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Wirksamkeit des Erlasses der gesetzlichen Gebühren durch einen Notar

OLG Celle – Az.: 2 W 19/11 und 2 W 20/11 – Beschluss vom 24.02.2011

Die am 21. Januar 2011 bei dem Oberlandesgericht Celle und am 25. Januar 2011 bei dem Landgericht Lüneburg eingegangenen Beschwerden der Kostenschuldner vom 19. Januar 2011 gegen den am 13. Januar 2011 zugestellten Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 12. Januar 2011 werden auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.028,75 €

Gründe

I.

Die gemäß den § 156 Abs. 3 KostO statthaften Beschwerden der Kostenschuldner sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Zwar sind die Rechtsmittel entgegen § 156 Abs. 5 Satz 3 KostO i.V.m. §§ 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zunächst bei dem Oberlandesgericht und nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – bei dem Landgericht eingelegt worden, das den angefochtenen Beschluss erlassen hat, obgleich den Beschwerdeführern eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist. Die Einlegung bei dem Beschwerdegericht wahrte die Beschwerdefrist nicht (vgl. Zöller-Feskorn, ZPO, 28. Aufl. § 64 FamFG Rdnr. 3). Indessen hat das für die Einlegung der Beschwerde unzuständige Oberlandesgericht pflichtgemäß die Beschwerdeschrift im normalen Geschäftsgang an das erstinstanzliche Gericht weitergeleitet (vgl. Zöller-Feskorn a.a.O.). Dort ist die Beschwerdeschrift am 25. Januar 2011, also noch vor Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist, eingegangen.

II.

In der Sache haben die Beschwerden der Kostenschuldner keinen Erfolg.

Der Senat ist an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Eine nochmalige Anhörung der vorgesetzten Dienstbehörde des Notars war entbehrlich, weil die vorgesetzte Dienstbehörde des Notars bereits in ihrer Stellungnahme vom 2. Dezember 2010 gegenüber dem Landgericht mitgeteilt hat, dass eine Stellungnahme nicht beabsichtigt sei. Die Stellungnahme der Kostenschuldner vom 24. Februar 2011 zur Beschwerdeerwiderung des Notars im Schriftsatz vom 14. Februar 2011 lag dem Senat bei seiner Beschlussfassung vor.

Mit Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss angenommen, dass die Einwendungen der Kostenschuldner gegen die Kostenrechnungen des Notars unbegründet sind. Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Landgerichts zu, dass ein wirksamer Gebührenerlass nicht vorliegt.

Für die Gebührenforderung des Notars ist es ohne Bedeutung, ob die Behauptung der Kostenschuldner zutrifft, dass der Notar bei der Erstellung des Entwurfs des Grundstückskaufvertrages und bei der Beurkundung erklärt habe, dass die Kostenschuldner die Beurkundungskosten für den Kaufvertrag und die Bestellung der Grundschuld nicht bezahlen müssten und dass die Kostenschuldner diesen Verzicht angenommen hätten.

Eine wirksame Erlassvereinbarung (§ 397 BGB) liegt jedenfalls nicht vor. Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Notare sind nämlich nach § 140 Satz 2 KostO unwirksam.

Ohne Erfolg machen die Kostenschuldner wiederholt geltend, dass es sich bei der Vorschrift des § 140 KostO nicht um ein beiderseitiges Verbotsgesetz im Sinne der privatrechtlichen Vorschrift des § 134 BGB, sondern nur um eine Ordnungsvorschrift handele. Die Kostenschuldner verkennen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 108, 268 Rz. 11) der Kostenanspruch des Notars öffentlich-rechtlicher Natur ist (§ 17 Abs. 1 BNotO). Der Notar nimmt seine Amtsgeschäfte aufgrund seiner Eigenschaft als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege wahr. Das Rechtsverhältnis, in dem er zu den Beteiligten steht, ist kein privatrechtlicher Vertrag. Dementsprechend wird der öffentlich-rechtliche Charakter der dem Notar zustehenden Gebühren auch durch das Verbot der Gebührenvereinbarung und durch die Möglichkeit der vereinfachten Titulierung gemäß § 155 KostO hervorgehoben. Wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters sind die Kosten des Notars nach § 140 Satz 2 KostO jeglicher Vereinbarung entzogen, die sich auf die Höhe auswirkt. Die Vorschrift statuiert nicht nur eine – ggfs. disziplinarrechtlich sanktionierte – Amtspflicht des Notars, von derartigen Kostenvereinbarungen abzusehen, sondern begründet unmittelbar deren Unwirksamkeit (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl. § 17 Rdnr. 4). Irgendeine Vereinbarung über die Höhe der Kosten und erst recht über das Ob von Kosten ist wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters dieser Kosten und der Pflicht des Notars zur Erhebung der gesetzlichen Vergütung schlechthin verboten und nichtig (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 140 KostO Rdnr. 4). Gleichwohl getroffene Kostenvereinbarungen befreien den Kostenschuldner mithin nicht von der Pflicht zur Kostenzahlung und den Notar nicht von der Pflicht zur Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Kosten (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler a.a.O.).

Die Kostenschuldner weisen zwar zu Recht darauf hin, dass § 17 Satz 2 letzter Halbsatz BNotO dem Notar einen Gebührenerlass gestattet, wenn der Erlass durch eine sittliche Pflicht oder durch eine auf den Anstand zu nehmende Rücksicht geboten ist und die Notarkammer allgemein oder im Einzelfall zugestimmt hat. Indessen hat das Landgericht mit Recht festgestellt, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, weil von der Notarkammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Celle weder eine allgemeine Zustimmung erteilt worden ist noch eine Einzelfallprüfung stattgefunden hat. Da ein Gebührenerlass oder eine Gebührenermäßigung im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 2 BNotO voraussetzen, dass eine fällige Forderung des Notars besteht und dass die Notarkammer die notwendige Zustimmung bereits erteilt hat , scheidet auch die Genehmigung (nachträgliche Zustimmung) der behaupteten Erklärungen des Notars über einen Gebührenerlass aus. Vielmehr muss im Zeitpunkt des Erlasses die Einwilligung der Notarkammer vorliegen. Die fehlende Zustimmung ist mithin nicht heilbar. Entgegen der Ansicht der Kostenschuldner ist auch nicht zu prüfen, wie die Rechtslage wäre, wenn der Notar die Zustimmung der Notarkammer zu dem behaupteten Gebührenerlass rechtzeitig eingeholt hätte. Die Kostenschuldner verkennen, dass der Notar ihnen gegenüber auf Grund der behaupteten Erklärungen zu einem Verzicht auf die Kosten der Beurkundung nicht verpflichtet war, die Zustimmung der Notarkammer einzuholen. Die behauptete Erlassvereinbarung war aus den oben näher erläuterten Gründen nichtig, so dass die Kostenschuldner aus dieser behaupteten Abrede gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Kostenanspruch des Notars keine Einwendungen herleiten können. Hinzu kommt, dass die Kostenforderung des Notars entgegen der Rechtsansicht der Kostenschuldner bereits fällig ist, nachdem der Notar die streitbefangenen Kostenrechnungen erteilt hat. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, dass der Notar bei einer anderen Büromitarbeiterin keine Abrechnung seiner Notargebühren vorgenommen haben soll. § 17 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz BNotO begründet keinen Rechtsanspruch des Kostenschuldners auf den Erlass oder die Ermäßigung von Gebühren unter den dort genannten Voraussetzungen, sondern gestattet dem Notar lediglich den Erlass oder die Ermäßigung nach vorheriger Zustimmung der Notarkammer.

Die Annahme einer Verwirkung der Gebührenforderung scheidet wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters ebenfalls aus, weil damit die gesetzliche Verpflichtung des Notars zur Erhebung der gesetzlichen Gebühren konterkariert würde.

Mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht angenommen, dass die Kostenerhebung auch nicht an unrichtiger Sachbehandlung im Sinne von §§ 16, 141,143 Abs. 1 KostO, 17 Abs. 1 Satz 2 BNotO scheitert.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 156 Abs. 6 Satz 2, 131 Abs. 1 Nr. 1, 136 – 139 KostO und hinsichtlich der unterbliebenen Anordnung der Erstattung der den Kostenschuldnern im vorliegenden Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten auf § 156 Abs. 5 Satz 3 KostO i. V. m. § 84 FamFG.

2. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 1 Abs. 1, 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 Satz 1 KostO.

3. Die Rechtsbeschwerde, die gemäß §§ 156 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 3 KostO, 70 Abs. 1 FamFG der Zulassung durch das Oberlandesgericht bedarf, war nicht zuzulassen, weil diese Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 70 Abs. 2 FamFG). Die Entscheidung des Senats steht in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Rechtsnatur der Kostenforderung des Notars.

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