Zwangshypothek ohne Eigentumseintragung – Grenzen der Verwaltervollmacht
Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschied, dass die Eintragung einer Zwangshypothek ohne die Voreintragung des Schuldners als Eigentümer unzulässig ist, da die Fortdauer der Verwalterbefugnisse nach Aufhebung der Zwangsverwaltung keine Ausnahme vom Grundsatz der Betroffenenvoreintragung rechtfertigt. Der Antragsteller, der nach Aufhebung der Zwangsverwaltung die Eintragung einer Zwangshypothek begehrte, scheiterte somit, weil der Schuldner nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war.
Übersicht
- Zwangshypothek ohne Eigentumseintragung – Grenzen der Verwaltervollmacht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- Der Fall der strittigen Grundbucheintragung und die Grenzen der Verwalterbefugnisse
- Die juristische Auseinandersetzung um § 39 GBO
- Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt
- Die Rechtsgrundlagen und ihre Auslegung
- Die Begründung der Kostenentscheidung und die Ablehnung der Rechtsbeschwerde
- Die Bedeutung des Urteils für die Rechtspraxis
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der Versuch, eine Zwangshypothek ohne die Voreintragung des Schuldners eintragen zu lassen, wurde vom Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt abgelehnt.
- Eine Ausnahme vom Grundsatz der Betroffenenvoreintragung analog § 40 GBO aufgrund der Fortdauer der Verwalterbefugnisse nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wurde nicht anerkannt.
- Die Rechtsprechung bestätigt, dass die Voreintragung des Schuldners im Grundbuch eine unabdingbare Voraussetzung für die Eintragung einer Zwangshypothek ist.
- Die analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO auf Fälle außerhalb der Erbfolge ist eng begrenzt und erfordert eine Gesamtrechtsnachfolge, die im vorliegenden Fall nicht gegeben war.
- Der Antragsteller scheiterte sowohl im Erstverfahren als auch in der Beschwerde wegen der fehlenden Voreintragung des Schuldners.
- Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Grundsatzes der Klarheit und Eindeutigkeit im Grundbuchrecht.
- Eine analoge Anwendung von Ausnahmeregelungen wird streng gehandhabt und erlaubt keine Ausweitung auf nicht vergleichbare Sachverhalte.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt, und eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Klare Eintragungen im Grundbuch
Das Grundbuch dient der Klarheit und Transparenz von dinglichen Rechten an Grundstücken. Durch genaue Eintragungen soll die rechtliche Situation für alle Beteiligten nachvollziehbar sein. Der Grundsatz der Voreintragung ist hierfür von zentraler Bedeutung.
Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen sind von diesem Grundsatz Abweichungen möglich, etwa bei der Gesamtrechtsnachfolge wie der Erbfolge. Die Frage, ob weitere Ausnahmen zum Beispiel für den Fall der Fortdauer von Verwalterrechten analog angewendet werden können, ist strittig und wird regelmäßig von den Gerichten geklärt.
➜ Der Fall im Detail
Der Fall der strittigen Grundbucheintragung und die Grenzen der Verwalterbefugnisse
Im Zentrum dieses Rechtsfalls stand die Ablehnung der Eintragung einer Zwangshypothek im Grundbuch, die der Antragsteller aufgrund eines Kostenfestsetzungsbeschlusses beantragte.
Die Zwangshypothek sollte für Forderungen gegen den ehemaligen Zwangsverwalter JUDr. H. N. eingetragen werden, der im Auftrag der ursprünglichen Eigentümerin, Frau C. R., handelte. Nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung und dem Verkauf der Grundstücke an die Beteiligte zu 2) beantragte der Gläubiger die Eintragung der Hypothek als Sicherung für die ihm zugesprochenen Kosten. Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung ab, da der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war.
Die juristische Auseinandersetzung um § 39 GBO
Die Kernfrage der rechtlichen Auseinandersetzung drehte sich um die Anwendbarkeit des § 39 GBO, der grundsätzlich die Eintragung nur zulässt, wenn der Betroffene als Berechtigter im Grundbuch vermerkt ist. Der Antragsteller argumentierte, dass eine Ausnahme gemäß § 40 Abs. 1 GBO aufgrund der fortbestehenden Verwalterbefugnisse nach Beendigung der Zwangsverwaltung gerechtfertigt sei. Dieser Argumentation folgte das Amtsgericht nicht und wies den Antrag zurück, was den Antragsteller zur Beschwerde beim Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt veranlasste.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt
Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde zurück. In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass die Voraussetzungen für eine Eintragung gemäß § 39 GBO nicht erfüllt waren und auch eine analoge Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt sei. Das Gericht erklärte, dass der Grundsatz der Voreintragung des Betroffenen eine wesentliche Ordnungsfunktion im Grundbuchrecht einnimmt und Ausnahmen hiervon eng auszulegen sind.
Die Rechtsgrundlagen und ihre Auslegung
Das Gericht betonte, dass die analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO auf Fälle beschränkt ist, die eine Gesamtrechtsnachfolge auf gesetzlicher Grundlage ohne weiteren Übertragungsakt darstellen. Da die Beendigung der Zwangsverwaltung keine solche Gesamtrechtsnachfolge bewirkt, sondern lediglich das Ausscheiden des Zwangsverwalters zur Folge hat, sei die analoge Anwendung der Vorschrift nicht angebracht. Weiterhin führte das Gericht aus, dass die ordnungsgemäße Abwicklung der Zwangsverwaltung, einschließlich der Begleichung von Verbindlichkeiten, nicht die Eintragung einer Zwangshypothek ohne die Voreintragung des Schuldners rechtfertigt.
Die Begründung der Kostenentscheidung und die Ablehnung der Rechtsbeschwerde
Das Oberlandesgericht legte zudem dar, dass die Kostenentscheidung auf den einschlägigen Bestimmungen der FamFG beruht und der Geschäftswert nach billigem Ermessen festgesetzt wurde. Die Ablehnung der Rechtsbeschwerde begründete das Gericht mit dem Fehlen der Voraussetzungen gemäß § 78 Abs. 2 GBO.
Die Bedeutung des Urteils für die Rechtspraxis
Dieses Urteil unterstreicht die strenge Handhabung des Grundsatzes der Voreintragung im Grundbuchrecht und die engen Grenzen für dessen Ausnahmen. Es verdeutlicht, dass die Rechte und Pflichten eines Zwangsverwalters mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht automatisch eine Rechtsgrundlage für die Eintragung von Sicherheiten gegen Dritte schaffen, die nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Welche Rolle spielt das Grundbuch im Immobilienrecht?
Das Grundbuch spielt eine zentrale Rolle im deutschen Immobilienrecht. Es ist ein öffentliches Register, das vom Grundbuchamt geführt wird und dient der Begründung und Auskunft über die Eigentums- und sonstigen Belastungsverhältnisse am Grundeigentum. Durch die Eintragungen im Grundbuch wird Klarheit über die Rechtsverhältnisse an Grundstücken geschaffen und damit für Rechtssicherheit gesorgt.
Im Grundbuch sind sämtliche Rechte und Pflichten eines Grundstücks erfasst. Dazu gehören insbesondere Informationen über Eigentumsverhältnisse, Lage und Flurnummer, Belastungen wie Hypotheken und Grundschulden sowie Beschränkungen wie Wegerechte oder Nießbrauchsrechte. Alle Änderungen hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse müssen im Grundbuch dokumentiert werden.
Durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs kann sich jeder auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Eintragungen verlassen. Dies schafft Transparenz und Sicherheit im Rechtsverkehr mit Immobilien. Insbesondere beim Immobilienkauf ist das Grundbuch von zentraler Bedeutung, da es potenziellen Erwerbern Auskunft über bestehende Rechte und Belastungen gibt.
Die Eintragungen erfolgen in den drei Abteilungen des Grundbuchs: Abteilung I für Eigentumsverhältnisse, Abteilung II für Lasten und Beschränkungen sowie Abteilung III für Grundpfandrechte wie Hypotheken und Grundschulden. Durch diese Gliederung wird eine übersichtliche Dokumentation aller relevanten Rechtsverhältnisse am Grundstück erreicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Grundbuch als zentrales Rechtsinstitut im Immobilienrecht für Publizität, Klarheit und Sicherheit über die Eigentums- und Belastungssituation von Grundstücken sorgt. Es ermöglicht einen sicheren Rechtsverkehr mit Immobilien.
Was bedeutet die Voreintragung eines Betroffenen im Grundbuch?
Der Grundsatz der Voreintragung des Betroffenen ist in § 39 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO) geregelt. Demnach soll eine Eintragung im Grundbuch nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen wird, bereits als Berechtigter im Grundbuch eingetragen ist.
Dieser Grundsatz dient mehreren Zwecken:
- Er erleichtert die Legitimationsprüfung durch das Grundbuchamt, da die Berechtigung des von der Eintragung Betroffenen direkt aus dem Grundbuch ersichtlich ist.
- Er schützt den eingetragenen Berechtigten vor ihn benachteiligenden Verfügungen durch Dritte. Durch die Voreintragung wird sichergestellt, dass nur der tatsächlich Berechtigte Änderungen am Grundbuch vornehmen kann.
- Er gewährleistet die Kontinuität und Nachvollziehbarkeit des Grundbuchs. Durch die lückenlose Kette von Eintragungen bleibt die Entwicklung der Rechtsverhältnisse am Grundstück transparent.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen vom Voreintragungsgrundsatz, die in § 40 GBO geregelt sind. So ist beispielsweise keine Voreintragung erforderlich, wenn der Betroffene Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts eingetragen werden soll.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Voreintragung des Betroffenen ein wichtiger Schutzmechanismus des formellen Grundbuchrechts ist. Sie dient der Rechtssicherheit und Nachvollziehbarkeit des Grundbuchs, indem sie unrechtmäßige Eintragungen durch Nichtberechtigte verhindert. Gleichzeitig sieht das Gesetz aber auch praktikable Ausnahmen vor, um den Rechtsverkehr nicht unnötig zu erschweren.
Wie wirkt sich die Aufhebung einer Zwangsverwaltung auf das Grundbuch aus?
Die Aufhebung einer Zwangsverwaltung hat folgende Auswirkungen auf das Grundbuch:
Der Zwangsverwaltungsvermerk, der mit Anordnung der Zwangsverwaltung im Grundbuch eingetragen wurde, muss nach Aufhebung des Verfahrens wieder gelöscht werden. Dazu ersucht das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Löschung des Vermerks. Die Löschung erfolgt nicht automatisch, sondern bedarf dieses Ersuchens des Gerichts.
Mit der Löschung des Zwangsverwaltungsvermerks wird die Beschlagnahmewirkung, die mit Eintragung des Vermerks eintrat, wieder aufgehoben. Der Schuldner erhält die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Grundstück zurück. Verfügungen, die der Schuldner während des Zwangsverwaltungsverfahrens über das Grundstück getroffen hat, waren wegen des Veräußerungsverbots schwebend unwirksam und werden nun mit Aufhebung des Verfahrens endgültig wirksam.
Eintragungen im Grundbuch, die nach Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks erfolgten, bleiben bestehen. Sie werden durch die Aufhebung des Verfahrens nicht automatisch hinfällig. Dazu zählen insbesondere Rechte, die der Zwangsverwalter während des Verfahrens begründet hat, wie z.B. Miet- oder Pachtverträge.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aufhebung der Zwangsverwaltung im Grundbuch durch Löschung des Zwangsverwaltungsvermerks nachvollzogen wird. Damit entfällt die Beschlagnahmewirkung und der Eigentümer erlangt seine uneingeschränkte Rechtsstellung zurück. Vom Zwangsverwalter begründete Rechte bleiben jedoch bestehen.
Welche besonderen Anforderungen gelten für die Eintragung einer Zwangshypothek?
Für die Eintragung einer Zwangshypothek gelten neben den allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung einige besondere Anforderungen:
- Es muss ein Antrag des Gläubigers an das zuständige Grundbuchamt gestellt werden, in dessen Bezirk das zu belastende Grundstück liegt. Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Grundbuchamts erfolgen.
- Die zu sichernde Forderung muss mindestens 750,01 Euro betragen. Dabei können auch mehrere Forderungen aus verschiedenen Vollstreckungstiteln oder Nebenforderungen wie Zinsen und Kosten zusammengerechnet werden, um den Mindestbetrag zu erreichen.
- Der Schuldner muss als Eigentümer oder Miteigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen sein (Voreintragungsgrundsatz). Ohne Voreintragung ist die Eintragung einer Zwangshypothek nicht möglich.
- Es muss ein Vollstreckungstitel über die zu sichernde Forderung vorliegen, z.B. ein Urteil, ein Beschluss oder ein Vollstreckungsbescheid. Der Titel muss eine Vollstreckungsklausel tragen.
- Der Vollstreckungstitel muss dem Schuldner bereits zugestellt worden sein. Die Zustellung wird in der Regel in der Vollstreckungsklausel bescheinigt.
- Es dürfen keine Vollstreckungshindernisse bestehen, z.B. darf im Grundbuch kein Vermerk über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingetragen sein.
- Bei mehreren Gläubigern muss deren Gemeinschaftsverhältnis im Antrag angegeben werden. Sämtliche Gläubiger sind mit Vor- und Nachnamen sowie weiteren Identifikationsmerkmalen wie Geburtsdatum oder Wohnort zu bezeichnen.
Das Grundbuchamt prüft sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen. Sind diese erfüllt, wird die Zwangshypothek im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung bewirkt eine Beschlagnahme des Grundstücks zugunsten des Gläubigers.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 39 GBO (Grundbuchordnung): Regelt, dass eine Eintragung nur erfolgen darf, wenn die betroffene Person als Berechtigte im Grundbuch eingetragen ist. Dieser Paragraph ist zentral, da er die Basis der Beschwerde bildet, indem argumentiert wird, dass für die Eintragung einer Zwangshypothek die Voreintragung des Schuldners erforderlich sei.
- § 40 GBO: Erlaubt unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen vom Grundsatz des § 39 GBO, insbesondere wenn der Erbe eines eingetragenen Berechtigten betroffen ist. Die Erwähnung dieses Paragraphen im Text hebt die juristische Debatte hervor, ob eine analoge Anwendung dieses Paragraphen aufgrund fortbestehender Verwalterbefugnisse nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung gerechtfertigt sein kann.
- § 18 GBO: Betrifft die Zurückweisung eines Eintragungsantrags durch das Grundbuchamt, wenn die notwendigen Voraussetzungen für eine Eintragung nicht erfüllt sind. Dieser Paragraph bildet die rechtliche Grundlage für die Entscheidung des Grundbuchamts, den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek abzulehnen.
- Zwangsverwaltung: Ein Rechtsbereich, der sich mit der Verwaltung eines Grundstücks durch einen Zwangsverwalter befasst, der vom Gericht bestellt wird, um Schulden zu begleichen. Die Beendigung der Zwangsverwaltung und ihre Auswirkungen auf die Grundbucheintragung sind zentral für das Verständnis des Falls.
- Zwangshypothek: Eine Sicherungshypothek, die zur Sicherung einer Forderung gegen den Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen wird. Die Möglichkeit und Voraussetzungen zur Eintragung einer Zwangshypothek sind direkt relevant für das Anliegen des Antragstellers.
- Analoge Anwendung des Rechts: Ein juristisches Prinzip, das besagt, dass ein Gesetz auf Fälle angewendet werden kann, die in seinem Wortlaut nicht ausdrücklich erwähnt sind, aber in ihren wesentlichen Merkmalen vergleichbar sind. Die Diskussion über die analoge Anwendung von § 40 GBO verdeutlicht die rechtliche Auseinandersetzung im vorliegenden Fall.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 27/21 – Beschluss vom 27.07.2021
Leitsatz
Eine nach § 39 GBO wegen Fortdauer der Verwalterbefugnisse nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung ist nicht gerechtfertigt.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zeitz – Grundbuchamt – vom 28. April 2021 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 1.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Frau C. R. war eingetragene Eigentümerin der beiden, im verfahrensgegenständlichen Grundbuch eingetragenen Grundstücke in E. . 2016 wurden Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung für beide Grundstücke angeordnet. Als Zwangsverwalter wurde JUDr. H. N. eingesetzt. Dieser erhob in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter gegen den Antragsteller Klage vor dem Amtsgericht Zeitz, welche durch Urteil vom 12. Juni 2018 (4 C 266/17) abgewiesen wurde. Die Kostenentscheidung des Urteils sah vor, dass die Kosten des Rechtsstreits zu 124/125 der Zwangsverwalter und zu 1/125 der Antragsteller zu tragen hatte. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Dezember 2018 setzte das Amtsgericht die von dem Zwangsverwalter an den Antragsteller zu erstattenden Kosten auf 776,47 € nebst Zinsen fest.
Die Zwangsverwaltungen wurden aufgehoben und die entsprechenden Eintragungen im Grundbuch hinsichtlich des unter der laufenden Nummer 2 eingetragenen Grundstücks am 5. Oktober 2016 und hinsichtlich des unter der laufenden Nummer 1 eingetragenen Grundstücks am 24. April 2018 gelöscht.
Die Beteiligte zu 2) erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 20. März 2018 von Frau C. R. die verfahrensgegenständlichen Grundstücke und wurde am 9. August 2018 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. April 2021 beantragte der Beteiligte zu 1) unter Bezugnahme auf den Kostenfestsetzungsbeschluss die Eintragung einer Zwangshypothek in Höhe von 867,62 € zuzüglich Zinsen.
Das Amtsgericht – Grundbuchamt – wies den Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek durch Beschluss vom 28. April 2021 zurück. Zur Begründung führte es aus, dass für die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek die Voreintragung des Schuldners als Betroffener erforderlich sei. Daran fehle es, da der Schuldner nicht als Eigentümer der Grundstücke eingetragen sei.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 27. Mai 2021. Zur Begründung führt er aus, dass eine Voreintragung nach § 39 GBO entsprechend § 40 Abs. 1 GBO entbehrlich sei. Insoweit sei die Fortdauer der Zwangsverwalterbefugnisse auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung zu bejahen. Der Zwangsverwalter führe Aktiv- und Passivprozesse, welche das von ihm verwaltete Vermögen betreffen, als Partei kraft Amtes im eigenen Namen. Er sei Prozessstandschafter, Titelgläubiger und Klauselberechtigter. Nach Aufhebung der Zwangsverwaltung habe er seine Tätigkeit ordnungsgemäß abzuschließen und daher weitergehende Befugnisse inne. Der Zwangsverwalter bleibe daher bis zur Abwicklung der Zwangsverwaltung verpflichtet. Insbesondere müsse er eingeleitete Verwaltungsmaßnahmen abwickeln und die von ihm begründeten Verbindlichkeiten aus dem vorhandenen Kassenbestand begleichen, wie etwa die vorliegenden Verfahrenskosten. Folglich könne die Zwangsvollstreckung gegen den Zwangsverwalter aus dem gegen diesen gerichteten Titel nur in das zwangsverwaltete Vermögen erfolgen, nicht jedoch gegen den Schuldner selbst. Die Eintragung einer Zwangshypothek in das vom Zwangsverwalter verwaltete Objekt sei daher zulässig, ohne dass es auf eine Voreintragung ankomme. Andernfalls liefe der Vollstreckungstitel ins Leere, nachdem eine persönliche Inanspruchnahme des Zwangsverwalters ausscheide, so dass die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 GBO vorlägen. Daher müsse die Eintragung auch ohne die Voreintragung des Vollstreckungsschuldners vorgenommen werden.
Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2021 nicht ab und legte diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 72, 73 GBO zulässig und dem Senat nach der vom Grundbuchamt ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Grundbuchamt dem Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek des Antragstellers nicht entsprochen.
Ein Eintragungsantrag ist vom Grundbuchamt zurückzuweisen, wenn die zur Eintragung erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (Demharter, GBO, 32. Auflage, § 18, Rn. 12).
Nach § 39 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist.
Diese Voraussetzung ist – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat und der Beschwerdeführer auch nicht weiter in Abrede stellt – nicht erfüllt.
Von diesem Voreintragungsgrundsatz macht § 40 Abs. 1 GBO bestimmte Ausnahmen. § 39 Abs. 1 GBO ist dann auf bestimmte Eintragungen nicht anzuwenden, wenn die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist (§ 40 Abs. 1 GBO). Dieser Ausnahmefall liegt hier ebenso wenig vor, wie die weiteren Ausnahmefälle des § 39 Abs. 2 bzw. des § 40 Abs. 2 GBO.
Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer auf die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO. Der vorliegende Fall rechtfertigt keine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO. In Rechtsprechung und Literatur wird diese Vorschrift zwar entsprechend für Rechtsübergänge herangezogen, die dem Erbgang vergleichbar sind (z.B. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 26. Januar 1998 – 6 W 750/97 -, juris; OLG Dresden, Urteil vom 25. November 1993 – 8 U 193/93 -, juris; BeckOK GBO/Hügel, § 40 Rn. 3ff.; Demharter, a.a.O., § 40 Rn. 9). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Rechtsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf gesetzlicher Grundlage und ohne weiteren Übertragungsakt stattfindet, und zwar deswegen, weil „der eingetragene Rechtsvorgänger sein Dasein eingebüßt hat“ (RG, Beschluss vom 13. November 1915 – V B 1/15 -, juris).
Eine analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO kommt aber nicht in den Fällen der scheinbaren Rechtsnachfolge bei Namens-/Firmenänderung des eingetragenen Berechtigten oder bei formwechselnden Umwandlungen bzw. bei Sonderrechtsnachfolgen in Betracht (vgl. Bauer/von Oefele, GBO, 3. Auflage 2013, § 40 Rn. 13). Die Ordnungsfunktion des § 39 Abs. 1 GBO darf aber nicht hinter das Ziel der Vermeidung überflüssiger Eintragungen zurücktreten. Denn es ist in der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass § 39 Abs. 1 GBO jedenfalls auch dem Zweck dient, den Rechtsstand des Grundbuchs in allen Entwicklungsstufen klar und verständlich wiederzugeben (BGH, Beschluss vom 04. Januar 1955 – V ZB 7/53 -, juris, m.V.a.: RG, Beschluss vom 24. September 1931 – V B 7/31 -, juris). Dabei nimmt es das Gesetz ersichtlich in Kauf, dass der nach § 39 Abs. 1 GBO berichtigend einzutragende Berechtigte im Falle der Übertragung oder Aufhebung seines Rechts sogleich wieder im Grundbuch zu löschen ist. Insoweit tritt der Grundsatz zurück, dass das Grundbuch von überflüssig erscheinenden Eintragungen freizuhalten ist (KG Berlin, Beschluss vom 17. März 1992 – 1 W 165/92 -, juris).
Angesichts dessen lassen sich Ausnahmen vom Grundsatz der Voreintragung des Betroffenen im Rahmen der Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO nicht allein damit begründen, das Grundbuch sei von überflüssigen Eintragungen freizuhalten und die Voreintragung sei dann überflüssig, wenn sie aufgrund der vom voreinzutragenden Berechtigten getroffenen Verfügung ohnehin sogleich wieder zu löschen sei. Wegen ihres Ordnungscharakters muss die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GBO also auch dann angewendet werden, wenn dies für Teilbereiche ihrer Zweckbestimmung an sich entbehrlich erscheint. Insoweit wird mit Recht hervorgehoben, dass auch bloße Ordnungsvorschriften wie diejenige des § 39 Abs. 1 GBO verpflichtend sind und ihre Eigenschaft als Vorschrift des Grundbuchverfahrens eher eine strenge, der Zulassung von Ausnahmen abgeneigte Auslegung rechtfertigt, wenn nicht ihr Wert als einer die verschiedene Deutung und damit Ungleichmäßigkeit der Handhabung oder sogar Willkür ausschließenden Anweisung für die Grundbuchführung geschmälert werden soll (KG Berlin, Beschluss vom 17. März 1992, a.a.O.).
Diese Grundsätze sind auch bei der Auslegung des § 40 Abs. 1 GBO zu beachten, soweit danach die gemäß § 39 Abs. 1 GBO grundsätzlich erforderliche Voreintragung unter der Voraussetzung entbehrlich ist, dass die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen wird, „Erbe“ des eingetragenen Berechtigten ist. Diese ihrem Wortlaut nach nur einen bestimmten Fall der Gesamtrechtsnachfolge betreffende Ausnahmeregelung dient dem Zweck, dem Erben die Kosten einer Eintragung zu ersparen, die im Falle der Übertragung oder Aufhebung des Rechts sogleich wieder zu löschen wäre, sowie der Erleichterung des Grundbuchverkehrs in diesem Einzelfall (KG Berlin, Beschluss vom 17. März 1992, a.a.O., m.w.N. aus der Literatur). Dann soll der Grundsatz der Erkennbarkeit der Entwicklung des Rechtsstandes des Grundbuchs zurücktreten, darf also das Grundbuch von einer an sich nach § 39 Abs. 1 GBO erforderlichen Zwischeneintragung ausnahmsweise freigehalten werden. Soweit an eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 40 Abs. 1 GBO auf andere Fälle als denjenigen der Erbfolge zu denken ist, kann die Vorschrift mit Rücksicht auf ihren Ausnahmecharakter nur auf Fälle kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuchs eingetretenen Rechtsübergangs entsprechend angewendet werden, die mit dem Erbgang weitgehend vergleichbar sind.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist in der Rechtsprechung eine analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO z.B. bei dem Anfall des Vermögens eines aufgelösten Vereins oder einer Stiftung an den Fiskus kraft Gesetzes gemäß §§ 45 Abs. 3, 46, 88 BGB (KG JFG 1, 289/292), bei dem mit dem Erlöschen juristischer Personen verbundenen Vermögensübergang bei Umwandlungen gemäß §§ 5, 44 Abs. 1, 49 Abs. 2 UmwG, Verschmelzungen oder Vermögensübertragungen nach §§ 346 Abs. 3, 353 Abs. 5, 359 Abs. 2 AktG und § 93 e Abs. 1 GenG sowie § 44 Abs. 3 und 4, § 44 b Abs. 2 VAG i.V.m. § 346 Abs. 3 AktG, bei Fällen des Rechtsübergangs durch Staatensukzession (z.B. Art. 135 Abs. 2, 3 und 6 GG) bzw. durch Eingemeindung oder Teilung von Gemeinden (RG, Beschluss vom 13. November 1915 – V B 1/15 -, juris) sowie bei Fällen des Rechtsübergangs kraft Gesetzes gemäß den §§ 1483 ff BGB beim Entstehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft bejaht worden (OLG München, Beschluss vom 27. April 2006 – 32 Wx 67/06 -, juris). Diesen Fällen ist gemeinsam, dass – wie bei der in § 40 Abs. 1 GBO allein genannten Erbfolge – ein Rechtssubjekt kraft Gesetzes in die Rechtsverhältnisse eines anderen, untergegangenen Rechtssubjekts eintritt (KG Berlin, Beschluss vom 17. März 1992, a.a.O.). Ebenso ist eine analoge Anwendung bei einem lediglich identitätswahrenden Formwechsel bejaht worden, wie z.B. bei der Beteiligungsumwandlung einer GbR in eine KG. Insoweit ist keine Berichtigung, sondern lediglich eine Richtigstellung des Grundbuchs erforderlich, weil der Rechtsträger bei einem solchen Formwechsel derselbe geblieben wäre (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2016 – V ZB 148/14 -, juris; OLG München, Beschluss vom 30. November 2015 – 34 Wx 70/15 -, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22. März 2010 – 5 W 78/10 – juris). Da in diesem Fall kein Fall der Rechtsnachfolge vorliege, bedürfe es im Rahmen der Zwangsvollstreckung auch keiner Umschreibung des Titels (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2016, a.a.O.).
Der vorliegende Fall ist mit den vorstehend aufgezeigten Ausnahmefällen nicht vergleichbar. Die Beendigung der Zwangsverwaltung führt nicht zu einer identitätswahrenden Änderung, sondern nur zu einem Ausscheiden des Zwangsverwalters. Auch ist der Zwangsverwalter als Rechtssubjekt nicht untergegangen.
Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO nicht vor.
Voraussetzung für eine Analogie ist, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 – XII ZR 22/07 -, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.
Soweit der Beschwerdeführer eine planwidrige Regelungslücke daraus herleiten möchte, dass die Eintragung auch ohne die Voreintragung des Vollstreckungsschuldners vorgenommen werden müsse, weil andernfalls der Vollstreckungstitel ins Leere liefe, nachdem eine persönliche Inanspruchnahme des Zwangsverwalters ausscheide, überzeugt dies nicht. Nachlassverwalter und Zwangsverwalter werden als Gesamtrechtsnachfolger behandelt (BGH, Urteil vom 07. April 1978 – V ZR 154/75 -, juris; BGH, Urteil vom 12. März 1986 – VIII ZR 64/85 -, juris; Münchener Kommentar (MüKo) zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 727 Rn. 21). Der Eigentümer ist nach Beendigung der Zwangsverwaltung Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 1976 – 9 U 108/76 -, juris; MüKo, a.a.O., § 727 Rn 21). Daher ist auf den Zwangsverwalter (§ 152 ZVG) ein gegenüber dem Grundstückseigentümer ergangener Titel entsprechend § 727 ZPO umzuschreiben (BGH, Urteil vom 12. März 1986, a.a.O.; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Auflage § 16, S. 279) sowie umgekehrt ein auf den Zwangsverwalter lautender Titel für und gegen den Eigentümer nach Aufhebung der Zwangsverwaltung etwa infolge Antragsrücknahme durch den betreibenden Gläubiger (Böttcher, ZVG, 6. Auflage 2016, § 161 Rn 38; Rosenberg/Gaul/Schilken, a.a.O., m.V.a.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 1976, a.a.O.). Der Vollstreckungstitel läuft daher – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – nicht ins Leere. Da insoweit keine planwidrige Regelungslücke besteht, scheidet auch aus diesem Grund eine analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO aus.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Den Geschäftswert hat der Senat nach § 79 Abs. 1 S. 1 GNotKG in Verbindung mit §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG nach billigem Ermessen festgesetzt und sich dabei an der zu sichernden Forderung orientiert. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.