Oberlandesgericht München Rpfleger 2011, 495; Senat, Beschlüsse vom 25.08.2010 – 20 W 282/10 – und vom 08.11. 2011 – 20 W 486/11 -).

Ob eine anfechtbare Zwischenverfügung vorliegt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf Grund des objektiven Erklärungsinhalts der Verfügung zu beurteilen, wobei ohne Bedeutung ist, dass das Grundbuchamt eine Verfügung als Zwischenverfügung bezeichnet hat oder behandelt wissen will (Demharter, a. a. O., § 71 Rdnr. 19; Senat Rpfleger 1997, 105 ; Oberlandesgericht München, a. a. O.).

Im vorliegenden Falle handelt es sich bei der Verfügung vom 05.03.2012 trotz der Fristsetzung gemäß § 18 GBO und der Rechtsmittelbelehrung nach diesen Rechtsgrundsätzen nicht um eine mit der Beschwerde anfechtbare Entscheidung, als welche lediglich eine Zwischenverfügung im Sinn des § 18 GBO in Betracht käme. Wesentliches Erfordernis einer Zwischenverfügung ist, dass ein (mit Rückwirkung) behebbares Eintragungshindernis vorliegt, dass in der Zwischenverfügung zu bezeichnen ist, ebenso die zu seiner Beseitigung geeigneten Mittel (Demharter, a. a. O., § 18, Rdnr. 30, 31; Meikel/Böttcher: Grundbuchrecht, 10. Aufl., § 18, Rdnr. 102, 103 m. w. H.).

Da der Verfügung vom 05.03.2012 die Rechtsauffassung der Grundbuchrechtspflegerin zu Grunde liegt, dass die Voraussetzungen des § 22 GBO nicht erfüllt seien, weil die Eintragung des Wohnungsrechts der materiellen Rechtslage entspricht, also keine Unrichtigkeit im Sinn des § 894 BGB vorliegt, ist nicht ersichtlich, mit welchen Mitteln die Antragstellerin dies ändern könnte. Dementsprechend wird auch kein zur Beseitigung des Eintragungshindernisses geeignetes Mittel angegeben. Die Vorlage einer Löschungsbewilligung oder auch nur einer Berichtigungsbewilligung durch die Berechtigte des Wohnungsrechts als der unmittelbar Betroffenen kann nicht mit einer Zwischenverfügung verlangt werden (Demharter, a. a. O., § 22, Rdnr. 31 und § 18 Rdnr. 12). Bei einem Berichtigungsantrag gemäß § 22 GBO, wie die Antragstellerin ihn vorliegend gestellt hat, besteht nur dann die Möglichkeit einer Zwischenverfügung, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs zumindest schlüssig behauptet wird und das Gegenteil nicht bekannt ist, jedoch versehentlich ein erforderlicher Nachweis für Eintragungsvoraussetzungen nicht vorgelegt wird. Steht aber fest, dass das Grundbuch nicht unrichtig ist, liegt ein Fall der zwingenden Zurückweisung des Antrags vor (Meikel/Böttcher, a. a. O., § 18, Rdnr. 38).

In der Verfügung vom 05.03.2012 erläutert die Grundbuchrechtspflegerin lediglich die entsprechend ihrer Auffassung gegebene Rechtslage, die der beantragten Löschung des Wohnungsrechts entgegensteht, ohne daraus die Konsequenz einer Antragszurückweisung zu ziehen. Deshalb stellt sich die Verfügung nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt lediglich als nicht anfechtbare Hinweisverfügung dar. Die Beschwerde war deshalb als unzulässig zu verwerfen, so dass eine inhaltliche Befassung mit der Rechtsauffassung der Rechtspflegerin in der Sache nicht geboten war. Der Senat weist für das weitere Verfahren aber darauf hin, dass diese Rechtsauffassung zutreffen dürfte. Die formell-rechtliche Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO entspricht der Unrichtigkeit im Sinn des § 894 BGB, setzt also voraus, dass die durch den Grundbuchinhalt dargestellte Rechtslage bezüglich Eigentum, beschränkter dinglicher Rechte, Verfügungsbeschränkungen, Vormerkungen oder Widersprüche nach Rechtsbestand, Rechtsinhalt oder Rechtsinhaberschaft nicht mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt. Entgegen der Meinung der Antragstellerin war ihr Vater durch die wechselbezüglichen Verfügungen in dem Testament vom 20.05.1964 und dem Eintritt der Bindungswirkung gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Tod seiner ersten Ehefrau … nicht gehindert, über sein eigenes Vermögen, zu dem das betroffene Grundstück seit dem Erwerb als Alleineigentümer kraft der Auflassung in 1935 und der Eintragung in 1936 unter Lebenden zu verfügen. Die gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB eingetretene Bindung ist rein erbrechtlich und wirkt sich nur auf letztwillige Verfügungen aus. Der überlebende Ehegatte kann durch Rechtsgeschäft unter Lebenden weiterhin über sein Vermögen uneingeschränkt verfügen. Wie im Fall des Erbvertrages (§ 2286 BGB) gilt auch bei wechselbezüglichen Verfügungen, die bindend geworden sind, dass der Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden über sein gesamtes Vermögen ohne jede Einschränkung verfügen und daher weiterhin wirksam Vermögensgegenstände an Dritte übertragen kann, auch unentgeltlich (Palandt/Weidlich: BGB, 70. Aufl., § 2271, Rdnr. 10 und § 2286, Rdnr. 1; Musielak in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 2271, Rdnr. 45, Staudinger/Kanzleiter: BGB, 2006, § 2271, Rdnr. 86). Um eine derartige Verfügung unter Lebenden handelt es sich bei der Bewilligung der Eintragung des Wohnungsrechts vom 01.12.1983. Diese ist als Rechtsgeschäft unter Lebenden auch dann wirksam, wenn von der Unwirksamkeit der Zuwendung des Wohnungsrechts als Vermächtnis in dem notariellen Testament vom 01.12.1983 auf Grund der Bindungswirkung des § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB auszugehen wäre.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erheben, nachdem die Rechtsmitteleinlegung nach inhaltlich unzutreffend erteilter Rechtsmittelbelehrung erfolgt ist, § 16 KostO. Damit bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 78 GBO für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen. Weder weist die Sache grundsätzliche Bedeutung auf, noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Es geht vielmehr um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

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