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Rechtsnachfolge in Nießbrauchs- und in dingliches Vorkaufsrecht

OLG München – Az.: 34 Wx 250/16 – Beschluss vom 04.01.2017

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 19. Januar 2016 (Schriftsatz vom 18. Januar 2016) wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenständlich ist die von der Beteiligten zu 1 als Grundstückseigentümerin angeregte Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2 als Berechtigte eines am Grundbesitz lastenden (befristeten) Nießbrauchs und dinglichen Vorkaufsrechts.

1. Seit 9.7.2007 ist die Beteiligte zu 1 Eigentümerin des belasteten Grundbesitzes. Als Berechtigte des Nießbrauchs sowie des Vorkaufsrechts war seit dem 10.8.1989 die Klinik … eingetragen. Die in Bezug genommene Bewilligung vom 26.4.1989 lautet insoweit:

In Erfüllung der in Ziff. 7. des Pachtvertrages vereinbarten Verpflichtung zur Bestellung eines Nießbrauchsrechtes und zur Sicherung des Pächters bewilligt … Frau (damalige Grundstückseigentümerin) die Eintragung eines Nießbrauchsrechtes nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 1030 ff. BGB, zeitlich befristet bis zum 30.04.2019 …

Weiter räumt Frau (siehe oben) in Erfüllung der pachtvertraglich übernommenen Verpflichtung der Firma (…) ein dingliches Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall, für den es ausgeübt werden kann, ein und bewilligt … die Eintragung im Grundbuch im Gleichrang mit dem vorbestellten Nießbrauchsrecht.

Der als Anlage I mitbeurkundete Pachtvertrag besagt unter Ziffern 3. und 7.:

3. Verpächter und Pächter sind berechtigt, alle Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag auf noch zu gründende Gesellschaften zu übertragen.

7. Die Rechte des Pächters aus dem Pachtvertrag werden durch Bewilligung und Eintragung eines Nießbrauchsrechts im Grundbuch zu Gunsten des Pächters … abgesichert. Der Verpächter räumt dem Pächter ein Vorkaufsrecht nach den gesetzlichen Bestimmungen ein, das ebenfalls im Grundbuch einzutragen ist. …

2. Zu notarieller Urkunde vom 28.12.1998 veräußerte die Berechtigte (unter der geänderten Firma …) eigenen Grundbesitz an die am 15.10.1999 ins Handelsregister (unter ihrer damaligen Firma…) eingetragene Beteiligte zu 2. Unter Punkt (9) des Vertrags wurde vereinbart:

Zugunsten des Verkäufers ist im Grundbuch … ein Nießbrauchsrecht und ein dingliches Vorkaufsrecht eingetragen. Das Nießbrauchsrecht und das dingliche Vorkaufsrecht sollen jedoch, vorbehaltlich einer etwa erforderlichen Zustimmung des Grundeigentümers, die der Käufer einholen wird, auf den Käufer übertragen werden. Die Beteiligten sind über den Rechtsübergang einig und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderungen im Grundbuch.

Auf den am 10.5.1999 über den Urkundsnotar gestellten Antrag wurde am 9.11.1999 die Beteiligte zu 2 als Berechtigte des Nießbrauchs sowie des Vorkaufsrechts eingetragen. Mit diesem Inhalt wurde das Grundbuch am 9.7.2007 unter Bezugnahme auf die Voreintragungen vom 10.8.1989 und 9.11.1999 auf das aktuelle Blatt umgeschrieben.

3. Die Beteiligte zu 1 hat anwaltlich vertreten im August 2015 angeregt, gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2 einen Widerspruch einzutragen. Dem ist das Grundbuchamt nicht nachgekommen mit der formlos unter dem 14.12.2015 mitgeteilten Begründung, dass gegen gesetzliche Bestimmungen nicht verstoßen worden sei. Nach dem Inhalt der notariellen Urkunde über die Rechtsbestellung seien weder eine Abtretbarkeit der Rechte ausgeschlossen noch ein Zustimmungserfordernis des Grundstückseigentümers vereinbart worden. Die Eintragung des Widerspruchs sei daher nur aufgrund Bewilligung oder einstweiliger Verfügung möglich.

Gegen die formlose Ablehnung des Ersuchens, hilfsweise gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2 als Berechtigte hat die Beteiligte zu 1 am 19.1.2016 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgt. Das Grundbuchamt habe sich bei der Eintragung über das Fehlen einer Bewilligung oder Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 1 bzw. deren Rechtsvorgängerin im Eigentum hinweggesetzt und dadurch gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Die materiellrechtlichen Voraussetzungen, unter denen ein Nießbrauchsrecht übertragen werden könne, hätten nicht vorgelegen; dies sei jedenfalls deshalb anzunehmen, weil eine behördliche Bescheinigung darüber fehle, dass das Recht einem von der ursprünglich Berechtigten betriebenen und auf die Beteiligte zu 2 übertragenen Unternehmen oder Unternehmensteil zu dienen geeignet sei. Das Vorkaufsrecht sei ohnehin mangels abweichender Vereinbarung kraft Gesetzes unübertragbar. Die deshalb notwendige Mitwirkung der Eigentümerin zum Rechtsübergang liege nicht vor und werde verweigert. Durch die Eintragung sei das Grundbuch somit unrichtig geworden.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

In der Beschwerdeinstanz haben die ursprünglich Berechtigte und die Beteiligte zu 2 Stellung genommen. Sie machen geltend, das Vorkaufsrecht sei als übertragbares Recht ausgestaltet. Dies ergebe sich aus dem mit der Bewilligung beurkundeten Pachtvertrag. Im Übrigen seien die Rechte im Zusammenhang mit der Übertragung des Klinikbetriebs auf die Beteiligte zu 2 an diese weitergegeben worden. Die Berechtigte habe nämlich auf dem übertragenen eigenen Grund eine Klinik betrieben und das benachbarte Grundstück der Beteiligten zu 1 als Pächterin für den Klinikbetrieb genutzt. Die Beteiligte zu 1 bezweifelt die Richtigkeit dieser Angaben. Unter Vorlage schriftlichen und elektronischen Briefverkehrs trägt sie vor, ihr gegenüber sei stets die ursprünglich Berechtigte als Pächterin, zu keiner Zeit hingegen die Beteiligte zu 2 als Übernehmerin aufgetreten.

II.

Die Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 Abs. 1 GBO als unbeschränkte Beschwerde nur statthaft, sofern das formlose Schreiben des Grundbuchamts als ablehnende Sachentscheidung zu werten ist (vgl. Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 11). Dies kann offen bleiben, denn mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs ist das Rechtsmittel jedenfalls nach § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 Abs. 2 GBO als beschränkte Beschwerde gegen die beanstandeten und dem guten Glauben des Grundbuchs (§ 892 BGB) unterliegenden Eintragungen statthaft (vgl. Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 53 Rn. 55; Demharter § 53 Rn. 32).

Beschwerdeberechtigt ist in beiden Varianten (auch) die Beteiligte zu 1 als diejenige Berechtigte, die unter der Voraussetzung der Grundbuchunrichtigkeit einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB hätte (Demharter § 71 Rn. 68 f.). Ist für eine bestehende Grundstücksbelastung lediglich ein falscher Berechtigter eingetragen, so kann zwar grundsätzlich nur der wahre Rechtsinhaber, mangels unmittelbarer Beeinträchtigung seiner dinglichen Rechtsstellung dagegen nicht der Grundstückseigentümer Berichtigung verlangen. Von diesem für Grundpfandrechte entwickelten Grundsatz (BGH NJW 2000, 2021; OLG Frankfurt vom 19.4.2011, 20 W 232/08 juris; Staudinger/Gursky BGB [2013] § 894 Rn. 72; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 11. Aufl. § 71 Rn. 137; Demharter § 71 Rn. 70) sind jedoch Ausnahmen zu machen, wenn die Person des Rechtsinhabers nach der gesetzlichen Ausgestaltung des dinglichen Rechts von wesentlicher Bedeutung für Bestand und Inhalt des Rechts ist. Namentlich beim Vorkaufs- und Nießbrauchsrecht ist im Interesse des Grundstückseigentümers und zu dessen Schutz vor Nachteilen die Person des Rechtsinhabers wesentlicher Rechtsinhalt (vgl. LG Stendal vom 31.3.2012, 21 O 245/09 juris; MüKo/Kohler BGB 7. Aufl. § 894 Rn. 21), denn die Verkehrsfähigkeit dieser Rechte ist nach dem Gesetz nur eingeschränkt gegeben (§ 1059 Satz 1, § 1059a, § 1098 BGB). Die Eintragung eines anderen als des wahren Inhabers dieser Rechte beeinträchtigt daher auch die Rechtsstellung des Grundstückseigentümers.

Dass die Beteiligte zu 1 ihr Eigentum am Grundstück erst nach Umschreibung der dinglichen Rechte auf die Beteiligte zu 2 erworben hat, veranlasst keine Einschränkung. Ein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB stünde ihr als gegenwärtiger Eigentümerin zu (Soergel/Stürner BGB 13. Aufl. § 894 Rn. 14 mit 17). Da die Beteiligte zu 1 zur Anspruchsverfolgung nicht durch ihre Rechtsvorgängerin im Eigentum ermächtigt werden müsste (vgl. MüKo/Kohler § 894 Rn. 24 f.), ist sie auch in eigener Person beschwerdeberechtigt.

Auch im Übrigen erweist sich die Beschwerde als zulässig (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Dass die Beteiligte zu 1 mit der Beschwerde die gewünschte Sicherheit über die Person der Nießbrauchsberechtigten nicht erhalten kann, ist in diesem Zusammenhang angesichts des klaren Beschwerdeziels ohne Bedeutung.

2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung eines Widerspruchs liegen nicht vor.

Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Eine objektive Gesetzesverletzung, gleichgültig welcher Art, muss feststehen; die durch die Eintragung hervorgerufene materielle Grundbuchunrichtigkeit im Sinne von § 894 BGB braucht nur glaubhaft zu sein (BayObLGZ 1952, 24/27; Hügel/Holzer § 53 Rn. 32; Demharter § 53 Rn. 28 je m. w. N.).

Während eine objektive Gesetzesverletzung bei der Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts besteht, ist die Grundbuchunrichtigkeit – auch nach Ausschöpfung aller Ermittlungsansätze – nicht glaubhaft.

a) Das Grundbuchamt hat die Eintragung der Beteiligten zu 2 unter Missachtung gesetzlicher Bestimmungen vorgenommen.

Die im Sachenrecht begründete gesetzliche Ausgestaltung des Nießbrauchs (§ 1030 Abs. 1 BGB) und des subjektiv-persönlichen Vorkaufsrechts (§ 1094 Abs. 1 BGB) als nur eingeschränkt übertragbar gemäß § 1098 Abs. 3, § 1059a Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. § 161 Abs. 2, § 124 Abs. 1 HGB hat das Grundbuchamt bei seiner Eintragungstätigkeit zu beachten. Das Grundbuchamt darf den Rechtsübergang nicht eintragen, wenn ihm die Tatsachen, von denen nach diesen Vorschriften die Übertragbarkeit der Rechte abhängt, nicht durch eine Feststellungserklärung nach § 1059a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BGB nachgewiesen sind (BayObLG vom 30.9.1992, 2Z BR 81/92, juris Rn. 29; Staudinger/Heinze BGB [2017] § 1059a Rn. 23; MüKo/Pohlmann § 1059a Rn. 12; BT-Drucks. 13/3604 S. 5). Der Gesetzesverstoß liegt darin, dass das Grundbuchamt bei der Eintragung diese formelle Vorschrift des Verfahrensrechts unbeachtet gelassen hat (vgl. Hügel/Holzer § 53 Rn. 18).

In Bezug auf das Vorkaufsrecht gilt nichts anderes, denn nach der gemäß § 874 BGB in Bezug genommenen Bewilligung wurde das Recht ausdrücklich nur für die namentlich Bezeichnete eingeräumt. Aus der Verknüpfung mit dem Pachtvertrag (Ziff. 3 und 7) erschließt sich eine (freie) Übertragbarkeit gemäß § 1098 Abs. 3 Alternative 1 BGB schon mit Blick auf die Sicherungsfunktion des dinglichen Rechts nach den im Grundbuchverfahren anzulegenden Auslegungsmaßstäben (vgl. Demharter § 19 Rn. 28 m. w. N.) nicht.

b) Es ist zwar möglich, nicht aber glaubhaft, dass die die Beteiligte zu 2 als Rechtsinhaberin ausweisende formelle Grundbuchlage von der materiellen Rechtslage abweicht, das Grundbuch also unrichtig ist (vgl. Staudinger/Gursky § 894 Rn. 27). Glaubhaft ist ein Umstand nur, wenn eine erhebliche (überwiegende) Wahrscheinlichkeit für sein Vorliegen besteht (vgl. Demharter § 53 Rn. 28 mit § 29a Rn. 3; Meikel/Schneider § 53 Rn. 113; Meincke in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 53 Rn. 85). Daran fehlt es hier.

aa) Die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 Abs. 1 BGB) wirkt nicht zum Nachteil des Erwerbers (Staudinger/Gursky § 892 Rn. 228). Deshalb scheidet eine Grundbuchunrichtigkeit nicht schon nach den Grundsätzen des gutgläubigen Erwerbs (§ 892 Abs. 1 Satz 1 BGB) deshalb aus, weil die Beteiligte zu 1 den Grundbesitz erst nach Umschreibung der dinglichen Rechte auf die Beteiligte zu 2 durch Rechtsgeschäft erworben hat.

bb) Die Rechtsübertragung durch Einigung und Eintragung (§ 873 Abs. 1 BGB) war materiell wirksam, wenn ein Sachverhalt vorgelegen hat, der nach dem Gesetz (§ 1098 Abs. 3, § 1059a Abs. 1 und Abs. 2 BGB) die Übertragung erlaubte. Zur Wirksamkeit der unter dieser Voraussetzung zulässigen Rechtsübertragung bedurfte es dann keiner Zustimmung der Grundstückseigentümerin (Staudinger/Heinze § 1059a Rn. 22).

Zwar steht nach dem Inhalt des Handelsregisters fest, dass die Beteiligte zu 2 keine Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Berechtigten ist (§ 1098 Abs. 3, § 1059a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Allerdings steht im Raum, dass die Einzelrechtsübertragung durch die Übertragung eines (Teils des) von der ursprünglich Berechtigten betriebenen Unternehmens veranlasst war und Nießbrauch sowie Vorkaufsrecht den Zwecken des übertragenen Unternehmens(teils) zu dienen geeignet waren, § 1098 Abs. 3, § 1059a Abs. 1 Nr. 2 BGB (hierzu Staudinger/Heinze § 1059a Rn. 15 – 21; MüKo/Pohlmann § 1059a Rn. 10 – 12). Ob es sich tatsächlich so verhält, ist zwar offen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es sich nicht so verhält, besteht jedoch – auch nach Ausschöpfung der Ermittlungsansätze – nicht.

(1) Allerdings fehlt eine Feststellungserklärung nach § 1059a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BGB. Diesem Umstand kommt jedoch weder in die eine noch in die andere Richtung ein Indizwert zu. Die Annahme, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 1059a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BGB nicht vorgelegen hätten und die Beschaffung der Bescheinigung deswegen nicht versucht worden oder die Erlangung der Bescheinigung an den tatsächlichen Umständen gescheitert sei, ist nicht zwingend. Erfahrungssätze für einen entsprechenden Zusammenhang bestehen nicht.

(2) Die von Amts wegen durchgeführte (vgl. Hügel/Otto § 53 Rn. 4 f.; Demharter § 53 Rn. 17 mit § 1 Rn. 72) schriftliche Anhörung der Beteiligten zu 2 sowie der ursprünglich Berechtigten hat keinen hinreichenden Hinweis darauf ergeben, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer zulässigen Übertragung gefehlt hätten.

Zwar kann der Inhalt der Übertragungsurkunde vom 28.12.1998 darauf hindeuten, dass die gegenständlichen Rechte entgegen dem Vorbringen nicht zusammen mit einem als „Klinikbetrieb“ beschriebenen Unternehmensteil auf die Beteiligte zu 2 übertragen wurden. Neben dem verbrieften Grundstücksgeschäft enthält die Urkunde keine Vereinbarungen betreffend die Übertragung der dem Unternehmen zugehörigen sonstigen Gegenstände. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bedarf aber ein Vertrag, auch wenn er für sich genommen dem Formgebot des § 313 Satz 1 BGB a. F. (vgl. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB), § 311b Abs. 1 BGB n. F. nicht unterliegt, dann der notariellen Beurkundung, wenn er mit einem Grundstücksgeschäft im Sinne dieser Norm dergestalt eine rechtliche (nicht nur wirtschaftliche) Einheit bildet, dass der Bestand der übrigen Vereinbarungen und des Grundstückserwerbs wechselseitig voneinander abhängen (zur nur einseitigen Abhängigkeit: BGH NJW 2000, 951 f.). Eine rechtliche Einheit in diesem Sinne zwischen dem Grundstücksgeschäft und der Unternehmensübertragung liegt allerdings nahe, wenn der neue Rechtsträger den Betrieb auf den übertragenen Grundstücken als dem bisherigen Standort fortführen sollte (vgl. BGH NJW 2004, 3330/3331; NJW-RR 2009, 953/954; Staudinger/Schumacher [2012] § 311b Rn. 173 – 177).

Hinzu kommt der glaubhaft gemachte Umstand, dass die ursprünglich Berechtigte weiterhin gegenüber der Beteiligten zu 1 als Pächterin des gegenständlichen Grundbesitzes agiert. Außerdem liegt nichts vor, was die behauptete Übertragung des Klinikbetriebs stützen würde.

Unabhängig davon hat eine Betriebs(teil)übertragung auf die Beteiligte zu 2 allerdings bereits deshalb stattgefunden, weil nach dem Inhalt des notariellen Vertrags vom 28.12.1998 Betriebsvermögen in Form von Immobilienvermögen in erheblichem Umfang übereignet wurde. Grundbesitz im oberen zweistelligen Millionenwert (DM) erfüllt regelmäßig auch für sich genommen unter Zugrundelegung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Kriterien eines Unternehmensteils als organisatorisch-wirtschaftliche Einheit, die – allein oder zusammen mit anderen Betriebsmitteln – ein selbständiges Wirtschaften ermöglicht (vgl. OLG Hamm ZfIR 2007, 319/320; Palandt/Herrler BGB 76. Aufl. § 1059a Rn. 2; Staudinger/Heinze § 1059a Rn. 18 f.; MüKo/Pohlmann § 1059a Rn. 11; Wessel DB 1994, 1605 f.; Volmer ZfIR 2007, 321/322). Auch als isoliertes Geschäft stellt sich die Grundstücksübertragung aus dem Betriebsvermögen der ursprünglich Berechtigten in das Betriebsvermögen der Beteiligten zu 2 deshalb als Übertragung eines Unternehmensteils dar.

Die Mitübertragung der gegenständlichen dinglichen Rechte war zwar nur dann gesetzlich zulässig, wenn die Rechte geeignet waren, den Zwecken des Unternehmens(teils) zu dienen. Ob der danach erforderliche sachliche Zusammenhang bestand, beurteilt sich allerdings gemäß dem Gesetzeswortlaut allein nach der objektiven Eignung für die unternehmerische Betätigung (OLG Hamm a. a. O.; Volmer ZfIR 2007, 321/323). Nicht notwendig ist hingegen, dass die Rechte den Zwecken des übertragenen Unternehmens(teils) bereits vorher gedient haben und nach Übertragung tatsächlich dienen (Staudinger/Heinze § 1059a Rn. 19 f.; MüKo/Pohlmann § 1059a Rn. 12).

Dass die Handelsregisterauszüge über den Unternehmensgegenstand der Beteiligten zu 2 und den der ursprünglich Berechtigten mangels diesbezüglicher Eintragungen keinen Aufschluss geben, macht die Beurteilung der Eignung zwar unsicher, hat aber nicht zur Folge, dass eine fehlende Eignung überwiegend wahrscheinlich und daher glaubhaft wäre. Dass die übertragenen dinglichen Rechte objektiv geeignet sein konnten, dem übertragenen Unternehmen(steil) zu dienen, liegt vielmehr auch dann nahe, wenn die Beteiligte zu 2 den Klinikbetrieb nicht mitübernommen hat, sondern – wofür ihre Firma spricht – durch die urkundlich nachgewiesene Unternehmensteilübertragung in Form von Grundstücksübertragungen als reine Immobilien-Trägergesellschaft mit entsprechendem Betriebsvermögen ausgestattet worden ist. Für das dingliche Vorkaufsrecht in Bezug auf werthaltigen weiteren Grundbesitz liegt die Eignung auf der Hand. Eine objektive Eignung kann aber auch für den Nießbrauch nicht ausgeschlossen werden, weil das Nutzziehungsrecht an einem im räumlichen Umgriff zu eigenen Immobilien gelegenen Grundbesitz ebenso für die Verwaltung des eigenen unbeweglichen Vermögens bedeutsam sein kann. Darauf, ob mit der Übertragung der dinglichen Rechte auf die Beteiligte zu 2 gegen eine pachtvertragliche Sicherungsabrede verstoßen wurde, kommt es nicht an, weil ein Verstoß gegen schuldrechtliche Beschränkungen des Dürfens die dingliche Wirksamkeit der Übertragung nicht hindert.

(3) Der Senat kann die Rechtswirksamkeit der Übertragung zwar nicht abschließend prüfen. Nach Ausschöpfung der vorhandenen Ermittlungsmöglichkeiten kommt jedoch die Richtigkeit des Grundbuchs als ernst zu nehmende Möglichkeit in Betracht. Auch die von der Beteiligten zu 1 vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin ihrer Komplementärin ändert daran nichts. Sie bestätigt, dass bei der früheren Grundstückseigentümerin nicht um Zustimmung zur Rechtsübertragung nachgesucht worden ist und Kenntnisse über die wirtschaftlichen Hintergründe und Zusammenhänge der Übertragung nicht bestehen, was als solches nichts besagt.

III.

Von einer Kostenentscheidung (§ 81 FamFG) sieht der Senat ab. Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1 schon nach dem Gesetz zu tragen (§ 22 Abs. 1 GNotKG). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten (§ 84 FamFG) wird nicht angeordnet, weil dies nicht angemessen erscheint (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Zwar hat sich die Beteiligte zu 2 erfolgreich am Beschwerdeverfahren mit entgegengesetztem Antrag beteiligt, während die ursprünglich Berechtigte lediglich angehört wurde (§ 7 Abs. 6 FamFG). Eine Entscheidung über die materielle Berechtigung ergeht im Beschwerdeverfahren jedoch nicht. Diese ist vielmehr – gegebenenfalls im Prozessverfahren – noch zu klären. Es erscheint daher sachgerecht, das Verhältnis der Beteiligten nicht mit zusätzlichen Kostenansprüchen zu belasten.

Da sich nach dem Beschwerdeziel der Widerspruch nicht gegen die dinglichen Rechte, sondern nur gegen die Person der eingetragenen Berechtigten richten sollte, bestimmt sich der Geschäftswert des Verfahrens nicht nach dem Wert der dinglichen Rechte selbst. Mangels hinreichender Anhaltspunkte für die Bemessung des maßgeblichen wirtschaftlichen Interesses wird der Wert gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 3 GNotKG mit dem Regelbetrag festgesetzt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

 

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