OLG München – Az.: 34 Wx 37/11 – Beschluss vom 10.02.2011
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Deggendorf – Grundbuchamt – vom 16. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.
Gründe
I.
Für die Beteiligte sind an zwei Grundstücken jeweils zwei Rückauflassungsvormerkungen eingetragen. Bei beiden Grundstücken ist weiter die aufschiebend bedingte Abtretung der Ansprüche aus der Vormerkung an zwei Personen eingetragen, so dass diese bezüglich jedes der Grundstücke Berechtigte aus jeweils einer Vormerkung sein sollen.
Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 14.10.2010 hat die Beteiligte die Löschung der Vormerkungen bewilligt und beantragt sowie gleichzeitig erklärt, das Recht aufzugeben.
Auf den Löschungsantrag hin hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 16.12.2010 Frist zur Vorlage der Löschungsbewilligung auch der Zessionare gesetzt. Eine Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO sei nämlich weder geltend gemacht noch dargelegt und aufgrund der Rechtsprechung zur „Aufladung der Vormerkung“ auch kaum möglich. Auch wenn die Zessionare erst mit dem Ableben der Beteiligten an deren Stelle träten, könne die Beteiligte doch nicht mehr mit Wirkung für jene auf den Anspruch verzichten.
Die Beteiligte hat hiergegen Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass die Ansprüche aufschiebend bedingt durch ihr Ableben abgetreten worden seien. Da sie zu Lebzeiten auf ihre Ansprüche verzichte, sei der durch Vormerkung gesicherte Anspruch erloschen und die Löschung der abgetretenen Vormerkungen könne sofort vorgenommen werden.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die im Namen der Beteiligten vom Notar eingelegte zulässige Beschwerde (§ 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1, §§ 72, 73 GBO) hat keinen Erfolg. Das Grundbuchamt verlangt für die Löschung der Vormerkungen zutreffend die Bewilligung (Zustimmung) der Zessionare.
1. Eine Eintragung (oder Löschung) erfolgt dann, wenn derjenige, dessen Recht von ihr betroffen wird, sie bewilligt (§ 19 GBO). Die Berichtigungsbewilligung steht somit nur dem Betroffenen zu. Das ist derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht rechtlich im Zeitpunkt der Grundbucheintragung beeinträchtigt werden kann oder beeinträchtigt werden wird. Maßgeblich ist die Grundbuchstellung, kraft derer dem Buchberechtigten gestattet wird, diese Position zu verändern oder aufzugeben (vgl. Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. § 19 Rn. 33). Dabei genügt nicht die Bewilligung des unmittelbar Betroffenen, vielmehr sind auch die Bewilligungen der mittelbar Betroffenen erforderlich. Niemand braucht eine Grundbucheintragung zu dulden, durch die seine Buchposition auch nur möglicherweise beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt immer schon dann vor, wenn die Buchposition durch die Grundbucheintragung eventuell eine ungünstigere Gestaltung erfährt. Es sind alle Personen miteinzubeziehen, die verfahrensmäßig möglicherweise betroffen sind, also in ihrer Grundbuchposition verfahrensmäßig abstrakt beeinträchtigt werden können (vgl. Meikel/Böttcher § 19 Rn. 40; Demharter GBO 27. Aufl. § 19 Rn. 52).
2. Auch wenn die Beteiligte derzeit noch Inhaberin der durch die Vormerkung gesicherten Rückauflassungsansprüche ist, sind die Zessionare zumindest mittelbar Betroffene. Durch eine Löschung der Vormerkungen besteht die Gefahr, dass die Grundstücke gutgläubig vormerkungsfrei erworben werden. Dies soll die Eintragung der Abtretung gerade verhindern. Ohne die Verlautbarung der aufschiebend bedingten Abtretung ist das Grundbuch insofern unrichtig (vgl. BayObLG NJW-RR 1986, 697).
3. Hieran kann auch die Aufgabe der Rechte durch die jetzige Anspruchsinhaberin nichts ändern. Die Beteiligte hat über die Ansprüche aufschiebend bedingt verfügt. Dies hat zur Folge, dass sie zwar bis zum Eintritt der Bedingung Rechtsinhaberin bleibt weitere Verfügungen während der Schwebezeit im Falle des noch möglichen Eintritts der Bedingung aber insoweit unwirksam sind, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 161 Abs. 1 Satz 1 BGB). Unter einer Verfügung versteht man hierbei jede Einwirkung auf das bedingt übertragene Recht durch Übertragung, Belastung, Inhaltsänderung oder auch Aufhebung (vgl. Staudinger/Bork BGB Bearb. 2010 § 161 Rn. 4 m.w.N.). Die Vormerkung stellt ein unselbständiges Sicherungsrecht dar, das in entsprechender Anwendung des § 401 Abs. 1 BGB auf den Zessionar übergeht (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 401 Rn. 4 m.w.N.). Dies ist auch so im Grundbuch verlautbart. Die Aufgabe der Vormerkung stellt eine Verfügung im Sinn von § 161 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Mit dem Eintritt der Bedingung wird somit die Aufgabe der Rechte absolut unwirksam (vgl. Palandt/Ellenberger § 161 Rn. 1) und stehen die Vormerkungen mit den Rückauflassungsansprüchen den Zessionaren zu. Ihre Rechtsposition bleibt weiterhin – aufschiebend bedingt – erhalten. Ohne die Verlautbarung der Vormerkungen im Grundbuch wäre dieses unrichtig und ein Rechtsverlust durch gutgläubigen Erwerb möglich.
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.
5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
6. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 § 31 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.