Formunwirksame Auflassungserklärung: Klarheit und Präzision im Grundbuchverfahren
Das Kammergericht Berlin entschied im Fall mit dem Aktenzeichen 1 W 559/14 und 1 W 560/14, dass eine Beschwerde gegen die Zurückweisung von Eintragungsanträgen durch das Grundbuchamt unbegründet ist. Zentral war hierbei die unzureichende Bestimmtheit der Auflassungserklärungen bei der Übertragung von Wohnungseigentum und Teileigentum, wodurch die formellen Anforderungen nicht erfüllt wurden.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 W 559/14 und 1 W 560/14 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Unzureichende Bestimmtheit der Auflassungserklärungen in Bezug auf Wohnungseigentum und Teileigentum.
- Zurückweisung der Eintragungsanträge durch das Grundbuchamt gemäß § 18 Abs. 1 GBO.
- Die Beschwerde wurde aufgrund fehlender Begründung zurückgewiesen.
- Erfordernis einer klaren und bestimmten Auflassungserklärung im Grundbuchverfahren.
- Unklarheiten in der Vertretungsbefugnis und Vollmachtserklärung.
- Nichterfüllung der Formvorschriften gemäß § 925 BGB.
- Stillschweigende Verbindung der Anträge aufgrund inneren Zusammenhangs.
- Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Übersicht
Eintragungshindernisse bei Immobilienkäufen: Die Herausforderung formunwirksamer Auflassungserklärungen durch Vertreter
Eintragungshindernisse bei Immobilienkäufen können entstehen, wenn die Auflassungserklärung durch einen Vertreter formunwirksam abgegeben wird. Dies kann verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise eine fehlende Vertretungsbefugnis oder bedingte oder befristete Auflassungserklärungen. Solche Hindernisse können den reibungslosen Ablauf eines Immobilienkaufs erheblich erschweren und zu Verzögerungen führen.
Eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Heilung des Formmangels durch Auflassung und Grundbucheintragung können jedoch dazu beitragen, Eintragungshindernisse zu vermeiden. In einigen Fällen kann die „richtige Gestaltung“ der Verträge den Bruch rechtfertigen und Eintragungshindernisse vermeiden. Es ist daher ratsam, bei der Gestaltung von Immobilienkaufverträgen auf die Einhaltung der formellen Anforderungen und die Klarheit der Auflassungserklärungen zu achten.
Im folgenden werden wir uns ein konkretes Urteil zum Thema Eintragungshindernisse bei formunwirksamer Auflassungserklärung durch Vertreter ansehen und die darin enthaltenen Lehren und Erkenntnisse diskutieren.
Klärung der Formwirksamkeit bei Auflassungserklärungen
Im Kern des Falles, der vom Kammergericht Berlin unter den Aktenzeichen 1 W 559/14 und 1 W 560/14 verhandelt wurde, steht die Zurückweisung einer Beschwerde, die sich gegen die Entscheidung des Grundbuchamts richtete. Diese Zurückweisung betraf die Eintragungsanträge, die aufgrund einer als formunwirksam betrachteten Auflassungserklärung durch einen Vertreter gestellt wurden. Der Fall beleuchtet die strengen Anforderungen an die Formwirksamkeit von Auflassungserklärungen im Grundbuchverfahren und hebt die Bedeutung der präzisen Abgrenzung von Rechtsbegriffen wie Wohnungseigentum und Teileigentum hervor.
Die rechtlichen Hürden im Detail
Die zentrale Problematik dieses Falles lag in den Details der Auflassungserklärungen. Das Gericht stellte fest, dass die im Rahmen einer notariellen Verhandlung abgegebenen Erklärungen nicht die im Grundbuchverfahren erforderliche Bestimmtheit aufwiesen. Konkret ging es um die unklare Bezeichnung von Wohnungseigentum und Teileigentum, wobei die Erklärungen nicht deutlich machten, ob beide Eigentumsarten gemeint waren. Diese Unklarheiten führten dazu, dass das Grundbuchamt die Anträge gemäß § 18 Abs. 1 GBO zurückwies. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität und die juristische Feinheit, die bei der Formulierung von Auflassungserklärungen erforderlich sind, insbesondere wenn es um verschiedene Arten von Eigentum geht.
Vertretungsbefugnis und Formvorschriften
Ein weiterer entscheidender Aspekt des Falles betrifft die Vertretungsbefugnis und die Einhaltung von Formvorschriften. Die notariell beglaubigte Erklärung ließ nicht erkennen, dass die Vertreterin auch im Namen der Beteiligten zu 3) als Erwerberin handelte. Dies wirft Fragen zur Vertretungsmacht und zur Klarheit der Vollmachtserklärungen auf. Zudem wurde festgestellt, dass die Form des § 925 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gewahrt wurde, was essenziell für die Gültigkeit einer Eigentumsübertragung ist. Dieser Teil des Urteils unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Beachtung formeller Vorschriften im Grundstücksrecht und die Notwendigkeit, dass alle Beteiligten eindeutig und klar in den entsprechenden Erklärungen aufgeführt werden müssen.
Das Urteil des Kammergerichts Berlin stellt ein klares Beispiel für die rigiden Anforderungen des deutschen Grundbuchrechts dar. Es zeigt auf, wie entscheidend die Genauigkeit und Rechtskonformität in Auflassungserklärungen und Vollmachtsregelungen sind. Die Entscheidung des Gerichts, die Beschwerde zurückzuweisen, unterstreicht die Notwendigkeit einer eindeutigen und präzisen Kommunikation im Rahmen von Immobilientransaktionen. Dieser Fall dient als wichtiger Orientierungspunkt für Rechtsanwälte, Notare und alle Beteiligten in ähnlichen rechtlichen Verfahren.
Das detaillierte Urteil des Kammergerichts Berlin, Az.: 1 W 559/14 und 1 W 560/14, bietet weitere Einblicke in diese komplexen rechtlichen Sachverhalte und ist ein exemplarisches Beispiel für die Bedeutung von Präzision im Grundbuchrecht.
✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
Was ist eine Auflassungserklärung im Grundbuchrecht?
Eine Auflassungserklärung im Grundbuchrecht bezeichnet die vertragliche Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den Eigentumswechsel an einer Immobilie. Diese Einigung wird in der Regel durch einen Notar beantragt, der den Kaufvertrag beurkundet hat. Der Notar übernimmt die Aufgabe, die notwendigen Schritte zur Eintragung der Auflassung ins Grundbuch zu veranlassen. Die Dauer der Eintragung der Auflassung ins Grundbuch kann einige Wochen bis Monate dauern und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Auslastung des zuständigen Grundbuchamts oder der Vollständigkeit der Unterlagen.
Die Auflassungsvormerkung und die Auflassung sind zwei verschiedene Begriffe, die im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf einer Immobilie relevant sind. Die Auflassungsvormerkung wird bereits vor der Eintragung der Auflassung ins Grundbuch vorgenommen. Sie wird in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen und schützt den Käufer vor einer möglichen Belastung des Grundstücks durch den Verkäufer, denen der Käufer nicht zugestimmt hat.
Die Auflassung hingegen bezeichnet die Einigung der Vertragsparteien über den Eigentumswechsel. Die Eigentumsübertragung erfolgt jedoch erst mit der Eintragung der Auflassung ins Grundbuch. Daher bedeutet die Auflassung allein noch keinen Eigentumswechsel.
Die Auflassung ist in den §§ 873 und 925 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Sie wird als dingliche Einigung bezüglich der Eigentumsübertragung bezeichnet.
Welche Rolle spielt die Bestimmtheit in einer Auflassungserklärung?
Die Bestimmtheit spielt eine entscheidende Rolle in einer Auflassungserklärung. Der Bestimmtheitsgrundsatz, der das Sachenrecht und das gesamte Grundbuchsystem beherrscht, erfordert, dass der Inhalt des Rechts klar und eindeutig feststehen muss. Der Rechtsinhalt muss aufgrund objektiver Umstände erkennbar und für einen Dritten verständlich sein, so dass dieser in der Lage ist, die hieraus folgende höchstmögliche Belastung des Grundstücks einzuschätzen oder zumindest eine Vorstellung davon zu haben, welche Bedeutung die Dienstbarkeit für das Eigentum haben kann.
Die Auflassung ist die dingliche Einigung zur Eigentumsübertragung von Grundstücken. Sie erfordert zwei auf die konkrete Eigentumsübertragung gerichtete Willenserklärungen. Im Rahmen der Auflassung ist die sog. Auflassungsvormerkung gem. §§ 883, 885 BGB zu beachten.
Die Bestimmtheit ist auch für die Eintragung im Grundbuch von Bedeutung. Die Bewilligung einer Vormerkung muss mit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Bestimmtheit enthalten, an welchem Belastungsobjekt die Vormerkung eingetragen werden soll.
Ohne ausreichende Bestimmtheit kann eine Auflassungserklärung nicht wirksam sein und kann daher zu rechtlichen Problemen führen. Daher ist es wichtig, dass alle Aspekte der Auflassungserklärung klar und eindeutig formuliert sind, um Missverständnisse und rechtliche Unklarheiten zu vermeiden.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 1 W 559/14 und 1 W 560/14 – Beschluss vom 20.01.2015
Die Beschwerde wird nach einem Wert von bis 140.000 € zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), jedoch nicht begründet. Das Grundbuchamt hat die Anträge vom 25. Juli 2013 zu Recht gemäß § 18 Abs. 1 GBO zurückgewiesen.
Für die Umschreibung des auf Blatt … gebuchten Rechts fehlt es – weiterhin – an der gemäß § 20 GBO nachzuweisenden Auflassung. Den Erklärungen unter Nr. 3 der notariellen Verhandlung vom … (UR-Nr. 132/2013 des Notars …) ist nicht mit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Bestimmtheit (vgl. dazu Demharter, GBO, 29. Aufl., § 19 Rn. 28) zu entnehmen, dass mit „dem vorbezeichneten Wohnungseigentum“ auch das Teileigentum gemeint ist. Dafür genügt weder die Überschrift „Wohnungseigentums-Schenkungsvertrag mit Auflassung, Bedingungen und Auflage“ noch die Bewilligung einer Rückauflassungsvormerkung (auch) bezüglich des Teileigentums. Denn die Beteiligten haben die Vertragsgegenstände als Wohnungseigentum (Blatt …) und Teileigentum (Blatt …) bezeichnet und unter Nr. 3 zudem keinen Plural („Wohnungseigentumsrechte“ oder „Wohnungseigentume“) verwandt.
Mit der notariell beglaubigten Erklärung vom … (UR-Nr. 397/2013 des Notars …) ist der erforderliche Nachweis ebenfalls nicht erbracht. Der Urkunde ist schon nicht hinreichend zu entnehmen, dass A… S… auch für die Beteiligte zu 3) als Erwerberin handelt. Zwar heißt es einleitend, sie gebe die Erklärungen aufgrund der ihr seitens „beider Vertragsparteien“ erteilten Vollmacht ab. In der anschließenden Erläuterung sind aber nur die Beteiligten zu 1) und 2) genannt, die Veräußerer. Darüber hinaus besteht ein weiterer Mangel, unabhängig davon, ob die auf eine bloße Ergänzung gerichtete Formulierung eine Einigung über die Übertragung des Eigentums (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB) ausreichend erkennen lässt. Damit wäre jedenfalls die Form des § 925 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gewahrt. Auch wenn für die Einigung über den Eigentumsübergang eine (wirksame) Beurkundung nicht erforderlich ist (RGZ 99, 65, 67; BGHZ 22, 312, 315 ff.; NJW 1992, 1101, 1102; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 925 Rn. 3), muss sie vor einer zuständigen Stelle erklärt werden – hier dem Notar (§ 925 Abs.1 S.2, § 20 Abs.2 BNotO). Das setzt voraus, dass der Notar bei der Abgabe der Auflassungserklärungen zugegen und zu ihrer Entgegennahme bereit ist (vgl. RGZ 132, 406, 410; MünchKomm/Kanzleiter, BGB, 6. Aufl., § 925 Rn. 14), was sich aus dem bloßen Beglaubigungsvermerk nach § 40 BeurkG aber nicht ergibt.
Das Hindernis steht auch den weiter beantragten Eintragungen entgegen. Es ist von einer stillschweigenden Verbindung der Anträge gemäß § 16 Abs. 2 GBO auszugehen, da zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. Demharter, a.a.O., § 16 Rn. 11). Der Notar ist der entsprechenden Annahme des Grundbuchamts in dem angefochtenen Beschluss auch nicht entgegengetreten.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 61, 46, 36 Abs. 1 GNotKG. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 S. 1 GBO nicht vorliegen.