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Zustimmung zur Löschung einer vormerkungswidrigen Belastung des Grundstücks

OLG München – Az.: 3 U 4121/11  – Urteil vom 07.03.2012

1. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 09.09.2011 (Az.: 5 O 439/11) aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, folgende Erklärung abzugeben:

Ich bewillige die Löschung der für mich im Grundbuch des Amtsgerichts A. für die Gemarkung T., Blatt …19 unter der laufenden Nummer 3 in Abteilung III eingetragenen Zwangssicherungshypothek über 61.778,23 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.431,83 €.

4. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagten in selber Höhe Sicherheit leisten.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 61.778,23 € festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Die Parteien streiten über das Rangverhältnis zwischen einer zugunsten des Klägers eingetragenen Zwangssicherungshypothek und einer zugunsten der Beklagten erklärten Auflassung bezüglich eines Grundstücks.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, des jeweiligen erstinstanzlichen Vorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angegriffene Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.09.2011 (Bl. 69/72 der Akte) Bezug genommen.

Von folgendem Ablauf ist auszugehen:

31.01.1983

Die Beklagten schenken ihrem Sohn ein Grundstück und begründen dabei ein unentgeltliches Rückerwerbsrecht für den Fall der Veräußerung, Verpachtung oder Vermietung

11.03.1994

Die Beklagten lassen im Wege der einstweiligen Verfügung eine Vormerkung zur Sicherung ihres Auflassungsanspruches im Grundbuch eintragen.

18.12.2006

Der Sohn der Beklagten unterwirft sich in einer privatrechtlichen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung im Hinblick auf dort geregelte Ansprüche des Klägers.

01.05.2008

Ankündigung des Sohnes der Beklagten, er wolle das Grundstück veräußern.

10.05.2008

Schreiben der Beklagten an ihren Sohn, in dem sie das Rückerwerbsrecht ausübten.

06.08.2008

Eingang eines Antrags auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zugunsten des Klägers beim Grundbuchamt.

11.08.2008

Einigung der Beklagten mit ihrem Sohn über Rückerwerb und entsprechende Auflassungserklärung

14.08.2008

Eintragung der Zwangssicherungshypothek

20.10.2008

Eintragung der Rückauflassung des Grundstücks an die Beklagten

Das Landgericht entschied in erster Instanz den Rechtsstreit wie folgt:

1) Die Beklagten werden verurteilt, die Zwangsvollstreckung in ihr im Grundbuch von T., Band 96, Blatt …19 eingetragenes Grundstück wegen der auf diesem Grundstück in Abteilung III lfd. Nr. 3 zugunsten des Klägers eingetragenen Zwangssicherungshypothek in Höhe von 61.778,23 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.431,83 € seit dem 06.08.2008 hinsichtlich Kapital und Zinsen zu dulden.

2) Die Widerklage wird abgewiesen.

3) Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 68.000 € vorläufig vollstreckbar.

Hinsichtlich der hierbei angegebenen Entscheidungsgründe wird auf Bl. 72/75 der Akte Bezug genommen.

Die Beklagten legten gegen dieses ihnen am 14.09.2011 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 12.10.2011, der am 14.10.2011 beim OLG München einging, Berufung ein, die sie mit Schriftsatz vom 13.12.2011 innerhalb der antragsgemäß verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten.

Sie machen geltend, die Annahme des Erstgerichts, die Erklärung einer Veräußerungsabsicht durch den Sohn der Beklagten reiche für sich genommen nicht aus, um den Rückübertragungsanspruch, der durch Vormerkung gesichert war, bevor die Zwangssicherungshypothek zugunsten des Klägers eingetragen worden ist, zu begründen, beruhe auf einer fehlerhaften Vertragsauslegung. Die Gefahr, dass die Familie das Grundstück verliert, müsse für die Entstehung des Rückübertragungsanspruches genügen. Die Annahme des Erstgerichts, eine konkrete Gefahr der Veräußerung des Grundstücks habe nicht bestanden, sei unzutreffend. Das bei der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück von den Beklagten auf ihren Sohn 1983 vereinbarte unentgeltliche Rückerwerbsrecht sehe einen weiten Beurteilungsspielraum der Beklagten und ihres Sohnes vor, den der Kläger als Gläubiger des Sohnes hinzunehmen habe. Die Annahme des Erstgerichts, der durch Vormerkung gesicherte Rückauflassungsanspruch sei nicht entstanden, weil der Sohn der Beklagten keine ernsthafte Veräußerungsabsicht gehabt habe, verkenne, dass dieser spätestens mit der einvernehmlichen Vereinbarung der Rückübertragung entstanden sein muss. Die Zwangssicherungshypothek sichere einen Anspruch, den der Kläger durch arglistige Täuschung des Sohnes der Beklagten erlangt habe.

Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.09.2011 abzuändern und

1. die Klage abzuweisen

2. den Kläger zu verurteilen folgende Erklärung abzugeben:

Im Grundbuch des Amtsgerichts A. von T. Blatt …19 ist in Abteilung III unter der laufenden Nummer 3 eingetragen: 61.778,23 € Zwangssicherungshypothek nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 10.431,83 € seit dem 08.06.2008 für Andreas M., geboren am 01.02.1962.

Ich bewillige die Löschung dieser Hypothek.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig abzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine abstrakte Gefährdung eines möglichen Verlusts des Eigentums an dem Grundstück genüge für die Entstehung des Rückübertragungsanspruchs nicht. Dieser sei hier als Wiederkaufsrecht eng mit dem Vorkaufsrecht verbunden. Der Unterschied hier bestehe lediglich darin, dass der zu entrichtende Preis im Fall des Wiederkaufs bereits festgelegt sei. Die im Vertrag für die Entstehung des Wiederkaufsrechts benannten Bedingungen seien nicht eingetreten. Da die Vormerkung zum Schutz eines Rückübertragungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung von den Klägern 1994 erwirkt worden war, könne dieser keine Vereinbarung der Beklagten mit ihrem Sohn zugrunde liegen. Außerdem ergebe sich aus den Umständen, die zur Eintragung der Vormerkung geführt haben, dass die Beklagten damals sehr wohl davon ausgingen, dass konkrete Verkaufsabsichten ihres Sohnes bestehen müssten. Zudem hätten sie zu diesem Zeitpunkt lediglich eine Vormerkung eintragen lassen und nicht den Rückübertragungsanspruch selbst durchgesetzt. Aus der Rückübertragungsurkunde vom 11.08.2008 könne sich schon deshalb ein Rückübertragungsanspruch der Beklagten nicht ergeben, da der Sohn der Beklagten, der diesbezüglich irrtümlich der Annahme gewesen sein, er sei zur Erfüllung eines solchen Rückübertragungsanspruches verpflichtet, seine in der Rückübertragungsurkunde dokumentierte Willenserklärung anfechten könne. Ein Rückübertragungsanspruch könne so nicht begründet werden. Der Sohn der Beklagten selbst habe an der arglistigen Täuschung eines weiteren Beteiligten an dem Vertrag, aus dem der Anspruch herrührt, der der Zwangssicherungshypothek zugrunde liegt, teilgenommen. Er könne daher nicht seinerseits arglistig getäuscht worden sein.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 13.12.2011 (Bl. 90/93) und die Berufungserwiderung vom 17.02.2012 (Bl. 98/101) Bezug genommen.

Der Senat hat am 07.03.2012 mündlich verhandelt und, nachdem die Parteivertreter keine weiteren Ausführungen machen wollten und keine Schriftsatzfristen beantragten, das vorliegende Urteil verkündet (Bezugnahme auf die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2012; Bl. 102/104).

Entscheidungsgründe

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

I.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger kann aus der zu seinen Gunsten eingetragenen Zwangssicherungshypothek gegen die Beklagten keine Rechte herleiten, sondern muss vielmehr gemäß § 888 Abs. 1 i.V.m. § 883 Abs. 3 BGB die Löschung dieser Hypothek bewilligen.

Zwar hat das Grundbuchamt am 14.10.2008 die Zwangssicherungshypothek zugunsten des Klägers eingetragen, der Antrag auf Eintragung der Auflassung zugunsten der Beklagten vom 17.10.2008 ging erst am 20.10.2008 beim Grundbuchamt ein. Gemäß § 879 Abs. 1 BGB wäre danach von der Vorrangigkeit der Zwangssicherungshypothek auszugehen. Gemäß § 883 Abs. 1 BGB geht hier jedoch der Eigentumserwerb der Beklagten der Zwangssicherungshypothek vor, weil er durch eine bereits am 11.03.1994 eingetragene Vormerkung geschützt war. Der Umstand, dass der Anspruch auf Rückauflassung des Grundstücks an die Beklagten unter Bedingungen stand, ist unschädlich (§ 883 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Darauf, ob der Sohn der Beklagten, wie diese behaupten, den Anspruch des Klägers, den die Zwangsicherungshypothek sichert, nur als Opfer einer arglistigen Täuschung begründet hat oder ob er selbst an der Täuschung eines Dritten insoweit aktiv mitgewirkt hat, kommt es hier nicht an (Dazu unter A).

Die Vormerkung schützt den Anspruch der Beklagten auf Auflassung des Grundstücks durch ihren Sohn an sie (Dazu unter B).

Die Voraussetzungen für die Entstehung des Rückauflassungsanspruches liegen vor (Dazu unter C).

Eine Verpflichtung der Beklagten, die durch die Zwangssicherungshypothek gesicherte Forderung als Verbindlichkeit ihres Sohnes zu übernehmen, besteht nicht. (Dazu unter D).

A) Zur Relevanz der behaupteten arglistigen Täuschung

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger den Anspruch, der durch die streitgegenständliche Zwangssicherungshypothek gesichert war, durch arglistige Täuschung des Sohnes der Beklagten erworben hat. Die Beklagten verweisen insoweit auf die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 24.11.2010 (7 U 36/09; unter JURIS abrufbar), wonach ein weiterer Vertragspartner, gegen den der Kläger aus der selben Urkunde vollstreckt hat, die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 3a) und 3 b) dieser Urkunde erfolgreich für unzulässig erklären lassen konnte, weil ihm der Nachweis geglückt ist, dass der Kläger ihn arglistig getäuscht hat. Unstreitig hat der Sohn der Beklagten jedoch seinerseits innerhalb der hierfür vorgesehenen Jahresfrist nach § 124 Abs. 1 BGB keine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt. (Ausweislich der Entscheidungsgründe des OLG Brandenburg hatte der Sohn der Beklagten, dort als Zeuge K. bezeichnet, spätestens seit November 2007 Kenntnis von den angeblich arglistig verschwiegenen Verbindlichkeiten). Zwangsvollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe des Sohnes der Beklagten gegen die vom Kläger gegen ihn betriebene Zwangsvollstreckung aus der Urkunde sind nicht vorgetragen. Für das vorliegende Verfahren ist daher von einem bestehenden Anspruch des Klägers gegen den Sohn der Beklagten und von einer statthaften Zwangsvollstreckung aus der hierüber errichteten Urkunde auszugehen, ohne dass die Frage geklärt werden muss, ob der Sohn der Beklagten nun an der Täuschung des dritten Vertragspartners beteiligt war, wie der Kläger darlegt, oder ebenfalls Opfer einer Täuschung durch den Kläger geworden ist, wie die Beklagten meinen.

B) Gegenstand der Vormerkung

Unstreitig haben die Beklagten das streitgegenständliche Grundstück mit Urkunde vom 31.01.1983 ihrem Sohn „rein schenkweise“ (vgl. Vertragstext XII 3.) übertragen, sich dabei jedoch ein unentgeltliches Rückerwerbsrecht vorbehalten. Eine dingliche Absicherung dieses Rückerwerbsrechts sollte zunächst ausdrücklich nicht erfolgen. Unstreitig erwirkten die Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung, wobei im Grundbucheintrag auf die einstweilige Verfügung des AG Altötting vom 10.03.1994 Bezug genommen wird. Diese Vormerkung sichert den Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks, wie er sich aus dem Vertrag vom 31.01.1983 ergibt. Eine andere Anspruchsgrundlage für den durch eine Vormerkung dinglich zu sichernden Auflassungsanspruch gab es nicht. Eine solche war aber auch nicht erforderlich. Die Argumentation der Berufungserwiderung, aus dem Umstand, dass die Vormerkung im Wege einer einstweiligen Verfügung eingetragen worden sei, folge, dass ihr kein vertraglich geregelter Anspruch zugrunde liege, ist demgegenüber schlicht nicht nachvollziehbar. Es gab den – bedingten – Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks, als die einstweilige Verfügung erging. Die dort angeordnete Vormerkung wollte und sollte den vertraglichen Anspruch auf Rückübertragung schützen. Soweit die erst am 20.10.2008 dem Grundbuchamt vorgelegte Auflassung des Grundstücks an die Beklagten auf dem Rückübertragungsanspruch aus dem Vertrag vom 31.01.1983 beruht, ist sie danach durch die Vormerkung geschützt, woraus folgt, dass nach dem 11.03.1994 eingetragene Rechte dem Auflassungsanspruch der Beklagten gegenüber nachrangig sind.

C) Eintritt der Bedingung für die Entstehung des Rückauflassungsanspruchs

Die Bedingung, unter der das Rückerwerbsrecht entstehen sollte, ist eingetreten.

1) Entgegen der von den Beklagten insoweit vertretenen Auffassung genügt dafür freilich die bloße Gefahr, dass der Sohn der Beklagten das Eigentum an dem Grundstück verlieren würde, nicht. Der Vertragstext benennt insoweit deutlich präzisere Voraussetzungen, unter denen den Beklagten die Geltendmachung des Rückerwerbsrechts zustehen sollte.

2) Das Landgericht hat nach der Einvernahme des Sohnes der Beklagten als Zeugen die Auffassung vertreten, diese Bedingungen hätten zum Zeitpunkt, zu dem dann die Rückübertragung gefordert wurde, (Schreiben der Beklagten vom 10.05.2008 (B 2), dessen Erhalt der Sohn als Zeuge bestätigte, und das die Grundlage der Beurkundung der Rückauflassung im August 2008 wurde) nicht vorgelegen, da vom Sohn der Beklagten keine konkrete Gefahr der Veräußerung des Grundstücks ausging, weil er noch keine konkreten Kaufinteressenten an der Hand hatte, mit seiner Mitteilung der Verkaufsabsichten gegenüber seinem Vater vielmehr lediglich „abtasten“ wollte, wie dieser hierzu stünde. Mit dieser Interpretation des Vertrages vom 31.01.1983 verkennt das Erstgericht die Voraussetzungen für die Entstehung des Rückerwerbsrechts der Beklagten und schöpft andererseits den hierzu vorhandenen Vertragstext nicht vollständig aus.

3) Sinn und Zweck der Bestimmung war es, den Grundbesitz „in der Familie“ zu behalten. Der Vertragstext verweist insoweit einerseits darauf, dass der Begriff der Veräußerung nach den „grunderwerbsteuerrechtlichen Bestimmungen“ zu erfassen sein soll. Andererseits sollte bereits mit der Vermietung und Verpachtung das Rückerwerbsrecht der Beklagten entstehen. Berücksichtigt man, dass durch den Rückerwerb die Wirksamkeit von Miet- oder Pachtverträgen nicht beeinflusst werden kann, so zeigt dies, dass der Vertragszweck insoweit nur dann erfüllt werden kann, wenn bereits die Absicht des Beschenkten, das Grundstück zu verpachten bzw. das von ihm darauf errichtete Gebäude zu vermieten, den Rückerwerbsanspruch begründen sollte.

a) Das spricht dafür, dass auch die Absicht, das Grundstück zu verkaufen, für die Entstehung des Rückerwerbsanspruchs unbeschadet der ausdrücklichen Vereinbarung einer Hinweispflicht des Beschenkten nach § 510 BGB a.F., jetzt 469 BGB, ausreichend sein musste. Auch dass im Hinblick auf die unterbliebene dingliche Absicherung des Rückerwerbsanspruchs der Beklagten ein Hinweis nach abgeschlossenem Vertrag das Rückerwerbsrecht ins Leere laufen würde, zeigt, dass die Vertragsparteien davon ausgegangen sein müssen, dass der Beschenkte die Schenker vorab über entsprechende Absichten informieren würde.

b) Der Hinweis auf die grunderwerbsteuerrechtlichen Bestimmungen nimmt ersichtlich auf § 1 Abs. 1 Grunderwerbssteuergesetz Bezug, wonach die Steuerschuld nicht nur bei Veräußerungsverträgen wie z.B. Kaufverträgen anfällt, sondern auch bei anderen Eigentumsübertragungen, insbesondere auch bei Auflassungen, denen gerade keine schuldrechtliche Verpflichtung zugrunde liegt. Auch dies zeigt deutlich, dass eine Interpretation der vertraglichen Bestimmungen der Voraussetzungen des Rückerwerbsrechts nicht einengend auf wirksame Kaufverträge oder dergleichen statthaft ist. Schon deshalb genügt hier die Ankündigung des Sohnes, er beabsichtige die Veräußerung des Grundstücks, um die Rechtsgrundlage für die Geltendmachung des Rückübertragungsrechts nach Maßgabe der Bestimmungen des Vertrages vom 31.01.1983 zu begründen.

 

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c) Die Annahme des Erstgerichts, zur Begründung des Rückerwerbsrechts hätte sich der Sohn um Kaufinteressenten bemühen müssen, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil Kaufinteressenten durch die Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten abgeschreckt sein würden. Der Hinweis des Klägers darauf, dass sich Kaufinteressenten durch die Eintragung eines Vorkaufsrechts nicht zwingend abschrecken lassen, überzeugt in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht, weil hier kein Vorkaufsrecht, sondern eine Auflassungsvormerkung ausweislich des Grundbuchs besteht. Anders als im Falle eines Vorkaufsrechts vermag der Käufer auch durch die Gestaltung des Kaufvertrages keinen Einfluss darauf zu gewinnen, ob er wirksam Eigentum wird erwerben können oder nicht. Zwar war nach der ursprünglichen Vertragsgestaltung eine Vormerkung des Anspruchs auf Rückübertragung des Grundeigentums gerade nicht vorgesehen. Die Parteien waren sich aber dieser Möglichkeit ausweislich des Vertragstextes schon am 31.01.1983 bewusst.

d) Weiterhin übersieht die landgerichtliche Entscheidung, dass die Beklagten die Ankündigung ihres Sohnes, er beabsichtige den Verkauf des Grundstücks, unstreitig ernst genommen haben. Dass dieser womöglich mit dieser Ankündigung nur testen wollte, ob seine Eltern eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks durch ihn tolerieren würden, spielt im Hinblick auf die klare Regelung des § 116 Satz 1 BGB gerade keine Rolle. Die Ausübung des Rückerwerbsrechts am 10.05.2008 und die am 11.08.2008 getroffene Vereinbarung über die Abwicklung des Rückübertragungsanspruchs erfolgten aufgrund der (bei der Beurkundung nochmals wiederholten) Ankündigung des Sohnes der Beklagten, er beabsichtige andernfalls, das Grundstück zu verkaufen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten im Sinne von § 116 Satz 2 BGB erkennen konnten, dass ihr Sohn ihnen die Verkaufsabsicht nur vorspiegelte, werden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

3) Sachvortrag dafür, dass die Beklagten gemeinsam mit ihrem Sohn agiert hätten, um die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu vereiteln, findet sich nicht und ist auch nicht plausibel, zumal zwischen der Aufsetzung der Urkunde über den Rückerwerb am 11.08.2008 und deren Vorlage beim Grundbuchamt am 20.10.2008 mehr als zwei Monate vergingen. Wäre der Rückerwerb im Hinblick auf die sich abzeichnende Zwangsvollstreckung von Gläubigern vorgenommen worden, wäre der Antrag auf Eintragung im Grundbuch zügiger vorgelegt worden. Im übrigen ergibt sich aus Sicht der Beklagten angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihres Sohnes zwangsläufig, dass sie damit rechnen mussten, dass das mit der ursprünglichen Schenkung des Grundstücks an ihren Sohn verfolgte Ziel, das Grundstück längerfristig in Familienbesitz zu behalten, nicht erreicht werden könnte, wenn dieser als Eigentümer im Grundbuch bliebe. Schon deshalb hatten sie, auch wenn sie über das genaue Ausmaß seiner wirtschaftlichen Probleme nicht im Bilde gewesen sein mögen, keinen Grund, an der Plausibilität der von diesem geäußerten Verkaufsabsichten zu zweifeln.

4) Vor diesem Hintergrund ist der Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an dem Grundstück, so wie im Vertrag vom 31.01.1983 vorgesehen, spätestens mit der Einigung hierüber am 11.08.2008 auch entstanden, denn hier hat der Sohn der Beklagten noch einmal rechtsverbindlich erklärt, er beabsichtige, das Grundstück zu veräußern. Da dieser Anspruch unmittelbar aus dem Vertrag vom 31.01.1983 folgt, wird er durch die Vormerkung vom 11.03.1994 auch erfasst. Unabhängig davon geht der Senat davon aus, dass die Beklagten in dem Schreiben vom 10.05.2008 ihr Rückerwerbsrecht durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung wirksam ausgeübt haben (die Frage nach der Rechtsnatur der Erklärung, mit der das Rückerwerbsrecht ausgeübt wird, mag offenbleiben (so auch BGH, NJW 2000, 1332 m.w. N.)). Formbedürftig war diese Erklärung nach dem Regelungsgedanken des § 456 Abs. 1 Satz 2 BGB = § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.) jedenfalls nicht.

5) Die Auffassung des Klägers, das hier vereinbarte unentgeltliche Rückerwerbsrecht stelle ein Wiederkaufsrecht dar, bei dem der Kaufpreis von vornherein auf Null festgesetzt werde, vermag daran im Ergebnis nichts zu ändern. Entscheidungserheblich ist allein, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um von der Entstehung dieses Rückerwerbsrechtes ausgehen zu können. Ob dieses Recht im Übrigen an den §§ 497 ff a.F. BGB bzw. jetzt inhaltsgleich § 456 ff BGB (für letzteres Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, 71. Auflage, Art. 229 EGBGB § 5 Rn. 3) zu messen ist, spielt für die Beurteilung des vorliegenden Falles keine Rolle, wenn wie hier der Anspruch der vorgeblichen Wiederkäufer durch Vormerkung dinglich gesichert war (vgl. schon Putzo in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, 58. Auflage § 499 BGB (= a.F.) Rn. 4; wortlautidentisch Weidenkaff in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, 71. Auflage § 458 BGB (= n.F.) Rn. 4). Der Senat geht insoweit davon aus, dass die Bestimmungen über den Wiederkauf jedenfalls entsprechend auf die vorliegende Konstellation anwendbar sind.

6) Die Auffassung des Klägers, der Sohn der Beklagten habe sich bei Abgabe der schuldrechtlichen und dinglichen Erklärungen in der Urkunde vom 11.08.2008 in einem Irrtum über seine Verpflichtung zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen befunden und könne diese daher anfechten, ist schon im Ausgangspunkt unzutreffend, da der Rückübertragungsanspruch der Beklagten nach dem Vertrag vom 31.01.1983 tatsächlich bestand. Im übrigen würde aus der bloßen Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts nicht schon dessen Unbeachtlichkeit folgen (arg. e. § 142 Abs. 1 BGB) und eine Anfechtungserklärung wurde im vorliegenden Prozess auch gar nicht behauptet. Dass das Rückerwerbsrecht als solches durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt werden kann, zeigt zudem, dass es auf eine Anfechtbarkeit der vom Sohn der Beklagten in diesem Zusammenhang abgegebenen Willenserklärungen gar nicht ankommen kann. Notwendig ist insoweit allein seine die dingliche Einigung (Auflassung) herbeiführende Willenserklärung. Im Hinblick auf die dingliche Absicherung des Auflassungsanspruchs der Beklagten durch eine Vormerkung würde aber die Anfechtung der dinglichen Erklärung durch den Sohn der Beklagten keinen dauerhaften Effekt erzielen können.

D) Keine Pflicht zur Übernahme der Verbindlichkeit

Bereits in der Klageschrift hatte der Kläger die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagten müssten die Zwangsvollstreckung aus der Zwangssicherungshypothek schon deshalb dulden, weil sie im Vertrag vom 31.01.1983 sich im Fall der Ausübung des Rückerwerbsrechts verpflichtet hatten, „die dann bestehenden Verbindlichkeiten“ zu übernehmen. Dieser Rechtsauffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Verbindlichkeiten, die von den Beklagten im Fall der Ausübung des Rückerwerbsrechts zu übernehmen waren, wurden in dem Vertrag vom 31.01.1983 näher spezifiziert. Keineswegs lässt sich dem Vertrag entnehmen, dass die Beklagten, um das Rückerwerbsrecht ausüben zu können, sämtliche dann vorhandenen Schulden ihres Sohnes zu übernehmen hätten. Die Bestimmung sieht vielmehr vor, dass die Beklagten die „dann bestehenden Verbindlichkeiten“ zu übernehmen, sämtliche von der künftigen Ehefrau des Erwerbers erbrachten Eigenleistungen und die Hälfte der vom Erwerber und seiner künftigen Ehefrau erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen für das geplante Bauvorhaben zu ersetzen hatten. Das zeigt im Kontext, dass der Begriff der Verbindlichkeiten offensichtlich objektbezogen zu verstehen ist. Gemeint sind ersichtlich die Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem damals beabsichtigten Hausbau stehen. Der Anspruch des Klägers, der der von ihm erwirkten Zwangssicherungshypothek zugrunde liegt, rührt ersichtlich nicht aus diesem Bauvorhaben her. Im Übrigen folgt aus dem Ausdruck „bestehend“, dass wohl an die Verbindlichkeiten gedacht wurde, die zum Zeitpunkt der Ausübung des Rückerwerbsrechts bereits am Grundstück dinglich abgesichert waren. Die Eintragung der Zwangssicherungshypothek erfolgte jedoch erst, nachdem die Beklagten ihrem Sohn gegenüber ihr Rückerwerbsrecht geltend gemacht hatten.

II.

Kosten: § 91 ZPO.

III.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Unterbliebene Revisionszulassung

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Entscheidungserheblich war, vom zwischen den Parteien unstreitigen Regelungsgehalt der §§ 879ff BGB abgesehen die Auslegung einer individuellen vertraglichen Vereinbarung eines unentgeltlichen Rückerwerbsrechts. Über den Rechtskreis der Beteiligten hinaus können die dabei zu klärenden Rechtsfragen keine Bedeutung gewinnen.

 

 

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