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Folgen der fehlenden elektronischen Einreichung von Erbscheinsanträgen durch Notar

Elektronische Einreichung von Erbscheinsanträgen: Keine Pflicht, keine Sanktionen

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied mit Beschluss vom 26.07.2023, Az.: 20 W 151/23, dass die fehlende elektronische Einreichung von Erbscheinsanträgen und beigefügten Urkunden durch einen Notar nicht zur Unzulässigkeit des Antrags führt. Trotz einer Aufforderung des Nachlassgerichts zur elektronischen Nachreichung, bleibt die Nichterfüllung dieser Aufforderung sanktionslos. Das Gericht hob den zurückweisenden Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies an, den Antrag nicht erneut aus denselben Gründen zurückzuweisen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 20 W 151/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die fehlende elektronische Einreichung von Erbscheinsanträgen führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags.
  2. Das Nachlassgerichts Aufforderung zur elektronischen Nachreichung bleibt bei Nichterfüllung ohne Sanktionen.
  3. Das OLG Frankfurt hebt den zurückweisenden Beschluss des Nachlassgerichts aufgrund der Formfrage auf.
  4. Formvorschriften des § 14b FamFG betreffen nicht die Einreichung von Erbscheinsanträgen und beigefügten Urkunden in Papierform.
  5. Elektronische Einreichung wird als Soll-Vorschrift verstanden, deren Nichtbeachtung keine negativen Konsequenzen nach sich zieht.
  6. Die ursprünglich formgerechte Einreichung in Papierform bleibt wirksam, trotz fehlender elektronischer Nachreichung.
  7. Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts war erfolgreich.
  8. Das Urteil betont die Flexibilität der Formanforderungen bei der Einreichung von Erbscheinsanträgen.

Elektronische Einreichung von Erbscheinsanträgen für Notare: Rechtliche Konsequenzen und Herausforderungen

Die elektronische Einreichung von Rechtsdokumenten ist zu einem festen Bestandteil des modernen Rechtsverkehrs geworden. Auch für Notare hat der Gesetzgeber besondere Anforderungen an die elektronische Übermittlung von Anträgen und Erklärungen im Erbschaftsverfahren gestellt. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Elektronische Einreichung: Erbscheinsantrag durch Notar?
Elektronische Einreichung: Erbscheinsantrag durch Notar? (Symbolfoto: slexp880 /Shutterstock.com)

Im Folgenden erläutern wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für die elektronische Einreichung von Erbscheinsanträgen durch Notare und beleuchten die Herausforderungen, die sich daraus für die Praxis ergeben. Dabei stellen wir auch ein aktuelles Urteil vor, das sich mit den Folgen einer versäumten elektronischen Einreichung auseinandersetzt und wertvolle Hinweise für Notare liefert.

Im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung stand die Frage, ob für die Einreichung von Erbscheinsanträgen und den dazugehörigen Urkunden eine elektronische Form zwingend erforderlich ist. Ausgangspunkt war ein Erbscheinsantrag, den ein Notar im Namen eines Antragstellers in Papierform beim Nachlassgericht einreichte. Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts forderte daraufhin die elektronische Nachreichung der Dokumente, basierend auf den Vorschriften zur elektronischen Aktenführung im FamFG. Der Notar kam dieser Aufforderung nicht nach, woraufhin der Antrag zunächst zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Herausforderungen in der digitalen Ära

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, die sich aus der fortschreitenden Digitalisierung der Justiz ergeben. Im Zentrum steht § 14b FamFG, der die elektronische Einreichung von Anträgen und Erklärungen in bestimmten Fällen vorschreibt. Die Interpretation und Anwendung dieser Norm auf Erbscheinsanträge ist dabei von zentraler Bedeutung. Die rechtliche Auseinandersetzung konzentrierte sich insbesondere darauf, ob die Vorschrift eine ausschließliche elektronische Einreichung erfordert und welche Konsequenzen die Nichtbeachtung dieser Formvorschrift hat.

Der Weg durch die Instanzen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main musste in diesem Kontext klären, inwiefern die elektronische Einreichung von Erbscheinsanträgen und den dazugehörigen Unterlagen obligatorisch ist und welche rechtlichen Folgen eine Missachtung dieser Anforderung nach sich zieht. Die zentrale Frage war, ob die formgerechte Einreichung in Papierform durch den Notar als unzulässig zu bewerten und dementsprechend zurückzuweisen sei.

Digitale Einreichung – Ein neuer Standard?

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es keine grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Einreichung von Erbscheinsanträgen gibt. Es stellte fest, dass die vom Nachlassgericht geforderte elektronische Nachreichung nicht zwingend erforderlich ist und das Ausbleiben dieser Nachreichung keine sanktionierbaren Konsequenzen nach sich zieht. Diese Entscheidung betont, dass die digitalen Vorschriften des FamFG zwar eine elektronische Einreichung bevorzugen, aber nicht zwingend vorschreiben, solange keine spezifische gesetzliche Regelung verletzt wird.

Ein Meilenstein für die Praxis der Nachlassverwaltung

Die Entscheidung des OLG Frankfurt stellt klar, dass die Einreichung von Erbscheinsanträgen und dazugehörigen Dokumenten in Papierform weiterhin zulässig ist und nicht automatisch aufgrund der Nichteinhaltung der elektronischen Formvorschriften zurückgewiesen werden darf. Diese Feststellung hat weitreichende Bedeutung für die Praxis der Nachlassverwaltung und für Notare, die in solchen Verfahren tätig sind. Sie unterstreicht die Bedeutung einer flexiblen Handhabung der Formvorschriften im Lichte der digitalen Transformation.

Das Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der elektronischen Einreichungspflichten im Kontext der Nachlassverwaltung. Es bestärkt die Gültigkeit von in Papierform eingereichten Erbscheinsanträgen unter bestimmten Umständen und trägt damit zur Rechtssicherheit in der digitalen Ära bei.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was besagt die Regelung zur elektronischen Einreichung von Dokumenten im Nachlassverfahren?

Die Regelung zur elektronischen Einreichung von Dokumenten im Nachlassverfahren in Deutschland ist im Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten verankert. Seit dem 1. Januar 2022 ist § 14b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in Kraft, der die elektronische Einreichung von Dokumenten bei Gericht durch Notare regelt.

Wesentliche Aspekte der Regelung

  • Elektronische Einreichung durch Notare: Notare sind verpflichtet, bestimmte Anträge und Erklärungen elektronisch an das Gericht zu übermitteln.
  • Anwendungsbereich: Die Regelung betrifft unter anderem Erbscheinsanträge mit eidesstattlicher Versicherung und Ausschlagungserklärungen der Erbschaft.
  • Formvorschriften: Für die elektronische Übermittlung müssen die Formvorschriften beachtet werden. So muss beispielsweise eine Ausschlagungserklärung schriftlich und beglaubigt beim Nachlassgericht eingehen.
  • Registrierung und sichere Übermittlungswege: Wer elektronische Dokumente einreichen möchte, muss registriert sein und einen sicheren Übermittlungsweg wählen, wie das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) oder De-Mail.

Praktische Umsetzung

  • Elektronische Akte: Einige Nachlassgerichte haben die elektronische Akte eingeführt, was die elektronische Einreichung von Dokumenten ermöglicht, jedoch ist die Einreichung per E-Mail in der Regel nicht zulässig.
  • Erforderliche Technik: Notare müssen die technischen Voraussetzungen für die elektronische Einreichung erfüllen, wie die Nutzung spezifischer Programme.

Ausnahmen und Besonderheiten

  • Grundbuchverfahren: Die Regelung findet keine Anwendung im Grundbuchverfahren, da hier spezialgesetzliche Regelungen gelten.
  • Digitales Erbe: Der digitale Nachlass, der virtuelle Informationen wie Konten und Profile umfasst, ist von dieser Regelung nicht direkt betroffen, aber die Erben erben gemäß Gesetz auch den digitalen Nachlass.

Die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr sind komplex und umfassen verschiedene Aspekte des Verfahrensrechts. Notare und andere professionelle Einreicher müssen sich an die gesetzlichen Vorgaben halten und die entsprechenden technischen Mittel nutzen, um Dokumente elektronisch einzureichen. Für Laien und in anderen Verfahrensbereichen können andere Regelungen gelten.

Wie wirkt sich die Nichterfüllung der elektronischen Nachreichungspflicht auf die Zulässigkeit eines Erbscheinsantrags aus?

Die Nichterfüllung der elektronischen Nachreichungspflicht durch Notare im Rahmen des § 14b FamFG kann erhebliche Auswirkungen auf die Zulässigkeit eines Erbscheinsantrags haben. Gemäß § 14b FamFG sind Notare verpflichtet, bestimmte Anträge und Erklärungen, die bei Gericht schriftlich einzureichende sind, zwingend elektronisch zu übermitteln. Diese Vorschrift zielt darauf ab, den elektronischen Rechtsverkehr zu fördern und Verfahrenseffizienz zu steigern.

Die spezifischen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht für die Zulässigkeit eines Erbscheinsantrags werden in den zur Verfügung stehenden Quellen nicht direkt adressiert. Allerdings lässt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass die Einhaltung formeller Vorschriften für die Wirksamkeit prozessualer Handlungen von Bedeutung ist, ableiten, dass eine Missachtung der elektronischen Einreichungspflicht zu Verzögerungen oder im schlimmsten Fall zur Unzulässigkeit des Antrags führen könnte.

Die elektronische Einreichungspflicht soll sicherstellen, dass Dokumente auf einem sicheren und nachvollziehbaren Weg übermittelt werden. Die Nutzung des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) oder De-Mail gewährleistet eine sichere Übermittlung und dient dem Schutz der Verfahrensbeteiligten.

Es ist anzumerken, dass die elektronische Einreichung von Dokumenten im Nachlassverfahren Teil eines größeren Rahmens zur Digitalisierung des Rechtsverkehrs ist. Dieser Rahmen sieht vor, dass die Justiz und die mit ihr interagierenden Parteien zunehmend auf elektronische Kommunikationswege umstellen, um Effizienz, Zugänglichkeit und Sicherheit zu verbessern.

In der Praxis bedeutet dies, dass Notare, die die elektronische Einreichungspflicht nicht erfüllen, möglicherweise nicht nur die Bearbeitung des Erbscheinsantrags verzögern, sondern auch gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen könnten. Dies könnte disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen und die Vertrauenswürdigkeit der betreffenden Notare in Frage stellen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einhaltung der elektronischen Einreichungspflicht im Nachlassverfahren essentiell ist, um die Zulässigkeit von Anträgen, wie dem Erbscheinsantrag, zu gewährleisten. Notare müssen sich dieser Verpflichtung bewusst sein und die notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um ihrer Einreichungspflicht nachzukommen.

Sind Erbscheinsanträge an eine bestimmte Form gebunden?

Erbscheinsanträge sind grundsätzlich nicht an eine bestimmte Form gebunden, wie aus den Suchergebnissen hervorgeht. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die elektronische Einreichungspflicht für Notare gemäß § 14b FamFG seit dem 1. Januar 2022 für bestimmte Anträge und Erklärungen, wie Erbscheinsanträge mit eidesstattlicher Versicherung, gilt.

Die Nichterfüllung der elektronischen Nachreichungspflicht kann erhebliche Auswirkungen auf die Zulässigkeit eines Erbscheinsantrags haben, da sie gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt und möglicherweise zu Verzögerungen oder Unzulässigkeit des Antrags führen kann. Allerdings sind die spezifischen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht für die Zulässigkeit eines Erbscheinsantrags in den Suchergebnissen nicht direkt adressiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Erbscheinsanträge keine besondere Form erfordern, aber Notare, die die elektronische Einreichungspflicht nicht erfüllen, möglicherweise die Bearbeitung des Antrags verzögern oder gegen berufsrechtliche Vorschriften verstoßen könnten. Dies könnte disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen und die Vertrauenswürdigkeit der betreffenden Notare in Frage stellen.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG: Verpflichtet bestimmte Berufsgruppen, darunter Notare, zur elektronischen Übermittlung schriftlich einzureichender Anträge und Erklärungen an das Gericht. Dies dient der Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs. Im vorliegenden Fall relevant, da die elektronische Einreichung des Erbscheinsantrags thematisiert wird.
  • § 14b Abs. 2 FamFG: Regelt, dass Anträge und Erklärungen, die nicht unter die spezifische Pflicht zur elektronischen Einreichung fallen, „sollen“ elektronisch eingereicht werden. Die Norm sieht vor, dass auf Anforderung ein elektronisches Dokument nachzureichen ist, falls in anderer Form eingereicht wurde. Im Kontext des Urteils zentral, da die Nichtnachreichung elektronischer Dokumente durch den Notar diskutiert wird.
  • § 352 Abs. 3 S. 1 FamFG: Bestimmt, dass zum Nachweis der Angaben im Erbscheinsantrag öffentlich beglaubigte Kopien von Urkunden vorgelegt werden müssen. Diese Vorschrift ist bedeutend für das Urteil, da sie die Formanforderungen an die beim Gericht einzureichenden Nachweise im Erbscheinsverfahren betrifft.
  • § 58 Abs. 1 FamFG: Legt die Statthaftigkeit der Beschwerde fest. Für das Urteil relevant, da die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts auf dieser Grundlage beurteilt wird.
  • § 59 Abs. 1, Abs. 2 FamFG: Regelt die Beschwerdeberechtigung. Im vorliegenden Urteil ist dies wichtig, um zu bestimmen, ob der Antragsteller berechtigt ist, gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts Beschwerde einzulegen.
  • § 63 Abs. 1, § 64 FamFG: Bestimmen die formellen Voraussetzungen für die Einlegung einer Beschwerde, einschließlich Fristen und Form. Diese Bestimmungen sind im Urteil von Bedeutung, da sie die formgerechte und fristgemäße Einlegung der Beschwerde durch den Notar betreffen.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 151/23 – Beschluss vom 26.07.2023

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, den Erbscheinsantrag des Antragstellers vom 01.07.2022 / 09.02.2023 nicht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung (unterbliebene Nachreichung des Antrags und von Urkunden in elektronischer Form) erneut zurückzuweisen.

Gründe

I.

Mit Fax-Schreiben vom 10.11.2021 (Bl. 1 d. A.) hat der Antragsteller bei dem Nachlassgericht angefragt, ob er dort einen zur Berichtigung des Grundbuchs benötigten Erbschein beantragen könne.

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat daraufhin unter dem 11.11.2021 die Übersendung eines Merkblatts zum Erbscheinsantrag verfügt; der Inhalt jenes Merkblatts ist nicht aktenkundig geworden.

Der verfahrensbevollmächtigte Notar hat per Briefpost sein Schreiben vom 01.07.2022 (Bl. 7 f. d. A.) bei dem Nachlassgericht eingereicht, dem er die erste Ausfertigung seiner Urkunde Nr. … (Bl. 22 ff. d. A.) vom 30.06.2022 sowie Personenstandsurkunden und die Ausfertigung eines familiengerichtlichen Beschlusses über die Annahme eines Kindes jeweils in beglaubigter Fotokopie beigefügt hat.

In der genannten Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 30.06.2022 hat der Antragsteller erklärt, einen gemeinschaftlichen Erbschein nach der Erblasserin aufgrund gesetzlicher Erbfolge mit dort näher bezeichneten Inhalt zu beantragen. Der Antragsteller hat in der Urkunde zudem Angaben gemacht, welche er an Eides statt versichert hat.

Es finden sich in der Akte des Nachlassgerichts zeitlich nachfolgend zwei Vermerke (beide Bl. 25 Rs. d. A.) wohl der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts wie folgt: vom 30.08.2022 mit dem Wortlaut „elektr. ESA per EDDA angef.“ sowie vom 30.11.2022, der lautet „per EDDA erinnert“. Offensichtlich hat die Geschäftsstelle des Nachlassgerichts zu den genannten Zeitpunkten den Erbscheinsantrag („ESA“) in elektronischer Form bei dem verfahrensbevollmächtigten Notar angefordert. Am 14.12.2022 erfolgte die Vorlage an die Rechtspflegerin mit einer Notiz „noch immer kein elektr. ESA“.

Mit Schreiben an den verfahrensbevollmächtigten Notar vom 15.12.2022 (Bl. 27 f. d. A.) hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts den Hinweis erteilt, „dass in den speziellen Verfahren nach FamFG und den dort vorherrschenden Formerfordernissen bezüglich der Urkunden und beglaubigten Ablichtungen nach Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und im Zuge der Einführung der elektronischen Aktenführung zusätzlich eine Übersendung der entsprechenden Urkunde/n in elektronischer Form zu erfolgen hat“ (die Hervorhebung durch Fettdruck entspricht jener in dem Schreiben der Rechtspflegerin).

In dem Schreiben folgen in weiten Teilen auch ohne erkennbaren Bezug zum Erbscheinsverfahren offensichtlich im Wege des „Copy and Paste“ ohne Quellenangabe entsprechenden Kommentierungen und Merkblättern entnommene allgemeine Hinweise zur elektronischen Einreichung von Dokumenten im Zivilprozess sowie bei den Sozialgerichten, zu den zulässigen Übermittlungswegen, zu den Fällen, in denen dabei eine qualifizierte elektronische Signatur anzubringen ist, zu den zulässigen Dateiformaten sowie zum Zeitpunkt des Eingangs im Fall einer Nachreichung eines elektronischen Dokuments nach § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO ohne Angaben, unter welchen Voraussetzungen eine solche Nachreichung in Betracht kommt.

Mit Fax-Schreiben vom 09.02.2023 (Bl. 29 d. A.) hat der Antragsteller auf den von dem verfahrensbevollmächtigten Notar eingereichten Erbscheinsantrag Bezug genommen und sich nach dem Sachstand erkundigt.

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat daraufhin dem Antragsteller unter dem 13.02.2023 (vgl. Bl. 29 d. A.) eine Kopie ihres Schreibens an den verfahrensbevollmächtigten Notar vom 15.12.2022 übersandt. Eine weitere Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat mit Schreiben vom 09.05.2023 (Bl. 34 d. A.) den verfahrensbevollmächtigten Notar an die Erledigung der „Zwischenverfügung vom 15.12.2022“ erinnert.

Unter dem 22.06.2023 (vgl. Bl. 37 Rs. d. A.) hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts in den Akten vermerkt, der verfahrensbevollmächtigte Notar habe erklärt, den Antrag nicht elektronisch einzureichen, und insoweit um rechtsmittelfähige Entscheidung ersucht.

In der Folge hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts mit vorliegend angefochtenem Beschluss vom 22.06.2023 (Bl. 38 f. d. A.) den Erbscheinsantrag vom 30.06.2022 zurückgewiesen.

Zu den Gründen, wegen derer im Einzelnen auf den angefochtenen Beschluss verwiesen wird, hat sie im Wesentlichen zunächst den vorausgegangenen Verfahrensgang dargestellt.

Sie hat dann umfangreiche Rechtsausführungen dazu gemacht, dass der Erbscheinsantrag an keine bestimmte Form gebunden sei. Der Antrag wie auch die dazu erforderlichen Nachweise und Dokumente müssten nicht als Papierdokumente eingereicht werden, sondern könnten sowohl in elektronisch beglaubigter Form im Sinne von § 39a BeurkG als auch in elektronischer Ausfertigung dem Nachlassgericht übermittelt werden.

Es folgen dann im Wesentlichen wortgleich zu dem Schreiben vom 15.12.2022 sämtliche dort bereits erfolgten, in keinem unmittelbar erkennbaren Zusammenhang mit dem Erbscheinsverfahren stehenden Ausführungen zur elektronischen Einreichung (u. a. bei dem Sozialgericht), die oben bereits dargestellt worden sind.

Erneut wird darauf verwiesen, dass in den speziellen Verfahren nach dem FamFG zusätzlich eine Übersendung der entsprechenden Urkunde/n in elektronischer Form zu erfolgen habe.

Der Notar, dem der Beschluss am 03.07.2023 (vgl. Bl. 42 d. A.) zugestellt worden ist, hat mit als elektronisches Dokument an das elektronische Gerichtspostfach des Nachlassgerichts übermitteltem Schreiben vom 07.07.2023, das ausweislich des Prüfvermerks (Bl. 44 d. A.) bei dem Nachlassgericht am selben Tag eingegangen ist (der Eingangsstempel datiert davon abweichend auf den 10.07.2023), erklärt, Beschwerde einzulegen und hat diese sogleich begründet.

Er hat ausgeführt, das Nachlassgericht stelle nicht in Frage, dass der Erbscheinsantrag nebst eidesstattlicher Versicherung des Antragstellers in notarieller Ausfertigung als Papierdokument dort am 06.07.2022 eingegangen sei. Dieser Eingang sei formgerecht und wirksam erfolgt.

Weil Erbscheinsanträge nicht formgebunden seien, also auch nicht der Schriftform des § 14b Abs. 1 FamFG unterlägen, fielen diese auch nicht in den Anwendungsbereich des § 14b Abs. 2 FamFG. Nach dem Wortlaut letztgenannter Vorschrift „sollen“ Dokumente wie auch Erbscheinsanträge elektronisch übermittelt werden, müssten dies aber nicht. Die Einreichung eines Erbscheinsantrags in öffentlich beglaubigter Form sei auch weiterhin als Papierdokument möglich und zulässig. Somit sei der streitgegenständliche Erbscheinsantrag in zulässiger Form wirksam eingereicht worden und hätte nicht als formunwirksam inhaltlich unbearbeitet zurückgewiesen werden dürfen.

Soweit § 14b Abs. 2 S. 2 FamFG eine Nachreichung des elektronischen Dokuments auf Anforderung erwähne, fehle es an einer gesetzlichen Regelung, welche eine ausbleibende Nachreichung des elektronischen Dokuments in irgendeiner Weise sanktioniere. Insbesondere existiere keine Bestimmung, wonach ein nach § 14b Abs. 2 S. 1 FamFG formwirksam eingereichter Erbscheinsantrag bei ausbleibender Nachreichung in elektronischer Form nicht bearbeitet werden müsste oder die ursprünglich formwirksame Antragstellung nachträglich formunwirksam würde. Auf eine solche Sanktionierung sei wohl auch bewusst verzichtet worden, da es nicht möglich sei, Dokumente, welche bereits in Papierform eingereicht worden seien, nachträglich zu digitalisieren und elektronisch einzureichen, wenn diese wegen einer bereits erfolgten körperlichen Einreichung nicht mehr vorlägen wie vorliegend die Vielzahl der mit dem Antrag eingereichten Personenstandsurkunden.

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10.07.2023 (Bl. 47 d. A.) nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zu den Gründen hat sie lediglich formelmäßig ausgeführt, der Beschwerde könne aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen werden

II.

A. Die Beschwerde ist zulässig.

1. Sie ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft.

2. Auch wenn die Beschwerdeschrift nicht ausdrücklich erkennen lässt, in wessen Namen die Beschwerde eingelegt wird, ist davon auszugehen, dass der Notar diese aufgrund seiner Vertretungsbefugnis nach § 10 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 FamFG im Namen des Antragstellers eingelegt hat und nicht in eigenem Namen.

3. Der Antragsteller ist beschwerdeberechtigt (§ 59 Abs. 1, Abs. 2 FamFG), weil der beantragte Erbschein ihn als Miterben ausweisen soll und er den zurückgewiesenen Erbscheinsantrag gestellt hat. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, so formgerecht und fristgemäß bei dem Nachlassgericht eingelegt worden, § 63 Abs. 1, § 64 FamFG.

4. Der Senat konnte über die Beschwerde erkennen, auch wenn das Nachlassgericht nicht – wie es aber erforderlich gewesen wäre (vgl. Sternal in ders., FamFG, 21. Aufl., § 68 FamFG, Rn. 9 ff., 19) – über die Nichtabhilfe durch einen Beschluss erkannt hat, der sich in seinen Gründen mit dem Beschwerdevorbringen auseinandersetzt.

Ein Nichtabhilfebeschluss muss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss erkennen lassen, dass das erstinstanzliche Gericht das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet hat und seiner Pflicht zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist. Eine – wie vorliegend – lediglich floskelhafte Begründung, wonach der Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen werde, genügt allenfalls dann, wenn der Beschwerdeführer nur sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und das Ausgangsgericht auf dieses Vorbringen, soweit es entscheidungserheblich ist, bereits in der angefochtenen Entscheidung eingegangen ist (vgl. zum Ganzen: Obermann in BeckOK FamFG, 46. Ed. Stand: 02.04.2023, § 68 FamFG, Rn. 8).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn der Antragsteller hat mit der Beschwerde Rechtsausführungen im Einzelnen zu den Voraussetzungen des § 14b FamFG gemacht, nach denen eine Einreichung des Erbscheinsantrags und der diesem beigefügten Urkunden in elektronischer Form vorliegend nicht erforderlich gewesen sei, auf welche die Nichtabhilfeentscheidung nicht eingegangen ist und mit denen sich die angefochtene Entscheidung auch noch nicht auseinandergesetzt hatte.

B. Die Beschwerde ist auch begründet.

1. Soweit den Gründen der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts – wovon auch die Beschwerde ausgeht – die Zurückweisung des Antrags darauf gestützt, dass ein Erbscheinsantrag (ohne, dass dieser insoweit ausdrücklich erwähnt wäre) und die diesem beigefügten Urkunden, auch wenn diese jeweils bereits als physische Dokumente bei Gericht eingereicht worden sind, „zusätzlich“ in elektronischer Form vorzulegen seien.

Weil die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts wegen dieses aus ihrer Sicht bestehenden Formmangels den Antrag zurückgewiesen hat, ist sie – ohne dies allerdings ausdrücklich festzustellen oder rechtlich in irgendeiner Weise näher zu begründen – offensichtlich davon ausgegangen, dass der Erbscheinsantrag deshalb unzulässig sei.

2. Es bestand aber keine grundsätzliche Verpflichtung des verfahrensbevollmächtigten Notars, den Erbscheinsantrag und die diesem beigefügten Urkunden in elektronischer Form einzureichen. Zwar hätte er auf Anforderung des Nachlassgerichts die Schriftstücke in elektronischer Form nachreichen müssen; dass der Notar dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, bleibt aber sanktionslos und führt insbesondere nicht nachträglich zur Unzulässigkeit der formgerechten Einreichung der Dokumente in physischer Papierform.

a) Nach geltender Gesetzeslage ist die Verpflichtung zur elektronischen Einreichung auch durch den von dem Nachlassgericht als „professionelle Einreicher“ bezeichneten Personenkreis in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf wenige Schriftstücke begrenzt, zu denen weder ein verfahrenseinleitender Antrag in echten Antragsverfahren noch die in einem Erbscheinsverfahren zu Nachweiszwecken dienende Urkunden gehören.

aa) Die elektronische Einreichung von Dokumenten in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen gemäß § 342 Abs. 1 Nr. 6 FamFG Erbscheinsanträge als Nachlasssachen im Sinne von § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG gehören, richtet sich nach § 14b FamFG, was die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts wohl im Ansatz erkannt hat. Denn sie hat hinsichtlich der von ihr angenommenen Verpflichtung professioneller Einreicher zur Übermittlung von Dokumenten an Gerichte auf elektronischem Weg sowohl in ihrem Hinweisschreiben vom 15.12.2022 als auch in dem angefochtenen Beschluss jeweils gleichlautend in einem Klammerzusatz auf einen „§ 14b“ verwiesen, ohne allerdings Angaben zu dem Gesetz, in welchem sich die bezeichnete Vorschrift finden soll, oder zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der damit gemeinten Norm zu machen.

bb) Nach § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG sind bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen durch einen Rechtsanwalt, durch einen Notar, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse als elektronisches Dokument zu übermitteln.

Die damit konstituierte Pflicht zur elektronischen Einreichung ist allerdings nicht nur im persönlichen, sondern auch im sachlichen Anwendungsbereich beschränkt.

(a) Im persönlichen Anwendungsbereich sind nur Angehörige der dort bezeichneten Berufe, darunter Notare, sowie Behörden und juristische Personen betroffen.

(b) Der sachliche Anwendungsbereich des § 14b Abs. 1 FamFG umfasst bei Gericht „schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen“. Für alle anderen Anträge und Erklärungen, welche durch die genannten Personen und Institutionen eingereicht werden, gilt § 14b Abs. 2 FamFG (dazu noch unten), nach dessen Satz 1 die entsprechenden Schriftstücke elektronisch eingereicht werden „sollen“; nach Satz 2 ist bei Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften auf Anforderung ein elektronisches Dokument nachzureichen.

(aa) Diese Fassung des § 14b FamFG ist am 01.10.2021 – und damit kurz vor dessen Inkrafttreten am 01.01.2022 – durch Art. 5 des Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 (BGBl I 2021, S. 4607) eingeführt worden. In der ursprünglichen Fassung (die nie Gültigkeit erlangt hat) gemäß Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl. I 2013, S. 3786) lautete § 14b S. 1 FamFG noch: „Werden Anträge und Erklärungen durch einen Rechtsanwalt, einen Notar, […] eingereicht, so sind sie als elektronisches Dokument zu übermitteln.“ Danach war zunächst eine Verpflichtung der betroffenen Einreicher zur Nutzung der elektronischen Form ausnahmslos für alle Anträge und Erklärungen vorgesehen.

Ausweislich der Begründung der tatsächlich in Kraft getretenen Gesetzesfassung (BT-Drs. 19/28399, S. 40) sollte die Änderung berücksichtigen, dass das FamFG im Unterschied zur ZPO kein allgemeines Schriftformerfordernis für Anträge und Erklärungen enthalte, sondern nur einzelne Vorschriften ausdrücklich Schriftform vorsähen – genannt wird § 64 Abs. 2 FamFG. Mit Rücksicht auf eilbedürftige, mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbundene Verfahren sollte die Pflicht zur elektronischen Übermittlung ausdrücklich auf schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen beschränkt werden.

(bb) Durch Ausgestaltung des § 14b Abs. 2 FamFG als Soll-Vorschrift für Anträge und Erklärungen, die keinem Schriftformerfordernis unterliegen, sollte zwar die elektronische Einreichung als Regelfall sichergestellt werden. Es sollte – so die Gesetzesbegründung – aber zugleich klargestellt werden, dass bei Vorliegen besonderer Umstände auf andere Formen der Antragstellung ausgewichen werden dürfe. Ebenso könne das Gericht in Fällen, in denen ohne besonderen Grund von der Soll-Regelung abgewichen werde, die elektronische Einreichung fordern, um einem etwaigen Missbrauch der Sollregelung zu begegnen. Konsequenzen einer Nichtbeachtung sind aber gleichwohl weder normiert noch in der Gesetzbegründung benannt.

(cc) Vor diesem Hintergrund besteht gemäß § 14b Abs. 1 FamFG nach allgemeiner Ansicht eine Pflicht zur Einreichung von Anträgen und Erklärungen in elektronischer Form für den darin bezeichneten Kreis von Einreichern nur dann, wenn aufgrund einer anderen gesetzlichen Vorschrift für das betreffende Dokument zwingend die Schriftform vorschrieben ist (vgl. LG Hildesheim, Beschluss vom 12.07.2022, 5 T 163/22, juris Tz. 15; Ahn-Roth in Prütting / Helms, FamFG, 6. Aufl., § 14b FamFG, Rn. 3; Sternal in ders., FamFG, 21. Aufl., § 14b FamFG, Rn. 11; Burschel / Perleberg-Kölbel in BeckOK FamFG, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 5; Borth in Musielak / Borth / Frank, FamFG, 7. Aufl., § 14b FamFG, Rn. 2; Fritsche, NZFam 2022, 1, 4).

Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 FamFG ist demnach sehr eng begrenzt, insbesondere auf die Einlegung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde sowie die Begründung letzterer, weil § 64 Abs. 2 FamFG und § 71 Abs. 1, Abs. 3 FamFG Schriftform vorschreiben (vgl. Fritsche, a. a. O.; vgl. auch die Aufzählung der Anwendungsfälle bei: Ahn-Roth in: Prütting / Helms, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 14).

b) Für einen Erbscheinsantrag, der ein echtes Antragsverfahren einleitet, ist die Einhaltung der Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB) hingegen nicht vorgeschrieben.

aa) Denn die für den Erbscheinsantrag geltenden besonderen Vorschriften der §§ 352 ff. FamFG enthalten keine Regelung zur Form des Antrags selbst (anders für Urkundsnachweise – dazu sogleich unten). Daher kann nach – soweit ersichtlich – ganz herrschender Ansicht ein Erbscheinsantrag grundsätzlich formfrei gestellt werden (vgl. z. B. Sternal in ders., a. a. O., § 23 FamFG, Rn. 22; Mayr in jurisPK-BGB, 10. Aufl. Stand: 01.07.2023, § 2353 BGB, Rn. 19; Herzog in Staudinger BGB, Neubearb. 2023, § 2353 BGB, Rn. 69; Fröhler in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 2353 BGB, Rn. 283; Krätzschel / Falkner / Döbereiner, NachlassR, 12. Aufl., § 44 Rn. 1; Kroiß in Kroiß / Horn, BGB: ErbR, 6. Aufl., § 2353 BGB, Rn. 25). Von Formfreiheit des Erbscheinsantrags ist auch die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts ausdrücklich ausgegangen.

bb) Soweit dabei verbreitet auf eine noch unter Anwendung der Verfahrensvorschriften des FGG ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Beschluss vom 02.11.2009, I-2 Wx 88/09, juris Tz. 20) Bezug genommen wird, sind mit § 23 und § 25 FamFG zwar anders als noch im FGG nunmehr der verfahrenseinleitende Antrag und allgemein Anträge und Erklärungen der Beteiligten näher gesetzlich geregelt. Auch die genannten Vorschriften des FamFG sehen aber für den Verfahrensantrag in echten Antragsverfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine bestimmte Form nicht vor (vgl. Ahn-Roth in Prütting / Helms, a. a. O., § 23 FamFG, Rn. 9), so dass eine nicht den Anforderungen des § 126 Abs. 1 BGB genügende schriftliche Erklärung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – 19 UF 75/10 -, juris) und andere Formen der Antragstellung als die in § 25 FamFG bezeichneten zulässig sein sollen, z. B. sogar eine telefonische oder mündliche Antragstellung (so z. B. Sternal in ders., a. a. O., § 25 FamFG, Rn. 15; Ahn-Roth in Prütting / Helms, a. a. O., § 23 FamFG, Rn. 10; a. A. OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.06.2013, 9 UF 631/13, juris Tz. 19), jedenfalls dann, wenn die Identität des Erklärenden zweifelsfrei feststellbar ist (vgl. Burschel / Perleberg-Kölbel in BeckOK FamFG, a. a. O., § 23 FamFG, Rn. 22c).

cc) Wenn teilweise aus § 23 Abs. 1 S. 5 FamFG, wonach der Antrag von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden soll, hergeleitet wird, dass solches denklogisch eine schriftliche Antragstellung voraussetze, soll aus einer Abweichung von der Schriftform jedenfalls nicht die Unwirksamkeit der Einreichung und Unzulässigkeit des Antrags folgen, weil es sich nur um eine Soll-Vorschrift handele (vgl. Ulrici in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl., § 23 FamFG, Rn. 38 f.). Ein zwingendes Schriftformerfordernis im Sinne von § 14b Abs. 1 FamFG lässt sich demnach auch daraus nicht herleiten.

Ist für den Erbscheinsantrag Schriftform aber nicht vorgeschrieben, bestand für den verfahrensbevollmächtigten Notar auch keine Verpflichtung, den Erbscheinsantrag in elektronischer Form einzureichen, so dass dieser mit Zugang dessen körperlicher öffentlicher Urkunde vom 30.06.2022 formwirksam bei dem Nachlassgericht angebracht worden ist.

c) Es bestand auch keine Pflicht des verfahrensbevollmächtigten Notars aus § 14b Abs. 1 FamFG zur Einreichung der gemäß § 352 Abs. 3 S. 1 FamFG zum Nachweis der Angaben des Antragstellers dienenden öffentlich beglaubigten Kopien von Urkunden.

aa) In den sachlichen Anwendungsbereich von § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG fallen nach dem Wortlaut der Vorschrift ausschließlich Anträge und Erklärungen, nicht aber nach anderen Normen, z. B. § 352 FamFG, zwingend vorzulegende öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden. Entsprechende Vorschriften, welche eine solche Urkundenvorlage zu Nachweiszwecken verlangen, bleiben als lex specialis von der für Anträge und Erklärungen geltenden Verpflichtung zur elektronischen Einreichung unberührt (vgl. Sternal in ders., FamFG, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 13, Biallaß in jurisPK-ERV, 2. Aufl. Stand: 17.04.2023, § 14b FamFG, Rn. 70, jeweils unter beispielhafter Nennung von § 352 Abs. 3 S. 1 FamFG bzw. der Vorgängervorschrift § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB a. F.). Für den insoweit mit § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG übereinstimmenden § 130 a Abs. 1 ZPO ist auch in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/12634, S. 27) festgehalten, dass sich anderweitig – dort aus dem materiellen Recht – ergebende weitergehende Formerfordernisse unberührt bleiben sollen.

bb) Dafür, dass zu Nachweiszwecken dienende öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht in den Anwendungsbereich des § 14b FamFG fallen, spricht zudem, dass der Gesetzgeber in Vorschriften anderer Verfahrensordnungen zum elektronischen Rechtsverkehr urkundliche Nachweise, die von der Verpflichtung zu oder der Möglichkeit einer elektronischen Einreichung umfasst sein sollen, auch ausdrücklich bezeichnet hat. So umfasst § 135 Abs. 1 S. 1 GBO – wie § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG – ebenfalls Anträge und sonstige Erklärungen, darüber hinaus aber auch ausdrücklich Nachweise über andere Eintragungsvoraussetzungen. Nach §130a Abs. 1 ZPO sind von der Verpflichtung zur elektronischen Einreichung neben – ebenfalls – Anträgen und Erklärungen (dort der Parteien) auch vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen umfasst, so dass auch einem vorbereitenden Schriftsatz gemäß § 131 Abs. 1 ZPO in (einfacher) Abschrift beizufügende Urkunden als elektronisches Dokument einzureichen sind.

Fehlt es aber in § 14b FamFG an einer entsprechenden Regelung für urkundliche Nachweise, kann von einer Verpflichtung zu deren Einreichung in elektronischer Form auch nicht ausgegangen werden.

d) Für die Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 30.06.2022 ergibt sich auch, soweit in dieser neben dem Erbscheinsantrag auch die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers nach § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG protokolliert ist, keine Verpflichtung zur Einreichung in elektronischer Form.

Bei der genannten Versicherung an Eides handelt es sich ebenfalls um keine Erklärung, für welche Schriftform vorgeschrieben wäre.

Die Verpflichtung zur Abgabe dieser Versicherung ist zudem bereits dann erfüllt, wenn ein Antragsteller diese vor dem Notar gemäß § 22 Abs. 2 BNotO, § 38 Abs. 1, §§ 6 ff. BeurkG abgegeben hat. Die Einreichung einer Ausfertigung oder öffentlich beglaubigten Abschrift der entsprechenden Urkunde, die regelmäßig – wie auch vorliegend – zugleich den Erbscheinsantrag enthält, dient lediglich dem Nachweis, dass ein Antragsteller die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Ein – einfaches – Schriftformerfordernis besteht auch insoweit aber nicht.

Demnach stellt die Einreichung des Erbscheinsantrags nebst der in der Urkunde enthaltenen eidesstattlichen Versicherung sowie dem Antrag beigefügten Urkunden durch den verfahrensbevollmächtigten Notar als physische Dokumente keinen Verstoß gegen § 14b Abs. 1 FamFG dar.

3. Allerdings stellt die ohne erkennbaren sachlichen Grund erfolgte Einreichung des Erbscheinsantrags als Papierdokument durch den verfahrensbevollmächtigten Notar eine Abweichung von der Soll-Vorschrift des § 14b Abs. 2 FamFG dar, die im sachlichen Anwendungsbereich – wie ausgeführt – für den Großteil der Anträge und Erklärungen der Beteiligten gilt (vgl. auch: Biallaß in jurisPK-ERV, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 75). Wegen dieser Abweichung durfte der Antrag aber nicht zurückgewiesen werden.

a) Weil ein Erbscheinsantrag als sonstiger Antrag unter § 14b Abs. 2 FamFG fällt, soll ein Notar einen solchen als elektronisches Dokument einreichen. Abweichungen davon sollen – wie ausgeführt – nach Intention des Gesetzgebers auf begründete Ausnahmefälle begrenzt bleiben. Gleichwohl hat eine Abweichung von der Soll-Vorschrift des § 14b Abs. 2 S. 1 FamFG, auch wenn dafür kein sachlicher Grund vorliegt, keine Folgen für die Wirksamkeit der Einreichung (vgl. z. B. Burschel / Perleberg-Köbel in BeckOK FamFG, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 6; Borth in Musielak / Borth / Frank, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 4; Sternal in ders., a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 18). Der Einreicher ist demnach auch nicht verpflichtet, einen Grund für die Nichtbeachtung dazulegen oder gar glaubhaft zu machen (vgl. Sternal in ders., a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 18).

b) Zwar kann das Gericht – wie vorliegend erfolgt – in einem solchen Fall nach § 14b Abs. 2 S. 2 FamFG ein elektronisches Dokument anfordern, wenn die Einreichung eines Antrags oder einer Erklärung in einer anderen den allgemeinen Vorschriften entsprechenden Form erfolgt ist. Das elektronische Dokument ist auf diese Anforderung hin – und damit verpflichtend – einzureichen.

Kommt der Einreicher der sich daraus ergebenden Pflicht zur elektronischen Einreichung nicht nach, so bleibt auch dies aber gleichfalls folgenlos (vgl. Ahn-Roth in Prütting / Helms, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 23).

Denn der Gesetzgeber hat weder Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der Soll-Form noch einer Aufforderung zur Nachreichung geregelt (vgl. vgl. auch: Biallaß in jurisPK-ERV, a. a. O., § 14b FamFG, Rn. 75). Dann aber kann die – wie ausgeführt – ursprünglich wirksame Einreichung eines Antrags als Papierdokument – wie auch der Antragsteller zutreffend einwendet – nicht deshalb nachträglich unwirksam werden, weil eine von dem Gericht angeforderte Nachreichung als elektronisches Dokument unterbleibt.

4. Schließlich hat der Antragsteller selbst, der nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des § 14b FamFG fällt, sich mit Computerfax vom 09.02.2023 an das Nachlassgericht gewandt und auf seinen von dem verfahrensbevollmächtigten Notar eingereichten Erbscheinsantrag Bezug genommen. Da der Erbscheinsantrag – wie ausgeführt – grundsätzlich keiner bestimmten Form bedarf, kann in diesem Faxschreiben, das sich auf den bereits eingereichten Antrag bezieht, selbst wenn dessen Anbringung durch den Notar – wie aber nicht – formunwirksam gewesen wäre, ein eigener formwirksamer Antrag des Antragstellers gesehen werden. Da grundsätzlich bei Antragstellung auch die Bezugnahme auf bereits bei den Akten befindliche Urkunden zulässig ist (Bumiller in Bumiller / Haders / Schwamb, 13. Aufl., § 352 FamFG, Rn. 20), liegt jedenfalls in jenem Schreiben eine formwirksame Antragstellung.

Nach alledem ist die Einreichung des Erbscheinsantrags und der diesem beigefügten Urkunden als körperliche Dokumente durch den verfahrensbevollmächtigten Notar formwirksam erfolgt und auch nicht nachträglich unwirksam geworden. Der angefochtene Beschluss, mit dem die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts den Antrag mit der tragenden Begründung zurückgewiesen hat, die Vorlage bzw. Nachreichung in elektronischer Form wäre zur Formwirksamkeit notwendig gewesen, erweist sich als rechtsfehlerhaft und war aufzuheben.

Das Nachlassgericht, das eine weitergehende Prüfung der Zulässigkeit und eine Prüfung der Begründetheit des Antrags – aus seiner Sicht konsequenterweise – noch nicht vorgenommen hat, war anzuweisen, den Antrag nicht erneut aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

III.

A. 1. Wegen des Erfolgs der Beschwerde ist die Haftung des Beschwerdeführers für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens entfallen, § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG.

Für eine davon abweichende Kostenentscheidung hat der Senat keinen Anlass gesehen. Zwar war das Beschwerdeverfahren deshalb veranlasst, weil der verfahrensbevollmächtigte Notar sich in Hinwegsetzung über die Sollvorschrift des § 14b Abs. 2 S. 1 FamFG und unter weiterer Missachtung der Auflage des Nachlassgerichts nach § 14b Abs. 2 S. 2 FamFG geweigert hat, Dokumente in elektronischer Form einzureichen.

Aus diesem Grund den Antragsteller mit den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten, der bereits die Folgen der dadurch verursachten Verfahrensverzögerung zu tragen hat, entspricht nicht der Billigkeit im Sinne des § 81 Abs. 1 FamFG.

Unabhängig davon, ob ein Verfahrensbevollmächtigter als Dritter im Sinne des § 81 Abs. 4 FamFG mit Verfahrenskosten belastet werden kann, trifft den verfahrensbevollmächtigten Notar angesichts der Gesetzeslage, welche ihm zwar bestimmte Handlungen auferlegt, die Folgen einer Nichtbeachtung aber nicht regelt, jedenfalls kein grobes Verschulden im Sinne der vorgenannten Vorschrift daran, dass der von ihm vertretene Beteiligte die relevanten Rechtsfragen einer Klärung durch das Beschwerdegericht zuführt.

2. Weil der Antragsteller an dem Beschwerdeverfahren allein beteiligt war, ist eine Entscheidung über die Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten (§ 80 S. 1 FamFG) nicht veranlasst.

3. Werden Gerichtskosten nicht erhoben und notwendige Aufwendungen von Beteiligten nicht erstattet, erübrigt sich auch eine Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren.

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