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Anfechtbarkeit einer Verfügung des Grundbuchamts

Gebäudeeigentum und Grundbuchrecht: Ein Streitfall vor dem Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt

In einem jüngst veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt wurde die Beschwerde einer Beteiligten gegen eine Verfügung des Amtsgerichts Merseburg – Grundbuchamt – als unzulässig verworfen. Der Fall dreht sich um die Frage des Gebäudeeigentums und dessen Eintragung im Grundbuch.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Wx 41/19 >>>

Hintergrund des Falles

Die Beteiligte ist als Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Grundbuch von K. eingetragen. Ein besonderer Punkt in dieser Eintragung betrifft das Gebäudeeigentum gemäß bestimmten rechtlichen Bestimmungen. Ein anderer Eigentümer, F. O., ist im Gebäudegrundbuch von K. als Eigentümer eines bestimmten Gebäudes eingetragen. Dieses Gebäude ist mit verschiedenen Sicherungshypotheken belastet.

Der Antrag und die Zwischenverfügungen

Mit einem Schriftsatz legte die Beteiligte eine Erklärung des F. O. vor, in der er die Aufgabe des Nutzungsrechts und die Löschung des Gebäudeeigentums beantragte. Das Grundbuchamt reagierte darauf mit einer Zwischenverfügung, in der es auf formelle Hindernisse hinwies und eine Frist zur Behebung dieser Hindernisse setzte. Es wurde klargestellt, dass das Gebäudeeigentum nicht gelöscht, sondern nur das Nutzungsrecht aufgegeben werden sollte.

Die Beteiligte argumentierte daraufhin, dass das Gebäudeeigentum kraft Gesetzes erloschen sei und die Eintragung im Gebäudegrundbuch falsch sei. Sie berief sich dabei auf ein Urteil des Landgerichts Halle. Das Grundbuchamt verstand dies als Änderung des ursprünglichen Antrags und wies darauf hin, dass ein ähnlicher Antrag bereits in der Vergangenheit abgelehnt wurde.

Die Beschwerde und die Entscheidung des OLG

Die Beteiligte legte gegen die Zwischenverfügungen Beschwerde ein und wiederholte ihre rechtlichen Argumente. Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab und legte den Fall dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

Das Oberlandesgericht entschied, dass die Beschwerde unzulässig sei. Die Verfügung des Grundbuchamts sei keine anfechtbare Entscheidung, da sie kein behebbares Hindernis benenne. Stattdessen weise sie nur auf die Rechtsauffassung des Grundbuchamts hin. Das Gericht betonte, dass Verfügungen des Grundbuchamts, die lediglich die Rücknahme eines Antrags empfehlen, nicht anfechtbar seien.

Abschließende Bemerkungen

Dieser Fall unterstreicht die Komplexität und die Feinheiten des Grundbuchrechts. Während die Beteiligte auf ein früheres Urteil des Landgerichts Halle verwies, hielt das Grundbuchamt an seiner Rechtsauffassung fest. Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte schließlich die Sichtweise des Grundbuchamts und wies die Beschwerde der Beteiligten als unzulässig zurück.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 41/19 – Beschluss vom 16.03.2020

Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Verfügung des Amtsgerichts Merseburg – Grundbuchamt – vom 24. April 2019 wird als unzulässig verworfen.

Von der Erhebung von Kosten wird abgesehen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 €.

Gründe

I.

Die Beteiligte ist als Eigentümer der im Grundbuch von K. Blatt 4… verzeichneten Grundstücke eingetragen. In Abteilung II ist unter lfd. Nr. 1 eingetragen:

„Gebäudeeigentum gemäß Art. 233 § 2b EGBGB, § 27 LPG-G für den jeweiligen Gebäudeeigentümer unter Bezugnahme auf das Gebäudegrundbuchblatt 3… eingetragen am 22.01.1999 in K. Blatt 9… und von dort hierher übertragen am 13.02.2009.“

F. O. ist als Eigentümer des im Gebäudegrundbuch von K. Blatt 3… verzeichneten Gebäudes eingetragen. In Abteilung III sind eingetragen unter lfd. Nr. 1 und 2 Grundschulden über 50.000,00 DM und 70.000,00 DM für den Grundstückseigentümer F. O. sowie unter lfd. Nr. 3 eine Sicherungshypothek über 19.944,59 DM für das Finanzamt … , unter lfd. Nr. 4 eine Sicherungshypothek über 14.525,50 DM für das Finanzamt … und unter lfd. Nr. 5 eine Sicherungshypothek über 1845,93 € für Herrn T. K. in L. .

Mit Schriftsatz vom 16. April 2019 hat die Beteiligte eine am 6. Dezember 2018 von dem Notar Dr. Kh. in H. beurkundete Erklärung des F. O. (dort Ziffer II § 1) mit dem Antrag vorgelegt, den im Gebäudegrundbuch von K. Blatt 3… eigenen eingetragenen Eigentümer zu löschen:

„Der Erschienene erklärt hiermit zu notariellem Protokoll entsprechend Art. 233 § 4 Abs. 6 EGBGB die Aufgabe des vorgenannten Nutzungsrechts in der Kenntnis, dass das Gebäudeeigentum mit der Aufgabe des Nutzungsrechts erlischt und das Gebäude Bestandteil des Grundstücks wird.

Ich bewillige hiermit die Löschung des in Abteilung II des Grundbuchs von K. Blatt 4… unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Nutzungsrechts. Die Schließung des Gebäudegrundbuchs erfolgt beim Grundbuchamt von Amts wegen.

Bezüglich der im Gebäudegrundbuch von K. Blatt 3… in Abteilung III eingetragenen Rechte erklärt der Erschienene, dass sich der Rechtsanwalt B. in B. um die Einholung der entsprechenden Löschungsunterlagen kümmert. Der Erschienene stimmt bereits jetzt der jeweiligen Löschung dieser Rechte im Grundbuch zu. Auch die Einreichung der heutigen Urkunde soll der vorstehend genannte Rechtsanwalt übernehmen.“

Mit Zwischenverfügung vom 24. April 2019 hat das Grundbuchamt gemäß § 18 GBO zur formgerechten Behebung von Eintragungshindernissen eine Frist von sechs Wochen bestimmt. Die Schließung des Gebäudegrundbuches erfolge von Amts wegen, nachdem der Gebäudeeigentümer die Aufgabe des Nutzungsrechts erklärt und die Löschung des in Abteilung II des Grundbuches von K. Blatt 4… unter lfd Nr. 1 eingetragenen Nutzungsrechts bewilligt habe. Eine Löschung des eingetragenen Eigentümers im Gebäudegrundbuch K. Blatt 3… erfolge dabei nicht. Man bitte um Korrektur des Antrages dahingehend, dass lediglich die Löschung des Nutzungsrechts in K. Blatt 4… beantragt werde. Des Weiteren werde um die Nachreichung der formgerechten Löschungsbewilligungen der jeweiligen Gläubiger der im Gebäudegrundbuch Blatt 3… in Abteilung III Nr. 3 bis 5 eingetragenen Rechte gebeten.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 3. Juni 2019 ausgeführt, dass das vom Grundstück unabhängig existierende Gebäudeeigentum kraft Gesetzes erloschen, mit dem Erlöschen die Zusammenführung mit dem Grundstückseigentum erfolgt und die Eintragung des Eigentums im Gebäudegrundbuch Blatt falsch sei. Die Urkunde des Notars Dr. Kh. vom 7. Dezember 2018 habe nur deklaratorische Bedeutung. Die Löschung des Gebäudeeigentümers im Gebäudegrundbuchblatt sei kraft Gesetzes unabhängig vom Willen des Gebäudeeigentümers eingetreten und die Berichtigung des Gebäudegrundbuchblattes habe von Amts wegen zu erfolgen. Grundlage für die Löschung bilde das Urteil des Landgerichts Halle vom 19. November 2014. Der Belastungsgegenstand sei damit kraft Gesetzes untergegangen und diene damit nicht mehr zur Sicherung von Forderungen, da er einer Zwangsvollstreckung nicht mehr zugänglich sei.

Mit weiterer Zwischenverfügung vom 18. Juni 2019 hat das Grundbuchamt den Schriftsatz der Beteiligten vom 3. Juni 2019 als Abänderung des bisherigen Antrages dahin verstanden, dass nun die Schließung des Gebäudegrundbuches verfolgte werde. Diesem Begehren könne aufgrund des Urteils des Landgerichts Halle nicht entsprochen werden. Ein gleichlautender Antrag auf Löschung des Nutzungsrechts im Grundstücksgrundbuch K. Blatt 4… als auch auf Löschung des Eigentumsrechts am Gebäudeeigentum K. Blatt 3… sei mit Beschluss des Amtsgerichts Merseburg vom 93. November 2015 bereits zurückgewiesen worden, die dagegen gerichtete Beschwerde sei mit Beschluss vom 4. Januar 2017 durch das OLG Naumburg zurückgewiesen worden. Darauf werde Bezug genommen und an der Rechtsauffassung festgehalten, dass eine Berichtigung von Amts wegen nicht erfolgen könne. Der Antrag sei daher umgehend zurückzunehmen, da ansonsten eine kostenpflichtige Zurückweisung erfolgen müsse.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 9. Juli 2019 Beschwerde gegen die Zwischenverfügungen vom 18. Juni 2019 erhoben, wobei sie zur Begründung ihre rechtliche Argumentation wiederholt. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 2. September 2019 unter Verweis auf seine vorangegangenen Zwischenverfügungen nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Die Verfügung vom 18. Juni 2019, die allein Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, ist nicht anfechtbar.

Jene Verfügung ist keine nach § 71 Abs. 1 GBO anfechtbare Entscheidung des Grundbuchamts. Nicht anfechtbar sind nämlich Verfügungen, die keine Zwischenverfügungen im Sinne des § 18 GBO sind (z. B. Demharter, GBO, 31. Aufl., Rdn. 19 zu § 71 GBO). Dem Erlass einer Zwischenverfügung steht schon entgegen, dass eine solche grundsätzlich nicht mit dem Inhalt ergehen darf, einen Eintragungsantrag zurückzunehmen; denn das zielt nicht auf die Behebung eines Eintragungshindernisses, sondern auf die Vermeidung einer sofortigen Zurückweisung ab (z. B. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016, V ZB 61/15, zitiert nach Juris). Denn es fehlt an den Grundmerkmalen einer Zwischenverfügung, wenn weder ein nach Ansicht des Grundbuchamtes der begehrten Eintragung entgegenstehendes, aber beseitigbares Hindernis aufgezeigt noch ein zur Beseitigung eines derartigen Eintragungshindernisses geeignetes Mittel bezeichnet wird (z. B. OLG Naumburg, Beschluss vom 28. April 1999, 11 Wx 25/98, zitiert nach Juris). Insofern unterliegt eine Verfügung des Grundbuchamts, mit der dieses die Rücknahme eines Antrags anheimgibt, dem es nicht stattgeben zu können glaubt, keinem Rechtsmittel (z. B. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1980, V ZB 28/78, zitiert nach Juris).

Im vorliegenden Fall benennt die angefochtene Verfügung kein behebbares Hindernis, sondern sie weist auf die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes hin, wonach dem Antrag nicht stattgegeben werden könne, so dass angeraten werde, den Antrag zurückzunehmen, um eine Zurückweisung des Antrags zu vermeiden.

Im Hinblick auf die in der Verfügung vom 18. Juni 2019 fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung durch das Grundbuchamt hat der Senat von der Erhebung der Beschwerdekosten nach §§ 81, 84 FamFG abgesehen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1, Abs. 3 GNotKG.

 

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