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Anforderungen an Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit bei behaupteter Eigentümerstellung

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 11/22 – Beschluss vom 25.02.2022

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken – Grundbuchamt – vom 23. Oktober 2020 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 2. Februar 2022 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Im Grundbuch von N., Blatt 4876, war als Eigentümer des dort verzeichneten Grundbesitzes – Flur … Nr. 2…/1…, Grünland, Grundbirngarten, 1.288 qm – vormals ein Herr J., Schlossermeister, D., eingetragen. Ausweislich der – zwischenzeitlich nach Blatt 4876 umgeschriebenen – Grundakten (N., Band 54, Blatt 2289) war diese Eintragung am 5. Dezember 1958 im Nachgang zu einer Zuschreibung aus Blatt 817 aufgrund einer – nicht näher bezeichneten – Auflassung vom 2. Oktober 1958 erfolgt. Am 13. September 2007 wurden aufgrund von zwei Erbscheinen vom 25. Juli 2006 und vom 12. Mai 2006 (Az. 3 VI 580/06 und 3 VI 369/06 AG Saarlouis) die Beteiligten zu 2) bis 4) in Erbengemeinschaft als Eigentümer des Grundstücks eingetragen (Bl. 56 d.A.). Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 7. Februar 2019 (Bl. 1 ff. d.A.) begehrte der Antragsteller die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2) bis 4) als Eigentümer sowie die Berichtigung des Grundbuches dahingehend, dass er selbst als Eigentümer des dort verzeichneten Grundbesitzes eingetragen werde. Zur Begründung gab er an, dass es sich bei dem vormals eingetragenen Herrn J., Schlossermeister, D. um ihn selbst handele, während die Beteiligten zu 2) bis 4) fälschlich in Rechtsnachfolge eines Herrn J. eingetragen worden seien, der jedoch niemals Eigentümer dieses Grundbesitzes gewesen sei.

Das Grundbuchamt hat der Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruches am 26. März 2019 entsprochen (Bl. 27 d.A.). Die zugleich beantragte Grundbuchberichtigung (§§ 22, 29 GBO) hat es – nach weiterem Schriftverkehr – mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt, weil hinsichtlich der weiteren Beteiligten zwar die Möglichkeit einer unrichtigen Eintragung bestehe, der grundbuchmäßige Unrichtigkeitsnachweis aber nicht geführt und daher die Vorlage einer Bewilligung der weiteren Beteiligten erforderlich sei (Bl. 66 ff. d.A.). Hiergegen richtet sich die erstmals am 27. Januar 2022 zu den Akten gelangte, auf den 19. März 2021 datierende Beschwerde des Antragstellers (Bl. 72 ff. d.A.), der den Unrichtigkeitsnachweis weiterhin für geführt ansieht, und der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 2. Februar 2022 (Bl. 77 ff. d.A.) nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Berichtigung des Grundbuches ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), in der Sache jedoch nicht begründet. Wie das Grundbuchamt in dem Nichtabhilfebeschluss vom 2. Februar 2022 vollkommen zu Recht ausführt, kann der – mangels Vorlage von Bewilligungen der durch die Eintragung betroffenen weiteren Beteiligten erforderliche – Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuches mit den im Grundbuchverfahren zulässigen Beweismitteln nicht geführt werden.

1.

Gemäß § 19 GBO erfolgt eine – auch: berichtigende, vgl. Demharter, GBO 31. Aufl., § 19 Rn. 3 – Eintragung, wenn der von der Eintragung Betroffene sie bewilligt. Betroffen von einer Eintragung und damit bewilligungsberechtigt ist derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Eintragung rechtlich beeinträchtigt wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt werden kann (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – V ZB 107/10, NJW-RR 2011, 19). Deshalb gilt im Grundsatz, dass die Beteiligten zu 2) bis 4) als im Grundbuch eingetragene Eigentümer die Berichtigung der Eintragung auf den Antragsteller bewilligen müssen. Liegt – wie hier – eine solche Bewilligung nicht vor, ist eine berichtigende Eintragung im Grundbuch nur möglich, wenn die Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An diesen Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen, weil er eine Grundbucheintragung ohne Bewilligung des Betroffenen ermöglicht und das Grundbuchverfahren zur Klärung von streitigen Tatsachen weder geeignet noch bestimmt ist; es sind alle Möglichkeiten, bis auf ganz entfernte, auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten berichtigenden Eintragung entgegenstehen können (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 – V ZB 43/15, NJW 2016, 3242; Senat, Beschluss vom 7. Juli 2021 – 5 W 24/21, FGPrax 2021, 205; BayObLGZ 1995, 413; OLG München, NotBZ 2017, 68; Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 37). Vereinfacht gesagt: Es muss „völlig klar“ sein, dass das Grundbuch unrichtig ist. Der Unrichtigkeitsnachweis ist – von Fällen der Offenkundigkeit abgesehen – durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen (§ 29 Abs. 1 GBO; BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 – V ZB 43/15, NJW 2016, 3242; Senat, Beschluss vom 7. Juli 2021 – 5 W 24/21, FGPrax 2021, 205; BayObLG, MittBayNot 1992, 397). Hiervon kann auch nicht mit der Erwägung abgesehen werden, die Beschaffung eines formgerechten Nachweises sei im Einzelfall unzumutbar; vielmehr bedarf es dann einer – ggf. durch Urteil im Erkenntnisverfahren zu erwirkenden – Berichtigungsbewilligung (BayObLG, Rpfleger 1984, 463; OLG München, ZEV 2018, 486; Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 42; Böttcher, in: Meikel, GBO 12. Aufl., § 22 Rn. 120).

2.

Wie das Grundbuchamt letztlich zu Recht annimmt, fehlt es vorliegend, unbeschadet der gleichfalls denkbaren Möglichkeit eines Fehlers bei der Eintragung der weiteren Beteiligten, an dem von §§ 22, 29 GBO geforderten sicheren Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit, die eine Berichtigung ohne Mitwirkung der davon Betroffenen ermöglicht. Denn die vorgelegten Urkunden lassen den hinreichend sicheren Schluss auf die Identität des Antragstellers mit dem vormals im Grundbuch eingetragenen „J., Schlossermeister, D.“ nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu; vielmehr besteht mangels Angaben, die seine zweifelsfreie Identifikation ermöglichen würden (etwa der zweite Vorname oder das Geburtsdatum, vgl. OLG München, NotBZ 2017, 68) die weitere, gleichsam denkbare Möglichkeit, dass es sich bei der zuvor eingetragenen Person um den namens- und wohnortgleichen J. handelte, in dessen Rechtsnachfolge die Beteiligten zu 2) bis 4) eingetreten sind. Allein die im Eintragungsvermerk enthaltene Berufsbezeichnung „Schlossermeister“ deutet zwar auf den Antragsteller hin, auch sie individualisiert ihn aber nicht und räumt die Möglichkeit, dass auch eine andere Person gemeint sein könnte, nicht zuverlässig aus (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 21. September 2011 – 9 W 391/11, juris). Mit Recht verweist das Grundbuchamt in dem Nichtabhilfebeschluss darauf, dass auch sonst keine geeigneten Beweismittel vorgelegt wurden, mit deren Hilfe sich ein vormaliger Eigentumserwerb gerade durch den Antragsteller hinreichend sicher feststellen ließe. Insoweit ist lediglich ergänzend anzumerken, dass auch aus der beglaubigten Fotokopie der Erwerbsurkunde vom 2. Oktober 1958 (Bl. 9 ff. d.A.) nur hervorgeht, dass der damals noch unter Blatt 817 verzeichnete Grundbesitz durch Herrn „J., Schmiedeschlosser, wohnhaft in D., N. x 177“ erworben wurde, mithin auch dort nähere Angaben fehlen, die eine zweifelsfreie Individualisierung des Antragstellers ermöglichen, und dass den Grundakten auch nicht einmal sicher entnommen werden kann, dass die dortige Eintragung des „J., Schlossermeister, D.“ unter Bezugnahme auf diese Urkunde erfolgt ist. Bei dieser Sachlage mögen für die Darstellung des Antragstellers zwar durchaus gewisse Indizien sprechen, was im Übrigen auch das Grundbuchamt nicht verkannt und konsequenterweise – weil insoweit die Grundbuchunrichtigkeit nur glaubhaft erscheinen muss, vgl. KG, JFG 7, 250, 253; BayObLG, RPfleger 1987, 101 – einen Amtswiderspruch (§ 53 GBO) eingetragen hat; der im Berichtigungsverfahren erforderliche volle Nachweis seiner Eigentümerstellung ist damit aber nicht geführt.

3.

Einer ausdrücklichen Kostenentscheidung bedurfte es im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Kostenfolge (§ 22 Abs. 1 GNotKG) nicht. Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf den §§ 36 Abs. 1, 46 Abs. 1, 61 GNotKG; der Senat schätzt den Grundstückswert anhand des von ihm ermittelten Bodenrichtwertes (BORIS Saarland, Stand: 2020) auf 2.000,- Euro.

Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 GBO) nicht zuzulassen.

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