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Vormerkung zur Sicherung eines Rückforderungsrechts – Löschung

Rückforderungsrecht und Grundbuchänderung: Ein Rechtsdilemma

Die komplexe juristische Auseinandersetzung dreht sich im Kern um die Fragen des Rückforderungsrechts und der daraus resultierenden Änderungen im Grundbuch. Die konkrete Problemstellung entstand durch das Verhalten eines Veräußerers, der sich das Recht vorbehalten hatte, den Vertragsgrundbesitz zurückzufordern, wenn der Erwerber ohne seine schriftliche Zustimmung über den Vertragsgrundbesitz verfügt. Die Situation wurde noch komplexer, als das Rückforderungsrecht aufgrund des Todes des Erwerbers in Kraft treten sollte. Die Schlüsselfrage, die sich aus dem vorgegebenen Fall ergibt, ist, ob das Rückforderungsrecht, das ursprünglich den erstehelichen Kindern des Verstorbenen zustand, rechtlich aufgehoben werden kann und welche Auswirkungen dies auf das Grundbuch hat.

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Erschienene Rechte und Grundbuchamt

Zunächst einmal schien der Fall klar zu sein. Der Erschienene (Beteiligter zu 2) gab sein Rückforderungsrecht gemäß der Vorurkunde auf, sodass das Recht an die erstehelichen Kinder überging. Als das Grundbuchamt jedoch über die Änderungen im Grundbuch informiert wurde, stellte es sich gegen diese Entscheidung. Das Amt argumentierte, dass die Vormerkung, die das Rückforderungsrecht sicherte, nicht ohne die Mitwirkung der erstehelichen Kinder gelöscht werden könne.

Ablehnung durch das Grundbuchamt

Das Grundbuchamt lehnte den Antrag auf Löschung der Vormerkung mit der Begründung ab, dass der Wegfall des Anspruchs des Beteiligten zu 2 nicht auch den Wegfall des Anspruchs der Kinder zur Folge habe. Es betonte, dass die Vormerkung einen eigenen Anspruch absichere und es sich bei dem Anspruch der erstehelichen Kinder um eine Alternativberechtigung handle.

Beschwerde und Rechtsinterpretation

Die Entscheidung des Grundbuchamts wurde jedoch angefochten. In der Beschwerde wurde argumentiert, dass es sich nicht um eine Alternativberechtigung handele, da das Recht der erstehelichen Kinder nur dann bestehen sollte, wenn der Beteiligte zu 2 vor seiner Ehefrau versterben sollte. Es wurde daher lediglich von einer Ersatzberechtigung ausgegangen. Zudem wurde die Vereinbarung aus dem Jahr 1993 nicht als Vertrag zugunsten Dritter gesehen, da ein eigenes Recht der erstehelichen Kinder nicht beabsichtigt gewesen sei.

Klärung des Sachverhalts und abschließende Feststellung

In der abschließenden Betrachtung des Falls wurde festgestellt, dass der Anspruch aus dem Vertrag bis zum Eintritt des Todesfalles noch zum Vermögen des Versprechensempfängers gehörte, der die Rechtsstellung der Dritten noch frei verändern konnte. Da die Bedingung des Ablebens des Beteiligten zu 2 noch nicht eingetreten war, konnte er als Versprechensempfänger die Rechtsstellung der Dritten noch ohne weiteres durch Vertrag mit der Beteiligten zu 1 als Versprechender ändern bzw. widerrufen. Diese Feststellung unterstützte die ursprüngliche Intention der Parteien, dass die Rechtsposition der Kinder jederzeit geändert oder aufgehoben werden könnte, ohne dass ihre Zustimmung erforderlich wäre.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 217/19 – Beschluss vom 29.06.2020

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Grundbuchamt – vom 24. Oktober 2018 aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen unter Beachtung der Gründe der Beschwerdeentscheidung neu über den Löschungsantrag zu entscheiden.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen. Das Alleineigentum an dem Grundstück hatte sie aufgrund Auflassung im Übergabevertrag vom 3.9.1993 von ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 2 erhalten. In dem Vertrag war unter IV. Rückübertragung geregelt:

1. Der Veräußerer behält sich das Recht vor, den Vertragsgrundbesitz zurückzufordern, wenn

a) der Erwerber ohne die schriftliche Zustimmung des Veräußerers über den Vertragsgrundbesitz verfügt, insbesondere durch Veräußerung oder Belastung,

b) über das Vermögen des Erwerbers das Konkurs- oder gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet wird,

c) die Zwangsvollstreckung in den Vertragsgrundbesitz betrieben wird, er sei denn, dass sie durch Gläubiger von Grundpfandrechten erfolgt, die mit Zustimmung des Veräußerers eingetragen wurden,

d) der Erwerber vor dem Veräußerer verstirbt, ohne dass Abkömmlinge des Veräußerers den Vertragsgrundbesitz als Erben oder Vermächtnisnehmer erhalten,

e) die Ehe der Vertragsteile, gleichgültig aus welchem Grund, geschieden wird.

3. Der Rückübertragungsanspruch …

… erlischt mit dem Tode des Berechtigten, wenn er nicht vorher – durch Absendung eines eingeschriebenen Briefes oder durch Klageerhebung – geltend gemacht wurde.

Er ist nicht übertragbar und nicht vererblich.

5. Der Anspruch gemäß vorstehender Ziffer 1. a) – d) steht, falls der Veräußerer vor dem Erwerber verstirbt, dessen Kindern aus erster Ehe,

– X.X. … X.X. … X.X. …

als Berechtigten zu gleichen Teilen zu.

Für den Anspruch gelten die vorstehenden Bestimmungen entsprechend.

6. Der jeweilige Rückforderungsberechtigte erhält für den Fall der Rückforderung beim Versterben des Erwerbers hiermit unwiderruflich Vollmacht zur Vornahme aller zur Rückübertragung erforderlichen Rechtshandlungen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB.

In Ziff. VII. 2. Rückauflassungsvormerkungen ist vereinbart:

Zur Sicherung des aufschiebend und auflösend bedingten Rückerwerbsrechts gemäß Ziffer IV. bewilligten und beantragen die vertragsteile die Eintragung je einer entsprechenden Vormerkung gemäß § 883 BGB für

a) den Veräußerer

b) die Kinder des Veräußerers aus erster Ehe zu gleichen Anteilen.

In Abteilung II ist unter lfd. Nr. 6 die Auflassungsvormerkung für die Kinder aus erster Ehe des Beteiligten zu 2 unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 3.9.1993 eingetragen.

Am 12.9.2018 errichteten die Beteiligten eine notarielle Urkunde zum Verzicht auf ein Rückforderungsrecht. Darin ist unter II. vereinbart:

Der Erschienene … (Beteiligter zu 2) gibt hiermit sein Rückforderungsrecht gemäß Ziffer IV. der Vorurkunde vollinhaltlich auf, da …

Die Vertragsteile stellen fest, dass das in Ziffer IV.5. der Vorurkunde zugunsten der erstehelichen Kinder von … (Beteiligter zu 2) eingeräumte Rückforderungsrecht nicht als echter Vertrag zugunsten Dritter vereinbart war und die Vertragsteile sich die Abänderung oder Aufhebung dieses Rechts ohne deren Zustimmung jederzeit vorbehalten wollten.

Mit der Aufgabe des Rechts für … (Beteiligter zu 2) soll nun das Recht der in Ziffer IV.5. benannten Ersatzberechtigten ebenfalls wegfallen. Die Vertragsteile sind hierüber einig.

In Ziffer III. (Grundbuchanträge) der Urkunde bewilligten und beantragten die Beteiligten die Löschung der in Abteilung II. lfd. Nr. 6. eingetragenen Vormerkung.

Auf den Hinweis, dass eine Löschung der Vormerkung ohne die Mitwirkung der erstehelichen Kinder nicht möglich sei, teilte die Notarin mit, dass der Anspruch mit dessen Aufgabe durch den Beteiligten zu 2 untergegangen sei und damit auch die Vormerkung zugunsten der erstehelichen Kinder gelöscht werden könne.

Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 24.10.2018 zurückgewiesen. Das Grundbuch sei nicht unrichtig. Die Vormerkung sichere einen eigenen Anspruch ab, es handele sich bei dem Anspruch der erstehelichen Kinder um eine Alternativberechtigung, so dass der Wegfall des Anspruchs des Beteiligten zu 2 nicht auch den Wegfall des Anspruchs der Kinder zur Folge habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 5.4.2019. Es sei nicht von einer Alternativberechtigung auszugehen, da das Recht der erstehelichen Kinder nur dann bestehen sollte, wenn der Beteiligte zu 2 vor seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1 versterben sollte. Die Beteiligten seien daher lediglich von einer Ersatzberechtigung ausgegangen. Zudem stelle die Vereinbarung aus dem Jahr 1993 keinen Vertrag zugunsten Dritter dar, da ein eigenes Recht der erstehelichen Kinder nicht beabsichtigt gewesen sei. Vielmehr sei von den Beteiligten beabsichtigt gewesen, das Recht der Kinder auch ohne deren Zustimmung aufzuheben bzw. zu ändern, zumal die Zuwendung an die Ehefrau eine ehebedingte gewesen sei.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO statthafte unbeschränkte Beschwerde gegen die Zurückweisung des Löschungsantrags ist auch im Übrigen zulässig erhoben (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO).

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da der Löschung der zugunsten der Kinder des Beteiligten zu 2 eingetragene Vormerkung nicht ein fehlender Nachweis der Unrichtigkeit entgegensteht, § 22 Abs. 1 GBO.

a) Eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO setzt voraus, dass entweder die Bewilligung des Buchberechtigten vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen ist. An die Führung des Nachweises sind strenge Anforderungen zu stellen. Ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller hat vielmehr alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der Eintragung entgehen stehen könnten (BayObLG Rpfleger 1992, 19; vgl. Demharter § 22 Rn. 37; Kohler in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 22 Rn. 174 jeweils m.w.N). Nur ganz entfernte Möglichkeiten brauchen nicht widerlegt zu werden (vgl. Kohler § 22 Rn. 171). Was beim Grundbuchamt offenkundig ist, bedarf keines Beweises (vgl. Demharter aaO.). Der Nachweis ist grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen.

b) Vorliegend hat zwar der Beteiligte zu 2 die Bewilligung der Löschung der Vormerkung erklärt. Er war dazu allerdings nicht bewilligungsberechtigt, da er nicht Buchberechtigter ist. Die Vormerkung ist vielmehr zugunsten seiner Kinder aus erster Ehe eingetragen. Deren Bewilligung liegt jedoch nicht vor.

c) Die Beteiligten können sich allerdings erfolgreich darauf berufen, den Unrichtigkeitsnachweis erbracht zu haben.

aa) Das Grundbuch ist in Bezug auf eine eingetragene Vormerkung dann unrichtig, wenn der durch sie gesicherte Anspruch weggefallen ist (OLG Frankfurt Rpfleger 1994, 106; MüKoBGB/Kohler 8. Aufl. § 886 Rn. 8). Als Sicherungsmittel hängt die Vormerkung in ihrem Bestand nämlich davon ab, dass der Anspruch besteht, zu dessen Sicherung sie bestellt ist. Das Grundbuch ist daher unrichtig, wenn der gesicherte Anspruch nicht mehr besteht.

bb) Die Bestellung der Vormerkung zu Gunsten der Kinder basiert auf einem Vertrag zu Gunsten Dritter mit einer Leistungspflicht nach dem Todesfall gemäß §§ 328, 331 BGB.

Durch einen Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB erwirbt der Dritte – ohne Durchgang durch das Vermögen des Versprechensempfängers – einen Leistungsanspruch (Palandt/Grüneberg BGB 79. Aufl. § 328 Rn. 5). Soll die Leistung an den Dritten hingegen erst nach dem Tode desjenigen erfolgen, welchem sie versprochen wird, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel erst mit dem Tode des Versprechensempfängers (§ 331 Abs. 1 BGB; Staudinger/Jagmann BGB Stand 2015 § 331 Rn. 2 ff.; MüKoBGB/Gottwald § 331 Rn. 3). In einem solchen Fall gehört der Anspruch aus dem Vertrag bis zum Eintritt des Todesfalles noch zum Vermögen des Versprechensempfängers, der die Rechtsstellung des Dritten noch frei verändern kann, sei es durch einseitigen Akt oder durch Vertrag mit dem Versprechenden (Palandt/Grüneberg § 331 Rn. 3; MüKoBGB/Gottwald § 331 Rn. 1; Staudinger/Jagmann § 331 Rn. 7).

cc) Nach dem Vertrag stand das Rückforderungsrecht bis zu seinem Ableben dem Beteiligten zu 2 allein zu, da eine von § 331 BGB abweichende Vereinbarung nicht getroffen wurde. Dieser Anspruch sollte vielmehr nur im Fall des Ablebens des Beteiligten zu 2 vor seiner Ehefrau seinen Kindern aus erster Ehe zufallen. Die Vertragsparteien haben nach dem Vertragswortlaut den Anfall des Rechts auf Zurückforderung des Grundbesitzes bei den Kindern aus erster Ehe nämlich von der Bedingung des Ablebens des Beteiligten zu 2 abhängig gemacht („falls der Veräußerer vor dem Erwerber verstirbt“). Bis zum Ableben des Beteiligten zu 2 sollte hingegen der Leistungsanspruch allein diesem zustehen.

Da diese Bedingung des Ablebens des Beteiligten zu 2 vorliegend noch nicht eingetreten ist, konnte er als Versprechensempfänger die Rechtsstellung der Dritten noch ohne weiteres durch Vertrag mit der Beteiligten zu 1 als Versprechender wieder ändern bzw. widerrufen.

dd) Auch ist der Nachweis, dass die Vormerkung erloschen ist, vorliegend formgerecht erbracht. Die notariell errichtete Urkunde vom 3.9.1993, in der der Vertrag zu Gunsten Dritter mit Leistungspflicht nach dem Todesfall enthalten ist, befindet sich ebenso in den Grundakten, wie die Aufhebung dieses Vertrags durch die Ehegatten vor dem Notar am 12.9.2018.

d) Die Möglichkeit einer Aufladung der Vormerkung ist ebenfalls ausgeschlossen. Eine Wiederaufladung kommt nämlich nach der Rechtsprechung nur in Betracht, wenn der zu sichernde Anspruch, die Eintragung und die Bewilligung im Zeitpunkt ihres Zusammentreffens kongruent sind (BGHZ 143, 175/181). Diese Kongruenz setzt voraus, dass der Anspruch, der der Vormerkung unterlegt werden soll, vom Inhalt her die gleiche herbeizuführende bzw. zu sichernde Rechtsänderung wie die vorangegangene Eintragung betrifft (BGHZ 143, 175/180).

Da die Vormerkung der Sicherung eines Rückforderungsrechtes diente, das zwar für den Fall des Ablebens des Beteiligten zu 2 auf die Kinder ausgedehnt war, auf das der Berechtigte im Vertrag vom 12.9.2018 verzichtet hat, scheidet eine spätere Entstehung eines deckungsgleichen Anspruchs aus.

III.

Eine Kostenentscheidung war nicht erforderlich, da die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 erfolgreich war, § 25 Abs. 1 GNotKG.

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