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Berichtigungsanspruch wegen eines anderweitigen Grenzverlaufs zwischen den Grundstücken

LG Neubrandenburg – Az.: 2 O 844/12 (2) – Urteil vom 20.06.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Streitverkündung entstandenen Kosten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Tatbestand

Die Beklagte ist Eigentümerin‘ eines Grundstücks in der Gemeinde …, Gemarkung …, Flur …, Flurstücks …. Die Klägerin ist Eigentümerin eines daran angrenzenden Grundstücks, Gemarkung …, Flur …, Flurstück … . Die Klägerin hat das Grundstück von dem Land … erworben.

Unter dem 03.03.2005 hatte die Streitverkündete die Feststellung der Grenze zwischen den beiden Grundstücken beantragt. Am 15.11.2005 fand ein Grenztermin statt; nach der Grenzniederschrift heißt es zu der Grenze zwischen dem Flurstück der Klägerin und dem Plauer See, das Gewässerbett des Plauer Sees bilde mit den Ufern ein selbständiges Grundstück, weshalb die Grenze sich gemäß § 52 Abs. 2 LWaG nach dem Liegenschaftskataster bestimme. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, der durch das Innenministerium Mecklenburg/Vorpommern zurückgewiesen wurde. Die Klägerin machte gegenüber dem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur Dipl.-Ing. … vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (Az.: 5 A 1632/06) die Aufhebung des Bescheides vom 16.11.2005 und des Widerspruchsbescheides des Innenministerium Mecklenburg/Vorpommern vom 13.09.2006 hinsichtlich der Feststellung und Abmarkung der Grenze zwischen dem Flurstück … der Flur … in der Gemarkung … und dem Flurstück … der Flur … in der Gemarkung … (Plauer See) geltend. Die Klage wurde durch inzwischen rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgericht Greifswald vom 25.05.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Grenze zwischen den Flurstücken durch den Vermessungsingenieur zutreffend ermittelt worden sei. Zum einen komme es schon deshalb von vornherein auf den Katasternachweis an, weil letzteres ein Gewässerflurstück darstelle, dass außer dem Gewässerbett auch einen Uferstreifen umfasse. Dafür, dass dies bereits zum Entstehungszeitpunkt des Flurstück der Fall gewesen, spreche die Lage der im Fortführungsriss vom 30./31.10.1931 verwendeten Messungslinie seeseits der Flurstückgrenze, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Messungslinie bzw. die Vermarkungen ihrer Endpunkte seinerzeit im Gewässer gelegen hätten. Aber auch wenn davon auszugehen wäre, dass im Jahre 1931 die Uferlinie aufgemessen worden wäre, sei von einer Maßgeblichkeit des Katasternachweises auszugehen, da nicht zwischenzeitlich Veränderungen der Uferlinie eingetreten sein und in dieser Zeit geltende wasserrechtliche Vorschriften angeordnet hätten, dass die Veränderungen zu einer Änderung der Eigentumsgrenze am Grundstück führen sollten. Nach den wasserrechtlichen Vorschriften führte vielmehr im Falle der Verlandung keine Eigentumsänderung ein. Zu den Einzelheiten der Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald wird auf das zu den Akten gereichte Urteil Bezug genommen. Die Beklagte überließ mit Nutzungsvertrag Nr. 6768 vom 29.06.2010 sowie Nachtrag vom 03.01.2011 einen Grundstücksstreifen der Streithelferin zur Nutzung. Die Streithelferin machte vor dem Landgericht Neubrandenburg die Herausgabe dieses Grundstücksstreifens gegenüber der Klägerin geltend (Az.: 4 O 288/11). Die Klage wurde abgewiesen und die beim Oberlandesgericht Rostock eingelegte Berufung (Az.: 3 U 131/11) durch die Beklagte zurückgenommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Eigentumsgrenze zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Grundstück der Beklagten der Wasserlinie des Plauer Sees entspreche. Die Klägerin behauptet, dass die Feststellungen des Dipl.-Ing. … fehlerhaft seien. Er habe eine fälschlich eingetragene Marke zugrundegelegt. Dies sei möglicherweise damit zu erklären, dass die Zeichenarbeit und Erstellung des Einheitskatasters von 1954 bis 1956 in der Justizvollzugsanstalt Bützow-Dreibergen erfolgt sei und aufgrund der dortigen Arbeitsbedingungen eine hohe Anzahl von Fehlern vorstellbar seien. Der zutreffende Grenzverlauf ergebe sich aus den Karten von vor 1924, von 1924, von 1925-26, von 1927 und von 1956. Auch in der Enteignungserklärung vom 19.04.1926 bilde der Plauer See die Grenze zwischen den Grundstücken. Auch im späteren Verlauf habe sich dies nicht geändert. Die Klägerin behauptet, dass sich zudem aus der Karte, die das Katasteramt im Jahr 1999 herausgegeben habe, die Wasserlinie als Grundstücksgrenze ergebe. Zu den Einzelheiten wird auf die Darlegungen der Klägerin in den Schriftsätzen vom 06.12.2012, vom 04.09.2013 und vom 28.01.2014 Bezug genommen. Beim Erwerb des Grundstückes sei dieses nach dem Expose und der Zeitungsanzeige beworben worden mit dem Zusatz, dass es unmittelbar am Plauer See gelegen sei.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Eigentumsgrenze zwischen dem Grundstück Plauer See. Gemarkung …, Flur …, Flurstück … und dem Grundstück Gemarkung …, Flur …, Flurstück … die Wasserlinie des Plauer Sees ist.

Hilfsweise beantragt die Klägerin: festzustellen, dass bzgl. eines eventuell bestehenden Grundstücksteils in Verlängerung der Grundstücks der Klägerin zum Plauer See hin zwischen dem Grundstück Gemarkung …, Flur …, Flurstück … und dem Plauer See Gemarkung … Flur …, Flurstück …, die Klägerin Eigentümerin ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Streitverkündete beantragt, die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten der Streitverkündung aufzuerlegen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage unzulässig sei. Über das Begehren der Klägerin sei durch das Verwaltungsgericht rechtskräftig entschieden worden; den weiteren Verwaltungsrechtsweg habe die Klägerin nicht beschritten. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Feststellungsklage unstatthaft sei, da es kein Feststellungsinteresse der Klage gebe. Die Wasserlinie eines Sees sei zudem veränderlich, so dass es an einer ausreichenden Bestimmtheit des Klageantrags fehle. Die Beklagte ist der Meinung, dass aus dem Kataster die Grenze zwischen den Grundstücken zutreffend hervorgehe. Sie ist der Ansicht, dass die Wasserkante als Grundstücksgrenze nicht grundbuchrechtlich gesichert sei.

Die Streitverkündete bestreitet, dass jemals die Uferlinie die Grenze zwischen den Grundstücken gewesen sei. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Karten und anderen Unterlagen, da darin nicht unbedingt die „Wasserkante“ abgebildet sei. Aus § 2 Abs. 1 und 2 des Anhanges zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen sei zu folgern, dass dem Eigentümer einer Seestraße auch ein Uferstreifen zugesprochen werde. Die Streitverkündete ist der Ansicht, dass die Richtigkeit der katastermäßigen Grenze durch das Verwaltungsgericht rechtskräftig und damit abschließend festgestellt worden sei.

Zu den Einzelheiten wird ergänzend auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und der Streitverkündeten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der von der Klägerin gestellte Hauptantrag ist zulässig.

Die Klägerin kann gegen die Beklagte auch auf dem zivilrechtlichen Wege Ansprüche wegen des Grenzverlaufs geltend machen. Ein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB besteht auch dann, wenn die einem Grundstück in der Bestandsangabe zugeschriebene Parzelle tatsächlich zum Nachbargrundstück gehört (Köhler in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 894 Rz. 14). Gleiches muss für einen entsprechenden Feststellungsantrag gelten.

Ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO ist trotz der Möglichkeit eine Berichtigungsanspruches nach § 894 BGB gegeben. Ein Feststellungsinteresse besteht dann, wenn der Rechtsstreit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (BGH NJW 84, 1118). Bei einer Behörde als Beklagter kann eine Feststellung zur Streitbeilegung ausreichen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 256 Rz. 34 m.w.N.). Da bei einem Erfolg der Feststellungsklage von einer entsprechenden Bereitschaft der Beklagten auszugehen ist, kann das Rechtsverhältnis durch die Geltendmachung eines Feststellungsantrages abschließend geklärt werden.

Es ist auch von einer ausreichenden Bestimmbarkeit des klägerischen Antrages auszugehen. Dies setzt voraus, dass der Grenzverlauf zwischen zwei Grundstücken bestimmbar ist. Eine Grundstücksfläche muss bei Eintragung in das Grundbuch zumindest katastermäßig erfassbar sei (OLG München, Beschluss vom 24.07.2009, Az. 34 U 027/09, zitiert nach Juris). Der von der Klägerin im Hauptantrag geltend gemachte Grenzverlauf ist in ausreichendem Maße bestimmbar, da zumindest die Uferlinie im Zeitpunkt einer eventuellen Eintragung bestimmbar ist.

Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich nicht hinreichend schlüssig Umstände, aus denen eine andere als die katastermäßige Grenze anzunehmen wäre.

§ 891 BGB begründet eine widerlegliche Vermutung für einen Rechtszustand; eine Widerlegung der Vermutung erfolgt nicht schon durch ihre Erschütterung, sondern durch den vollen Beweis des Gegenteils (BGH NJW-RR 06, 662). Wer einen anderen Grenzverlauf behauptet, sei es in Gestalt einer Grenzwidrigkeit oder einer Parzellenverwechslung, muss dies beweisen; jede Möglichkeit der Richtigkeit der Eintragung ist zu widerlegen (BGH NJW-RR 06, 663). Angaben zum Grenzverlauf sind nach ganz herrschender Meinung von § 891 BGB erfasst; es wird vermutet, dass die sich aus dem Liegenschaftskataster ergebende Grenze die wirkliche Grundstückgrenze ist; die Unrichtigkeit muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen (Münchener Kommentar, a.a.O., § 891 Rz. 6). Der Nachweis von Umständen, die erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuchs wecken, genügt zur Ausschaltung der gesetzlichen Vermutung nicht (Gursky in; Staudinger, a.a.O., § 891 Rz. 59).

Das Vorbringen der Klägerin, wonach die Grenzfeststellung des Vermessers Dipl.-Ing. … zweifelhaft sein soll, ist demnach zur Erschütterung der Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs nicht ausreichend. Soweit die Klägerin geltend macht, der Vermesser habe unrichtige Marken bei der Vermessung zugrundegelegt, wäre sie gehalten gewesen, derartige Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit der getätigten Grenzfeststellung in dem dortigen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend zu machen. Im übrigen weisen die Angaben der Klägerin zu anderweitigen Grenzverläufen aus Unterlagen, die bis zum Jahr 1956 erstellt wurden, noch nicht ohne weiteres auf eine Unrichtigkeit des Grundbuches hin. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern hierdurch ein von der katastermäßigen Erfassung abweichende Eigentumslage begründet werden sollte. Soweit die Klägerin behauptet, dass sich aus den Katasterunterlagen von 1999 eine Grundstücksgrenze an der Wasserlinie ergebe, ist dies nicht durch entsprechende Unterlagen bestätigt worden. Die Klägerin ist zu einem anderweitigen Grenzverlauf – in dem oben dargelegten Umfang – darlegungs- und beweisbelastet.

Es bestehen zudem Zweifel daran, dass das streitgegenständliche Grundstück in einem anderen Umfang als aus dem Grundbuch ersichtlich auf die Klägerin vom Land Thüringen übertragen wurde. Die Angabe im Expose und in der Zeitungsanzeige (Anlagen K11 und K12) sind nicht ohne weiteres geeignet, einen anderen Grenzverlauf als aus dem Grundbuch ersichtlich zu begründen.

Die Grundstücksgrenze zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Grundstück der Beklagten ist auch nicht aufgrund zwischenzeitlich geltender wasserrechtlicher Vorschriften abweichend vom Katasternachweis festzustellen. Wie bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25.05.2009 zutreffend festgestellt wurde, tritt sowohl nach den ehemals geltenden Wassergesetzen des Landes Mecklenburg-Vorpommern als auch nach der heutigen Vorschrift des § 54 Abs. 1 Landeswassergesetz Mecklenburg-Vorpommern im Falle der Verlandung keine Eigentumsänderung ein. Auch aus § 52 Landeswassergesetz Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich nichts anderes. Dort ist für den Fall eines selbständigen Grundstücks, das aus einem Gewässerbett und dem angrenzenden Ufer besteht, geregelt, dass sich die Eigentumsgrenzen zu dem angrenzenden Grundstück nach dem Liegenschaftskataster richtet. Dass es sich bei dem streitbefangenen Grundstück nicht um ein derartiges Grundstück handelt, ist aus den oben dargelegten Gründen nicht anzunehmen.

Soweit die Klägerin geltend macht, es gebe für das Land Mecklenburg-Vorpommern eine anderweitige Norm, nämlich eine Verfahrensvorschrift zur Behandlung von Gewässern in Liegenschaftskataster, ist nicht ersichtlich, inwiefern dieser Verfahrensvorschrift vor der Regelung des Landeswassergesetzes Vorrang haben sollte. Es sind folglich keine Gründe ersichtlich, weswegen eine andere Grenze als die im Kataster nachgewiesene angenommen werden sollte.

Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet, weil eine von der katastermäßigen Erfassung abweichender Grenzverlauf nicht festzustellen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1 Satz, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

 

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