Enterben oder enterbt werden – ein Schicksal, das viele Familien trifft. Doch was bedeutet das eigentlich rechtlich und welche Folgen hat es für die Beteiligten? Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Aspekte der Enterbung und zeigt Ihnen, wie Sie sich in diesem Minenfeld rechtlicher Fallstricke bewegen können. Von Pflichtteilsansprüchen bis hin zu den formalen Anforderungen eines Testaments – wir geben Ihnen einen Überblick über das Erbrecht und die Möglichkeiten, Ihren letzten Willen rechtssicher zu gestalten.
Übersicht

Kurz & Knapp
Das Wichtigste zum Thema Enterbung & Pflichtteilsrecht
Grundlegende Rechte
- Die Testierfreiheit erlaubt es dem Erblasser, frei über seinen Nachlass zu verfügen
- Das Pflichtteilsrecht sichert nahen Angehörigen einen Mindestanteil am Nachlass
- Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils
Wer ist pflichtteilsberechtigt?
- Kinder und Enkelkinder
- Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner
- Eltern (nur wenn keine Kinder vorhanden sind)
Arten der Enterbung
- Teilweise Enterbung: Reduzierung des Erbanteils
- Vollständige Enterbung: Kompletter Ausschluss vom Erbe, aber Pflichtteilsanspruch bleibt meist bestehen
- Pflichtteilsentzug: Nur in Ausnahmefällen möglich
Gründe für einen Pflichtteilsentzug (§ 2333 BGB)
- Schwere Verfehlungen gegen den Erblasser
- Böswillige Verletzung von Unterhaltspflichten
- Rechtskräftige Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe
Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
- Eigenhändiges Testament
- Notarielles Testament
- Berliner Testament (für Ehepaare)
- Erbvertrag
- Pflichtteilsverzichtsvereinbarung (nur mit notarieller Beurkundung)
Wichtige Formvorschriften
- Eigenhändige Testamente müssen handschriftlich verfasst und unterschrieben sein
- Erbverträge und notarielle Testamente erfordern Beurkundung durch einen Notar
- Formfehler können zur Unwirksamkeit führen
Besondere Hinweise
- Digitale Vermögenswerte sollten im Testament explizit berücksichtigt werden
- Pflichtteilsentzug muss rechtssicher begründet und beweisbar sein
- Eine frühzeitige und klare Nachlassplanung kann spätere Konflikte vermeiden
Enterbung und Pflichtteilsrecht: Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten im deutschen Erbrecht
Die Regelung des eigenen Nachlasses gehört zu den komplexesten und emotional herausforderndsten Aufgaben im Leben. Das deutsche Erbrecht schafft hierfür einen ausbalancierten Rechtsrahmen, der einerseits die Testierfreiheit des Erblassers gewährleistet und andererseits durch das Pflichtteilsrecht die Mindestansprüche naher Angehöriger schützt.
Besondere Bedeutung kommt dabei der Möglichkeit der Enterbung zu, die es Erblassern erlaubt, bestimmte gesetzliche Erben von der Erbfolge auszuschließen – ein Instrument, das jedoch durch strenge gesetzliche Vorgaben begrenzt wird. Diese rechtliche Gratwanderung zwischen individueller Gestaltungsfreiheit und familiärer Absicherung prägt die moderne erbrechtliche Praxis und erfordert sowohl von Erblassern als auch von potenziellen Erben ein tiefgreifendes Verständnis der rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen.
Gesetzliche Grundlagen
Die Gestaltung des eigenen Nachlasses stützt sich auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Besonders bedeutend sind Regelungen, die die Möglichkeit einer abweichenden letztwilligen Verfügung von der gesetzlichen Erbfolge gewährleisten und gleichzeitig bestimmte Mindestansprüche naher Angehöriger schützen.
Relevante BGB-Vorschriften (z.B. §§ 1938, 2303, 2336, 2333 BGB)
§ 1938 BGB erlaubt es, einzelne gesetzliche Erben ausdrücklich von der Erbfolge auszuschließen. Dieser Vorgang wird in der Praxis als Enterbung bezeichnet. Durch eine entsprechende Klausel im Testament kann zum Beispiel ein Elternteil entscheiden, dass ein bestimmter Nachkomme nicht als gesetzlicher Erbe bedacht wird.
§ 2303 BGB stellt sicher, dass bestimmte Angehörige – üblicherweise Kinder, Ehegatten und unter bestimmten Umständen auch Eltern – einen Pflichtteilsanspruch haben. Dieser Anspruch verschafft nahe Verwandten eine Mindestbeteiligung am Erbe in Form eines Geldanspruchs, selbst wenn sie enterbt sein sollten.
§ 2336 BGB setzt Grenzen bei der Entziehung des Pflichtteils. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 2333 BGB nicht vor, bleibt der Enterbte weiterhin pflichtteilsberechtigt. Schwere Verfehlungen oder strafbares Verhalten können jedoch eine Rechtfertigung für die Pflichtteilsentziehung sein.
Beispiel: Ein Erblasser steuert den Nachlass so, dass ein Sohn enterbt wird. Dieser Sohn bleibt jedoch pflichtteilsberechtigt und kann einen Geldbetrag in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils verlangen. Soll der Pflichtteilsanspruch ganz entzogen werden, muss eine der in § 2333 BGB aufgeführten schweren Verfehlungen nachweisbar vorliegen.
Rechtliche Bedeutung der Testierfreiheit
Das Erbrecht räumt durch die Testierfreiheit jedem Erblasser die Möglichkeit ein, seinen Nachlass weitgehend nach eigenen Vorstellungen zu verteilen. Hierbei wirkt die Testierfreiheit als Ausdruck der Privatautonomie: Jeder kann frei entscheiden, ob Verwandte, Freunde oder gemeinnützige Organisationen bedacht werden.
Die Testierfreiheit wird nur durch zwingende Schutzmechanismen wie das Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Dieser Ausgleich spiegelt das Spannungsverhältnis zwischen der weitreichenden Entscheidungsfreiheit des Erblassers und dem Interesse nahestehender Personen an einer Mindestbeteiligung am Erbe wider. Im Regelfall bleibt die Festlegung der Erbquote oder die Entscheidung für Vermächtnisse jedoch frei wählbar, solange die Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Fallstudie: Eine alleinstehende Person möchte ihr gesamtes Vermögen einem guten Freund hinterlassen. Angehörige, die zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehören, können unter Umständen ihren Pflichtteil geltend machen. Das Testament wird aber grundsätzlich wirksam sein, da die Testierfreiheit alle Teile des Vermögens erfasst und die Pflichten der Erbengemeinschaft durch Auszahlung des Pflichtteils erfüllt werden können.
Das Pflichtteilsrecht
Der Gesetzgeber sichert bestimmten nahen Angehörigen durch das Pflichtteilsrecht einen Mindestanteil am Nachlass zu. Dieses Recht entsteht unabhängig davon, ob sie durch Testament oder Erbvertrag bedacht sind. Konflikte entstehen oft, wenn ein Erblasser nahe Verwandte bewusst vom Erbe ausschließt oder ihre Erbquote stark verringert.
Voraussetzungen der Pflichtteilsberechtigung
Zu den Pflichtteilsberechtigten zählen Abkömmlinge (Kinder, Enkel), Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner und, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, Eltern des Erblassers (§ 2303 BGB). Eine Enterbung muss ausdrücklich oder konkludent in einer letztwilligen Verfügung festgehalten sein, damit der Anspruch entsteht. Die rechtliche Bindung zwischen dem Erblasser und den Berechtigten darf nicht durch wirksame Ausschlussgründe wie Erbunwürdigkeit entfallen.
Beispiele
- Sind Kinder vorhanden und eines wird im Testament nicht berücksichtigt, kann dieses Kind den Pflichtteil geltend machen.
- Ist der Erblasser kinderlos, stehen die Eltern an Stelle der Abkömmlinge als Berechtigte im Pflichtteilsrecht, sofern sie vom Erbe ausgeschlossen sind.
- Personen, die als gesetzliche Erben zwar vorgesehen waren, aber nachträglich wirksam enterbt wurden, behalten grundsätzlich ihren Pflichtteilsanspruch.
Berechnung und Durchsetzung des Pflichtteils
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Zur Ermittlung ist zunächst festzustellen, welcher gesetzliche Erbanspruch bestünde und anschließend dessen Hälfte zu berechnen (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch, der mit dem Tod des Erblassers entsteht. Zur Durchsetzung gehört auch das Recht des Berechtigten, vom Erben Auskunft über Nachlassgegenstände und deren Wert zu verlangen (§ 2314 BGB).
Beispiele
- Hinterlässt ein Erblasser Ehegatten und zwei Kinder, beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten in vielen Konstellationen bei Zugewinngemeinschaft die Hälfte des Nachlasses und für die Kinder gemeinsam die andere Hälfte. Wird eines der Kinder enterbt, erhält das Kind die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil.
- Wird ein Elternteil enterbt, obwohl keine Abkömmlinge vorhanden sind und kein Ehegatte existiert, berechnet sich der Pflichtteil aufgrund der gesetzlichen Erbquote der Eltern.
Typisches Vorgehen:
Nach Kenntnis des Erbfalls wird Auskunft über den Nachlass verlangt. Wenn keine Einigung über die Höhe des Pflichtteils zustande kommt, kann der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden. Umstrittene Fragen hinsichtlich Wertgutachten oder Schenkungen an Dritte vor dem Erbfall beeinflussen oft die Berechnung.
Arten der Enterbung
Eine Person kann durch letztwillige Verfügung ganz oder teilweise von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden. Entscheidend ist dabei insbesondere, in welchem Umfang der Erblasser die gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsansprüche beschneidet. Eine nur teilweise Kürzung führt zu einer reduzierten Erbquote, während eine vollständige Enterbung in der Regel einen Anspruch auf den Pflichtteil auslöst. Dieser Anspruch steht jedoch nur nahen Angehörigen wie Kindern, Ehepartnern oder Eltern zu und muss aktiv eingefordert werden.
Teilweise Enterbung und ihre Konsequenzen
Teileingriffe in die gesetzliche Erbquote kommen häufig vor, wenn ein Erblasser einzelne Erben weniger begünstigen möchte, ohne sie vollständig auszuschließen. Der gesetzliche Anspruch bleibt grundsätzlich erhalten (Pflichtteile können jedoch nicht weiter reduziert werden als gesetzlich vorgesehen), wird jedoch auf den Anteil beschränkt, den der Erblasser verfügt.
Auswirkungen auf den Pflichtteil
Die gesetzlich vorgesehenen Pflichtteilsberechtigten (beispielsweise Abkömmlinge oder Ehegatten) behalten einen Mindestanteil am Nachlass. Wer nur teilweise enterbt ist, erhält eine geringere Erbquote, kann gleichzeitig aber in manchen Fällen zusätzlich einen Pflichtteil geltend machen, wenn die testamentarische Zuweisung unterhalb des gesetzlichen Mindestanspruchs liegt.
Beispiel (fiktive Personen)
E verfügt in seinem Testament, dass Tochter T nur 10 % des Nachlasses erben soll, während Sohn S den restlichen Anteil von 90 % erhält. Liegt der gesetzliche Erbteil von T eigentlich bei 50 %, kann sie den fehlenden Anteil bis zum Pflichtteil (im Regelfall 25 % vom gesamten Nachlass, also die Hälfte ihres gesetzlichen Anteils) verlangen.
Vollständige Enterbung trotz Pflichtteil
Die vollständige Enterbung führt für den Betroffenen zu einer Entziehung jeglicher Erbquoten, lässt jedoch in der Regel seinen Anspruch auf den Pflichtteil bestehen. Eine Person, die zwar nicht als Erbe eingesetzt wurde, aber zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehört, kann dann den Pflichtteil in Geld verlangen.
Besonderheiten bei Pflichtteilsentziehung
Die Entziehung des Pflichtteils ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Gesetzlich anerkannt werden beispielsweise schwere Verfehlungen gegenüber dem Erblasser. Ein vollständiger Ausschluss vom Pflichtteil ist also nur in seltenen Ausnahmefällen rechtswirksam.
Beispiel (fiktive Personen)
E. bestimmt in seinem Testament, dass sein Sohn S. gar nichts aus dem Nachlass erhalten soll. Als pflichtteilsberechtigter Abkömmling steht S. dennoch grundsätzlich eine Mindestbeteiligung am Wert des Nachlasses zu. Nur wenn E. einen gesetzlich anerkannten Grund darlegt und beweist, könnte S. im Extremfall den Pflichtteil verlieren.
Pflichtteilsentzug
Der Gesetzgeber räumt dem Erblasser die Möglichkeit ein, einem Pflichtteilsberechtigten das gesetzlich garantierte Mindesterbteil vollständig zu entziehen. Diese Befugnis unterliegt jedoch engen Voraussetzungen und bedarf einer genauen Begründung.
Gesetzliche Gründe nach § 2333 BGB
Die Entziehung des Pflichtteils wird nur in bestimmten Ausnahmefällen anerkannt. § 2333 BGB führt folgende Gründe an:
- Schwere Verfehlungen gegen den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person, etwa wenn ein Abkömmling seinem Elternteil nach dem Leben trachtet oder ihn vorsätzlich körperlich misshandelt.
- Böswillige Verletzung gesetzlicher Unterhaltspflichten, zum Beispiel wenn ein Kind den Unterhalt für bedürftige Elternteile verweigert.
- Rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung wegen einer vorsätzlichen Straftat, sofern die Teilhabe am Nachlass für den Erblasser unzumutbar ist.
Ein Beispiel aus der Praxis ist ein volljähriger Sohn, der seine pflegebedürftige Mutter wiederholt bedroht und körperlich angegriffen hat. Nach einer entsprechenden strafrechtlichen Verurteilung kann ein Pflichtteilsentzug gerechtfertigt sein, da eine schwere Verfehlung gegenüber dem Erblasser vorliegt.
Beweislast und Prozessrisiken
Derjenige, der den Pflichtteilsentzug geltend machen will, trägt die Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 2333 BGB. Dies kann bedeuten, dass schriftliche Unterlagen, Zeugenaussagen oder andere Nachweise vorgelegt werden müssen.
Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung besteht ein hohes Prozessrisiko, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht lückenlos bewiesen werden können. Für den Erblasser empfiehlt es sich häufig, sämtliche relevanten Belege frühzeitig zu sammeln und schriftlich darzulegen.
Besteht beispielsweise der Vorwurf einer schweren Verfehlung, sollten Zeugenaussagen und Dokumentationen (z. B. polizeiliche Protokolle oder Atteste) gesichert werden, um die Verletzungshandlungen zweifelsfrei nachzuweisen.
Die Rechtsprechung zeigt, dass bei mangelhafter Beweisführung der Pflichtteilsentzug regelmäßig scheitert und der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch erfolgreich durchsetzen kann.
Chancen aus Sicht des Erblassers
Eine frühzeitige Planung der Nachlassverteilung bietet individuelle Handlungsspielräume und reduziert potenzielle Konflikte unter den Erben. Dabei eröffnet das Gesetz einige Möglichkeiten, um vorhandenes Vermögen zielgerichtet und bedarfsorientiert zu übertragen.
Gestaltungsspielräume bei der Vermögensaufteilung
Der Gesetzgeber räumt dem Erblasser Testierfreiheit ein, sodass das Vermögen entweder im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge oder durch ein qualifiziertes Testament verteilt werden kann. Dabei kommen unter anderem folgende Instrumente in Betracht:
- Einfaches Testament: Klare Bestimmung, wer Erbe wird und welche Anteile gewährt werden.
- Berliner Testament (Ehegattentestament): Gegenseitige Einsetzung der Ehegatten als Erben, kombiniert mit Bestimmungen für den Schlusserben.
- Erbvertrag: Vertragliche Vereinbarungen zwischen Erblasser und potenziellen Erben, oft genutzt, um bestimmte Leistungen der Erben zu sichern.
Eine Teilungsanordnung oder ein Vermächtnis hilft, einzelne Vermögensgegenstände zuzuweisen. So lässt sich etwa sicherstellen, dass ein bestimmtes Unternehmen in den Händen eines fachkundigen Nachkommen verbleibt.
Beispiel: Eine Person verfügt über ein Mehrfamilienhaus sowie Unternehmensanteile und möchte das Haus vollständig an ein Kind übertragen, während das andere Kind eine Beteiligung am Unternehmen erhält. Mithilfe einer Teilungsanordnung lässt sich diese Aufteilung rechtssicher festlegen.
Sowohl bei der gesetzlichen als auch bei der testamentarischen Erbfolge gilt das Pflichtteilsrecht (§§ 2303 ff. BGB). Nicht berücksichtigte Abkömmlinge oder Ehegatten haben grundsätzlich Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Pflichtteilsverzichtsvereinbarung als Option
Eine Pflichtteilsverzichtsvereinbarung ermöglicht es, den gesetzlichen Anspruch auf den Pflichtteil vertraglich auszuschließen oder zu reduzieren. Dies schafft Planungssicherheit und vereinfacht die Vermögensnachfolge, da Erblasser nicht mit unvorhersehbaren Pflichtteilsforderungen konfrontiert werden.
Der Verzicht erfordert regelmäßig eine notarielle Beurkundung (§ 2348 BGB). Meist einigen sich die Beteiligten bereits zu Lebzeiten des Erblassers auf eine Abfindung, um einen späteren Streit über den Pflichtteil zu vermeiden.
Beispiel: Zwei Kinder sollen unterschiedlich am Nachlass beteiligt werden. Um zukünftige Auseinandersetzungen zu vermeiden, erhält das bislang benachteiligte Kind frühzeitig eine Geldsumme und verzichtet hierfür vertraglich auf seinen Pflichtteil. Dies kann den Übergang bestimmter Vermögenswerte, wie eines Betriebsgrundstücks, reibungslos gestalten.
Risiken für Erblasser und Erbberechtigte
Eine unklare oder fehlerhaft errichtete Verfügung von Todes wegen kann rechtliche Unsicherheiten auslösen und zu aufwendigen Auseinandersetzungen zwischen potenziellen Erbberechtigten führen. Besonders formelle Mängel und unpräzise Formulierungen bergen das Risiko, dass Betroffene vor Gericht langwierige Prozesse führen müssen.
Anfechtungsgrundlagen bei formfehlerhaften Verfügungen
Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift oder Verstöße gegen die in § 2247 BGB festgelegten Formerfordernisse bilden häufige Gründe für die Anfechtung. Typische Formfehler sind zum Beispiel ein rein maschinell verfasstes Schriftstück ohne eigenhändige Unterschrift. Das Fehlen von Datum und Ort stellt hingegen keinen zwingenden Formmangel dar, kann aber in besonderen Fällen (z.B. bei mehreren Testamentsversionen) relevant werden. Wird die Verfügung aufgrund von Irrtum oder Drohung abgegeben, kann dies ebenfalls einen Anfechtungsgrund gemäß §§ 2078 ff. BGB begründen.
Beispiel für einen Formverstoß
Ein Erblasser fertigt das Testament handschriftlich an und vergisst, es zu unterzeichnen. Nach dem Erbfall stellen die Hinterbliebenen fest, dass die formale Gültigkeit fehlt. Ein potenziell enterbter Angehöriger könnte den Anspruch anfechten und die gesetzliche Erbfolge geltend machen. Dies kann zu aufwendigen Nachweisverfahren über die Echtheit und den Willen des Erblassers führen.
Auswirkungen im Streitfall
Die Anfechtung bei formfehlerhaften Verfügungen kann langwierige Gerichtsverfahren nach sich ziehen und hohe Verfahrenskosten auslösen. Der Nachweis des wahren Erblasserwillens erfordert oft Sachverständigengutachten, was zusätzliche finanzielle und zeitliche Belastungen für alle Beteiligten bedeuten kann.
Finanzielle und familiäre Konfliktpotenziale
Unklarheiten und Rechtsstreitigkeiten über die Gültigkeit einer Verfügung können innerhalb von Familien große Spannungen erzeugen. Unterschiedliche Interessen sowie das Gefühl, benachteiligt worden zu sein, führen häufig zu eskalierenden Konflikten.
Beispiel für familiäre Spannungen
Mehrere Geschwister gehen davon aus, gemeinsam ein geerbtes Haus verwalten zu können. Ein später aufgefundenes Testament räumt der jüngsten Tochter zusätzliche Verfügungsrechte ein. Die übrigen Erbberechtigten zweifeln dessen Echtheit an, was zu einem Streit über die Gültigkeitsvoraussetzungen und zum Abbruch familiärer Beziehungen führen kann.
Wirtschaftliche Folgen
Hohe Prozesskosten und wertmindernde Auseinandersetzungen über Vermögensgegenstände können das geerbte Vermögen erheblich schmälern. In vielen Fällen führt eine langjährige Erbstreitigkeit zu hohen Gerichts- und Anwaltskosten, die den Nachlass stark belasten. Unklare Eigentumsverhältnisse in einer Erbengemeinschaft erschweren zudem wirtschaftliche Entscheidungen wie Verkäufe oder Investitionen.
Praktische Umsetzung im Erbrecht
Ein sorgfältig verfasstes Testament oder ein präziser Erbvertrag bietet Sicherheit für alle Beteiligten, um Vermögen eindeutig zu verteilen und Streitigkeiten zu vermeiden. Dabei gewinnen digitale Vermögenswerte zunehmend an Bedeutung, gerade wenn sie bei der Verteilung bewusst ausgeschlossen oder eingeschränkt werden sollen.
Formanforderungen an Testament oder Erbvertrag
Testament und Erbvertrag unterliegen unterschiedlichen formalen Voraussetzungen.
- Eigenhändiges Testament: Vollständige Niederschrift und Unterschrift in handschriftlicher Form. Zusätzliche Angaben wie Ort und Datum helfen dabei, spätere Unklarheiten zu vermeiden.
- Notarielles Testament: Beurkundung durch eine Notarin oder einen Notar. Schriftform und amtliche Verwahrung gewährleisten dabei ein Höchstmaß an Rechtssicherheit.
- Erbvertrag: Schriftform vor einer Notarin oder einem Notar ist zwingend vorgeschrieben. Anders als beim Testament kann ein Erbvertrag nur einvernehmlich geändert werden.
Beispiel für eine mögliche Formverletzung
Eine eigenhändige letztwillige Verfügung, die nicht vollständig mit der Hand geschrieben wurde oder keine eigenhändige Unterschrift enthält, kann unwirksam sein. Dadurch bleibt die gesetzliche Erbfolge bestehen, was unter Umständen nicht dem Willen der Erblasserin oder des Erblassers entspricht.
Einbeziehung digitaler Vermögenswerte in Enterbungsregelungen
Digitale Vermögenswerte
umfassen beispielsweise Guthaben bei Online-Bezahldiensten, Kryptowährungen, E-Book-Sammlungen oder Inhalte in sozialen Netzwerken. Auch Lizenzrechte an erworbener Software oder digitale Musikarchive sind von Bedeutung.
Eine Enterbung betrifft nicht nur physische Gegenstände, sondern umfasst sämtliche Aktiva im Nachlass. Wenn bestimmte Personen gezielt von digitalen Werten ausgeschlossen werden sollen, empfiehlt sich eine eindeutige Benennung entsprechender Positionen im Testament oder Erbvertrag. Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass gesetzliche Pflichtteilsansprüche nicht umgangen werden können (§ 2303 BGB). Entscheidend ist, sämtlichen potenziell bedeutenden Positionen ausreichend Beachtung zu schenken, um Missverständnisse bei der Nachlassabwicklung zu vermeiden.
Beispiel für die explizite Erwähnung digitaler Werte
Wird in einem Testament festgehalten, dass eine Person sämtliche digitalen Nutzungsrechte an gekaufter Software sowie alle Kryptowährungen erbt, während andere Personen davon ausgeschlossen werden, sollte auch vermerkt sein, wo sich diese Werte befinden (z. B. Wallet-Informationen oder Zugangsdaten). Unklarheiten können andernfalls zu Streitigkeiten oder einer Erschwerung der Vollstreckung führen.