OLG München – Az.: 34 Wx 421/16 – Beschluss vom 28.06.2017
1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Passau – Grundbuchamt – vom 10. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.500,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1, die Ehefrau des Beteiligten zu 2 und Mutter der Beteiligten zu 3, ist im Grundbuch als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen. Die Beteiligten zu 1 und 2 leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Mit notarieller Urkunde vom 10.08.2016 ließ die Beteiligte zu 1 den Grundbesitz an die Beteiligte zu 3 auf.
In Nr. XII. des Überlassungsvertrages ist bestimmt:
1.
Der Erwerber verpflichtet sich, das Vertragsobjekt auf seine Kosten an den Veräußerer zum Alleineigentum auf Verlangen des heutigen Veräußerers zu übertragen und zu übereignen.
Für den Fall, dass die Veräußerin vor ihrem Ehemann, Herrn Raimund K., … versterben sollte, wird der Anspruch unabhängig von Entstehung/Geltendmachung an Herrn Raimund K. abgetreten, soweit die Ehe zu diesem Zeitpunkt noch besteht und kein Scheidungsantrag rechtshängig ist, so dass dieser die Übertragung an sich zu Alleineigentum verlangen kann.
Frau Irmgard K. und Herr Raimund K. sind nachstehend jeweils auch „Berechtigter“ genannt.
Der Berechtigte kann das Verlangen stellen, wenn …
…
5.
Zur Sicherung des bedingten Übereignungsanspruchs der Veräußerin und deren Ehemann bewilligen und beantragen die Veräußerin und der Erwerber am Vertragsobjekt im Grundbuch die Eintragung einer entsprechenden befristeten Auflassungsvormerkung für die Veräußerin und (aufgrund der bedingten Abtretung) für deren Ehemann Herrn R.K., ….
Zur vorstehenden Vormerkung wird klargestellt, dass die Vormerkungswirkung auf die Lebenszeit des längerlebenden Berechtigten beschränkt ist.
…
Voraussetzungen für das Verlangen der Rückübereignung sind die Veräußerung durch die Erwerberin ohne Zustimmung, das Vorversterben der Erwerberin, Insolvenz über das Vermögen der Erwerberin, Zwangsversteigerung des Grundstücks oder Antrag auf Scheidung der Ehe der Erwerberin.
Den Antrag vom 26.08.2016 auf grundbuchamtlichen Vollzug der Urkunde wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 10.10.2016 mit der Begründung zurück, die in Ziff. XII. Nr. 5 bewilligte Vormerkung sei so nicht eintragungsfähig. Es sei ausdrücklich beantragt, für den Beteiligten zu 2 eine Vormerkung einzutragen. Die Eintragung der aufschiebend bedingten Anspruchsabtretung sei weder beantragt noch bewilligt, aber auch nicht eintragungsfähig. Das Grundbuch würde durch die Eintragung des Ehemanns als nachfolgenden Berechtigten vor Bedingungseintritt unrichtig. In Fällen, bei denen der Anspruch zunächst einer Person allein zustehe und der Anspruch einer zweiten Person aufschiebend bedingt auf den Tod der ersten Person entsteht, komme nur die Eintragung von zwei Vormerkungen in Betracht. Da von einem verbundenen Antrag ausgegangen werde, sei dieser insgesamt zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 02.11.2016 legte der Notar Beschwerde ein und führte aus, es handle sich nur um einen Anspruch, welcher durch eine Vormerkung gesichert werden könne. Der ursprünglich allein der Ehefrau zustehende Anspruch werde unter bestimmten Voraussetzungen an den Ehemann abgetreten. Eine solche Abtretung sei möglich, da es sich nicht um ein nicht übertragbares Recht handle.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II.
1. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig, §§ 73, 15 Abs. 2 GBO. Der Notar beschränkt sich zwar darauf, das Rechtsmittel einzulegen, ohne die Personen zu bezeichnen, für die er es einlegt. Aus der im Antrag erwähnten Norm des § 15 GBO erwächst dem Notar kein eigenständiges Antragsrecht, somit auch keine Beschwerdebefugnis (KG RNotZ 2014, 311 312 f. m. w. N.). Indessen erlaubt die Beschwerdeschrift die Auslegung, dass der Notar das Rechtsmittel für alle Antragsberechtigten einlegt (Demharter GBO 30. Aufl. § 15 Rn. 20; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 227); dies sind die Beteiligten zu 1 und 3 als Veräußerer und Erwerber, sowie der Beteiligte zu 2 als unmittelbar Begünstigter der Vormerkung des bedingt abgetretenen bedingten Rückübereignungsanspruchs.
2. Das Rechtsmittel gegen die vom Grundbuchamt abgelehnte Eintragung der Auflassungsvormerkung ist unbegründet; denn die Eintragung der Vormerkung ohne Abtretungsvermerk würde das Grundbuch unrichtig machen.
a) Der (gemischte) Antrag gem. §§ 13, 30 GBO wurde von der Beteiligten zu 1 als Begünstigter und der Beteiligten zu 3 als Betroffener und damit von Antragsberechtigten gestellt. Er ist gerichtet auf die Eintragung einer „entsprechenden befristeten Auflassungsvormerkung für die Veräußerin und (aufgrund der bedingten Abtretung) für deren Ehemann“ zur Sicherung eines Rückübertragungsanspruchs. Der Eintragungsantrag ist nicht eindeutig, denn in Betracht käme die Eintragung einer Vormerkung für beide Berechtigte, gegebenenfalls mit Abtretungsvermerk, oder die Eintragung jeweils einer Vormerkung für jeden Berechtigten. Als verfahrensrechtliche Erklärung ist der Eintragungsantrag einer Auslegung zugänglich (vgl. Demharter § 13 Rn. 15 m.w.N.). Jedoch hat der bevollmächtigte Notar auf Nachfrage des Grundbuchamts am 14.09.2016 erklärt, gewollt sei nur eine Vormerkung, da nur ein Anspruch bestehe. Dieser eine Anspruch werde bedingt an den Beteiligten zu 2 abgetreten. Die vom Grundbuchamt thematisierte Möglichkeit der Eintragung eines Abtretungsvermerks hat der Notar weder in der Stellungnahme vom 14.09.2016 noch in der Beschwerdebegründung aufgegriffen. Für eine Auslegung, dass ein solcher Antrag gestellt sein sollte, ist daher kein Raum.
b) Der hier zu sichernde Anspruch kann grundsätzlich durch nur eine Vormerkung gesichert werden.
aa) Eine Vormerkung, die einen – auch nur bedingten – Rückübereignungsanspruch sichert, ist gem. § 883 BGB eintragungsfähig. Wegen der strengen Akzessorietät kann eine einzige Vormerkung grundsätzlich nur dann genügen, wenn es sich auch nur um einen zu sichernden Anspruch handelt. Mehrere verschiedene Ansprüche können dagegen nicht durch eine einzige Vormerkung gesichert werden, vielmehr sind ebenso viele Vormerkungen erforderlich, wie Ansprüche gegeben sind (BayObLGZ 1984, 252/254; Demharter Anhang zu § 44 Rn. 108). Sollen mehrere Personen einen Anspruch auf die Rückübertragung haben, ist nicht zwangsläufig von mehreren Ansprüchen auszugehen. Diese Problematik wird in Rechtsprechung und Literatur unter den Stichworten „Alternativberechtigung“ und „Sukzessivberechtigung“ diskutiert, wobei die Terminologie nicht einheitlich ist (vgl. zum Meinungsstand Schöner/Stöber GBO 15. Aufl. Rn. 261a ff.; Meikel 9. Aufl. GBV Rn. 150a ff.; Demharter Anhang zu § 44 Rn. 108). Unter Sukzessivberechtigung wird ein Wechsel auf der Gläubigerseite eines Rechts verstanden, der die Identität des einen und einzigen Rechts(verhältnisses) nicht beeinträchtigt, weil der Wechsel bei Begründung des Rechts von vorneherein für den Fall des Eintritts bestimmter Ereignisse vereinbart ist (Schöner/Stöber Rn. 261a).
Ein solcher Wechsel kann jedenfalls durch (Voraus-)Abtretung des Anspruchs (§§ 398, 158 BGB) herbeigeführt werden. Dies steht nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 30.10.1984 (BayObLGZ 1984, 252), in der ein Fall der Alternativberechtigung für den Fall angenommen wurde, dass Veräußerer und Erwerber einen Rückauflassungsanspruch für den Fall vereinbart hatten, dass der Veräußerer den Erwerber überlebt, und dass ein Dritter die Rückauflassung fordern kann, wenn der Veräußerer vor dem Dritten stirbt, der Dritte aber den Erwerber überlebt. Eine bedingte (Voraus)abtretung hat das Bayerische Oberste Landesgericht nicht angenommen; es ging folgerichtig von zwei Ansprüchen aus, die durch zwei Vormerkungen zu sichern seien. Denn nach dem dortigen Vertrag sei der Anspruch des Veräußerers gegen den Erwerber auf Rückauflassung von der aufschiebenden Bedingung abhängig, dass der Veräußerer den Erwerber überlebe. Wenn der Veräußerer den Rückauflassungsanspruch schon voll wirksam erworben habe, falle dieser in den Nachlass des Veräußerers und nicht dem Dritten zu. Nur bei Vorversterben des Veräußerers, ohne dass der Rückübereignungsanspruch schon von diesem voll wirksam erworben war, sollte der Dritte den Rückauflassungsanspruch erwerben können. Denn es sei nicht plausibel, warum zwar das Eigentum an dem Grundstück gegebenenfalls vom Veräußerer auf seine Erben übergehen sollte, nicht aber der schon entstandene Rückauflassungsanspruch.
Anders stellt sich dies jedoch dar, wenn ein und derselbe Anspruch unter den genannten Voraussetzungen zuerst dem Veräußerer und nach dessen Ableben – unabhängig davon, ob er schon geltend gemacht wurde oder nicht – in Folge einer bedingt erklärten Abtretung dem Dritten zustehen sollte. In Fällen der Vorausabtretung erfolgt der Wechsel in der Person des Gläubigers unter Wahrung der Identität des Anspruchs (vgl. Schöner/Stöber Rn. 261b; Rastätter BWNotZ 1994, 27ff. [28]; Amann MitBayNot 1990, 225 ff [226]; Thüringer Oberlandesgericht Beschluss vom 31.03. 2014 – 3 W 82/14 -, juris Rn. 7).
bb) So ist es hier. Die Beteiligte zu 1 hat in der notariellen Urkunde den Anspruch an den Beteiligten zu 2 bedingt (voraus)abgetreten. Die Beteiligten wollen den Übergang des Rückübertragungsanspruchs nicht allein durch den Einsatz der auflösenden Bedingung des Vorversterbens der Beteiligten zu 1 bzw. der aufschiebenden Bedingung des Überlebens des Beteiligten zu 2 herbeiführen. Der bedingte Rückübertragungsanspruch steht der Beteiligten zu 1 bis zu ihrem Tod alleine zu und geht mit dem Tod infolge der vereinbarten Vorausabtretung an den Beteiligten zu 2 über, soweit die weiteren Bedingungen gegeben sind. Der Anspruch ist unabhängig von Entstehung oder Geltendmachung abgetreten, sodass der Anspruch auch auf den Beteiligten zu 2 übergeht, wenn die Beteiligte zu 1 nach Bedingungseintritt, aber vor Rückübertragung stirbt. Es liegt demgemäß eine Fall der Sukzessivberechtigung und daher nur ein Anspruch vor, der durch nur eine Vormerkung gesichert werden kann.
c) Obwohl nur ein durch eine Vormerkung zu sichernder Anspruch vorliegt, hat das Grundbuchamt trotzdem zu Recht die beantragte Eintragung abgelehnt. Denn die bedingte Abtretung muss im Grundbuch verlautbart werden, nach dem gestellten Antrag sollte eine solche Eintragung jedoch nicht vorgenommen werden.
aa) Das Grundbuchamt hat zwar die sachliche Richtigkeit der Eintragung grundsätzlich nicht nachzuprüfen. Es muss jedoch eine Eintragung selbst bei Vorliegen aller verfahrensrechtlichen Voraussetzungen dann verweigern, wenn es auf Grund von Tatsachen zweifelsfreie Kenntnis davon hat, dass durch die Eintragung ein im Widerspruch zur Rechtslage stehender Rechtszustand verlautbart und das Grundbuch dadurch unrichtig würde (OLG Schleswig RPfleger 2013, 79; Demharter Einl. Rn. 1). Dem Vollzug der Eintragung steht mithin das Legalitätsprinzip entgegen. Der Vermerk über die bedingte Abtretung muss zur Vermeidung einer Grundbuchunrichtigkeit eingetragen werden (vgl. KEHE/Keller Grundbuchrecht 7. Aufl. 2014 Einleitung Rn. 36). Fehlt dieser Zusatz, ist das Grundbuch unrichtig (BayObLG DNotZ 1986, 496). Es wäre dann nämlich eine Vormerkung zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs für die Beteiligten zu 1 und 2 verlautbart. Tatsächlich soll der zu sichernde Rückübertragungsanspruch dem Beteiligten zu 2 aber erst sukzessiv mit Vorversterben der Beteiligten zu 1 zustehen, nicht jedoch schon aktuell. Das im Grundbuch Verlautbarte würde damit mit der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmen.
bb) Ein solcher Vermerk kann, entgegen der Rechtsansicht des Grundbuchamts, im Grundbuch bei der Vormerkung eingetragen werden (vgl. BayObLG DNotZ 1986, 496; Thüringer Oberlandesgericht Beschluss vom 31.03. 2014 – 3 W 82/14 -, juris Rn. 7). Der vom Grundbuchamt zitierten Meinung von Schöner/Stöber (siehe dort Rn. 1516) ist nicht zu folgen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.07.2016, BeckRS 2016, 116877 m.w.N.). Es soll nämlich nicht eingetragen werden, dass infolge der Abtretung der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch schon übergegangen ist, sondern – in Form eines entsprechenden Vermerks – die Tatsache, dass eine bedingte Abtretung stattgefunden hat (vgl. BayObLG DNotZ 1986, 496).
3. Soweit das Grundbuchamt von einem verbundenen Antrag nach § 16 Abs. 2 GBO ausgegangen ist und davon abgesehen hat, die in Ziff. III. der notariellen Urkunde beantragte und bewilligte Auflassung ohne die beantragte Rückübereignungsvormerkung einzutragen, wurde das von den Beschwerdeführern nicht beanstandet.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Beteiligten schon nach dem Gesetz (§ 22 Abs. 1 GNotKG) die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen haben.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 61 Abs. 1, § 45 Abs. 3 GNotKG. Für die Eintragung einer Vormerkung, die einen unter einer oder mehreren Bedingungen stehenden Rückübertragungsanspruch sichert, kommt es regelmäßig auf die Hälfte des Grundstückswertes an (OLG München FGPrax 2015, 230). Für die Bewertung von Rückauflassungsvormerkungen ist über die Verweisung in § 45 Abs. 3 GNotKG die Vorschrift des § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG entsprechend anzuwenden. Die Rückauflassungsvormerkung ist in § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG zwar nicht explizit genannt. Sie steht dem ausdrücklich kostenmäßig privilegierten Vorkaufs- und Wiederkaufsrecht jedoch als bedingtes Recht deutlich näher, als die Vormerkung zur Sicherung eines unbedingten Auflassungsanspruchs, da es lediglich um die Sicherung eines – eher unwahrscheinlichen – Rückerwerbs geht (OLG Zweibrücken FGPrax 2017, 46). Der Notar hat für seine Kostenberechnung eine Wert von 7.000,00 € zugrundegelegt, weshalb der Geschäftswert auf den hälftigen Betrag festzusetzen war.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.