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Prüfungspflichten Notar bei Grundstücksverkauf durch GmbH

OLG Koblenz – Az.: 1 U 651/21 – Urteil vom 03.02.2022

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 15. April 2021 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten mit dem Vorwurf notarieller Amtspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte ist Notar mit Amtssitz in …[Z]. Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH, die als Verlag für moderne Technologien und Datensicherheit Informationen publiziert und Software erstellt. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist ihre jetzige Geschäftsführerin …[A]. Ursprünglich war deren Ehemann, …[B], entsprechend dem Handelsregister – bis zu seiner am 26. Juli 2019 im Handelsregister eingetragenen Abberufung – alleiniger, von § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Klägerin.

Die Klägerin war Eigentümerin des Anwesens …[Y] in …[X]. Am 18. April 2019 veräußerte die Klägerin, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer …[B], dieses Anwesen an …[C] zu einem Kaufpreis von 670.000,00 €. Der Kaufvertrag einschließlich der Auflassung wurde durch den Beklagten notariell beurkundet, Urkundenrollen-Nummer …7/19, nachdem dieser sich durch Einsichtnahme in das Handelsregister versichert hatte, dass der damalige Geschäftsführer über eine entsprechende Vertretungsmacht verfügte.

Gemäß § 3 des notariellen Kaufvertrages sollten unmittelbar an den Verkäufer zu leistende Zahlungen auf das Konto der Klägerin bei der …[D]bank mit der IBAN: DE … 14 gezahlt werden.

Mit Schreiben auf dem Briefpapier der Klägerin vom 21. Mai 2019 teilte der damalige Geschäftsführer …[B] dem Beklagten mit, der restliche Kaufpreis solle „wegen des geplanten Erwerbs des Grundstücks in der Schweiz“ auf ein privates Konto des Geschäftsführers in der Schweiz gezahlt werden. Daraufhin forderte der Beklagte den Käufer mit Schreiben vom 4. Juni 2019 auf, neben der Forderung der …[D]bank, der Forderung der Verbandsgemeinde …[W] am Rhein sowie einer Zahlung auf das Notaranderkonto des Beklagten, den restlichen Kaufpreis auf das Konto des damaligen Geschäftsführers in der Schweiz zu überweisen.

Der Käufer kam der Aufforderung des Beklagten nach und zahlte einen Teilbetrag des Kaufpreises in Höhe von 396.644,04 € auf ein Konto der …[D]bank eG zur Ablösung des mit der Grundschuld gesicherten Darlehens. Ferner wurden € 7.632,10 an die Verbandsgemeinde …[W] zur Ablösung von Verbindlichkeiten sowie 10.000,00 € auf das Notaranderkonto des Beklagten gezahlt und der restliche Kaufpreis auf das Konto des damaligen Geschäftsführers in der Schweiz überwiesen.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2019 zeigte die Gesellschafterin der Klägerin dem Beklagten an, dass sie mit dem Hausverkauf nicht einverstanden gewesen sei. Sie habe erst einen Tag zuvor durch Zufall von dem Kaufvertrag erfahren und habe dementsprechend Strafanzeige wegen Veruntreuung des Gesellschaftsvermögens gegen den Geschäftsführer der Klägerin erstattet (Bl. 156 d.A. I. Instanz).

Am 17. Juni 2019 veranlasste der Beklagte nach Bestätigung des Zahlungseingangs durch den damaligen Geschäftsführer die Umschreibung des Eigentums an dem Haus …[Y] in …[X] auf den Käufer.

Im Nachgang teilte der frühere Geschäftsführer …[B] der Alleingesellschafterin per E-Mail mit, dass er das Geld bereits von seinem Konto abgehoben und in einem bankfremden Schließfach hinterlegt habe, damit die Alleingesellschafterin ohne seine Einwilligung nicht an das Geld der Klägerin oder an sein Geld herankomme. Weiter erklärte er, er müsse die Klägerin und auch sich gegen die Gier der Alleingesellschafterin schützen (Anlage K 14 zum Schriftsatz der Klägerin vom 17. Juni 2020).

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Amtspflichtverletzung in Bezug auf die Beurkundung des Kaufvertrages sei zu verneinen. Insbesondere sei der Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen, zu überprüfen, ob es einen Gesellschafterbeschluss hinsichtlich der Veräußerung des Anwesens gab. Der Beklagte habe durch die Einsichtnahme in das Handelsregister das Vorliegen der Vertretungsmacht des damals für die Klägerin agierenden Geschäftsführers überprüft und sei damit seiner Pflicht aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG hinreichend nachgekommen. Anlass für eine weitergehende Prüfung habe nicht bestanden. Allein der Veräußerungsgegenstand – ein Einfamilienhaus – und die Tätigkeit eines Fremdgeschäftsführers habe keinen ausreichenden Anlass für die Annahme geboten, es handele sich bei dem streitgegenständlichen Anwesen um das einzige Vermögen der Klägerin. Ob dem Beklagten bei dem Vollzug der Urkunde ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 4 BeurkG vorzuwerfen sei, könne dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls einen adäquat kausalen Schaden weder hinreichend dargelegt noch bewiesen habe. Den erforderlichen Gesamtvermögensvergleich habe sie nicht vorgenommen. Insbesondere sei sie auch für den Vortrag, dass nach Zahlung der restlichen Kaufpreissumme keine Verbindlichkeiten der Klägerin durch den damaligen Geschäftsführer beglichen worden seien, beweisbelastet, da es sich bei den vom Beklagten behaupteten Zahlungen durch den damaligen Geschäftsführer der Klägerin im Juni 2019 nicht um eine Schadenswiedergutmachung handele, sondern dies als einheitlicher Vorgang im Rahmen der Geschäftsführung zu betrachten sei. Schließlich bestehe für die Klägerin auch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit durch Inanspruchnahme des früheren Geschäftsführers …[B]. Diese sei weder aussichtslos noch sei sie der Klägerin unzumutbar. Es sei dem Beklagten auch nicht verwehrt, die Klägerin auf diese anderweitige Ersatzmöglichkeit zu verweisen, da es keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Handeln des Beklagten – eine Pflichtverletzung unterstellt – gebe.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen Folgendes ausführt: Es habe sich dem Beklagten aufdrängen müssen, dass der Verkauf des Anwesens nicht von der üblichen Vollmacht des Geschäftsführers gedeckt gewesen sei, sondern vielmehr der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurft habe, da es sich um einen Vertrag betreffend die Übertragung des Vermögens als Ganzem, eine sog. stille Liquidation, gehandelt habe. Das Anwesen in …[X] sei das einzig relevante Vermögen der Klägerin gewesen. Auch im Hinblick auf den Gesellschaftszweck habe der Hausverkauf ein völlig ungewöhnliches Geschäft dargestellt. Weiter habe der Beklagte die Anweisung an den Käufer, den restlichen Kaufpreis auf das Konto eines Dritten im Ausland zu zahlen, nicht erteilen dürfen. Zum einen sei das Schreiben vom 21. Mai 2019 nicht unterschrieben gewesen. Zum anderen habe es sich bei der Änderung des Zahlungskontos um eine erhebliche und damit beurkundungspflichtige Änderung des Kaufvertrages gehandelt. Schließlich hätte der Beklagte die Anweisung nicht treffen dürfen; ihm hätte sich aufdrängen müssen, dass Geld an der Klägerin vorbei ins Ausland habe transferiert werden sollen. Da der Beklagte am 10. Juni 2019 von der Alleingesellschafterin über den Missbrauch der Vertretungsmacht informiert worden sei, hätte er zumindest die Eigentumsumschreibung stoppen müssen.

Hierdurch sei ihr ein Schaden in Höhe von 266.712,28 € entstanden, da der restliche Kaufpreis auf ein Konto des damaligen Geschäftsführers geflossen sei, auf das sie keinen Zugriff habe. Soweit der Beklagte behaupte, dass hiermit zumindest teilweise Gesellschaftsverbindlichkeiten bedient worden seien, sei dieser beweisbelastet, da es sich hierbei um eine negative Tatsache handele. Überdies habe sie sämtliche Einzelkontenbewegungen aus 2019 vorgelegt sowie die Jahresabschlüsse 2018 und 2019, aus denen sich ergebe, dass keine Verbindlichkeiten beglichen worden seien. Verbindlichkeiten bei einem Unternehmensberater …[E] habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Es seien auch keine Zahlungen an die Klägerin geflossen. In Bezug auf das betriebszugehörige Fahrzeug habe der frühere Geschäftsführer …[B] keine Darlehensschuld beglichen. Überdies habe …[B] das Fahrzeug jedenfalls mitgenommen, weshalb es sich bei einer etwaigen Zahlung auf die Darlehensschuld nicht um eine Leistung zu Gunsten der Klägerin handele. Schließlich sei das Haus auch unter Wert verkauft worden. Soweit der frühere Geschäftsführer …[B] Zahlungen an die Klägerin in Höhe von 8.000,00 € und 9.000,00 € veranlasst habe, seien diese Zahlungen zum Ausgleich entnommener Gelder erfolgt.

Schließlich sei es dem Beklagten auch versagt, sie auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zu verweisen. Der Beklagte habe vorsätzlich gehandelt, da er gewusst habe, dass das Geld auf das Konto einer Nichtvertragspartei im Ausland überwiesen werde. Die anderweitige Ersatzmöglichkeit sei zudem nicht aussichtsreich. Ihr sei das Schließfach, in dem der frühere Geschäftsführer …[B] das Geld verstecke, nicht bekannt.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 266.712,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. April 2020 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, eine Amtspflichtverletzung sei – auch im Hinblick auf die Anweisung an den Käufer, den restlichen Kaufpreis auf ein Konto des damaligen Geschäftsführers der Klägerin im Ausland zu zahlen – nicht gegeben. Zum einen sei das Schreiben vom 21. Mai 2019 entgegen der anderslautenden Behauptung der Klägerin – wie aus Anlage 3 zum Schriftsatz vom 5. Juni 2020 ersichtlich – unterschrieben gewesen. Hierbei habe es sich auch nicht um eine beurkundungsbedürftige Vertragsmodifikation gehandelt. Zum anderen sei es von der organschaftlichen Vertretungsmacht des damaligen Geschäftsführers …[B] gedeckt gewesen, im Nachhinein das Zielkonto zu ändern. Die Anweisung zur Zahlung auf sein persönliches Konto sei ebenfalls wirksam gewesen, da er – unstreitig – von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war. Es gebe im Geschäftsleben viele triftige Gründe dafür, Zahlungen auf ein persönliches Konto zu veranlassen. Er sei nicht gehalten gewesen, sich nach den näheren Hintergründen zu erkundigen, dies gehe ihn nichts an. Im Übrigen sei mit der Änderung des Zielkontos auch keine erhöhte Gefährdung der Vermögensinteressen der Klägerin verbunden gewesen. Wäre es beim Ursprungskonto verblieben, hätte der damalige Geschäftsführer …[B] sich aufgrund seiner Alleinvertretungsmacht in gleicher Weise Zugriff auf die Mittel verschaffen können, indem er bei der Bank den Guthabenbetrag hätte abheben und das Bargeld in gleicher Weise in das Schweizer Bankschließfach verbringen können. Die Anweisung des damaligen Geschäftsführers sei hiernach für den Beklagten verbindlich und in keiner Weise verdächtig gewesen. Da er erstmals von der Missbilligung der Transaktion durch die Alleingesellschafterin erfahren habe, als der Kaufpreis bereits auf das Konto des damaligen Geschäftsführers gezahlt worden war, sei auch die Eigentumsumschreibung zu vollziehen gewesen.

Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass für ihn auch keine Nachfragepflicht in Bezug auf das Vorliegen eines etwaigen Gesellschafterbeschlusses bestandenen habe. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich bei dem Anwesen um das einzig maßgeblich Vermögen gehandelt haben soll. Dies sei im Übrigen auch den von der Klägerin vorgelegten Jahresabschlüssen nicht zu entnehmen, da die Klägerin hiernach über sonstige Vermögensgegenstände im Wert von 174,124,14 € verfüge, zuzüglich Kontoguthaben und Betriebs- sowie Geschäftsausstattung von zusammen rund 33.000,00 €. Weiter habe es auch einen (konkludenten) Gesellschafterbeschluss hinsichtlich der Veräußerung des Hauses gegeben, da die Alleingesellschafterin bereits im Oktober 2017 die Idee zum Hausverkauf entwickelt und einen Makler mit der Erstellung eines Exposés beauftragt habe.

Schließlich sei das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin keine schlüssige Schadensdarlegung vorgenommen habe und zudem auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit – durch Inanspruchnahme des damaligen Geschäftsführers – zu verweisen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht kein Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten aus § 19 Abs. 1 BNotO zu.

1. Nach § 19 Abs. 1 BNotO hat der Notar, der vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Vorliegend fehlt es bereits an einer Amtspflichtverletzung durch den Beklagten. Dieser hat weder bei der Beurkundung der notariellen Urkunde noch im Anschluss bei der Abwicklung bzw. Vollziehung der Urkunde eine ihm gegenüber der Klägerin obliegende Amtspflicht verletzt.

a) Bei der Beurkundung des Kaufvertrages ist dem Beklagten keine Amtspflichtverletzung unterlaufen. Insbesondere ist er seinen Pflichten aus § 17 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2 BeurkG hinreichend nachgekommen.

aa) Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären und die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren. Bestehen Zweifel, ob das Geschäft dem Gesetz oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht, so sollen gemäß § 17 Abs. 2 S. 1 BeurkG die Bedenken mit den Beteiligten erörtert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde errichtet, die den Willen der Beteiligten vollständig sowie inhaltlich richtig und eindeutig wiedergibt.

Sofern ein Vertrag unter Mitwirkung von Vertretern zustande kommt, hat der Bundesgerichtshof den Inhalt der Pflichten aus § 17 Abs. 1 BeurkG dahingehend konkretisiert, dass der Notar als Ausfluss des durch § 17 Abs. 1 BeurkG festgelegten Pflichtenkreises bei der Beurkundung von Willenserklärungen eines Vertreters dessen Vertretungsmacht prüfen muss (BGH, Urteil vom 21. Januar 1988 – IX ZR 252/86, DNotZ 1989, 43; BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 – IX ZR 66/92, DNotZ 1994, 485; BGH, Beschluss vom 13. November 2017 – NotSt(Brfg) 4/17, NJW-RR 2018, 443 m.w.N.). Materiell leitet sich diese Prüfungspflicht aus dem allgemein mit § 17 Abs. 1 BeurkG verfolgten Zweck ab. Die dort enthaltene Belehrungspflicht soll die Errichtung einer dem Willen der Beteiligten entsprechenden, rechtswirksamen Urkunde gewährleisten. Dies schließt die Verpflichtung ein, die Vertretungsmacht eines Beteiligten zu prüfen, der eine zu beurkundende Erklärung als Vertreter eines anderen abgeben will. Denn durch eine solche Erklärung wird der Vertretene grundsätzlich lediglich dann im Sinne von § 164 Abs. 1 BGB gebunden, wenn der Vertreter mit Vertretungsmacht handelt (BGH, Beschluss vom 13. November 2017 – NotSt(Brfg) 4/17, NJW-RR 2018, 443).

Dieser Pflicht ist der Beklagte durch Einsichtnahme in das Handelsregister nachgekommen. Bei einer organschaftlichen Vertretungsmacht ist der Blick ins Handelsregister ausreichend, um das Vorliegen der Vertretungsmacht zu überprüfen (Bremkamp in: BeckOK/BeurkG, Stand 1. November 2021, § 12 Rn. 57). Vorliegend war der erschienene …[B] zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung am 18. April 2019 im Handelsregister als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer eingetragen (vgl. Anlage 1 des Schriftsatzes des Beklagten vom 5. Juni 2020), so dass von einer entsprechenden Vertretungsmacht für den Grundstückskaufvertrag auszugehen war, § 15 Abs. 3 HGB.

bb) Zu einer weitergehenden Prüfung bestand entgegen der Ansicht der Klägerin kein Anlass. Insbesondere war der Beklagte nicht gehalten, zu erfragen, ob ein zustimmender Beschluss der Gesellschafterversammlung vorlag. Gemäß § 49 Abs. 2 GmbHG bedarf es zwar der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, falls dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist. Dies wird insbesondere dann für notwendig erachtet, wenn es sich um den Verkauf des einzigen Betriebsgrundstücks oder die Veräußerung wesentlicher Vermögensgegenstände handelt (so BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 364/18, NZG 2019, 505). Dies betrifft jedoch ausschließlich das Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer. Gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG hat eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, gegenüber dritten Personen keine rechtliche Wirkung. Nach § 37 Abs. 2 S. 2 GmbHG gilt dies auch für den Fall, dass die Zustimmung der Gesellschafter für einzelne Geschäfte erforderlich ist. Handelt der Geschäftsführer ohne zuvor einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss einzuholen, ändert dies folglich nichts an seiner wirksamen Vertretungsmacht im Außenverhältnis mit der Folge, dass er wirksam und für die Gesellschaft bindend Willenserklärungen abgeben kann. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn der Vertragspartner nicht schutzwürdig ist, weil er weiß oder es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht. Dies setzt zum einen voraus, dass der Vertragspartner Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von dem Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Gesellschafterversammlung hat. Zum anderen ist zusätzlich erforderlich, dass der Vertragspartner Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Zustimmung der Gesellschafter hat. Nur in einem solchen Fall kann der Vertragspartner keine Rechte aus dem abgeschlossenen Vertrag ableiten, da die vom Geschäftsführer abgegebene Willenserklärung unwirksam ist (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 364/18, NZG 2019, 505).

Dies hat auch Auswirkungen auf die Prüfpflicht des Notars. Auch dieser darf sich grundsätzlich auf die Prüfung des Vorhandenseins der Vertretungsmacht beschränken. Beschränkungen im Innenverhältnis hat der Notar dagegen grundsätzlich nicht zu überprüfen. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die Vollmacht evident unwirksam ist oder ein evidenter Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen die im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2019 – V ZB 119/19, NJW 2020, 610). Nur in diesem Fall darf der Notar einen Vertrag nicht beurkunden, da für ihn die Unwirksamkeit der durch den Vertreter abgegebenen Willenserklärung dann ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar ist. Würde der Notar die Beurkundung in diesem Fall dennoch vornehmen, läge ein Verstoß gegen seine Amtspflichten gemäß § 14 Abs. 2 BNotO bzw. § 4 BeurkG vor (BGH, Beschluss vom 19. September 2019 – V ZB 119/19, NJW 2020, 610).

So liegt der Fall hier indes nicht. Vorliegend war für den Beklagten weder ersichtlich, dass es sich bei dem Verkaufsgegenstand um das einzige Grundstück der Klägerin und damit zugleich um einen wesentlichen Vermögenswert handelte – jedenfalls konnte die Klägerin ihren anderslautenden Vortrag nicht beweisen – noch waren für den Notar im Zeitpunkt der Beurkundung Anhaltspunkte dafür ersichtlich – und hierauf kommt es entscheidend an -, dass der Geschäftsführer …[B] seine Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrages abgegeben hat, ohne zuvor die Zustimmung der Alleingesellschafterin einzuholen. Dieses Wissen konnte er frühestens mit Erhalt des Schreibens der Alleingesellschafterin vom 10. Juni 2019 haben, nicht jedoch bereits bei Beurkundung des Vertrages im April 2019. Eine Verletzung einer Amtspflicht durch den Beklagten bei Beurkundung des Vertrages scheidet hiernach aus.

b) Auch bei der Abwicklung des beurkundeten Vertrages kann dem Beklagten keine Amtspflichtverletzung angelastet werden.

aa) Soweit die Klägerin vorträgt, bei der Änderung des Zielkontos habe es sich um eine beurkundungsbedürftige Vertragsmodifikation gehandelt, verfängt dieser Einwand nicht.

Allein die nachträgliche Änderung des Zielkontos, auf das der Schuldner die geschuldete Kaufpreiszahlung zwecks Erfüllung zu erbringen hat, bedarf grundsätzlich nicht der notariellen Beurkundung. Zwar unterliegen die Zahlungsmodalitäten regelnde Absprachen dem Formzwang, wenn es sich um rechtlich bindende Bestimmungen (z.B. Zahlungszeit) handelt. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Absprachen lediglich von Zweckmäßigkeitserwägungen getragen sind, wie die Vereinbarung der Zahlung durch Scheck oder auf ein bestimmtes Konto (Gehrlein in: BeckOK/BGB, 60. Ed., Stand 1. November 2021, § 311b Rn. 22; vgl. auch Schreindorfer in: BeckOGK/BGB, Stand: 1. Dezember 2021, § 311b Rn. 236.1).

Unabhängig hiervon sind jedenfalls nach der Auflassung auch prinzipiell dem Formgebot unterliegende Änderungen eines Grundstückskaufvertrags formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden ist (BGH, Urteil vom 14. September 2018 – V ZR 213/17, NJW 2018, 3523). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Auflassung erfolgte zeitgleich mit dem Abschluss des Kaufvertrages. Da die Auflassung notariell beurkundet wurde, war sie gemäß § 873 Abs. 2 BGB im Zeitpunkt der Änderung des Zielkontos auch bereits bindend geworden.

bb) Da die Änderung des Zielkontos formfrei erfolgen konnte, kommt es nicht darauf an, ob das Schreiben vom 21. Mai 2019 unterschrieben war. Aus dem Schreiben geht jedenfalls hervor, dass der damalige Geschäftsführer der Klägerin bereits zuvor telefonisch die Änderung des Zahlungskontos mitgeteilt hatte. Eine die Klägerin bindende Erklärung ihres damaligen Geschäftsführers ist hiernach unstreitig gegeben. Von der Klägerin wird auch nicht bestritten, dass die entsprechende Erklärung von ihrem damaligen Geschäftsführer in ihrem Namen abgegeben worden ist.

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Beklagte auch nicht gegen seine Amtspflichten verstoßen, indem er den Käufer aufgefordert hat, den Restkaufpreis auf ein Konto des Geschäftsführers …[B] in der Schweiz zu zahlen. Hierin ist insbesondere kein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BNotO bzw. § 4 BeurkG zu sehen. Danach hat der Notar eine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar wäre, insbesondere wenn seine Mitwirkungen bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Ein unerlaubter oder unredlicher Zweck in diesem Sinne kann etwa vorliegen, wenn der Verdacht besteht, dass die Tätigkeit des Notars der Begehung einer Straftat dient (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2019 – III ZR 112/18, NJW-RR 2020, 305).

Vorliegend hatte der Beklagte im Zeitpunkt der Aufforderung gegenüber dem Käufer indes keine Veranlassung davon auszugehen, dass der damalige Geschäftsführer treuwidrig handeln bzw. eine Straftat im Sinne einer Veruntreuung begehen würde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Kenntnis von Umständen hatte, die ein treuwidriges Handeln des damaligen Geschäftsführers zum Nachteil der Klägerin nahelegten oder ihm insoweit eine fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen gewesen wäre. Allein der Umstand, dass die Zahlung auf ein Privatkonto des damaligen Geschäftsführers der Klägerin gehen sollte, gab zu einer solchen Annahme keinen hinreichenden Anlass. Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit bestehen nur, wenn die Änderung des Zahlungskontos sachlich nicht erklärbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2019 – III ZR 112/18, NJW-RR 2020, 305: Beurkundung von Kettenkaufverträgen mit erheblicher Differenz zwischen An- und Verkaufspreisen). Dies war vorliegend indes nicht der Fall. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es zahlreiche Gründe dafür geben kann, dass die Zahlung auf ein Konto des Geschäftsführers einer Gesellschaft erfolgen soll, ohne dass dies zugleich ein Handeln zuwider den Interessen der Gesellschaft mit sich bringen muss. So kann der Geschäftsführer beispielsweise selbst Forderungen gegen die Gesellschaft haben. Vorliegend kam hinzu, dass der damalige Geschäftsführer die Änderung damit begründet hat, dass ein Immobilienerwerb in der Schweiz beabsichtigt sei. Es war hiernach keinesfalls fernliegend, dass der Geschäftsführer mit dem auf sein Konto zu zahlenden Kaufpreis im Namen der Klägerin eine neue Immobilie in der Schweiz erwerben wollte. Vor diesem Hintergrund stellt auch der Umstand, dass die Zahlung auf ein Konto in der Schweiz erfolgen sollte, keinen verdächtigen Umstand dar.

Überdies gilt insoweit, dass der Notar grundsätzlich an das gebunden ist, was die Vertragspartei ihm vorgibt. Wenn wie vorliegend die Klägerin die Zahlung auf das Konto eines Dritten wünscht, ist es grundsätzlich nicht die Aufgabe des Notars dies zu hinterfragen. Der Umstand, dass die Klägerin bei dieser Anweisung (zwingend) von ihrem einzigen Geschäftsführer vertreten werden musste, ändert hieran nichts. Insoweit kann es auch nicht die Aufgabe des Notars sein, die Vertragspartei vor ihrem vertretungsbefugten Geschäftsführer zu schützen, indem er dessen Handeln ohne belastbaren Grund überprüft bzw. hinterfragt.

Erst nach Kenntnisnahme des Schreibens der Alleingesellschafterin der Klägerin vom 10. Juni 2019 kann davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Anhaltspunkte für ein treuwidriges Verhalten des damaligen Geschäftsführers der Klägerin haben konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Käufer den restlichen Kaufpreis jedoch unstreitig bereits auf das angegebene Konto in der Schweiz überwiesen mit der Folge, dass bereits Erfüllung eingetreten war. Eine Möglichkeit, die Zahlung des Käufers auf das Konto des damaligen Geschäftsführers zu unterbinden, bestand nach bereits erfolgtem Zahlungseingang im Hinblick auf die bereits eingetretene Erfüllungswirkung nicht mehr.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann in der Änderung des Zielkontos auch kein Gläubigerwechsel gesehen werden mit der Folge, dass der Notar sich eine Abtretungsurkunde hätte vorlegen lassen müssen. Inhaber der Kaufpreiszahlungsforderung ist die Klägerin geblieben. Diese hat – vertreten durch ihren Geschäftsführer – lediglich mitgeteilt, dass mit schuldbefreiender Wirkung an einen Dritten – hier den Geschäftsführer persönlich – gezahlt werden kann.

c) Auch im Hinblick auf die Veranlassung der Eigentumsumschreibung hat der Beklagte keine Amtspflicht verletzt. Insoweit trifft den Notar gemäß § 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BNotO eine Neutralitätspflicht beiden Vertragsparteien gegenüber. Dementsprechend muss er gemäß § 53 BNotO grundsätzlich den Vertrag vollziehen, wenn „Vollzugsreife“ eingetreten ist.

Sind Willenserklärungen beurkundet worden, die beim Grundbuchamt oder Registergericht einzureichen sind, soll der Notar dies nach § 53 BeurkG veranlassen, sobald die Urkunde eingereicht werden kann, es sei denn – woran es hier fehlt –, alle Beteiligten verlangen gemeinsam etwas anderes.

Um solche Willenserklärungen handelt es sich bei der notariell beurkundeten Auflassung vom 18. April 2019. Die Vollzugspflicht des Notars hängt deshalb davon ab, ob die Urkunde im Sinne des § 53 BeurkG „eingereicht“ werden kann, ob also Vollzugsreife gegeben ist. Dies setzt voraus, dass alle materiell-rechtlichen und formellen Voraussetzungen für die Eintragung vorliegen. Dazu gehört neben der wirksamen Auflassung die Bewilligung der Eintragung des Eigentumswechsels, zu der der Notar vorliegend unter den Voraussetzungen von § 6 Ziff. 1 des notariellen Vertrages vom 18. April 2019 von den Vertragsparteien bevollmächtigt worden ist. Dass die Voraussetzungen von § 6 Ziff. 1 des Vertrages vorlagen, wird von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.

Da die Klägerin jedoch die für die Einreichung der Urkunde bei dem Grundbuchamt erforderliche materiell-rechtliche Erklärung nicht in Person abgegeben hat, hängt die Vollzugsreife davon ab, ob die Klägerin bei Abgabe der Auflassungserklärung durch den damaligen Geschäftsführer …[B] wirksam vertreten worden ist. Hiervon ist unter Berücksichtigung der Prüfpflichten, die einen Notar im Zusammenhang mit der Beurkundung und Vollziehung eines unter § 53 BeurkG fallenden Vertretergeschäfts treffen, auszugehen.

aa) Der Notar hat die Amtspflicht, vor der Vollziehung einer Erklärung, die ein Urkundsbeteiligter als Vertreter eines anderen abgegeben hat, die Vertretungsmacht zu prüfen. Insoweit gilt nichts anderes als bei der Errichtung einer entsprechenden Urkunde (siehe hierzu unter 1. a)). Diese Prüfungspflicht setzt sich fort, wenn es darum geht, eine von einem Vertreter abgegebene Erklärung i.S.d. § 53 BeurkG zu vollziehen. Unwirksame Urkunden darf der Notar weder errichten noch vollziehen. Sowohl bei der Errichtung als auch bei der Vollziehung der Urkunde hat er deshalb zu prüfen, ob eine Vertretung überhaupt zulässig ist, ob eine nach dem Gesetz vorgeschriebene Form eingehalten wurde, ob die Vollmacht das vorzunehmende Rechtsgeschäft abdeckt und, wenn der Vertreter ein Insichgeschäft vornehmen will, ob dieser von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist (BGH, Beschluss vom 19. September 2019 – V ZB 119/18, NJW 2020, 610). Hierzu ist es regelmäßig notwendig, dass sich der Notar die Vollmachtsurkunde in Urschrift oder in Ausfertigung vorlegen lässt bzw. – wie hier – Einsicht in das Handelsregister nimmt. Unter diesen Gesichtspunkten durfte der Beklagte vorliegend auch im Zeitpunkt der Vollziehung noch von der Wirksamkeit der Vertretung der Klägerin ausgehen.

bb) Darüber hinaus ist der Prüfungsmaßstab des Notars eingeschränkt. Er hat die Vollziehung eines unter § 53 BeurkG fallenden Vertretergeschäfts nur dann zu unterlassen, wenn für ihn ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar und damit offensichtlich ist, dass eine materiell-rechtlich wirksame Vollmacht nicht (mehr) vorliegt. Ebenso liegt es, wenn ein evidenter Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen gegeben ist (BGH, Beschluss vom 19. September 2019 – V ZB 119/18, NJW 2020, 610). Aus der gesetzlichen Verpflichtung des Notars zu redlicher Amtsführung nach § 14 Abs. 2 BNotO bzw. § 4 BeurkG folgt, dass er von dem Vollzug einer Urkunde absehen muss, wenn er weiß, dass sie nichtig ist. Entsprechendes gilt, wenn aufgrund des ihm unterbreiteten konkreten Sachverhalts die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts naheliegt oder offensichtlich ist, wenn das Grundbuch bei dem Vollzug der Urkunde mit hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig würde oder wenn die Vollzugsreife (doch) nicht gegeben ist (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2012 − V ZB 283/11, NJW-RR 2012, 1483). Ebenso liegt es, wenn – wie hier – die zu vollziehende Erklärung von einem Vertreter abgegeben worden ist. Fehlt es offensichtlich an einer wirksamen Vertretung, hat der Notar von dem Vollzug abzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2019 – V ZB 119/18, NJW 2020, 610).

cc) Nach diesem Maßstab bestand für den Beklagten keine Veranlassung, von dem Vollzug abzusehen. Auch im Zeitpunkt der Vollziehung durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin von ihrem damaligen Geschäftsführer wirksam vertreten wurde. Insbesondere lag – auch nach dem seitens der Alleingesellschafterin der Klägerin unterbreiteten Sachverhalt – weder ein evidenter Vollmachtsmissbrauch noch ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem damaligen Geschäftsführer und dem Geschäftspartner der Klägerin vor. Zwar war dem Beklagten aufgrund des Schreibens der Alleingesellschafterin der Klägerin vom 10. Juni 2019 zwischenzeitlich bekannt geworden, dass diese keine Kenntnis von dem Hausverkauf hatte und mit diesem auch nicht einverstanden war. Hieraus musste der Notar jedoch allenfalls folgern, dass der damalige Geschäftsführer …[B] im Innenverhältnis gegen Beschränkungen verstoßen hatte, da er die Willenserklärung betreffend den Verkauf der Immobilie und die Auflassung für die Klägerin abgegeben hatte, ohne zuvor die Zustimmung der Alleingesellschafterin einzuholen. Dies hat jedoch gemäß § 37 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich keine Auswirkung auf die wirksame Vertretung im Außenverhältnis. Dafür, dass der Käufer der Immobilie von einem Missbrauch der Vertretungsmacht des Geschäftsführers aufgrund des Handelns ohne Einwilligung der Alleingesellschafterin wusste oder sich ihm dieser geradezu aufdrängen musste, ergaben sich auch aus dem Schreiben vom 10. Juni 2019 keinerlei Anhaltspunkte. Hiernach waren gerade keine Anhaltspunkte für einen evidenten Vollmachtsmissbrauch ersichtlich und der Beklagte durfte weiterhin zweifelsfrei von der Wirksamkeit der Auflassung ausgehen.

2. Darüber hinaus ist – in Übereinstimmung mit dem Landgericht – die Klägerin gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO vorrangig auch auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zu verweisen. Gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO kann der Notar, wenn ihm nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

a) Ein vorsätzliches Handeln kann dem Beklagten – selbst bei unterstellter Pflichtverletzung – nicht vorgeworfen werden. Vorsätzliches Handeln eines Amtsträgers liegt nach einhelliger Meinung dann vor, wenn er sich bewusst über gesetzliche Bestimmungen oder sonst von ihm erkannte Amtspflichten hinwegsetzt. Zumindest muss er mit der Möglichkeit einer Pflichtverletzung rechnen und dies in Kauf nehmen. Das Bewusstsein muss sich nicht nur auf die Kenntnis der Tatsachen beziehen, die die Pflichtwidrigkeit ergeben, sondern auch darauf, dass pflichtwidrig gehandelt wird (Schramm in: BeckOK/BNotO, 5. Ed. 31. Juli 2021, § 19 Rn. 79). Vorliegend hatte der Beklagte zwar Kenntnis davon, dass der restliche Kaufpreis auf das private Konto eines Dritten im Ausland überwiesen werden sollte. Dies allein begründet indes nicht die Annahme von Vorsatz. Nach den getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beklagten auch bewusst gewesen wäre, dass er durch die Weitergabe der geänderten Kontoverbindung gegen eine Amtspflicht verstoßen würde bzw. dass ihm diesbezüglich eine vorherige Prüfpflicht oblag.

b) Der Klägerin ist es auch nicht gelungen, Umstände vorzutragen, die eine in Betracht kommende anderweitige Ersatzmöglichkeit ausschließen.

Der Begriff der anderweitigen Ersatzmöglichkeit wird weit verstanden. Hierfür kommen alle Möglichkeiten der Schadloshaltung tatsächlicher und rechtlicher Art in Betracht (BGH, Urteil vom 3. Juli 2008 – III ZR 189/07, NJW-RR 2008, 1506). Dazu gehören auch Schadensersatzansprüche gegen den eigenen Vertreter (Schramm in: BeckOK/BNotO, 5. Ed. 31. Juli 2021, § 19 Rn. 135). Die anderweitige Ersatzmöglichkeit muss jedoch rechtlich und wirtschaftlich begründete Aussicht auf Erfolg bieten und dem Geschädigten zumutbar sein. Weitläufige, unsichere und im Ergebnis zweifelhafte Wege braucht der Geschädigte nicht einzuschlagen (BGH, Urteil vom 3. Juli 2008 – III ZR 189/07, NJW-RR 2008, 1506). Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtbestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit liegt bei der Klägerin (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 – IX ZR 240/98, NJW 1999, 2038).

Hiernach erachtet es der Senat auch nach dem als wahr zu unterstellenden Vortrag der Klägerin nicht für ausgeschlossen, dass die Klägerin durch eine Inanspruchnahme ihres damaligen Geschäftsführers …[B] eine Deckung ihres Schadens erlangen kann.

aa) Der Klägerin steht gegen ihren damaligen Geschäftsführer – ihren Vortrag als wahr unterstellt – ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB zu. Dieser hat die ihm durch Rechtsgeschäft wirksam von der Klägerin eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch der Klägerin, deren Vermögensinteressen er zu betreuen hatte, einen Nachteil zugefügt.

bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Inanspruchnahme ihres damaligen Geschäftsführers auch weder aussichtslos noch unzumutbar.

Allein der Umstand, dass der frühere Geschäftsführer …[B] sich in der Schweiz aufhält, steht einer Inanspruchnahme nicht entgegen. Zum einen ist der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Familiengericht die Adresse des …[B] in der Schweiz bekannt. Auch bestehen mit der Schweiz internationale Übereinkommen, insbesondere das Luganer Übereinkommen, das Vorschriften zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit sowie der Vollstreckbarkeit ausländischer Titel enthält. Die gerichtliche Inanspruchnahme des in der Schweiz ansässigen früheren Geschäftsführers …[B] ist der Klägerin hiernach weder unmöglich noch unzumutbar.

Der Einwand der Klägerin, der frühere Geschäftsführer …[B] werde versuchen, sich seiner Ersatzpflicht zu entziehen, verfängt im Ergebnis nicht. Soweit die Klägerin diesbezüglich auf eine E-Mail an die Alleingesellschafterin Bezug nimmt, in der der Schuldner mitteilt, dass er das Geld bereits von seinem Konto abgehoben und auf ein bankfremdes Schließfach in der Schweiz eingezahlt habe, führt dies gerade nicht dazu, dass eine Inanspruchnahme aussichtslos wäre. Insoweit ist dem eigenen Vortrag der Klägerin vielmehr zu entnehmen, dass das Geld noch vorhanden ist, der frühere Geschäftsführer mithin über eine entsprechende Liquidität verfügt, um den der Klägerin entstandenen Schaden zu decken. Überdies ergibt sich aus der vorgelegte E-Mail lediglich, dass der frühere Geschäftsführer …[B] „die GmbH und auch sich“ gegen die „Gier“ der Alleingesellschafterin zu schützen beabsichtigt. Der Nachricht ist mithin gerade nicht zu entnehmen, dass dieser sich einem Gerichtsurteil, dass ihn zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet, nicht nachkommen würde.

Auch dem Umstand, dass …[B] seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt, kommt bezüglich der hier entscheidenden Frage, ob er seinen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin – ggf. nach Erstreiten eines gerichtlichen Titels nachkommen wird – keine Aussagekraft zu.

Schließlich wäre es der Klägerin auch zuzumuten, einen etwaigen Titel ggf. im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Auch dies ist nach dem Vorbringen der Klägerin nicht von vorneherein aussichtslos.

3. Schließlich ist das Landgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin den von ihr geltend gemachten Schaden nach den Grundsätzen des Gesamtschadensausgleichs – jedenfalls nicht in vollem Umfang – hinreichend dargelegt und bewiesen hat. Bei dem von ihr in Höhe des auf das Konto des damaligen Geschäftsführers überwiesenen Restkaufpreises geltend gemachten Schaden in Höhe von 266.712,28 € bleibt unklar, ob er in der geltend gemachten Höhe entstanden ist.

Die schlüssige Darlegung des Schadens erfordert einen Vergleich der Vermögenslage mit und ohne Amtspflichtverletzung und damit die schlüssige Darlegung des Gesamtschadens aus dem schadensbegründenden Ereignis. Ein isoliertes Herausgreifen eines Vermögensnachteils genügt hierfür nicht. Vielmehr ist ein Gesamtvermögensvergleich anzustellen, wobei alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 – IX ZR 416/00, DStRE 2005, 548; OLG Hamm, Urteil vom 23. März 2012 – 11 U 72/11, BeckRS 2012, 18127; KG, Urteil vom 12. Januar 2018, 2018 – 9 U 1 /17, BeckRS 2018, 22048).

Bei diesem Gesamtvermögensvergleich müssen insbesondere auch vom Beklagten substantiiert vorgebrachte Vermögensvorteile auf Seiten der Klägerin Berücksichtigung finden, die diese dadurch erlangt haben soll, dass der damalige Geschäftsführer mit der Kaufpreissumme auch Verbindlichkeiten der Klägerin beglichen haben soll. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist diese auch darlegungs- und beweisbelastet, da es sich hierbei nicht um Positionen einer sog. Vorteilsausgleichung handelt, für die der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet wäre, sondern vielmehr um Vorteile, die schon bei der Schadensfeststellung berücksichtigt werden müssen, weil sie eng mit dem schadensstiftenden Ereignis zusammenhängen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich hierbei um einen einheitlichen Vorgang der Geschäftsführung. Das isolierte Herausgreifen eines Vermögensnachteils, hier der Verlust des restlichen Kaufpreises, ohne zugleich auch die hiermit – nach dem Beklagtenvortrag – erfüllten Verbindlichkeiten der Klägerin zu berücksichtigen, ist nicht ausreichend. Jedenfalls in Höhe dieser behaupteten Vermögensvorteile von insgesamt 158.033,37 € fehlt es an einer schlüssigen Darlegung des Gesamtschadens auf Seiten der Klägerin.

Der Vortrag der Klägerin genügt nicht, um das substantiierte Vorbringen des Beklagten auszuräumen. Die vorgelegten – von Beklagtenseite bestrittenen – Jahresabschlüsse sind hierfür von vorneherein ungenügend, da sich aus ihnen unterjährig entstandene und im selben Jahr beglichene Verbindlichkeiten nicht ablesen lassen. Auch aus den vorgelegten Kontoauszügen der Klägerin lässt sich nicht ersehen, ob Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, hier dem Unternehmensberater …[E] (in Höhe von 111.350,00 €) und der das Kfz-Darlehen finanzierenden Bank (in Höhe von 29.683,37 €) beglichen worden sind. Der Klägerin als jeweiliger Vertragspartnerin müsste hierzu auch weiterer Vortrag möglich sein. Jedenfalls fehlt es diesbezüglich an einem Beweisangebot. Soweit die Klägerin in Bezug auf die Zahlungen des damaligen Geschäftsführers in Höhe von 9.000,00 und 8.000,00 € am 12. und 18. Juni 2019, die – wie aus den vorgelegten Kontoauszügen ersichtlich – auch auf dem Konto der Klägerin eingegangen sind, pauschal behauptet, der damalige Geschäftsführer …[B] habe hiermit entnommene Gelder zurückgezahlt, stellt dies ebenfalls keinen ausreichenden Vortrag dar.

Soweit die Klägerin darüber hinaus pauschal vorträgt, ein Schaden sei auch darin zu sehen, dass das Haus unter Wert verkauft worden sei, fehlt es zum einen an substantiiertem Vortrag – in den Jahresabschlüssen ist der Wert der Immobilie mit lediglich 524.513,13 € angegeben -, zum anderen stützt die Klägerin ihre eigene Schadensberechnung hierauf nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 266.712,28 € festgesetzt.

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