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Genehmigung Insichgeschäft – Verbot Selbstkontrahieren nicht durch befreiten Genehmigenden

OLG Rostock – Az.: 3 W 63/16 – Beschluss vom 18.12.2018

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Greifswald vom 01.09.2015 in der Fassung vom 19.02.2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung nach Maßgabe dieses Beschlusses an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 27.09.2013 (UR-Nr. K 213/2013 des Notars Dr. W. K.) veräußerte der Beteiligte zu 1) das im Rubrum genannte, neu vermessene Grundstück an die Beteiligte zu 2) zum Preis von 22,50 € und vereinbarte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Der Beteiligte zu 1) wurde beim Vertragsschluss durch Frau J. H. als vollmachtlose Vertreterin des Beteiligten zu 1) vertreten. Zugleich trat Frau J. H. für die Beteiligte zu 2) auf der Grundlage einer ihr erteilten, vom Bürgermeister und dem 2. stellvertretenden Bürgermeister unterzeichneten und gesiegelten schriftlichen Vollmachtsurkunde vom 27.09.2013 auf. In dieser Vollmachtsurkunde hieß es:

„Die Bevollmächtigte ist befugt, im Namen des Vollmachtgebers mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte vorzunehmen.“

Die Beteiligte zu 2) genehmigte die von Frau H. in der UR.-Nr. K 213/2013 abgegebenen Erklärungen am 04.11.2013 in Schriftform; die Genehmigungsurkunde wurde von dem amtierenden Bürgermeister sowie dem 2. Stellvertretenden Bürgermeister unterzeichnet und gesiegelt.

Der Beteiligte zu 1) genehmigte die Erklärungen der Frau H. durch ihren stellvertretenden Generalsekretär Herrn B. H. mittels einer in notarieller Form erteilten schriftliche Genehmigungserklärung vom 10.10.2013 (UR-Nr. 458/2013 des Notars R. Z. in K.). Herr H. gab diese Erklärung im Rahmen seiner ihm zur UR-Nr. 72/2003 des Notars R. G. vom alleinvertretungsberechtigten Präsidenten des Beteiligten zu 1) umfassend erteilten Vollmacht für den Beteiligten zu 1) ab.

Unter dem 23.01.2015 haben die Beteiligten u. a. die Eigentumsumschreibung beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 01.09.2015 hat das Amtsgericht ausgeführt, dass nach seiner Auffassung weder die schuldrechtlichen noch die dinglichen Erklärungen des zur UR-Nr. 212/2013 beurkundeten Vertrages wirksam seien. Zur Abgabe der beurkundeten Erklärungen habe es der Befreiung von § 181 BGB bedurft, die seitens des Vollmachtgebers des Genehmigenden nur erteilt werden könne, wenn dieser selbst von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei. Weder sei die Befreiung des Präsidenten der Beteiligten zu 1) von § 181 BGB ersichtlich, noch seien die Gemeindevertreter von § 181 BGB befreit und könnten daher grundsätzlich auch keine Befreiung von § 181 BGB erteilen. Die Rücknahme des Eintragungsantrags wurde angeregt.

Der von den Beteiligten zu 1) und 2) bevollmächtigte Urkundsnotar hat in der Folge darauf hingewiesen, dass die Grundsätze des § 181 BGB bei der nachträglichen Genehmigung nicht gelten, so dass es auf die Befreiung vom Verbot der Doppelvertretung auf Seiten des Verkäufers hier nicht ankomme. Mit weiterer Zwischenverfügung vom 19.02.2016 hat das Amtsgericht seine Zwischenverfügung vom 01.09.2015 aufrechterhalten. Da der Nachweis der wirksamen Befreiung der Gemeindevertreter von den Beschränkungen des § 181 BGB in der Form des § 29 GBO nicht geführt werden könne, könne eine entsprechende Anforderung auch nicht Inhalt der Zwischenverfügung sein. Es verbleibe daher bei der Zwischenverfügung von 01.09.2015.

Mit ihrer Beschwerde vom 22./31.03.2016 rügen die Beteiligten, dass die Genehmigung des Vertragsschlusses eines vollmachtlosen Vertreters nicht der Befreiung des Hauptbevollmächtigen von den Beschränkungen des § 181 BGB bedürfe. Eine Umgehung des § 181 BGB sei bei der nachträglichen Genehmigung nicht zu befürchten, da dem Genehmigenden der beurkundete Vertrag in seine endgültigen Fassung vorliege und deshalb eingehend geprüft werden könne. Das vom Amtsgericht zitierte „Rennbahnurteil“ des BGH sei im vorliegenden Zusammenhang unergiebig.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 f. GBO zulässig und hat in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat das Verfahren nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen des Senats fortzuführen.

Prüfungsgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist vorliegend die Zwischenverfügung vom 01.09.2015 in der Fassung vom 19.02.2016. Der Erlass einer Zwischenentscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Grundbuchamtes und kommt in Betracht um auf behebbare Hindernisse hinzuweisen, die der beantragten Eintragung entgegenstehen. Dabei hat die Zwischenverfügung die entgegenstehenden Eintragungshindernisse konkret zu bezeichnen und die Mittel zur Beseitigung der Hindernisse sämtlich aufzuzeigen. Für sie ist jedoch kein Raum, wenn nach Auffassung des Grundbuchamtes ein Mittel zur Behebung des aufgezeigten Hindernisses nicht zur Verfügung steht. In solchen Fällen hat das Grundbuchamt bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens vom Erlass einer Zwischenverfügung abzusehen und zur Beschleunigung des Verfahrens sogleich in der Sache über den gestellten Antrag zu entscheiden. So liegt der Fall hier: Nach Auffassung des Grundbuchamtes lag ein unbehebbarer Mangel bei der Vertretung der Beteiligten zu 2) vor, so dass eine sofortige Zurückweisung des Eintragungsantrages geboten gewesen wäre. Bei dieser Sachlage war die erlassene Zwischenverfügung ihrem Inhalt nach unzulässig und dementsprechend aufzuheben.

Bei der Fortführung des Verfahrens soll das Amtsgericht berücksichtigen, dass der Senat die aufgezeigten Bedenken im Hinblick auf § 181 BGB nicht teilt. Es erscheint schon fraglich, ob § 181 BGB überhaupt die vorliegende Konstellation erfasst. Die Erwägungen des Amtsgerichts, dass die Beteiligte zu 2) ihre Bevollmächtigte nicht wirksam von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien konnte, mögen zwar zutreffen. Jedenfalls aber hat die Beteiligte zu 2) die Erklärungen der deshalb als vollmachtslose Vertreterin anzusehenden Frau H. am 04.11.2013 nachträglich genehmigt. An der Wirksamkeit dieser Genehmigung bestehen keine Zweifel, denn die nachträgliche Genehmigung erfasste das vorgenommene Geschäft so, wie es abgeschlossen worden ist. Entgegen der Annahme des Amtsgerichts setzte die Wirksamkeit dieser Genehmigung dagegen nicht voraus, dass die Genehmigenden ihrerseits von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit waren. Einer solchen Befreiung von § 181 BGB bedarf es nicht, wenn – wie hier – die genehmigenden Vertreter der Beteiligten zu 2) – weder als Vertreter noch als Vertretene an dem Insichgeschäft beteiligt waren, da in diesen Fällen der Vertreter bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung widerstreitender Interessen nicht ausgesetzt ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss v. 05.01.2012 – 3 W 99/11 – m. w. N., zitiert nach Juris; Beschl. des Senats v. 19.01.2017, 3 W 7/17 m. w. N.).

Soweit J. H. zugleich als vollmachtslose Vertreterin des Beteiligten zu 1) auftrat, wurde auch diese Erklärung von der vollmachtslos vertretenen Partei anschließend wirksam genehmigt. Auch zur Wirksamkeit dieser Genehmigung bedurfte es – wie oben ausgeführt – nicht der Befreiung des Genehmigenden von § 181 BGB.

Eine Kostenentscheidung ist wegen des Erfolgs der Beschwerde nicht veranlasst.

 

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