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Bindung des Vorkaufsberechtigten an Maklerklausel im Erstvertrag

LG Köln – Az.: 21 S 15/11 – Urteil vom 10.01.2012

Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.07.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln – 139 C 583/10 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.783,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.10.2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung einer Maklerprovision in Höhe der titulierten Hauptforderung gegen die Beklagte aus dem mit dem Zeugen N geschlossenen Maklervertrag in Verbindung mit § 652 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte ist als Vorkaufsberechtigte durch die Vereinbarung in Ziffer IX. des notariellen Kaufvertrages vom 24.09.2010 („Maklerklausel“) zur Zahlung der Provision verpflichtet worden.

Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verpflichteten (Verkäufer) ein selbständiger Kaufvertrag neu begründet zu den gleichen Bedingungen, wie er zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten (Erstkäufer) abgeschlossen war. Danach hat der Vorkaufsberechtigte nicht nur den Kaufpreis zu zahlen, sondern schlechthin diejenigen Leistungen zu erbringen, die dem Erstkäufer nach dem Kaufvertrag oblegen hätten. Von diesem Grundsatz ergeben sich allerdings Ausnahmen. Abgesehen von den Bestimmungen der §§ 466 und 468 BGB folgt daraus, dass nach § 464 Abs. 2 BGB nur „der Kauf“ zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten zustande kommt, dass den Vorkaufsberechtigten solche Bestimmungen des Erstvertrages nicht verpflichten, die wesensgemäß nicht zum Kaufvertrag gehören und sich darin als Fremdkörper darstellen (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 14.12.1995, III ZR 34/95, Tz. 12 m.w.N. zu §§ 504ff. BGB a.F., zitiert nach juris, veröffentlicht u.a. in BGHZ 131, 318ff.).

Dies ist in der Regel der Fall bei einer Vertragsgestaltung, die – bei objektiver Betrachtungsweise – völlig außerhalb des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung (Synallagma) des Kaufs liegt, so nur für den Vorkaufsfall getroffen wurde und den Parteien des Erstvertrages bei dessen Durchführung keine irgendwie gearteten Vorteile bringt (BGH aaO, Tz. 15 m.w.N.).

In der Regel können Bestimmungen im Kaufvertrag über die Verteilung der Maklerkosten, wenn diese Kosten sich im üblichen Rahmen halten, nicht als „Fremdkörper“ im Kaufvertrag angesehen werden; sie gehören vielmehr normalerweise wesensmäßig zum Kaufvertrag. Die Frage, wer von den Vertragsparteien welchen Anteil solcher für das Zustandebringen des Kaufvertrages angefallener Maklerkosten im Endergebnis zu tragen hat, hängt im allgemeinen ähnlich eng mit der Regelung der Höhe des Kaufpreises zusammen wie die Frage, wer im Innenverhältnis für diejenigen Vertragskosten aufzukommen hat, für die die Vertragsparteien nach außen gemeinsam haften (etwa Beurkundungskosten). Hier wie dort kann sich aus wirtschaftlichen (etwa steuerlichen) Überlegungen die völlige oder überwiegende Zuordnung zu der einen oder der anderen Vertragsseite im Rahmen der Gesamtregelung anbieten, ohne dass sich der Gesamtaufwand, den der Käufer für den Erwerb zu erbringen hat, wesentlich ändert; je höher der Anteil ist, den der Käufer übernimmt, desto geringer wird im allgemeinen der eigentliche Kaufpreis bemessen und umgekehrt. Ob die Vorstellungen über die Verteilung der Maklerkosten unter derartigen Gesichtspunkten schon in dem Maklervertrag des Eigentümers mit dem Makler und dementsprechend auch in dem nachfolgenden Maklervertrag des Maklers mit dem Kaufinteressenten ihren Niederschlag gefunden haben (und so im Kaufvertrag übernommen worden sind) oder ob das endgültige „Vertragspaket“ erstmalig in dem notariellen Kaufvertrag niedergelegt wird, kann für die Beurteilung, dass die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung von Maklerkosten in Form einer „Maklerklausel“ wesensgemäß zum Kaufvertrag gehört, regelmäßig keinen Unterschied machen. Es kommt also grundsätzlich auch nicht entscheidend darauf an, ob der Käufer im Kaufvertrag eine ursprünglich nur vom Verkäufer dem Makler versprochene Provision übernimmt oder ob in der Kaufvertragsurkunde bezüglich der Käuferprovision nur eine vom Käufer schon vorher gegenüber dem Makler eingegangene Verpflichtung aufgegriffen und durch eine besondere, auch den Vorkaufsberechtigten bindende Gestaltung bekräftigt worden ist. Auch im Blick auf das schutzwürdige Interesse des Vorkaufsberechtigten, bei der Ausübung des Vorkaufsrechts den Kaufgegenstand zu eben jenen Bedingungen zu erhalten, die der Verkäufer mit irgendeinem Dritten ausgehandelt hat, also nicht schlechter gestellt zu sein als der Erstkäufer, ergibt sich insoweit in der Regel bei wertender Beurteilung kein Grund für eine Differenzierung (BGH aaO, Tz. 19 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich, dass die Parteien des Kaufvertrages vom 24.09.2010 die Verpflichtung zur Provisionszahlung nur für den Fall vereinbaren wollten, dass das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde. Bereits nach dem Wortlaut sollte der ursprüngliche Käufer auch die Maklerprovision gegenüber dem Kläger schulden. Dass die hierfür erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 652 Abs. 1 BGB nicht erfüllt waren, ist ebenfalls nicht dargetan. Mit Ausnahme der Frage der Unwirksamkeit der Provisionsvereinbarung wegen Verflechtung des Klägers mit dem Verkäufer (dazu sogleich) war der Maklerlohnanspruch nach dem unstreitigen Sachverhalt entstanden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein Fall der sog. unechten Verflechtung vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird – ausgehend davon, dass nach dem gesetzlichen Leitbild der Makler und der Dritte die Fähigkeit zur selbständigen unabhängigen Willensbildung haben müssen – die Möglichkeit einer Maklertätigkeit verneint, wenn der „Makler“ gleichzeitig als Stellvertreter der Gegenseite über den Abschluss des von ihm „vermittelten“ Hauptvertrags entscheidet. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für den gesetzlichen Vertreter (etwa den Geschäftsführer einer GmbH), sondern auch für den Bevollmächtigten; im letzteren Falle allerdings – wenn nicht eine sonstige Verflechtung mit dem Vollmachtgeber vorliegt, wie etwa beim abschlussberechtigten Handelsvertreter – grundsätzlich nur dann, wenn der betreffende rechtsgeschäftliche Vertreter selbständig darüber zu entscheiden hat, ob der in Rede stehende Hauptvertrag abgeschlossen werden soll. Bei einem Bevollmächtigten, der einen Vertrag aufgrund eigener Willensbildung abschließt, ist in gleicher Weise ein Interessenkonflikt institutionalisiert wie etwa bei dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, von dessen Zustimmung die Gültigkeit eines Wohnungsverkaufs abhängig ist (vgl. insgesamt BGH, Urteil vom 26.03.1998, III ZR 206/97, Tz. 6 m.w.N., zitiert nach juris, veröffentlicht u.a. in WM 1998, 1188f.).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar war der Kläger bereits 14 Jahre vor Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages von der Verkäuferin bevollmächtigt worden, Kaufverträge über Wohnungen zu schließen.

Der Kläger hat jedoch zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass die Vollmacht lediglich im Außenverhältnis unbeschränkt war, weil dies zur Anerkennung der abgegebenen Erklärungen durch den Notar bzw. das Grundbuchamt erforderlich war. Im Innenverhältnis zu den Verkäufern unterlag der Kläger dagegen strikten Beschränkungen, die einen Vertragsschluss aufgrund eigener Willensbildung gerade ausschlossen. So waren dem Kläger, wie der Zeuge A glaubhaft bekundet hat, Kaufpreise vorgegeben worden, von denen er mit Ausnahme eines geringfügigen Toleranzbereiches von etwa 2 % nicht abweichen durfte. Ebenso wenig durfte der Kläger anderweitige Zusagen machen oder Verpflichtungen zu Lasten der Verkäufer eingehen. In allen Fällen, in denen von den Vorgaben der Verkäufer abgewichen werden sollte, musste der Kläger Rücksprache halten und die konkreten Vertragsmodalitäten genehmigen lassen, sei es schriftlich oder, wenn die Zeit hierfür nicht ausreichte, telefonisch. Den Hintergrund dieser Vorgehensweise hat der Zeuge A plausibel damit erläutert, dass aufgrund der räumlichen Entfernung der zu verkaufenden Wohnungen (Köln) vom Sitz der Verkäufer (Nürnberg) ein örtlicher Vertreter die Notartermine wahrnehmen sollte. Andernfalls hätten die Kaufverträge entweder mit vollmachtlosen Vertretern geschlossen werden müssen, und für die nachträgliche Genehmigung ihrer Erklärungen wären zusätzliche Notarkosten angefallen, oder es hätte jeweils ein Bevollmächtigter des Verkäufers zum Notartermin anreisen müssen, was ebenfalls weitere Kosten verursacht hätte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 26.03.1998, aaO) allein auf die objektiven Umstände an und nicht darauf, wie ein Dritter vom Empfängerhorizont der Beklagten das Handeln des Klägers verstehen durfte bzw. musste.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es auch einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 04.01.2012 bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.783,80 €

 

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