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Befristet eingetragenen Rückauflassungsvormerkung – Auslegung

 Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 52/21 – Beschluss vom 15.09.2021

1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Saarbrücken – Grundbuchamt – vom 8. Juli 2021 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 65.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Im Grundbuch von K., Blatt X, ist in Abteilung II unter der lfd. Nummer 4 für das in Abteilung I, lfd. Nr. 1 als Eigentum der Beteiligten zu 1) eingetragene Grundstück die nachfolgende Belastung eingetragen:

„Rückauflassungsvormerkung, befristet, für P. M. K. geb. B., geb. am 28. November 1969, wohnhaft in K.; Vorrangsvorbehalt: Grundpfandrechte bis 115.000,- Euro, bis 20 Prozent Zinsen jährlich; bis 10 Prozent Nebenleistungen einmalig; mehrmalig ausnutzbar; gemäß Bewilligung vom 23. März 2020 (URNr. 126, Notarin M. W.); eingetragen am 27. Oktober 2020.

Bei der gesicherten Forderung handelt es sich um eine – so bezeichnete –Rückkaufoption in der Form eines aufschiebend bedingten Kaufvertrages, die die Beteiligte zu 1) dem Beteiligten zu 3) nach dem Erwerb des Grundstücks (vgl. die – weitere – notarielle Urkunde vom 23. März 2020, UR 125/2020 der Notarin M. W.) eingeräumt hatte. In der vom Eintragungsvermerk in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung (Seite 4 der notariellen Urkunde vom 23. März 2020, UR 126/2020) heißt es zum Inhalt der Belastung:

„Zur Sicherung des bedingten Übereignungsanspruches des Optionsberechtigten wird bewilligt und beantragt die Eintragung einer bis zum 23. April 2021 befristeten Eigentumsvormerkung gem. § 883 BGB im Grundbuch. Vorbehalten bleibt das Recht des Grundstückseigentümers, im Rang vor dieser Vormerkung Grundpfandrechte bis zu 115.500,- Euro nebst Zinsen bis zu 20 Prozent jährlich ab Eintragung und Nebenleistungen bis zu 10 Prozent aus dem Nominalbetrag der Grundschuld eintragen zu lassen, auch mehrfach oder in Teilbeträgen. Die Eintragung des Rangvorbehalts wird bewilligt und beantragt.

Die Vertragsschließenden bevollmächtigten bereits jetzt, nach Ablauf der o.g. Frist zur Ausübung der Rückkaufoption und Weisung des Käufers, die amtierende Notarin mit Eigenurkunde den Antrag auf Löschung der eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung des Verkäufers zu stellen und die Bewilligung im Namen des Verkäufers zu erklären.

Dem entsprechenden Auftrag seitens des Käufers soll die Notarin jedoch nur Folge leisten, sofern der Käufer an Eides statt versichert, dass die Rückkaufoption seitens des Verkäufers nicht oder nicht fristgerecht ausgeübt wurde. Vor Stellung des Löschungsantrages hat die Notarin den Verkäufer über die beabsichtigte Löschung der Eigentumsübertragungsvormerkung schriftlich an die zuletzt bekannte Anschrift zu unterrichten. Nach Ablauf einer Frist von vier Wochen ist der Antrag dem Grundbuchamt vorzulegen. Die Frist beginnt mit der Absendung des Schreibens an den Verkäufer.“

Mit notarieller Urkunde vom 19. Mai 2021 (UR Nr. 286/2021 derselben Notarin) veräußerte die Beteiligte zu 1) den vorstehenden Grundbesitz an die Beteiligte zu 2). Mit Schreiben der Urkundsnotarin vom 20. Mai 2021 beantragte diese sodann unter Hinweis auf § 15 GBO u.a. die Löschung der in Abt. II Nr. 4 eingetragenen Vormerkung, wobei sie – entsprechend einer in dieser Urkunde insoweit verkürzten Wiedergabe des Grundbuchinhaltes – die Auffassung vertrat, diese sei wegen Befristung mit Ablauf des 23. April 2021 gegenstandslos geworden.

Mit der angefochtenen Zwischenverfügung vom 8. Juli 2021 hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – im Anschluss an einen gleichlautenden, erfolglos gebliebenen Hinweis – darauf aufmerksam gemacht, dass zur Löschung der Rückauflassungsvormerkung die Vorlage einer Löschungsbewilligung notwendig sei, die binnen sechs Wochen in der Form des § 29 GBO vorzulegen sei. Aus der notariellen Urkunde Nr. 126/2020 folge, dass die Urkundsnotarin bevollmächtigt sei, nach Fristablauf und auf Weisung des Käufers die Löschung der Vormerkung zu beantragen und zu bewilligen. Eine Löschung allein aufgrund Zeitablaufes sei angesichts dessen nicht möglich. Hiergegen richtet sich die am 5. August 2021 eingereichte Beschwerde der Beteiligten, die die Ansicht vertreten, dass das eingetragene Recht (ergänze: „nur“) einer Befristung unterliege und daher nach Fristablauf im Wege der Grundbuchberichtigung zu löschen sei, und der das Amtsgericht mit Beschluss vom 1. September 2021 nicht abgeholfen hat.

Der Senat hat das Grundbuch mit Stand der letzten Änderung vom 27. Oktober 2020 am 10. September 2021 eingesehen.

II.

Die – erkennbar – namens der Beteiligten zu 1) und zu 2) durch ihre Verfahrensbevollmächtigte (§ 15 GBO) eingelegte, gemäß §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes ist unbegründet. Das Amtsgericht hat die begehrte Löschung der in Abteilung II lfd. Nr. 4 eingetragenen Rückauflassungsvormerkung vollkommen zu Recht von der Vorlage einer Löschungsbewilligung (§§ 19, 29 GBO) abhängig gemacht, weil dies bei sachgerechter Auslegung der vom Eintragungsvermerk in Bezug genommenen Bewilligung in der notariellen Urkunde Nr. 126/2020 vom 23. März 2020 gefordert wird. Allein wegen des Fristablaufes und einer dadurch eingetretenen (vermeintlichen) Unrichtigkeit des Grundbuches (§ 22 GBO) kann eine Löschung der Rückauflassungsvormerkung nicht erfolgen:

1.

Anerkanntermaßen kann eine Auflassungsvormerkung, wie sie hier vorliegt, auch bedingt oder befristet bewilligt werden; in einem solchen Fall ist auch die Bedingung oder die Befristung in das Grundbuch mit einzutragen (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2012 – V ZB 258/11, BGHZ 193, 152; Demharter, Grundbuchordnung 31. Aufl., § 44 Rn. 20; Kohler, in: MünchKomm-BGB 8. Aufl., § 885 Rn. 25; zweifelnd Staudinger/Kesseler (2020) BGB § 885, Rn. 112). Maßgeblich für den Inhalt des eingetragenen Rechts ist nicht der Eintragungsvermerk, sondern die zugrunde liegende Bewilligung, deren Inhalt das Grundbuchamt auch nicht durch abweichende Eintragungen verändern kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1989 – IVb ZR 79/88, NJW 1990, 112; OLG Hamm, NZM 2012, 318; Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 7). Wurde lediglich ein bedingtes oder befristetes Recht zur Eintragung bewilligt, dann aber – infolge fehlender Aufnahme in den Eintragungsvermerk – ein unbedingtes oder unbefristetes Recht eingetragen (§ 873 BGB), so entsteht gleichwohl materiell-rechtlich nur ein bedingtes oder befristetes Recht (BGH, Beschluss vom 7. April 2011 – V ZB 11/10, NJW-RR 2011, 882; BayObLG, NJW-RR 1998, 1025; OLG Hamm, NZM 2012, 318; Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 7; insbes. zur Vormerkung: Kohler, in: MünchKomm-BGB, a.a.O., § 885 Rn. 25). Deshalb ist es vollkommen zutreffend, dass das Grundbuchamt hier wegen des konkreten Inhaltes der in Abteilung II lfd. Nr. 4 eingetragenen Rückauflassungsvormerkung nicht allein auf den – möglicherweise verkürzten – Eintragungsvermerk, sondern – auch – auf die zugrunde liegende Bewilligung in der notariellen Urkunde Nr. 126/2020 abgestellt hat, die aufgrund ihrer Inbezugnahme im Eintragungsvermerk als Bestandteil der Grundbuchakten den Inhalt und die Reichweite der Vormerkung näher beschreibt.

2.

Ebenfalls vollkommen zu Recht hat das Grundbuchamt die Vormerkung unter Rückgriff auf die einbezogene Bewilligung dahin ausgelegt, dass außer dem – hier zweifellos erfolgten – Ablauf der darin genannten Frist am 23. April 2021 zu ihrem Erlöschen auch noch die Vorlage einer entsprechenden Bewilligung des Berechtigten (oder seines dazu bevollmächtigten Vertreters) erforderlich ist, an der es hier fehlt.

a)

Die Auslegung des durch die Eintragungsbewilligung bestimmten Grundbuchinhalts muss der Zweckbestimmung des Grundbuchs folgen, über bestehende dingliche Rechte jedem, der das Grundbuch einsieht, eindeutig Aufschluss zu geben, so dass auf Wortlaut und Sinn abzustellen ist, wie er sich aus dem Eintragungsvermerk und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände, die außerhalb dieser Urkunden liegen, dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2000 – V ZR 435/98, BGHZ 145, 16; Demharter, a.a.O., § 53 Rn. 4). Ist die Eintragungsbewilligung – wie hier – in einer notariellen Urkunde enthalten, können zur Auslegung der Eintragung nur die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen herangezogen werden; darauf, was derjenige gewollt hat, auf dessen Bewilligung sich die Eintragung gründet, kommt es dagegen nicht an (OLG Hamm, NZM 2012, 318; BayObLG, FGPrax 2002, 151; Demharter, a.a.O., § 53 Rn. 4).

b)

Das Amtsgericht hat diese Grundsätze beachtet und mit Recht angenommen, dass eine Löschung der Vormerkung im Wege der Grundbuchberichtigung aufgrund des bloßen Zeitablaufes ausscheidet. Es hat zutreffend ausgeführt, dass die Vormerkung nicht – allein – bis zum 23. April 2021 befristet wurde, sondern dass deren Erlöschen darüber hinaus – auch – von der Vorlage einer Löschungsbewilligung des Verkäufers abhängig gemacht worden ist, die angesichts einer entsprechenden Ermächtigung auch von der Urkundsnotarin erteilt werden könnte. Diese zusätzliche Voraussetzung (zur praktischen Sinnhaftigkeit: Staudinger/Kesseler (2020) BGB § 886, Rn. 41) hat es mit Recht aus der Formulierung geschlossen, wonach „die Vertragsschließenden (…) bereits jetzt, nach Ablauf der o.g. Frist zur Ausübung der Rückkaufoption und Weisung des Käufers, die amtierende Notarin (bevollmächtigen), mit Eigenurkunde den Antrag auf Löschung der eingetragenen Eigentumsübertragungsvormerkung des Verkäufers zu stellen und die Bewilligung im Namen des Verkäufers zu erklären“. Eine solche Ermächtigung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Eintragungsbewilligung machte nämlich erkennbar nur dann Sinn, wenn die Löschung der Vormerkung, freilich nicht vor Ablauf der ebenfalls vereinbarten Befristung, von einer solchen Bewilligung abhängig gemacht werden sollte, andernfalls hätte es deren nicht bedurft. Vollkommen zu Recht sieht die Rechtspflegerin deshalb darin eine Klarstellung, dass eine Löschung der Vormerkung allein wegen des Zeitablaufes gerade nicht gewünscht war.

3.

Bei dieser Sachlage kam eine Löschung der Vormerkung im Wege der Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO) hier nicht in Betracht. Wenngleich die vereinbarte Befristung abgelaufen ist, fehlt es an der weiteren Bedingung einer – in der Form des § 29 GBO beizubringenden – Bewilligung des Verkäufers. Eine solche wurde auch mit der Beschwerde nicht vorgelegt; die darin erneuerte Auffassung der Urkundsnotarin, es handele sich vorliegend um eine (nur) befristete Vormerkung, ist unzutreffend, ebenso die weiteren Argumente, mit denen diese das Anliegen der Antragsteller zu untermauern sucht. Dass auch der schuldrechtliche Anspruch erloschen sei, kann nicht festgestellt werden; vielmehr bedürfte es dazu eines jeden Zweifel ausschließenden Nachweises in der Form des § 29 GBO, dass jede Möglichkeit des (Fort-) Bestehens des gesicherten Anspruchs ausgeschlossen ist (vgl. BayObLG, NJW-RR 1997, 590; OLG Köln, FGPrax 2010, 14). Daran fehlt es hier, insbesondere kann das Erlöschen der Rückkaufoption vom Grundbuchamt nicht geprüft werden, worauf die angefochtene Zwischenverfügung zutreffend hinweist. Verfehlt ist schließlich der Hinweis auf die mit Erteilung einer Löschungsbewilligung verbundenen Haftungsrisiken der Urkundsnotarin. Denn unbeschadet ihrer Befugnis, die Bewilligung im Namen des Verkäufers abzugeben, bestünde bei Zweifeln über die Reichweite ihrer Vollmacht immer noch die Möglichkeit, eine eigene Bewilligung des Beteiligten zu 3) einzuholen. Dass der von ihr eingeschlagene Weg der Grundbuchberichtigung ausscheidet, beruht allein darauf, dass die beurkundete Bewilligung die damit (vermeintlich) beabsichtigte Befristung nicht hinreichend eindeutig in diesem Sinne formuliert wurde und dieser Mangel daher auch nicht durch Auslegung behoben werden kann.

3.

Einer ausdrücklichen Kostenentscheidung bedurfte es im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Kostenfolge (§ 22 Abs. 1 GNotKG) nicht. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens war entsprechend § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG, auch i.V.m. § 61 GNotKG, mit der Hälfte des Grundstückswerts anzusetzen (vgl. OLG München, FGPrax 2015, 230; Schwarz, in: Korintenberg, GNotKG 21. Aufl., § 51 Rn. 26; Kawell, in: Toussaint, Kostengesetze 51. Aufl., § 51 GNotKG Rn. 7); diesen schätzt der Senat auf Grundlage des bei der zeitlich letzten Veräußerung erzielten Kaufpreises auf 130.000,- Euro (UR Nr. 286/2021, Seite 4).

Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 GBO) nicht zuzulassen.

 

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