Nachträgliche Änderungen in beglaubigten Erklärungen – Grundsätzliche Zulässigkeit
In einem Verfahren vor dem OLG Karlsruhe ging es um die Beschwerde gegen die Entscheidung eines Grundbuchamts, die Löschung einer Grundschuld aufgrund formeller Bedenken abzulehnen; das Gericht entschied zugunsten der Beschwerdeführerin, indem es feststellte, dass nachträgliche Änderungen an einer öffentlich beglaubigten Erklärung die Formwirksamkeit nicht beeinträchtigen und die Löschung der Grundschuld somit vorzunehmen ist.
Übersicht
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das OLG Karlsruhe entschied, dass die Löschung einer Grundschuld nicht durch formelle Bedenken bezüglich nachträglicher Änderungen an einer öffentlich beglaubigten Erklärung verhindert werden darf.
- Eine öffentlich beglaubigte Erklärung behält auch nach nachträglichen Änderungen ihre Formwirksamkeit, sofern die Änderungen vom Willen des Unterzeichners gedeckt sind.
- Die Entscheidung hebt die Bedeutung der freien Beweiswürdigung hervor, um festzustellen, ob eine nachträgliche Änderung vom Willen des Unterzeichners gedeckt ist.
- Das Gericht stellte klar, dass für die Löschung einer Grundschuld sowohl die Bewilligung der Gläubigerin als auch die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich sind, beide in öffentlich beglaubigter Form.
- In diesem Fall bezogen sich die ursprünglichen Bewilligungen und Zustimmungen irrtümlich nicht auf alle relevanten Grundbuchblätter; das Gericht erkannte jedoch die nachträgliche Erweiterung dieser Erklärungen als vom Willen der Beteiligten gedeckt an.
- Die Entscheidung unterstreicht die Flexibilität im Umgang mit öffentlich beglaubigten Dokumenten im Grundbuchrecht und bestärkt die Möglichkeit, praktische Lösungen für versehentliche Fehler zu finden.
- Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wurden nicht erhoben, und außergerichtliche Kosten der Beteiligten wurden nicht erstattet.
Grundbuchordnung im Fokus
Öffentlich beglaubigte Erklärungen sind in vielen Rechtsbereichen von großer Bedeutung. Insbesondere im Grundstücksverwaltungsrecht spielen sie eine zentrale Rolle. Ob die nachträgliche Änderung eines bereits unterzeichneten und beglaubigten Textes die Formwirksamkeit aufhebt, ist nicht selten Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Die Anforderungen der Grundbuchordnung an die Form diverser Erklärungen, etwa zu Löschungen oder Eigentumsübertragungen, sind komplex. Eine falsche Handhabung kann weitreichende Folgen haben. Für Betroffene ist es daher unerlässlich, sich mit den Rahmenbedingungen näher vertraut zu machen.
➜ Der Fall im Detail
Streit um nachträgliche Änderungen in öffentlich beglaubigten Erklärungen
Im Zentrum dieses Falles steht eine rechtliche Auseinandersetzung, die durch den Versuch einer Grundschuldlöschung aus dem Grundbuch ausgelöst wurde.
Die Beteiligte, eine Eigentümerin von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück, strebte die Löschung einer zu Finanzierungszwecken eingetragenen Grundschuld an. Dieser Prozess involvierte mehrere juristische Dokumente und Schritte, einschließlich der Ausstellung einer Löschungsbewilligung durch die Gläubigerin sowie der Zustimmung der Grundstückseigentümerin. Das rechtliche Problem entstand, als das Grundbuchamt Villingen-Schwenningen die Löschung aufgrund formeller Bedenken ablehnte. Diese Bedenken bezogen sich insbesondere auf die nachträgliche handschriftliche Ergänzung eines Kommas und einer Blattnummer in der Löschungsbewilligung, welche nicht in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt wurde.
Bedeutung öffentlich beglaubigter Urkunden und formelle Hürden
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe adressierte die zentrale Frage, ob eine nachträgliche Änderung in einer öffentlich beglaubigten Erklärung die formelle Wirksamkeit dieser Urkunde beeinträchtigt. Das Gericht stellte klar, dass die öffentliche Beglaubigung primär die Echtheit der Unterschrift des Erklärenden bestätigt, jedoch keinen Aufschluss über den Inhalt der Erklärung gibt. Entsprechend kann eine nach der Unterschriftsbeglaubigung vorgenommene Textänderung die Formwirksamkeit der Erklärung unter bestimmten Umständen beibehalten. Die Beweiskraft einer solchen geänderten Urkunde obliegt jedoch der freien Beweiswürdigung des jeweiligen Grundbuchamtes oder Beschwerdegerichts.
Durchsetzung der Löschung trotz formeller Einwände
Das OLG Karlsruhe hob hervor, dass sowohl die Löschungsbewilligung der Gläubigerin als auch die Zustimmung der Eigentümerin trotz nachträglicher Änderungen ihre formelle Gültigkeit nicht verlieren. Der Senat betonte, dass im vorliegenden Fall die nachträgliche Ergänzung der Löschungsbewilligung dem Willen der ursprünglich Unterzeichnenden entsprach und somit eine gültige Grundlage für die Löschung der Grundschuld darstellte. Entscheidend für diese Beurteilung waren die Umstände des Einzelfalls und die Überzeugung des Gerichts, dass die Ergänzungen vom Willen der Beteiligten gedeckt waren.
Konsequenzen für die Praxis und Verfahrensökonomie
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe trägt zur Klärung der Rechtslage bei und stärkt die Position von Eigentümern und Gläubigern in ähnlich gelagerten Fällen. Sie verdeutlicht, dass formelle Hindernisse, wie nachträgliche Änderungen in öffentlich beglaubigten Urkunden, nicht zwangsläufig die Durchführung rechtlicher Vorhaben, wie die Löschung von Grundschulden, blockieren müssen. Die Urteilsbegründung unterstreicht die Wichtigkeit einer pragmatischen Herangehensweise und der Möglichkeit, im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu einer Lösung zu kommen, die sowohl den formellen Anforderungen des Grundbuchrechts entspricht als auch den Interessen der Beteiligten gerecht wird.
Respektierung des Willens der Beteiligten und Beweislast
Das Gericht legte besonderen Wert auf den Nachweis, dass die nachträglichen Änderungen den tatsächlichen Intentionen der Beteiligten entsprachen. Die Entscheidung macht deutlich, dass die Gerichte bereit sind, im Rahmen der Beweiswürdigung auch nicht formell beglaubigte Nachweise zu akzeptieren, sofern überzeugend dargelegt werden kann, dass diese Änderungen vom Willen der Unterzeichner getragen sind.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Welche Rolle spielt die öffentliche Beglaubigung bei juristischen Dokumenten?
Die öffentliche Beglaubigung spielt eine wichtige Rolle bei juristischen Dokumenten, da sie die Echtheit einer Unterschrift auf einem Dokument bestätigt. Durch die Beglaubigung der Unterschrift durch einen Notar gemäß § 129 BGB wird amtlich bescheinigt, dass die Unterschrift tatsächlich von der angegebenen Person stammt. Dies schafft Rechtssicherheit und Vertrauen, insbesondere bei wichtigen Rechtsgeschäften und Verträgen.
Die öffentliche Beglaubigung ist in bestimmten Fällen gesetzlich vorgeschrieben, beispielsweise bei Anträgen auf Eintragung in das Handelsregister oder das Vereinsregister sowie bei Erklärungen für Eintragungen im Grundbuch. Hier dient die Beglaubigung dazu, die Identität der Unterzeichnenden zweifelsfrei festzustellen und Missbrauch vorzubeugen.
Im Gegensatz zur notariellen Beurkundung erstreckt sich die öffentliche Beglaubigung jedoch nur auf die Echtheit der Unterschrift, nicht auf den Inhalt des Dokuments selbst. Der Notar prüft bei der Beglaubigung lediglich, ob die Unterschrift in seiner Gegenwart geleistet oder anerkannt wurde. Eine inhaltliche Prüfung oder Beratung findet nicht statt.
Neben der öffentlichen Beglaubigung durch Notare gibt es auch die amtliche Beglaubigung durch bestimmte Behörden. Diese ist in Fällen zulässig, in denen das Gesetz eine amtliche Beglaubigung ausdrücklich vorsieht, zum Beispiel bei bestimmten Verwaltungsverfahren. Für den internationalen Rechtsverkehr sind häufig zusätzliche Formalitäten wie die Apostille oder Legalisation erforderlich, um die Anerkennung öffentlicher Urkunden im Ausland sicherzustellen.
Insgesamt trägt die öffentliche Beglaubigung wesentlich zur Rechtssicherheit und zum Vertrauensschutz im Rechtsverkehr bei. Sie schafft Gewissheit über die Identität der Unterzeichnenden und die Authentizität von Unterschriften auf juristischen Dokumenten.
Wie wirken sich nachträgliche Änderungen auf die Formwirksamkeit öffentlich beglaubigter Urkunden aus?
Nachträgliche Änderungen an einer öffentlich beglaubigten Urkunde beeinträchtigen grundsätzlich nicht deren Formwirksamkeit. Der Charakter einer Erklärung als öffentlich beglaubigt im Sinne des § 29 GBO geht durch eine nachträgliche Änderung des über der Unterschrift stehenden Textes nicht verloren.
Allerdings kann die Beweiskraft einer solchermaßen abgeänderten Urkunde eingeschränkt sein. Insbesondere soll das Grundbuchamt eine solche Urkunde zurückweisen können, wenn der Verdacht besteht, dass die Urkunde von einer anderen Person als dem Aussteller und ohne dessen Zustimmung abgeändert wurde.
Abschriften dürfen zudem nicht beglaubigt werden, wenn Umstände zu der Annahme berechtigen, dass der ursprüngliche Inhalt des Schriftstückes, dessen Abschrift beglaubigt werden soll, geändert worden ist. Dies gilt insbesondere, wenn das Schriftstück Lücken, Durchstreichungen, Einschaltungen, Änderungen, unleserliche Wörter, Zahlen oder Zeichen, Spuren der Beseitigung von Wörtern, Zahlen oder Zeichen enthält oder wenn der Zusammenhang eines aus mehreren Blättern bestehenden Schriftstückes aufgehoben ist.
Entscheidend ist daher, ob die nachträglichen Änderungen vom Aussteller selbst oder mit dessen Zustimmung vorgenommen wurden. Stammen sie von einem Dritten ohne Zustimmung des Ausstellers, kann dies die Beweiskraft und Anerkennung der Urkunde gefährden, auch wenn die Formwirksamkeit grundsätzlich erhalten bleibt.
Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, empfiehlt es sich daher, nachträgliche Änderungen an öffentlich beglaubigten Urkunden möglichst zu vermeiden oder zumindest transparent zu machen, beispielsweise durch eine erneute notarielle Beglaubigung der geänderten Fassung. So lassen sich Zweifel an der Integrität und Beweiskraft der Urkunde von vornherein ausräumen.
Welche Konsequenzen hat die Nicht-Akzeptanz einer Löschungsbewilligung durch das Grundbuchamt?
Wenn das Grundbuchamt eine Löschungsbewilligung nicht akzeptiert und zurückweist, hat dies verschiedene Konsequenzen für die Beteiligten:
- Die Löschung der Grundschuld im Grundbuch kann nicht durchgeführt werden. Die Grundschuld bleibt somit weiterhin bestehen und belastet das Grundstück, auch wenn der zugrundeliegende Kredit bereits vollständig getilgt wurde.
- Rechtliche Transaktionen, die eine lastenfreie Übertragung des Grundstücks erfordern, wie beispielsweise ein Verkauf, können dadurch verzögert oder verhindert werden. Ein potenzieller Käufer wird in der Regel auf einer Löschung bestehen, um das Grundstück unbelastet zu erwerben.
- Der Eigentümer des Grundstücks muss die Gründe für die Zurückweisung der Löschungsbewilligung durch das Grundbuchamt klären und beheben. Häufige Ursachen sind formale Mängel, wie fehlende oder fehlerhafte Unterlagen sowie inhaltliche Unstimmigkeiten.
- Es können zusätzliche Kosten und Aufwand für den Eigentümer entstehen, um eine neue, den Anforderungen entsprechende Löschungsbewilligung zu beschaffen. Gegebenenfalls muss erneut ein Notar mit der Beglaubigung beauftragt werden.
- Solange die Grundschuld nicht gelöscht ist, kann der Eigentümer auch keine neue Finanzierung unter Einsatz der Immobilie als Sicherheit abschließen. Die bestehende Grundschuld hat Vorrang und blockiert den Einsatz des Grundstücks für andere Kredite.
- In seltenen Fällen kann eine nicht gelöschte Grundschuld auch zu Komplikationen im Erbfall führen, insbesondere wenn die zugehörigen Dokumente wie der Grundschuldbrief nicht auffindbar sind.
Insgesamt führt die Nicht-Akzeptanz einer Löschungsbewilligung durch das Grundbuchamt also zu einer Blockade der gewünschten Löschung mit negativen Folgen für die Verfügungsbefugnis und Flexibilität des Eigentümers bei Transaktionen mit seinem Grundstück. Eine zügige Klärung und Einreichung einer korrekten Löschungsbewilligung ist daher im Interesse aller Beteiligten.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 29 GBO (Grundbuchordnung): Dieser Paragraph regelt die Erfordernis, dass Eintragungen im Grundbuch durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden müssen. Im Kontext des Urteils ist dies zentral, da es um die Frage geht, ob eine nachträgliche Änderung der Löschungsbewilligung und der Zustimmung der Eigentümerin ihre Formwirksamkeit behält.
- § 19 GBO: Bestimmt den Bewilligungsgrundsatz, nach dem eine Eintragung nur mit Bewilligung desjenigen vorgenommen werden darf, dessen Recht von ihr betroffen wird. Dies ist relevant, da die Löschung einer Grundschuld die Zustimmung des Gläubigers erfordert.
- § 27 GBO: Stipuliert, dass die Löschung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks erfolgen darf. Dieser Paragraph ist wichtig für den Fall, da die Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld im Mittelpunkt steht.
- § 71 GBO: Legt die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen Entscheidungen des Grundbuchamts fest. Die erfolgreiche Beschwerde im vorliegenden Fall basierte auf diesem Gesetz.
- § 40 BeurkG (Beurkundungsgesetz): Dieser Paragraph behandelt die öffentliche Beglaubigung und ist entscheidend für das Verständnis, dass eine nachträgliche Änderung an einer öffentlich beglaubigten Erklärung die Formwirksamkeit nicht automatisch aufhebt.
- § 440 Abs. 2 ZPO (Zivilprozessordnung): Erläutert die Vermutung der Echtheit einer Urkunde. Im Urteil wurde betont, dass die Vermutung für nachträgliche Änderungen nicht gilt, was die Notwendigkeit einer freien Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt oder Gericht unterstreicht.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 14 W 109/23 – Beschluss vom 14.02.2024
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten … wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Villingen-Schwenningen vom 16.10.2023, Az. VSW002 GRG 686/2023, aufgehoben.
2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag auf Löschung der im Grundbuch von Sch. Blatt …, Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld nicht aus den in der Zwischenverfügung vom 16.10.2023 genannten Gründen zurückzuweisen.
3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten der Beteiligten nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligte … begehrt die Löschung einer Grundschuld aus dem Grundbuch.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 14.05.2013 (Notariat IV Villingen, IV UR 1877/2013) erwarb die Beteiligte … 267/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flst. Nr. … (…, Gebäude- und Freifläche zu 4.181 qm verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung … und einem Kellerraum …, im Aufteilungsplan je mit Nr. … bezeichnet), eingetragen in Blatt … im Grundbuch des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen für die Gemarkung Sch. (Teileigentumsgrundbuch), sowie 22/10.000 Miteigentumsanteil an demselben Grundstück (verbunden mit dem Sondereigentum an einem Tiefgaragenstellplatz, im Aufteilungsplan mit Nr. … bezeichnet), eingetragen in Blatt … desselben Teileigentumsgrundbuchs. Mit notarieller Urkunde vom 13.06.2013 (Notariat IV Villingen, IV UR 2299/2013) bestellten die Kaufvertragsparteien zum Zwecke der Finanzierung des Kaufpreises eine Grundschuld zugunsten der finanzierenden Bank (im Folgenden: Gläubigerin), die sich gegenständlich auf den in Blatt … sowie den in Blatt …eingetragenen Miteigentumsanteil erstreckte.
Mit Schreiben vom 23.08.2023 beantragte Notar … gemäß § 15 Abs. 2 GBO für die Beteiligte … unter Beifügung einer sich lediglich auf die Belastung im Grundbuch von Sch. Blatt … beziehenden Löschungsbewilligung vom 11.07.2023 der Gläubigerin sowie – auf demselben Blatt – Zustimmungserklärung und Löschungsantrag der Eigentümerin (Auszug aus den Grundakten, AS 90) nebst Unterschriftsbeglaubigung der Eigentümerin (UVZ K 1783/2023; AS 93) den Vollzug der Löschung der Grundschuld im Grundbuch von Sch. Blatt …. Schon zuvor war aufgrund eines Antrags vom 08.08.2023 die Löschung der im Grundbuch von Schwenningen, Blatt …, in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld vollzogen worden. Weil sich die diesem Antrag beigefügte Löschungsbewilligung ebenfalls nur auf Blatt … bezogen hatte, wurde hinsichtlich Blatt …(Tiefgaragenstellplatz Nr. …) nur eine Mithaftentlassung vorgenommen.
Mit Schreiben vom 30.08.2023 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass es für die Löschung der Grundschuld Abt. III Nr. 1 in Blatt … der Löschungsbewilligung des Gläubigers in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO (Unterschriftsbeglaubigung) bedürfe und forderte den antragstellenden Notar auf, die erforderlichen Unterlagen bis zum 27.09.2023 nachzureichen. Hierauf übermittelte Notar … mit Schreiben vom 21.09.2023 die von der Gläubigerin um ein Komma und die Blattzahl „…“ handschriftlich ergänzte Löschungsbewilligung vom 11.07.2023 nebst Begleitschreiben der Gläubigerin (Auszug aus den Grundakten, AS 100, 103).
Mit Schreiben vom 25.09.2023 teilte das Grundbuchamt dem antragstellenden Notar mit, dass die ergänzte Löschungsbewilligung nicht in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO vorgelegt worden sei und es des Weiteren noch der Zustimmung der Grundstückseigentümerin zur Löschung des Rechtes Abt. III Nr. 1 in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO bedürfe, da diese bisher lediglich der Löschung der Grundschuld im Blatt … zugestimmt habe. Zur Erledigung setzte das Grundbuchamt Frist bis zum 30.10.2023, die fruchtlos verstrich.
Mit Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO vom 16.10.2023 stellte das Grundbuchamt fest, dass der beantragten Löschung der Grundschuld das Fehlen einer Löschungsbewilligung des Gläubigers in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO sowie die fehlende Zustimmung des eingetragenen Grundstückseigentümers zur Löschung des Rechts in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO als Hindernisse entgegenstünden. Zur Behebung hat das Grundbuchamt Frist bis zum 27.11.2023 gesetzt und im Falle des ergebnislosen Fristablaufs die kostenpflichtige Zurückweisung des Antrags angekündigt. Zur Begründung hat das Grundbuchamt unter anderem ausgeführt, dass in der Löschungsbewilligung der Gläubigerin bei Antragstellung lediglich das Blatt … aufgeführt gewesen sei. Daher bestehe keine Übereinstimmung zwischen dem sich auf Blatt … beziehenden Antrag und Bewilligung. Die bereits am 15.08.2023 durch das Grundbuchamt vollzogene Mithaftentlassung sei Folge einer Auslegung der Löschungsbewilligung, da nach der Rechtsprechung die für die Gesamtgrundpfandrechte erteilten Löschungsbewilligungen dahin ausgelegt werden könnten, dass sie auch einen Teilvollzug erlauben und die dafür erforderliche materiell-rechtliche Erklärung des Teilverzichts mit enthalten. Die nachträgliche Ergänzung der Blattnummer … auf der Löschungsbewilligung beeinträchtige zwar deren Formwirksamkeit nicht, jedoch könne durch die nachträgliche Abänderung die Vermutung, dass die Erklärung vom Unterzeichner stammt, beeinträchtigt sein. Zwar seien als Nachweise, dass die Änderung durch den Unterzeichnenden bzw. mit seiner Genehmigung erfolgt sei, ein Schreiben der Gläubigerin eingereicht und durch Schreiben seitens des Notars vom 29.09.2023 erklärt worden, dass die Ergänzung durch die Gläubigerin erfolgt sei. Ungeachtet dessen gelte mit Blick auf die nachträgliche Abänderung die Echtheitsvermutung des § 440 Abs. 2 ZPO nicht. Das Grundbuchamt könne eine Bewilligung beanstanden, wenn es Zweifel daran habe, dass eine nachträgliche Änderung berechtigt erfolgt ist. Da die Änderung nicht durch den Unterzeichner unterschrieben worden sei, sei dem Grundbuchamt deren Echtheit nicht nachgewiesen worden. Eine Löschungszustimmung der Eigentümerin gemäß § 27 GBO liege lediglich hinsichtlich der Eintragung in Blatt Nr. …vor. Die vorliegende Löschungszustimmung bringe nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, dass sie sich auch auf die Eintragung in Blatt Nr. … beziehe; ausdrücklich sei nur der Löschung des Grundpfandrechts in Blatt … zugestimmt worden.
Hiergegen richtet sich die durch Notar … im Namen der Beschwerdeführerin eingelegte Beschwerde vom 22.11.2023, die er unter Bezugnahme seines früheren Schreibens vom 29.09.2023 unter anderem damit begründete, dass die nachträgliche Änderung der über der Unterschrift stehenden Erklärung durch den Unterzeichnenden auch nach Unterschriftsbeglaubigung zulässig sei. Änderungen, die zeitlich nach dem Beglaubigungsvermerk vermerkt worden seien, könnten höchstens die Vermutung der Echtheit der Erklärung beeinträchtigen, was vom Grundbuchamt in freier Beweiswürdigung zu prüfen sei. Er selbst bestätige, dass die Ergänzung durch die Gläubigerin, die … Bausparkasse, erfolgt sei und dies auch dem Willen der Eigentümerin … entsprochen habe. Die Löschungsbewilligung sei nach der Ergänzung durch die Gläubigerin eindeutig. Die Löschungszustimmung der Eigentümerin sei von Anfang an auf die Gesamtlöschung der Grundschuld gerichtet gewesen.
Mit Beschluss vom 13.12.2023 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Das Grundbuchamt führte hierbei ergänzend aus, dass dem Schreiben der Gläubigerin vom 12.09.2023 nicht zu entnehmen sei, dass die Änderung durch die unterschreibende Person bzw. mit deren Einverständnis erfolgte. Die im Wege der freien Beweiswürdigung festzustellende Echtheit sei dem Grundbuchamt daher nicht nachgewiesen worden; die Ergänzung könne auch durch einen Dritten erfolgt sein.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 71 GBO zulässige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist begründet.
Der Löschung der Grundschuld stehen das Fehlen einer Löschungsbewilligung des Gläubigers sowie die fehlende Zustimmung des eingetragenen Grundstückseigentümers zur Löschung des Rechts, jeweils in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO, nicht entgegen.
1. Nach dem in § 19 GBO verankerten Bewilligungsgrundsatz erfolgt eine Eintragung nur, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld darf gemäß § 27 Satz 1 GBO zudem nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks gelöscht werden. Eine Eintragung – vorliegend die Löschung der Grundschuld in Blatt …, Abt. III Nr. 1 – soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsunterlagen – im vorliegenden Fall also die Bewilligung der Gläubigerin nach § 19 GBO und die Eigentümerzustimmung gemäß § 27 Satz 1 GBO – durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden, § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO. Bei einem Gesamtrecht wie der verfahrensgegenständlichen Grundschuld verlangt die Rechtsprechung, dass sich die Löschungsbewilligung sowie die Zustimmungserklärung auf alle betroffenen Grundbuchstellen bezieht (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 2752, beck-online).
Hinsichtlich der Frage, ob die Eintragungsvoraussetzungen durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind, ist vom Begriff der Beglaubigung des § 40 BeurkG auszugehen. Die öffentliche Beglaubigung ist im Gegensatz zur öffentlichen Beurkundung nur eine Beglaubigung der Unterschrift des Erklärenden, nicht des Inhalts der schriftlich abgefassten Erklärung. Öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 ZPO ist nur der Beglaubigungsvermerk, die abgegebene Erklärung selbst ist eine Privaturkunde. Dass auch eine nach der Unterschriftsbeglaubigung erfolgte Textänderung noch die Form des § 29 GBO erfüllen kann, entspricht der heute ganz herrschenden Auffassung, da der Beglaubigungsvermerk nur die Echtheit der Unterschrift des Erklärenden betrifft, dagegen nichts über den Erklärungsinhalt aussagt (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.03.2006 – 20 W 21/2005; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17.02.2010 – 7 Wx 15/09; BeckOK BeurkG/Boor, 9. Ed., Stand: 15.09.2022, § 40 Rn. 38; Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 163, beck-online, mit Nachweisen auch zur früher vorherrschenden Gegenansicht). Vor dem Hintergrund, dass nach § 40 Abs. 5 BeurkG sogar die Beglaubigung einer Blankounterschrift zulässig ist, kann die nachträgliche Änderung eines vorhandenen Textes nichts an der Wahrung der Form der öffentlichen Beglaubigung ändern.
Davon zu unterscheiden ist jedoch die Beweiskraft einer nachträglich geänderten Urkunde. Denn für eine nachträgliche textliche Änderung gilt nicht die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO, dass also auch der über der Unterschrift stehende Text von demjenigen herrührt, dessen Unterschrift beglaubigt ist. Es unterliegt vielmehr der freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes bzw. des an seine Stelle tretenden Beschwerdegerichts, ob die Ergänzung des Textes von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist und die Urkunde damit eine taugliche Eintragungsunterlage ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.03.2006 – 20 W 21/2005; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17.02.2010 – 7 Wx 15/09; Staudinger/Hertel, BGB, Neubearbeitung 2023, § 129 Rn. 129 f.; Schöner/Stöber, a. a. O., Rn. 163, beck-online).
Nicht überzeugend ist es, darüber hinaus auch hinsichtlich des zu erbringenden Nachweises, dass die – ggf. durch einen Dritten – erfolgte Änderung des unterzeichneten Textes dem Willen des Unterzeichners entspricht, einen Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde zu verlangen und die Zulassung freier Beweiswürdigung unter Hinweis auf § 29 GBO abzulehnen (so aber KG Berlin, Beschluss vom 04.09.2012 – 1 W 154/12; unklar Demharter/Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 29 Rn. 44 ff.). Diese Auffassung übersieht, dass § 29 GBO lediglich eine bestimmte Form derjenigen Urkunden verlangt, mittels derer hinsichtlich der „zur Eintragung erforderlichen Erklärungen“ Beweis geführt werden kann. Geht aber – was wie dargelegt ganz herrschender Auffassung entspricht – der Charakter einer Erklärung als öffentlich-beglaubigt nicht durch eine nachträgliche Änderung des über der Unterschrift stehenden Textes verloren, ist dieser Form weiterhin Genüge getan und bleiben die Urkunden konsequenterweise grundsätzlich taugliche Beweismittel im Grundbuchverfahren. Ob das Grundbuchamt (oder das an dessen Stelle tretende Beschwerdegericht) eine nachträglich veränderte Urkunde als von der beglaubigten Unterschrift gedeckt ansieht und die Urkunde daher als ausreichende Eintragungsunterlage akzeptiert, ist danach keine Frage des § 29 GBO, sondern eine Frage der Beweiskraft der (nach wie vor öffentlich beglaubigten) Urkunde, für die die Regeln des Freibeweises gelten. Nur dieses Verständnis ist nach Auffassung des Senats mit der – soweit ersichtlich einhelligen – Auffassung konsistent, wonach eine beglaubigte Blankounterschrift (§ 40 Abs. 5 BeurkG) vom Grundbuchamt nur dann als Eintragungsunterlage zurückgewiesen werden kann, wenn bestimmte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ausfüllung des Blanketts nicht dem Willen des Ausstellers entspricht (Demharter/Demharter, a. a. O., § 29 Rn. 44b).
2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze stehen weder das Fehlen einer Löschungsbewilligung der Gläubigerin (dazu a) noch die fehlende Zustimmung der eingetragenen Grundstückseigentümerin (dazu b) der Löschung der Grundschuld entgegen.
a) Die ursprünglich erteilte Löschungsbewilligung (Auszug Grundakte, AS 90), die sich nur auf die Löschung der Grundschuld eingetragen in Abt. III Nr. 1 im Grundbuch Blatt … bezogen hatte, enthielt die öffentlich beglaubigte Unterschrift der von der Gläubigerin ausweislich einer ebenfalls vorgelegten beglaubigten Abschrift der öffentlichen Urkunde des Notars …, St. (UR 1049 / 2021 J) bevollmächtigten F. Die ursprünglich vorgelegte Löschungsbewilligung genügte somit den Anforderungen an § 29 GBO. Nach dem oben Gesagten genügt auch die nachträglich textlich um ein Komma und die Blattnummer …ergänzte Löschungsbewilligung der Gläubigerin der Form des § 29 GBO.
Ob auch die nachträgliche Ergänzung vom Willen der Unterzeichnerin F. gedeckt und die Löschungsbewilligung damit eine taugliche Grundlage für die Löschung der Grundschuld auch auf Blatt …ist, hat der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter freier Beweiswürdigung zu entscheiden. Der Senat bejaht dies.
Ausweislich des Begleitschreibens der Gläubigerin vom 12.09.2023 an Notar … ist die handschriftlich vorgenommene Ergänzung der Löschungsbewilligung auf eine entsprechende Bitte des Notars im Hause der Gläubigerin vorgenommen worden. Ob die Ergänzung von der Bevollmächtigten F. selbst oder einem anderen Mitarbeiter der … Bausparkasse … vorgenommen worden ist, lässt sich der nicht unterschriebenen Ergänzung des Textes nicht entnehmen. Der Senat hat jedoch keinen Zweifel daran, dass die nachträgliche Einbeziehung auch des auf Blatt …verkörperten Miteigentumsanteils verbunden mit dem Sondereigentum an einem Tiefgaragenstellplatz in die Löschungsbewilligung dem Willen der Unterzeichnerin F. entspricht.
Im vorliegenden Fall bezog sich die ursprünglich erteilte Löschungsbewilligung auf die Hauptsicherheit, namentlich einen 267/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flst. Nr. …, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung … und einem Kellerraum. Dass die Löschungsbewilligung nicht schon von Anfang an auch auf die Löschung in Blatt …, die nur einen 22/10.000stel Miteigentumsanteil (Tiefgaragenstellplatz) betraf, bezogen war, stellte erkennbar ein Versehen dar. Dass dies auf einer bewussten Entscheidung des Zurückhaltens eines sehr kleinen Teils der ursprünglichen Besicherung durch die Bevollmächtigte F. beruhte, hält der mit Sachverhalten des Immobiliarsachenrechts regelmäßig befasste Senat für ausgeschlossen, zumal keine Anhaltspunkte für noch offene Kreditverbindlichkeiten der Eigentümerin bei der … Bausparkasse … bestehen. Für einen beabsichtigten Gleichlauf des Schicksals der beiden Pfandobjekte spricht zudem die einheitlich vorgenommene Grundschuldbestellung. Dass die Gläubigerin von einem derartigen Gleichlauf auch im Zusammenhang mit der Löschung der Rechte ausgegangen ist, zeigt sich letztlich auch daran, dass die erwünschte Ergänzung im Hause der Gläubigerin nach der entsprechenden Bitte des Notars … „postwendend“ und ohne weiteres vorgenommen worden ist.
Sie ist – nach allem – zur Überzeugung des Senats auch vom Willen der ursprünglichen Unterzeichnerin gedeckt.
b) Im Ergebnis Gleiches gilt hinsichtlich der gemäß § 27 GBO mit Blick auf die alternative Möglichkeit der Eintragung einer Eigentümergrundschuld erforderliche Zustimmung der Eigentümerin.
Zwar bezog sich deren Zustimmung ausweislich des Textes der ursprünglichen Löschungsbewilligung zunächst ebenfalls lediglich auf Blatt …. Der Senat ist aufgrund der ausdrücklichen Versicherung des die Beschwerdeführerin im Grundbuchverfahren gemäß § 15 Abs. 2 GBO vertretenden Notars (s. dessen Schreiben an das Grundbuchamt vom 29.09.2023, Auszug aus den Grundakten AS 112) indes davon überzeugt, dass auch diese – von Beginn an – die Löschung der gesamten Grundschuld anstrebte, nicht lediglich bezogen auf Blatt …. Die diesbezügliche Überzeugung des Senats wird zusätzlich aufgrund des Umstands bestärkt, dass die Begründung einer Eigentümergrundschuld lediglich bezogen auf den in Blatt …ausgewiesenen Miteigentumsanteil und das Sondereigentum an einem Tiefgaragenstellplatz sehr ungewöhnlich wäre und wirtschaftlich kaum Sinn machte.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG.