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Geschäftswert eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs

OLG Karlsruhe: Geschäftswert bei Aufgebotsverfahren für Grundschuldbrief

Wenn ein Grundschuldbrief verloren geht, kann der Eigentümer des belasteten Grundstücks ein gerichtliches Aufgebotsverfahren einleiten, damit der Brief für kraftlos erklärt wird. Dabei stellt sich die wichtige Frage, wie der Geschäftswert eines solchen Verfahrens zu bemessen ist. Die überwiegende Ansicht in der Rechtsprechung und Fachliteratur ist, dass hier nur ein Bruchteil des Nennwerts der Grundschuld als Maßstab herangezogen werden sollte – meist zwischen 10% und 20%. Denn Gegenstand des Aufgebots ist allein der verlorene Urkunden-Brief, nicht das darunter liegende dingliche Recht selbst. Dieser spezielle Rechtszusammenhang erfordert eine differenzierte Betrachtungsweise, die im folgenden Gerichtsurteil näher beleuchtet wird.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 19 W 75/23 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Geschäftswert eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs ist nach § 36 Abs. 1 GNotKG zu bestimmen, nicht nach § 53 GNotKG.
  • Es entspricht überwiegender Auffassung, dass bei Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs nur ein Bruchteil (10-20%) des Nennwerts der Grundschuld als Geschäftswert anzusetzen ist.
  • Die Festsetzung des Geschäftswerts auf rund 15% des Nennwerts im konkreten Fall ist nachvollziehbar und gerechtfertigt.
  • Der Nominalbetrag der Grundschuld kann nicht als Geschäftswert herangezogen werden, da nicht das Recht selbst, sondern nur der verlorene Brief Gegenstand ist.
  • Die Kraftloserklärung des Briefs nach § 1162 BGB bezieht sich nicht auf die dingliche Grundschuld oder abgesicherte Forderung selbst.
  • Entscheidungen zu anderen Aufgebotsverfahren (§ 1170 oder § 1171 BGB) sind nicht einschlägig, da hier andere Interessenlagen vorliegen.
  • Der Kaufpreis aus einem konkreten Verkaufsvorfall ist kein geeigneter Maßstab für die Geschäftswertbestimmung.

➜ Der Fall im Detail


OLG Karlsruhe entscheidet über Geschäftswert von Aufgebotsverfahren

In einem aktuellen Beschluss hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit der Frage befasst, wie der Geschäftswert bei einem Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs zu bemessen ist (Az.: 19 W 75/23 (Wx)). Konkret ging es um eine Grundschuld in Höhe von früher 25.000 DM (umgerechnet rund 12.782 Euro). Die Eigentümer des Grundstücks hatten den Verlust des Grundschuldbriefs angezeigt und beantragt, diesen durch das Amtsgericht für kraftlos erklären zu lassen.

Das Amtsgericht entsprach dem Antrag und setzte den Geschäftswert für dieses Verfahren auf rund 1.950 Euro (ca. 15% des Nennwerts) fest. Dagegen legten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller Beschwerde ein: Sie forderten, den Geschäftswert auf den vollen Nennbetrag der Grundschuld anzuheben – also auf die umgerechneten 12.782 Euro.

Keine Gleichsetzung von Briefverlust und Wert der Grundschuld

Das OLG Karlsruhe wies diese Beschwerde jedoch zurück. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Geschäftswert eines solchen Aufgebotsverfahrens nicht mit dem Nennwert der Grundschuld gleichzusetzen sei. Denn das Aufgebot ziele lediglich auf die Kraftloserklärung des Briefs als Urkunde ab, nicht auf das dingliche Recht der Grundschuld selbst. Dieses bleibe auch ohne Brief weiterhin bestehen, ebenso wie die damit verbundene Forderung.

Daher entspreche es der weit überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass bei derartigen Aufgeboten lediglich ein Bruchteil (10-20%) des Nennbetrags der Grundschuld als Geschäftswert angesetzt werde. Das OLG folgte dieser Auffassung und beurteilte die vom Amtsgericht vorgenommene Festsetzung von 15% als nachvollziehbare Schätzung.

OLG verweist auf einschlägige Rechtsprechung zum Geschäftswert

Zur Begründung führte das OLG Karlsruhe auch aus, dass mehrere Urteile, auf welche die Beschwerdeführer Bezug nahmen, nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar seien. Die genannten Entscheidungen beträfen jeweils Aufgebotsverfahren zum Ausschluss unbekannter Gläubiger – und nicht wie hier die Kraftloserklärung eines verlorenen Grundschuldbriefs. Bei diesen Verfahren gehe es um andere Interessenlagen, weshalb dort höhere Werte angesetzt werden könnten. Ebenso wenig könne der Kaufpreis aus einem konkreten Verkaufsvorfall als Maßstab herangezogen werden.

Kein Anspruch auf höheren Geschäftswert

Auch die Argumentation der Beschwerdeführer, dass es ihren Mandanten auf ein zügiges Aufgebotsverfahren angekommen sei, überzeugte das OLG nicht. Dies ändere nichts daran, dass sich der Wert des Aufgebotsverfahrens allein am verlorenen Brief orientiere und nicht am eigentlichen Recht der Grundschuld.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein Aufgebotsverfahren und wann wird es angewendet?

Ein Aufgebotsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, bei dem öffentlich dazu aufgefordert wird, bestimmte Ansprüche oder Rechte innerhalb einer Frist anzumelden. Geschieht dies nicht, tritt ein Rechtsverlust ein .

Das Aufgebotsverfahren wird in verschiedenen Fällen angewendet, die im Gesetz abschließend geregelt sind . Häufige Anwendungsfälle sind:

  • Kraftloserklärung von abhanden gekommenen Urkunden wie Sparbüchern, Hypotheken- oder Grundschuldbriefen
  • Ausschluss von Nachlassgläubigern, wenn der Erbe Überschuldung des Nachlasses befürchtet
  • Aufgebot des Grundstückseigentümers, wenn dieser unbekannt oder unauffindbar ist
  • Aufgebot sonstiger unbekannter Gläubiger oder Berechtigter

Das Aufgebotsverfahren dient dem Zweck, entweder Urkunden, die verloren gegangen sind, für kraftlos zu erklären oder unbekannte Berechtigte von ihrer Rechtsposition auszuschließen . Es schafft Klarheit über die Rechtsverhältnisse und schützt den Antragsteller vor späteren Ansprüchen .

Voraussetzung für die Durchführung ist stets ein Antrag eines Berechtigten . Das zuständige Amtsgericht erlässt dann das öffentliche Aufgebot mit Fristsetzung. Meldet sich innerhalb der Aufgebotsfrist niemand, ergeht ein Ausschließungsbeschluss, der den Rechtsverlust ausspricht .

Wie wird der Geschäftswert in einem Aufgebotsverfahren bestimmt?

Der Geschäftswert in einem Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs wird nicht mit dem vollen Nennwert der Grundschuld gleichgesetzt, sondern nur mit einem Bruchteil davon bemessen .

Dies entspricht der weit überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur . Denn das Aufgebot zielt nur auf die Kraftloserklärung des Briefs als Urkunde ab, nicht auf das dingliche Recht der Grundschuld selbst . Dieses bleibt auch ohne Brief weiterhin bestehen, ebenso wie die damit verbundene Forderung .

Mangels gesetzlicher Bestimmung ist der Geschäftswert nach § 36 Abs. 1 GNotKG zu bestimmen . Dabei ist das Interesse des Antragstellers zugrunde zu legen .

In der Praxis werden meist 10-20% des Nennbetrags der Grundschuld als Geschäftswert angesetzt . So hat das OLG Karlsruhe in einem aktuellen Beschluss die Festsetzung von 15% des Nennwerts durch das Amtsgericht als nachvollziehbare Schätzung beurteilt .

Zur Begründung führte das OLG aus, dass sich der Wert des Aufgebotsverfahrens allein am verlorenen Brief orientiere und nicht am eigentlichen Recht der Grundschuld . Auch das Interesse an einem zügigen Verfahren ändere daran nichts .

Andere in der Beschwerde angeführte Urteile zu Aufgeboten zum Ausschluss unbekannter Gläubiger seien nicht übertragbar, da es dort um andere Interessenlagen gehe . Ebenso wenig könne der Kaufpreis aus einem konkreten Verkaufsvorfall als Maßstab dienen .

Warum ist der Nennwert einer Grundschuld nicht gleichzusetzen mit dem Geschäftswert eines Aufgebotsverfahrens?

Der Nennwert einer Grundschuld ist nicht gleichzusetzen mit dem Geschäftswert eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs, weil sich das Aufgebot nur auf die Kraftloserklärung des Briefs als Urkunde bezieht, nicht auf das dingliche Recht der Grundschuld selbst .

Das Recht aus der Grundschuld und die damit verbundene Forderung bleiben auch ohne den Brief weiterhin bestehen . Der Rechtsverlust betrifft nur die Urkunde, nicht die Grundschuld an sich.

Daher entspricht es der weit überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass bei derartigen Aufgeboten lediglich ein Bruchteil des Nennbetrags der Grundschuld als Geschäftswert angesetzt wird . In der Praxis werden meist 10-20% des Nominalbetrags als angemessen erachtet .

Mangels gesetzlicher Bestimmung ist der Geschäftswert nach § 36 Abs. 1 GNotKG zu bestimmen . Dabei ist das Interesse des Antragstellers zugrunde zu legen , das sich eben nur auf den verlorenen Brief bezieht.

Das OLG Karlsruhe hat in einem aktuellen Beschluss die Festsetzung von 15% des Nennwerts durch das Amtsgericht als nachvollziehbare Schätzung beurteilt . Auch das Interesse an einem zügigen Verfahren ändere daran nichts .

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs?

Die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs hat folgende rechtliche Konsequenzen:

  • Das dingliche Recht der Grundschuld selbst bleibt bestehen. Die Kraftloserklärung bezieht sich nur auf den Brief als Urkunde, nicht auf die Grundschuld an sich . Das Recht aus der Grundschuld und die damit verbundene Forderung bleiben auch ohne den Brief weiterhin bestehen .
  • Der bisherige Gläubiger verliert seine Rechtsstellung als Grundschuldgläubiger. Durch die Kraftloserklärung wird die Verbindung zwischen dem Recht aus der Grundschuld und dem Grundschuldbrief aufgehoben . Der Gläubiger kann seine Rechte aus der Grundschuld nicht mehr geltend machen.
  • Der Eigentümer des belasteten Grundstücks kann die Grundschuld neu bestellen. Nach der Kraftloserklärung ist der Eigentümer berechtigt, die Grundschuld zugunsten eines neuen Gläubigers zu bestellen . Er kann damit erneut eine Sicherheit für einen Kredit schaffen.
  • Ansprüche aus der Grundschuld können nicht mehr mit dem Brief geltend gemacht werden. Der für kraftlos erklärte Grundschuldbrief ist kein verkehrsfähiges Wertpapier mehr . Er kann nicht mehr zur Geltendmachung der Grundschuld verwendet werden.
  • Die Kraftloserklärung wirkt absolut. Sie entfaltet Wirkung gegenüber jedermann, nicht nur im Verhältnis der Beteiligten . Damit schützt sie den Eigentümer umfassend vor Ansprüchen aus dem abhandengekommenen Brief.
  • Gutgläubiger Erwerb des Briefes ist nach der Kraftloserklärung ausgeschlossen. Selbst wenn der Brief nach dem Aufgebotsverfahren in den Verkehr gelangt, kann ihn niemand mehr gutgläubig erwerben . Der Schutz des Eigentümers ist insoweit lückenlos.

Die Kraftloserklärung führt also zum Verlust der Gläubigerstellung, lässt aber die Grundschuld selbst unberührt. Sie ermöglicht die Neubestellung zugunsten eines anderen Gläubigers und schützt den Eigentümer umfassend vor Ansprüchen aus dem abhandengekommenen Grundschuldbrief.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 36 Absatz 1 GNotKG: Setzt den Rahmen für die Bestimmung des Geschäftswerts im Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs. Im konkreten Fall wurde dieser Paragraph angewendet, um den Geschäftswert auf etwa 15% des Nennwerts der Grundschuld zu schätzen, anstatt den vollen Nominalwert anzusetzen.
  • § 1162 BGB: Besagt, dass durch die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs lediglich die Urkunde und nicht das zugrundeliegende dingliche Recht betroffen ist. Dies unterstreicht, warum im Aufgebotsverfahren nicht der volle Wert der Grundschuld als Geschäftswert herangezogen wurde, da die Sicherheit der Forderung durch den Verlust des Briefs nicht beeinträchtigt wird.
  • § 53 GNotKG: Wird im Kontext des Aufgebotsverfahrens explizit nicht angewendet, da § 36 GNotKG als maßgeblich betrachtet wird. Darauf wird im Urteil hingewiesen, um zu verdeutlichen, dass eine andere Bewertung des Geschäftswerts nicht gerechtfertigt wäre.
  • § 1170 BGB und § 1171 BGB: Diese Paragraphen werden im Beschluss diskutiert, um die Unterschiede im Bezug auf die Anwendung von Geschäftswerten in anderen Arten von Aufgebotsverfahren zu verdeutlichen. Sie setzen den Kontext zu anderen Rechtsfällen, die nicht auf das vorliegende Verfahren anwendbar sind, wo es ausschließlich um die Kraftloserklärung des Briefs geht.
  • § 83 Absatz 1 Satz 1 GNotKG: Erlaubt den Verfahrensbevollmächtigten, Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswerts zu erheben. Dieser Paragraph ist relevant, da er die Zulässigkeit der eingereichten Beschwerde festlegt, auch wenn die Beschwerde letztlich in der Sache keinen Erfolg hatte.


Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 19 W 75/23 (Wx) – Beschluss vom 23.11.2023

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller gegen die Geschäftswertfestsetzung in Ziffer 3 des Ausschließungsbeschlusses des Amtsgerichts Bruchsal vom 23.08.2023, Az. 33 II 7/23, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragsteller haben beantragt, den Brief zu der in Abteilung III Nr. 3 eingetragenen Grundschuld mit einem Nominalwert von DM 25.000 für kraftlos zu erklären; sie haben hierzu eine Verzichtserklärung der im Grundbuch eingetragenen Bausparkasse vorgelegt und versichert, dass der Brief verlorengegangen sei und Nachforschungen zu ihm ohne Erfolg geblieben seien. Nach einem Beanstandungsschreiben des Amtsgerichts wurden die Beschwerdeführer für die Antragsteller tätig. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht nach vorherigem Aufgebot den Grundschuldbrief für kraftlos erklärt und den Geschäftswert unter Berufung auf § 36 GNotKG auf EUR 1.950 – rund 15% des Nominalwerts der Grundschuld – festgesetzt. Gegen diese den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 31. August 2023 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 6. September 2023 eingegangene Beschwerde, mit der eine Heraufsetzung des Geschäftswerts auf den vollen Nominalbetrag der Grundschuld – mithin auf umgerechnet EUR 12.782,30 – begehrt wird. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die wegen der erstrebten Geschäftswerterhöhung als im eigenen Namen der Verfahrensbevollmächtigten eingelegt auszulegende Beschwerde ist nach § 83 Absatz 1 Satz 1 GNotKG zulässig (vgl. zur Beschwerdebefugnis der Verfahrensbevollmächtigten BeckOK KostR/von Selle, 43. Ed. 1.10.2023, GNotKG § 83 Rn. 10), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht als Geschäftswert des Aufgebotsverfahrens lediglich einen Bruchteil des Nominalwerts der Grundschuld zugrunde gelegt und dabei mit der Zugrundelegung eines Werts von rund 15% des Nominalwerts eine nachvollziehbare Schätzung vorgenommen.

1. Es entspricht ganz überwiegender Auffassung, dass der Geschäftswert des Aufgebotsverfahrens nach § 36 Absatz 1 GNotKG zu bestimmen ist (vgl. etwa Fackelmann/Heinemann/Otto, GNotKG, KV 15212, Rn. 18; Holzer in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 433 FamFG Rn. 5) und damit § 53 GNotKG keine Anwendung findet (NK-HK/Heinemann, 3. Auflage, KV 15212, Rn. 15; a. A. wohl – gemeinsames Zitat von §§ 36 und 53 GNotKG – OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Juni 2019 – 3 Wx 39/19, juris-Rn. 30). Das findet seine Rechtfertigung darin, dass Gegenstand des Aufgebotsverfahrens zu dem Grundschuldbrief nicht das Recht selbst, sondern lediglich der zu dem Grundpfandrecht ausgestellte Brief ist.

2. Es entspricht nahezu einhelliger Auffassung im Schrifttum und eines Teils der Rechtsprechung, dass bei Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs (lediglich) ein Bruchteil des Nennwerts anzusetzen ist, sofern nicht der Wert des Grundstücks noch niedriger ist; insoweit entspricht es weitgehender Praxis, einen Wert von 10 % bis 20 % des Nennbetrages der Grundschuld anzusetzen (zur vergleichbaren Rechtslage vor Inkrafttreten des GNotKG LG Hildesheim NJW 1964, 1232; LG Berlin, Beschluss vom 27. Mai 1988 – 82 T 176/88, juris; Schneider/Kurpat, Streitwertkommentar, 15. Auflage, Rn. 2269; Fackelmann/Heinemann/Otto, GNotKG, KV 15212, Rn. 18; Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand der 125. Aktualisierung August 2019, KV 15212, Rn. 8; Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Auflage, § 433 Rn. 25; Rehberg u.a., RVG-Kommentar, 8. Auflage, Aufgebotsverfahren, Ziffer 8; Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Auflage, § 3 ZPO, Rn. 51) Die – soweit ersichtlich – einzig abweichende Auffassung im Schrifttum (LK-GNotKG, 2. Auflage, KV 15212, Rn. 23), wonach der Wert der Grundschuld zugrundezulegen sei, ist mit einer näheren Begründung oder Rechtsprechungsnachweisen nicht versehen. Soweit das Landgericht Potsdam (MDR 2008, 653; diesem folgend Musielak/Voit/Heinrich, 20. Aufl. 2023, ZPO § 3 Rn. 23, Stichwort Aufgebotsverfahren) einen höheren Wert angesetzt hat, lag dem eine andere Fallgestaltung zugrunde; es war ein Aufgebotsverfahren zu beurteilen, in dem nicht bekannt war, wie hoch und zu wessen Gunsten die Grundschuld valutiert.

Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung im Schrifttum an. Die Kraftloserklärung des § 1162 BGB bezieht sich lediglich auf den Brief als Urkunde und damit nicht auf das dingliche Recht als solches, gleichfalls nicht auf die abgesicherte Forderung, die beide von einem Briefverlust unberührt bleiben (vgl. BeckOGK/Volmer, 1.8.2023, BGB § 1162 Rn. 2). Daher erscheint es – trotz der Erschwerung des Grundstücksverkehrs bei Verlust des Briefs – nicht gerechtfertigt, den Nominalwert der Grundschuld als Geschäftswert anzusetzen.

3. Die von den Beschwerdeführern angeführte Rechtsprechung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2014 (V ZB 146/13, juris), auf den die Beschwerdeführer abheben, betraf ein Aufgebotsverfahren nach § 1171 BGB und nicht – wie hier – ein solches nach § 1162 BGB. Das Interesse an der Kraftloserklärung eines Briefs kann mit demjenigen an dem Ausschluss unbekannter Gläubiger nicht gleichgesetzt werden.

b) Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 22. Dezember 2017 (34 Wx 302/17, NJOZ 2018, 1410) ist in einem Verfahren ergangen, in dem das Aufgebotsverfahren zum Ausschluss unbekannter Gläubiger (§§ 1192, 1170 BGB) durchgeführt worden ist. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 12. August 2016 (34 Wx 106/16, BeckRS 2016, 14693) betraf kein Aufgebotsverfahren, sondern eine Beschwerde gegen eine grundbuchamtliche Entscheidung, der lediglich ein Aufgebotsverfahren vorausgegangen war.

c) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seinem Beschluss vom 12. Juni 2019 (3 Wx 39/19, juris-Rn. 30), in der der volle Nennbetrag der Grundschuld als Geschäftswert angenommen wird, ist deshalb nicht vergleichbar, weil hier die Vorinstanz davon ausgegangen war, es liege ein Antrag zur Ausschließung unbekannter Gläubiger nach § 1170 BGB vor. Die Entscheidung desselben Gerichts vom 20. März 2019 (3 Wx 204/18, juris) betrifft dagegen – entgegen der wohl vom Amtsgericht vertretenen Auffassung (Hinweis vom 15. September 2023, As. I 63) – einen vergleichbaren Fall, weil hier ein Antrag nach § 1162 BGB zu beurteilen war. Die dort vertretene Auffassung (Rn. 27), der Wert des Beschwerdeverfahrens entspreche dem Kaufpreisanteil, der erst dann auszuzahlen sei, wenn ein Ausschließungsbeschluss vorliege, vermag indes nicht zu überzeugen. Über das Aufgebot ist unabhängig von einem konkreten Verkaufsvorfall zu entscheiden; die Vereinbarungen in einem von dem Eigentümer geschlossenen Kaufvertrag können daher keinen geeigneten Maßstab für die Geschäftswertbestimmung geben.

d) Die Ausführungen der Beschwerdeführer dazu, dass es den Antragstellern auf ein möglichst rasches Aufgebotsverfahren angekommen sei, rechtfertigen keine andere Beurteilung; sie ändern nichts daran, dass der Wert des Aufgebots des Grundschuldbriefs nicht mit demjenigen des eingetragenen Rechts gleichgesetzt werden kann.

III.

1. Einer Entscheidung über die Kosten und den Geschäftswert der Beschwerde bedarf es im Hinblick auf § 83 Absatz 3 GNotKG nicht.

2. Die Zulassung der weiteren Beschwerde kommt bereits nach §§ 83 Absatz 1 Satz 5, 81 Absatz 4 Satz 1 GNotKG nicht in Betracht.

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