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Eintragung eines nicht rechtsfähigen Vereins im Grundbuch

KG Berlin – Az.: 1 W 442/16 – Beschluss vom 29.11.2016

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1 ist eingetragener Eigentümer des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks. Im Grundbuch für dieses Grundstück ist seit dem 19. November 2010 in Abt. III lfd. Nr. 11 eine Grundschuld für den Beteiligten zu 2 eingetragen. Der Beteiligte zu 2 ist ein nicht im Vereinsregister eingetragener und nicht konzessionierter Verein.

Der Beteiligte zu 1 begehrt die Löschung der Belastung. Er hat dazu eine Löschungsbewilligung des Herrn N1… L…, handelnd im Namen des Beteiligten zu 2, und zum Zwecke des Nachweises von dessen Vertretungsberechtigung die Satzung des Beteiligten zu 2 und das Protokoll der Landeskonferenz vom 8. Februar 2015 über die Wahl von N2… L… zum Vorsitzenden des Landesvorstands vorgelegt.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 6. April 2016 darauf hingewiesen, dass die Gläubigerbezeichnung unvollständig sei, da sämtliche Mitglieder zum Zeitpunkt der Bewilligung der Grundschuld, ggfls. unter Hinzufügung der Vereinsbezeichnung, zu benennen und einzutragen gewesen seien. Das Grundbuchamt hat dem Beteiligten zu 1 aufgegeben, die Grundschuldbestellungsurkunde vom 8. November 2010 um alle damaligen Mitglieder des Beteiligten zu 2 zu ergänzen und Löschungsbewilligungen dieser Mitglieder in der Form des § 29 GBO einzureichen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1. Er ist der Ansicht, für den Beteiligten zu 2 gelte eine Großvereinsklausel wie etwa auch für Parteien. Die Vertretungsberechtigung von N3… L… ergebe sich aus der Satzung. Soweit die Eintragung des Beteiligten zu 2 falsch sein sollte, regt er an, diese von Amts wegen zu löschen. Für den Fall, dass ein Antrag auf Grundbuchberichtigung erforderlich sei, bittet er um einen rechtlichen Hinweis.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21. Januar 2016 – V ZB 19/15 -, WM 2016, 986) könne ein nicht rechtsfähiger Verein nicht nur unter dem Vereinsnamen im Grundbuch eingetragen werden. Die einer politischen Partei zukommende Sonderstellung im politischen System sei bei dem Beteiligten zu 2 nicht gegeben. Eine Amtslöschung komme nicht in Betracht, weil die Eintragung nicht inhaltlich unzulässig, sondern nur die Gläubigerbezeichnung unvollständig sei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und hat im Ergebnis auch in der Sache Erfolg. Die Zwischenverfügung war nicht gemäß § 18 GBO veranlasst. Zwar stehen dem Vollzug des Löschungsantrags mehrere Hindernisse entgegen. Diese Hindernisse können jedoch nicht aufgrund der angefochtenen Zwischenverfügung behoben werden. Die Eintragung des Beteiligten zu 2 ist inhaltlich unzulässig und damit unwirksam. Sie kann nicht Grundlage weiterer Eintragungen sein. Vielmehr liegen die Voraussetzungen für eine Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO vor.

Eine Eintragung ist inhaltlich unzulässig, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, aus Rechtsgründen nicht bestehen kann (BGH, FGPrax 2015, 5; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 53 Rdn. 42). Die Unzulässigkeit muss sich aus dem Eintragungsvermerk selbst und der zulässigerweise in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ergeben.

Die Eintragung eines nichtrechtsfähigen Vereins im Sinne von § 54 BGB im Grundbuch allein unter seinem Namen ist nicht möglich (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 – V ZB 19/15 -, WM 2016, 986). Eine dennoch in dieser Form erfolgte Eintragung verlautbart jedenfalls dann ein Recht, das in der eingetragenen Ausgestaltung nicht bestehen kann, wenn die Eintragung nach dem Inkrafttreten von § 47 Abs. 2 GBO am 18. August 2009 vorgenommen wurde.

Der BGH hat in der Entscheidung vom 21. Januar 2016 (a.a.O.) offengelassen, ob ein nicht in das Vereinsregister eingetragener und nicht konzessionierter Verein überhaupt rechtsfähig und damit grundbuchfähig ist. Dies kann auch hier dahingestellt bleiben. Fehlte es dem Beteiligten zu 2 an Rechtsfähigkeit, so ergäbe sich die inhaltliche Unzulässigkeit seiner Eintragung als Gläubiger schon daraus. Die Eintragung kann nicht als eine solche der Mitglieder ausgelegt werden, weil die Mitglieder nicht benannt sind.

Aber auch wenn die Rechtsfähigkeit von Vereinen im Sinne von § 54 BGB wegen des Verweises auf die Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts bejaht würde, wäre die Eintragung des Beteiligten zu 2 vom 19. November 2010 nicht nur ergänzungsbedürftig (und überhaupt ergänzungsfähig), sondern inhaltlich unzulässig. Denn gleiches gilt auch für die Eintragung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach dem 18. August 2009 ohne ihre Gesellschafter im Grundbuch eingetragen wurde.

In der Zeit zwischen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Dezember 2008 – V ZB 74/08 – (NJW 2009, 594) und dem Inkrafttreten von § 47 Abs. 2 GBO sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts zulässig allein unter ihrem Namen ohne Bezeichnung der Gesellschafter im Grundbuch eingetragen worden. Für diese Gesellschaften hat der Gesetzgeber mit Art. 229 § 21 EGBGB bewusst eine Rückwirkung von § 47 Abs. 2 S. 1 GBO nicht angeordnet, so dass diese Gesellschaften weiterhin ohne ihre Gesellschafter im Grundbuch eingetragen sein können (BT-Drucks. 16/13437 S. 26).

Mit Ausnahme dieser bereits eingetragenen Gesellschaften wollte der Gesetzgeber mit § 47 Abs. 2 S. 1 GBO Eintragungen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts allein unter ihrem Namen jedoch ausdrücklich unterbinden, weil sie praktisch kaum lösbare Probleme (Nachweis von Existenz, Vertretung und Identität in der Form des § 29 GBO) nach sich ziehen (BT-Drucks. 16/13437 S. 24). Diese Probleme ließen sich nur verhindern, indem sichergestellt wurde, dass das Grundbuch die Namen der Gesellschafter als maßgebliches Kriterium zur Identifikation der eingetragenen Gesellschaft und als Grundlage für eine entsprechende Anwendung von §§ 892 ff. BGB enthält. Letztere materiell-rechtliche Folge der Eintragung der Gesellschafter hat der Gesetzgeber mit Recht als Voraussetzung für eine effektive Teilnahme von Gesellschaften bürgerlichen Rechts am Immobilienverkehr angesehen (BT-Drucks. 16/13437 S. 24). Er hat deshalb § 47 Abs. 2 S. 1 GBO – anders als § 47 Abs. 1 GBO – nicht als bloße Ordnungsvorschrift ausgestaltet, sondern als zwingendes Erfordernis des Rechtserwerbs (Demharter, a.a.O., § 47 Rdn. 211; Wegmann in Bauer/ von Oefele, BGO, 3. Aufl., § 47 Rdn. 211).

Da eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Eintragung ihrer Gesellschafter grundbuchliche Rechte nicht mehr erwerben kann, zeigt eine unter Verstoß gegen § 47 Abs. 2 S. 1 GBO vorgenommene Eintragung schon im Eintragungsvermerk selbst, dass das verlautbarte Recht in dieser Ausgestaltung nicht bestehen kann. Eine solche Eintragung ist als inhaltlich unzulässig zu löschen (Lautner, DNotZ 2009, 650, 654; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 240c).

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