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Nachträgliche Änderung einer notariell beglaubigten Löschungsbewilligung durch einen Dritten

KG Berlin – Az.: 1 W 154/12 – Beschluss vom 04.09.2012

Die Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000,00 EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1. veräußerte in notarieller Urkunde vom 31. August 2011 (UR-Nr. 1… /2… des Notars Dr. C… S… ) an die Beteiligte zu 2. das im Beschlusseingang bezeichnete Teileigentum. Die Beteiligten zu 3.und 4. bewilligten in öffentlich beglaubigter Urkunde vom 5. Januar 2012 (UR-Nr. … /2… des Notars K… B… ) die Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Schöneberg Blatt 2… in Abteilung II lfd. Nr. 4 eingetragenen Eigentumsvormerkung. Mit Antrag vom 14. März 2012 beantragte Notar Dr. S… zum Grundbuch von Schöneberg Blatt 2… die Eigentumsumschreibung und die Löschung der Rechte Abt. II lfd. Nr. 4.

Das Grundbuchamt beanstandete mit Zwischenverfügung vom 19. März 2012, dass die Löschungsbewilligung nicht auf das von der Veräußerung betroffene Grundbuchblatt 2…, sondern auf das Grundbuchblatt 2… laute, und gab eine Berichtigung in der nach § 29 GBO vorgeschriebenen Form, alternativ die Vorlage einer neuen Löschungsbewilligung auf. Auf Bitten des Verfahrensbevollmächtigten sandte das Grundbuchamt diesem die eingereichte Bewilligung zurück. Unter Verlängerung der Frist für die Hindernisbehebung wies das Grundbuchamt dabei mit Verfügung vom 29. März 2012 darauf hin, dass der Notar, wenn er wie angekündigt die Löschungsbewilligung selbst berichtigen wolle, hierfür einer in der Form des § 29 GBO nachgewiesenen Vollmacht bedürfe.

Die erneut eingereichte Löschungsbewilligung vom 5. Januar 2012 weist nunmehr über der Textstelle „Blatt 2… “ ein Korrekturzeichen auf. Auf einem gesonderten Blatt, das der Verfahrensbevollmächtigte unterzeichnet, gesiegelt und urkundlich mit der Löschungsbewilligung verbunden hat, ist unter der Überschrift „Berichtigungsvermerk“ mit Datum vom 27. April 2012 festgehalten, dass bei dem Korrekturzeichen wegen offensichtlicher Unrichtigkeit die Zahl „2… “ gestrichen und durch „2… “ ersetzt und die Erklärung damit richtig gestellt worden sei, und zwar nach Abstimmung mit den Beteiligten. Weiter wird in dem Vermerk auf die dem Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich erteilte privatschriftliche Vollmacht der Beteiligten zu 3. und 4. vom 21. August 2012 verwiesen, die der Urkunde beigefügt ist.

Für den Fall, dass die Bewilligung in dieser Form nicht akzeptiert werde, legte der Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde ein.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 71 ff. GBO zulässig. Da der Notar die Beschwerdeführer nicht bezeichnet hat, ist davon auszugehen, dass er die Beschwerde im Namen sämtlicher antragsberechtigten Beteiligten eingelegt hat (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 15 Rdn. 20 m.w.N.).

Die Beschwerde ist allerdings unbegründet. Das in Ziffer 2 der Zwischenverfügung vom 19. März/ 29. März 2012 aufgezeigte Hindernis steht der beantragten Löschung entgegen (§ 18 Abs. 1 GBO).

1.

Die Bewilligung der Beteiligten zu 3. und 4. vom 5. Januar 2012 bezog sich in der ursprünglich eingereichten Form nicht auf das hier betroffene Grundbuchblatt, zu dem die Beteiligten zu 1. und 2. die Löschung beantragt haben. Es handelt sich insoweit nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die das Grundbuchamt im Rahmen der Auslegung selbst korrigieren könnte, denn die Löschungsbewilligung enthält außer der – unzutreffenden – Grundbuchblatt-Nummer keinen Hinweis darauf, für welches Grundstück die Eintragung der Löschung bewilligt wird. Insbesondere wird nicht auf den Kaufvertrag vom 31. August 2011 Bezug genommen, so dass das Grundbuchamt dessen Inhalt nicht zur Auslegung des Inhalts der Bewilligung heranziehen konnte. Für das Grundbuchamt war deshalb nach Einsichtnahme in das genannte Grundbuchblatt allenfalls offensichtlich, dass die Bewilligung dieses Blatt nicht betreffen sollte – nicht dagegen, auf welchem Grundbuchblatt die Beteiligten zu 3. und 4. tatsächlich eine Löschung bewilligen wollten.

2.

Das Hindernis ist durch den mit der Löschungsbewilligung verbundenen Berichtigungsvermerk nicht behoben worden. Dabei kann dahingestellt bleiben, dass dieser Vermerk schon inhaltlich unklar ist, da er auf eine Streichung verweist, die in der eingereichten Urkunde tatsächlich nicht vorgenommen wurde. Selbst wenn die Bewilligung als durch die Einfügung korrigiert verstanden wird, ist die geänderte Erklärung nicht geeignet, im Grundbuchverfahren nachzuweisen, dass die Beteiligten zu 3. und 4. die Löschung der im Grundbuch von Schöneberg Blatt 2… Abt. II lfd. Nr. 4 gebuchten Vormerkung bewilligt haben.

a)

(1) Zwar handelt es sich – wie die Beschwerde zutreffend ausführt – auch nach der Änderung des Bewilligungstextes um eine Erklärung in einer öffentlich beglaubigten Urkunde im Sinne des § 29 Abs. 1 GBO. Nach inzwischen ganz herrschender Ansicht in Literatur und Rechtsprechung beseitigt die nachträgliche Veränderung des Textes einer Urkunde, deren Unterzeichnung notariell beglaubigt ist, nicht die Formwirksamkeit der Beglaubigung (OLG Brandenburg, FGPrax 2010, 210; OLG Frankfurt, DNotZ 2006, 767; Demharter a.a.O., § 29 Rdn. 44; Hügel-Otto, GBO, 2. Aufl., § 29 Rdn. 192; Münchener Kommentar zum BGB-Einsele, 6. Aufl., § 129 Rdn. 5; Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 129 Rdn. 2; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14.Aufl., Rdn. 163; Staudinger-Hertel, BGB <2012>, § 129 Rdn. 4; Winkler, MittBayNot 1984, 209; offen gelassen noch in BayObLG, Rpfleger 1985, 105). Denn der Beglaubigungsvermerk bescheinigt nur die Echtheit der Unterschrift, sagt aber nichts über den Inhalt der schriftlich abgefassten Erklärung aus.

(2) Das Grundbuchamt muss allerdings vor einer Eintragung gemäß § 19 GBO nicht nur prüfen, ob der Betroffene irgendeine Erklärung unterzeichnet hat, sondern auch, dass die zu den Grundakten gereichte, über der Unterschrift stehende Bewilligung von dem Unterzeichnenden stammt oder mit dessen Willen abgefasst wurde. Diese Feststellung wird bei einer intakten Urkunde durch § 440 Abs.2 ZPO ermöglicht. Denn gemäß § 440 Abs. 2 ZPO wird, wenn die Echtheit der Unterschrift feststeht, die Echtheit der über der Unterschrift stehenden Schrift vermutet.

Die Vermutungswirkung des § 440 Abs. 2 ZPO entfällt hingegen, wenn und soweit feststeht, dass nach Fertigstellung und Unterzeichnung der Urkunde Einfügungen vorgenommen worden sind (BGH, WM 1965, 1062, 1063). In einem solchen Falle muss deshalb dem Grundbuchamt oder dem an seine Stelle tretenden Beschwerdegericht auf andere Weise nachgewiesen werden, dass die Änderung des unterzeichneten Textes dem Willen des Unterzeichners entspricht. Die Beweismittel, die hierfür zur Verfügung stehen, sind im Grundbuchverfahren durch § 29 GBO beschränkt. Steht fest, dass eine Bewilligung nach der Beglaubigung der Unterschrift nicht von dem Unterzeichner sondern von einem Dritten geändert worden ist, so ist die Vollmacht des Dritten zur Änderung der Erklärung gemäß § 29 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen (OLG Celle, Rpfleger 1984, 230; Demharter a.a.O. § 29 Rdn. 44). Denn eine Vollmacht zur Abgabe einer Bewilligung gehört zu den „zur Eintragung erforderlichen Erklärungen“ im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO (Demharter a.a.O. § 29 Rdn. 10; Hügel a.a.O. § 29 Rdn. 74; Schöner/Stöber a.a.O. Rdn. 3579). Es besteht kein Grund, eine Vollmacht zur Änderung oder Ergänzung einer Bewilligung insoweit anders zu behandeln als die Vollmacht zu deren erstmaliger Abgabe. Die Zulassung freier Beweiswürdigung in Abweichung von § 29 Abs. 1 GBO ist auch nicht erforderlich, weil eine Vollmacht regelmäßig durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde bewiesen werden kann.

(3) Hier ergibt sich bereits aus dem Änderungsvermerk selbst, dass die Beteiligten zu 3. und 4. die nachträgliche Textänderung vom 27. April 2012 in der Bewilligung vom 5. Januar 2012 nicht selbst vorgenommen haben. Deshalb hat das Grundbuchamt mit Recht gefordert, dass die auf den Verfahrensbevollmächtigten erteilte Vollmacht zur Änderung in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen ist.

b)

Der Vollmachtsnachweis konnte auch nicht durch notarielle Eigenurkunde des Verfahrensbevollmächtigten erbracht werden (vgl. dazu DNotI-Report 1997, 133, 134). Notarielle Eigenurkunden setzen eine vorangegangene Beurkundungs- oder Beglaubigungstätigkeit des Notars voraus (BGH, Rpfleger 1980, 465). Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hatte jedoch eine solche Tätigkeit für die Beteiligten zu 3. und 4. im Zusammenhang mit der Löschungsbewilligung nicht vorgenommen. Er hat weder die Erklärung der Bewilligung beurkundet noch die Unterschriften der Beteiligten zu 3. und 4. beglaubigt.

c)

Mangels eigener Urkundstätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten kam auch eine Berichtigung gemäß § 44a Abs.2 BeurkG nicht in Betracht.

3.

Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 GBO zugelassen.

 

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