Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2022 über die Ausübung des Vorkaufsrechts an den Grundstücken Gemarkung N., G01, G02 und G03 und die Nichterteilung des mit notariellem Schreiben vom 1. März 2022 beantragten Negativzeugnisses über das Nichtbestehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts an den Grundstücken Gemarkung N., G01, G02 und G03 rechtswidrig gewesen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Negativbescheinigung hinsichtlich des gemeindlichen Vorkaufsrechts und wendet sich gegen eine Vorkaufsrechtsausübung.
Er ist Landesverbandsvorsitzender West der Kleinpartei „Y.“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Am 14. Dezember 2021 schloss er mit dem Eigentümer der Grundstücke Gemarkung N., G02, G03 und G04, Herrn X., vor dem Notar J. in D. einen notariellen Kaufvertrag, Urkundenrolle Nr. N02, über die Veräußerung der vorgenannten Grundstücke zu einem Kaufpreis von 355.00,00 €. Ein weiterer notarieller Vertrag vom selben Tag, Urkundenrolle Nr. N03 bezog sich auf eine Grundschuld. In Abteilung III des Grundbuchs der Gemarkung N., Blatt N04, ist zugunsten der Beklagten eine Sicherungshypothek eingetragen. Die Umschreibungsreife sollte nach dem Inhalt des notariellen Kaufvertrages erst dann eintreten, wenn dem Notar die Erklärung der Beklagten über die Nichtausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts und die Löschungsbewilligung hinsichtlich des eingetragenen Grundpfandrechts vorliege. Zugunsten des Klägers wurde weder eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, noch wurde ein Antrag auf Umschreibung beim Grundbuchamt gestellt.
Das Flurstück G03 ist mit einem älteren Gebäude bebaut, das in der Vergangenheit zu gewerblichen und zu Wohnzwecken genutzt wurde. Die Partei „Y.“ nutzte die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes, die sie von dem Verkäufer angemietet hat, für Parteizwecke. Auch ist der Kläger unter der Anschrift „V.-straße 5“ inzwischen mit seinem Wohnsitz melderechtlich erfasst.
Die Flurstücke G04, G03 und G05 lagen im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Beklagten Nr. 10 „Stadtmitte“ Teilplan C „V.-straße“, der für die Grundstücke die Festsetzungen „WA III, 0,6“ enthielt. Mittlerweile ist die 11. Änderung des vorgenannten Bebauungsplans in Kraft getreten.
Anlässlich eines Telefonats mit der Beklagten erfuhr der Kläger am 17. Februar 2022, dass der Notar J. bislang weder die Löschungsbewilligung noch die Negativbescheinigung bei der Beklagten beantragt hatte. Am selben Tag kam es zu einem Telefonat zwischen dem Notar J. und der Stadtkasse der Beklagten und in der Folgezeit zu mehreren Telefonaten zwischen dem Verkäufer und der Mitarbeiterin Frau A. der Stadtkasse.
Am 24. Februar 2022 wandte sich der Bürgermeister der Beklagten fernmündlich an Herrn X.. Gegenstand des Telefonats war der Grundstücksverkauf an den Kläger.
Mit E-Mail vom 1. März 2022 teilte der Notar J. der Beklagten mit, das Grundstück Grundbuch von N. sei lastenfrei veräußert worden. Im Hinblick auf die zugunsten der Beklagten eingetragene Zwangssicherung Grundpfandrechte und etwaige Forderungen, für die der Grundbesitz hafte, bitte er um Zusendung zur Löschung geeigneter Bewilligungen.
Mit Schreiben vom selben Tag ohne Unterschrift teilte er der Beklagten mit, dass mit Vertrag vom 14. Dezember 2021, UR-Nr. N06, der Grundbesitz Gemarkung N. G02, G03 und G04 von Herrn X. als Verkäufer an den Kläger veräußert worden sei. Er beantrage gemäß § 28 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) ein Zeugnis über die Nichtausübung oder das Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts und zur Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten Dritter nach § 27a BauGB auszustellen. Es werde gebeten, dass Negativattest zu Händen des Notars zu erteilen.
Bei einer behördeninternen Prüfung im Zusammenhang mit der Sicherungshypothek fielen der Beklagten im Hinblick auf die angegebenen Flurstücke Unstimmigkeiten bei den angegebenen Flurstückbezeichnungen und der vermeintlichen Lastenfreiheit auf.
Am 2. März 2022 führte der Bürgermeister der Beklagten mit dem ersten Beigeordneten und weiteren Mitarbeitern eine Videokonferenz mit Rechtsanwalt T. in C. durch, den die Beklagte mit der Prüfung der Möglichkeit einer Vorkaufsrechtsausübung beauftragt hatte. Dieser teilte der Beklagten mit Schreiben vom 3. März 2022 unter Bezugnahme auf die Videokonferenz mit, es komme für die Entstehungsvoraussetzungen des Satzungsvorkaufsrechts darauf an, dass die Satzung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliege. Eine rückwirkende Inkraftsetzung sei nicht zulässig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausübung eines Vorkaufsrechts nach § 24 BauGB lägen offensichtlich nicht vor.
Mit E-Mail vom 3. März 2022 bat die Beklagte mit Blick auf das der Gemeinde zustehende Recht zur Prüfung des gemeindlichen Vorkaufsrechts gemäß §§ 24 ff. BauGB um die Zusendung des gesamten Vertrages (UR-Nr. N07 + N06) und wies darauf hin, dass das notarielle Schreiben keine Unterschrift enthalte.
Das Schreiben des Notars J. vom 1. März 2022 ging daraufhin unterschrieben am 3. März 2022 bei der Beklagten ein.
Mit Schreiben vom 9. März 2022 wies die Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, am 8. März 2022 telefonisch bei Herrn Z. (Baudezernent der Beklagten) nachgefragt zu haben, ob die Beklagte weiterhin auf der Übersendung einer Abschrift des notariellen Kaufvertrags bestehe. Dieser habe mitgeteilt, dass es bei der vorbezeichneten Angelegenheit wohl „Unregelmäßigkeiten“ gebe und er deshalb nochmals an den Kläger appelliere, den Kaufvertrag zu übersenden. Die Unregelmäßigkeiten beträfen die Urkundennummer und das Flurstück. Sie habe zugesagt, eine Abschrift des Kaufvertrages zu übersenden, sobald die Beklagte begründet habe, auf welcher Grundlage sie tatsächlich vom Bestehen eines Vorkaufsrechts ausgehe. Eine Rückmeldung sei nicht erfolgt. Die Mitteilungspflicht hinsichtlich des Inhalts des Kaufvertrages betreffe nur diejenigen Fälle, in denen das Bestehen des Vorkaufsrechtes feststehe und nur noch über dessen Ausübung zu befinden sei. Ohne Glaubhaftmachung, dass ein Vorkaufsrecht bestehe, könne die Gemeinde keine Abschrift des Kaufvertrages verlangen. Ein Antrag des Grundstücksverkäufers, ihm im Falle des Nichtbestehens eines Vorkaufsrechts ein Negativzeugnis auszustellen, dürfe nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass zuvor eine Abschrift des Kaufvertrages vorzulegen sei. Sollte die Beklagte tatsächlich vom Bestehen eines Vorkaufsrechts ausgehen, so werde in Anbetracht des Fristablaufes für die Ausstellung des Negativzeugnisses am 11. März 2022 um nähere Darlegung gebeten. Komme der Kläger nach rechtlicher Prüfung wider Erwarten zu dem Ergebnis, dass der Beklagten tatsächlich ein Vorkaufsrecht zur Seite stehen könne, werde er sich einer Übersendung der Kaufvertragsabschrift nicht versperren. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum über die Ausstellung des Negativzeugnisses nicht unverzüglich entschieden werde. In Anbetracht eines Telefonanrufs des Bürgermeisters der Beklagten beim Verkäufer Herrn X. vom 24. Februar 2022 werde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem gemeindlichen Vorkaufsrecht nicht um ein politisches, sondern um ein städtebauliches Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung oder anderer städtebaulicher Maßnahmen handele. Da ihm – dem Kläger – bereits der Gebrauch des Anwesens auf den erworbenen Flurstücken überlassen worden sei, habe er entsprechende Aufwendungen getätigt.
Mit E-Mail vom 10. März 2022 wies die Beklagte den Notar J. darauf hin, dass aus seinem Schreiben nicht ersichtlich sei, welche der Urkundennummern N07 bzw. N06 sich letztlich konkret auf den Grundstückskaufvertrag vom 14. Dezember 2021 beziehe. Die Beklagte prüfe derzeit, ob ihr ein gemeindliches Vorkaufsrecht zustehe, um anschließend in die Anhörung zu dessen Ausübung einsteigen zu können. Aus den vorstehenden Gründen sei die konkrete Angabe der Urkundennummer des Grundstückskaufvertrages unabdingbar.
Mit weiterer E-Mail vom 11. März 2022 wies die Beklagte die Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass die Gemeinde vom Verkäufer (in der Regel durch den Notar) hinreichend bestimmt über die wesentlichen Inhalte des Kaufgeschäftes (ebenfalls unverzüglich) in Kenntnis gesetzt werden müsse.
Der Kläger teilte der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 11. März 2022 wegen der „Unregelmäßigkeiten“ hinsichtlich der Urkundennummer mit, dass das Zeichen UR N07 den notariellen Kaufvertrag betreffe, während sich das Zeichen N06 auf die Grundschuld beziehe. Der Erteilung des Negativzeugnisses stehe daher innerhalb der noch offenen Frist bis zum Ablauf des 11. März 2022 nichts mehr entgegen.
Mit Schreiben vom 13. März 2022 vertrat der Kläger gegenüber der Beklagten die Auffassung, dass diese bereits seit spätestens 24. Februar 2022 Kenntnis über den Kaufvertrag, die Vertragsparteien, die Flurstücke und den weiteren Inhalt des Vertrages gehabt habe, weil ihr Bürgermeister an diesem Tag beim Verkäufer angerufen und diesem mitgeteilt habe, den Vollzug des Kaufvertrages mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Spätestens am 2. März 2022 habe die für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unverzüglichkeit im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB herangezogene Zwei-Wochen-Frist begonnen. Dies ergebe sich aus der der Beklagten schon am 3. März 2022 übersandten gutachterlichen Einschätzung des Rechtsanwalts T. zur Ausübung eines Vorkaufsrechts. Da die Beklagte nunmehr seit zehn Tagen Rechtsklarheit über das Nichtbestehen des gemeindlichen Vorkaufsrechts habe, stelle deren weiteres Verzögerungsverhalten eine Amtspflichtverletzung dar. Daher werde für die Erteilung der Negativbescheinigung eine letztmalige Frist bis Montag, den 14. März 2022 eingeräumt. Nach Ablauf der Frist werde Klage erhoben.
In der Folgezeit kam es zu mehreren Telefonaten zwischen der Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Baudezernenten der Beklagten, in denen unterschiedliche Auffassungen zu der Notwendigkeit der Übersendung des notariellen Kaufvertrags an die Antragsgegnerin und einem eventuell bestehenden Vorkaufsrecht der Beklagten an den Grundstücken ausgetauscht wurden.
Der Kläger hat am 15. März 2022 die vorliegende Klage erhoben mit der er zunächst die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung des Negativzeugnisses begehrt hat.
Mit Schreiben vom 8. April 2022, das als „Anzeige über ein bestehendes Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB“ überschrieben war, bat die Beklagte den Notar J. mit Blick auf § 28 Abs. 1 BauGB nun um die unverzügliche Hereingabe des vollständig zugrundeliegenden Kaufvertrages.
In seiner Sitzung vom 6. April 2022 fasste der der Rat der Beklagten folgenden Beschluss:
„Der Rat der Stadt N. beschließt die Aufstellung des Bebauungsplans der Stadt N. Nr. 10 „Stadtmitte“ Teilplan C „V.-straße“, 11. Änderung, Stadtteil N., als Bebauungsplan der Innenentwicklung gemäß
§ 13a Bausetzbuch (BauGB) ohne Durchführung einer Umweltprüfung gemäß § 2 Absatz 4 BauGB in Verbindung mit § 2 Absatz 1 BauGB.
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst das Grundstück V.-straße 5, wie aus dem der Vorlage als Anlage beigeführten Übersichtsplan ersichtlich. Konkret handelt es sich um die Flurstücke G06, G04, G02 und G03 der Flur G07 in der Gemarkung N..“
Des Weiteren beschloss der Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 6. April 2022 die „Satzung der Stadt N. zur Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts an Flächen nach § 25 Absatz 1 Nummer 2 BauGB an Grundstücken innerhalb konkreter Bereiche in den Stadtteilen W. und N.“. Für die bebauten und unbebauten Grundstücke der in § 2 der Satzung bezeichneten Bereiche steht der Stadt N. nach § 1 danach zur Sicherung der in Betracht gezogenen baulichen Maßnahmen und einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ein besonderes Vorkaufsrecht gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zu. Von dem Geltungsbereich dieser Satzung soll nach § 2 Spiegelstrich 4 auch der Bebauungsplan Nr. 10 „Stadtmitte“ Teilplan C „V.-straße“ erfasst sein.
Den Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans und die Satzung der Stadt N. über die Ausübung des Vorkaufsrechts veröffentlichte die Beklagte aufgrund der Bekanntmachungsanordnung ihres Bürgermeisters vom 14. April 2022 am 21. April 2022 im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt N. Nr. N08.
Mit E-Mail vom 28. April 2022 erinnerte die Beklagte den Notar J. an die Erledigung des Ersuchens vom 8. April 2022.
Im nachfolgenden Entwurf für den Offenlegungsbeschluss sind die Flurstücke G06, G04 und G03 als Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung „Sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen hier: Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende sowie Ort der Integration und Begegnung“ gekennzeichnet.
Mit Schreiben vom 12. Mai 2022 teilte die Beklagte Herrn X. ihre Absicht der Ausübung des Vorkaufsrechts mit, wozu er Stellung nehmen könne. Das Schreiben gab sie per Einschreiben mit Rückschein zur Post. Da das Schriftstück bis zum 2. Juni 2022 nicht abgeholt wurde, wurde es an die Beklagte zurückgesandt.
Am 19. Mai 2022 wurde auf Ersuchen der Beklagten vom 12. Mai 2022 eine Vormerkung zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks in Abteilung II des Grundbuchs von N., Blatt N10 eingetragen.
In seiner Sitzung vom 25. Mai 2022 beschloss der Rat der Beklagten die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2022 übte die Beklagte gegenüber Herrn X. das gesetzliche Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauGB betreffend das Grundstück V.-straße 5 in N. (Gemarkung N., G01, G02 und G03) aus. Zur Begründung führte sie aus: Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauGB bestehe für Gemeinden ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handele, für die nach dem Bebauungsplan unter anderem eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt sei. Das Vorkaufsrecht könne bereits ausgeübt werden, wenn ein Beschluss gefasst worden sei, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Der Kaufgegenstand werde vom Geltungsbereich des Bebauungsplans der Stadt N. Nr. 10 „Stadtmitte“ Teilplan C „V.-straße“, 11. Änderung (Aufstellungsbeschluss vom 6. April 2022) umfasst, der hier eine Fläche für den Gemeinbedarf – nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB – festsetze („Anlagen oder Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienten und in denen eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen werde, mit der Zweckbestimmung als Anlage für soziale Zwecke mit Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbegehrende“). Aufgrund der laufenden Zuteilung von Flüchtlingen in Ausfluss von Kriegsgeschehen, hier insbesondere der völkerrechtswidrigen Eröffnung des Krieges gegenüber der Ukraine, sei es dringend im öffentlich-schutzwürdigen Interesse und zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich, geeigneten Wohnraum vorzuhalten. Die der Stadt bislang zur Verfügung stehenden Objekte und Unterkünfte reichten bei Weitem nicht aus, um den Bedarf kurz-, mittel- und langfristig abzudecken. In N. seien mindestens bis zu 300 Personen aufzunehmen, unterzubringen und zu betreuen. Die auch auf privaten Flächen zulässige Festsetzung einer Fläche für den Gemeinbedarf eröffne ihr ein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts, weil es der Deckung des Wohnbedarfes in der Gemeinde diene. Die in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten öffentlichen Belange böten einen Hinweis darauf, welche öffentlichen Belange der Gesetzgeber billige. Danach seien bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere die Belange der Flüchtlinge oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung zu berücksichtigen. Im Übrigen sei bei einem Erwerb für öffentliche Zwecke die Rechtfertigung durch das Wohl der Allgemeinheit regelmäßig gegeben. Zudem bestehe eine Abwendungsbefugnis des Käufers nach § 27 BauGB in den Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht. Das längere Zeit ungenutzte Gebäude „V.-straße 5“ biete aufgrund der baulich-gestalterischen Voraussetzungen Potential mit Blick auf die Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben über die reine Wohnnutzung von Flüchtlingen hinaus. Aufgrund der zentralen Lage biete sich der Standort auch zur Schaffung von Integrationseinrichtungen an. Bei ihrer Ermessensentscheidung führe eine Gewichtung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange dazu, dass das öffentliche Interesse an dem Erwerb des Grundstücks von einem derartigen Gewicht sei, das den Erwerb zum öffentlichen Wohl erfordere. Das private Interesse des Käufers müsse hierhinter zurückstehen, weil die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden als gemeindliche Aufgabe einen langfristig dringenden öffentlichen Bedarf begründe. Aufgrund der ihr gebotenen und zuvor hinreichend begründeten Dringlichkeit zur Übereignung des Grundstücks V.-straße 5 im Zuge der Ausübung des Vorkaufsrechts ordne sie im öffentlichen Interesse die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an. Unter „Ihre Rechte“ heißt es:
„Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach dessen Bekanntgabe beim zuständigen Gericht (Verwaltungsgericht Arnsberg, Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Klage erheben. Sollte die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden, so würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet werden.“
Mit Schreiben vom 20. Juni 2022 übersandte die Beklagte dem Kläger das Anhörungsschreiben vom 12. Mai 2022 nochmals.
Mit weiterem Schreiben vom 21. Juni 2022, das mit „Anhörung nach § 28 Abs. 1 und 45 Abs. 1 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG NRW)“ überschrieben ist, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass grundsätzlich ein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauGB im Geltungsbereich eines Bebauungsplans bestehe, soweit es sich um Flächen handele, für die nach dem Bebauungsplan unter anderem eine Nutzung für öffentliche Flächen festgesetzt sei. Aufgrund der laufenden Zuteilung von Flüchtlingen in Ausfluss von Kriegsgeschehen, hier insbesondere der völkerrechtswidrigen Eröffnung des Krieges gegenüber der Ukraine sei es dringend im öffentlich-schutzwürdigen Interesse und zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich, geeigneten Wohnraum vorzuhalten. Daher habe die Beklagte im Kontext des vorliegenden Verkaufsfalles der in Rede stehenden Grundstückseinheit V.-straße 5 die Entwicklung in den Blick zu nehmen. Sie habe den Verwaltungsakt zur Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Verkäufer nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ausgeübt und zeige dem Kläger dies im laufenden Verfahren an.
Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2022 hat der Kläger im vorliegenden Verfahren auch die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 30. Mai 2022, Az. N09 begehrt, mit dem die Beklagte ein Vorkaufsrecht bezüglich des Grundstücks in der V.-straße 5 in N. (Gemarkung N., G01, G02, G03 Grundbuch von N. Blatt N10) ausgeübt hat.
Das erkennende Gericht stellte auf den Antrag des Klägers durch Beschluss vom 27. Juli 2022 – 8 L 584/22 – die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage in der Fassung des Schriftsatzes des Klägers vom 8. Juni 2022 gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2022 über die Ausübung des Vorkaufsrechts wieder her.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 15. September 2022 – 2 B 929/22 – zurück.
Mit notariellem Vertrag vom 12. Oktober 2022 verkaufte Herr X. die Flurstücke zu einem Kaufpreis von 355.000,00 Euro an die Beklagte. Aufgrund der erklärten Auflassung vom 12. Oktober 2022 wurde die Beklagte am 28. November 2022 als Eigentümerin der Flurstücke Gemarkung N., G01, G02 und G03 (Gebäude-und Freifläche, V.-straße 5) eingetragen.
Daraufhin beantragte der Kläger beim Landgericht Siegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit dem er die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs begehrte.
Den Antrag wies das Landgericht Siegen mit Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 1 O 298/22 – zurück. Dagegen legte der Kläger Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hob den Beschluss des Landgerichts Siegen vom 8. Dezember 2022 mit Beschluss vom 23. Februar 2023 – I-22 W 24/22 – auf und beschloss, dass im Grundbuch von N. des Amtsgerichts Siegen, Blatt N11, Gemarkung N. Flur G07 Flurstück G04, lfd. Nr. N12 Gemarkung N. Flur G07 Flurstück G02 und lfd. Nr. N13 Gemarkung N. Flur G07 Flurstück G03 zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an diesen Grundstücken eingetragen wird. Des Weiteren ersuchte es das zuständige Grundbuchamt, die Vormerkung in das Grundbuch einzutragen. Die Anträge des Klägers im Übrigen (Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung der Beklagten als Eigentümerin im Grundbuch und Ersuchen des Grundbuchsamts um Eintragung des Widerspruchs im Grundbuch) wies es zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Kläger habe die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auf Herausgabe von Besitz und Eigentum der Kaufsache Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises glaubhaft gemacht. Dieser Anspruch werde mit der Auflassungsvormerkung gesichert. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass die Beklagte als öffentliche Verwaltung den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe.
Zur Begründung der vorliegenden Klage macht der Kläger geltend: Auch nach der Eintragung der Beklagten als Eigentümerin ins Grundbuch habe sich sein Klagebegehren nicht erledigt, weil der Eigentumserwerb wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig sei. Die Eigentumseintragung der Beklagten und die über die einstweilige Verfügung erstrittene Auflassungsvormerkung ändere sich nichts daran, dass die Beklagte weiterhin nicht seine Vertragspartnerin sei. Er stehe nach wie vor in dem durch den Erstkaufvertrag begründeten Vertragsverhältnis zu Herrn X. Folge des Anspruchs aus § 826 BGB sei – mangels Vertragsverhältnisses zur Beklagten – kein vertraglicher Erfüllungsanspruch, sondern ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch. Über den Schadensersatzanspruch sei er – der Kläger – nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten stehen würde. Daher habe er gegen die Beklagte einen Auflassungsanspruch mit dem Inhalt, wie er ihn gegen den Voreigentümer gehabt hätte. Aufgrund der Möglichkeit, dass der Beklagten trotz ihrer Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB ein Vorkaufsrecht theoretisch zustehen könnte, sei trotz ihrer Eintragung im Grundbuch das Negativzeugnis erforderlich, um nach einem stattgebenden Urteil im Klageverfahren vor dem Landgericht Siegen seine Eigentumseintragung erwirken zu können. Wäre die Beklagte tatsächlich von einem erledigenden Ereignis ausgegangen, hätte sie den Vorkaufsrechtsbescheid aufgehoben. Solange dieser nicht aufgehoben sei, werde er – der Kläger – dadurch in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Allein der damit verbundene Schein des der Beklagten zustehenden Vorkaufsrechts stehe seiner Eintragung als Eigentümer im Falle des Obsiegens vor dem Landgericht Siegen aufgrund der Grundbuchsperre entgegen. Daher müsse im Falle der Nichtigkeit des Zweitverkaufs weiterhin der Vorkaufsrechtsbescheid aufgehoben und das Negativzeugnisse erteilt werden, um seine Eigentumseintragung herbeizuführen. Die Klage sei als Verpflichtungsklage zulässig, weil es sich bei der Negativbescheinigung um einen Verwaltungsakt handele und die Beklagte trotz Kenntnis von dem Kaufvertrag und dem gestellten Antrag auf Erteilung der Bescheinigung untätig bleibe. Er sei als Käufer der Immobilie antragsbefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Negativbescheinigung wäre nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB unverzüglich, und damit bis spätestens 11. März 2022 auszustellen gewesen. Aus dem Anruf des Bürgermeisters der Beklagten bei dem Verkäufer ergebe sich, dass die Beklagte bereits seit dem 24. Februar 2022 gesicherte Kenntnis von dem Kaufvertrag gehabt habe. Auch habe die Beklagte seit dem Gutachten des Rechtsanwalts T. Klarheit darüber, dass ein Vorkaufsrecht nicht bestehe. Es sei daher kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass die Negativbescheinigung nicht unverzüglich erteilt worden sei. Auch sei er – der Kläger – ausgehend von der Rechtsprechung nicht etwa zur vorherigen Übersendung einer Abschrift des notariellen Kaufvertrages verpflichtet gewesen. Der Beklagten stehe auch kein gemeindliches Vorkaufsrecht zu. Hierüber habe sie bereits anhand der übermittelten Flurstücknummern entscheiden können, was insbesondere durch die gutachterliche Prüfung des T. verdeutlicht werde. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Insbesondere sei der Bescheid vom 30. Mai 2022 über die Vorkaufsrechtsausübung nicht bestandskräftig, weil er dagegen im Rahmen der vorliegenden Klage mit Schriftsatz vom 8. Juni 2022 Anfechtungsantrag gestellt habe. Diese Antragstellung sei zulässig und stelle verfahrensrechtlich keine unzulässige Klageänderung dar, weil sie sachdienlich sei. Der Schriftsatz vom 8. Juni 2022 sei als fristwahrende, selbstständige Anfechtungsklage auszulegen. Es liege im Übrigen eine konkludente Einwilligung der Beklagten vor, weil sie sich in der Antragserwiderung im Verfahren 8 L 584/22 rügelos hierzu eingelassen habe. Die erhobene Untätigkeitsklage sei auch zulässig gewesen, weil hier die in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB fachgesetzliche Sonderreglung der Unverzüglichkeit als Zulässigkeitsfrist im Rahmen des § 75 Satz 2 VwGO anzuwenden sei. Im Übrigen sei an ihn – den Kläger – eine nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Bekanntgabe des Vorkaufsrechtsbescheides nicht erfolgt. Der Vorkaufsrechtsbescheid vom 30. Mai 2022 sei rechtswidrig. Dies folge schon aus der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Verkäufers. Das Anhörungsschreiben sei ihm erst nach Ausübung des Vorkaufsrechts seitens der Beklagten zugesandt worden sei. Die Anhörung sei auch nicht ausnahmsweise nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) entbehrlich gewesen. Eine Heilung dieses Mangels nach § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW sei nach der Rechtsprechung ausgeschlossen. Ein Vorkaufsrecht habe zum Zeitpunkt der Kenntnis der Beklagten, worauf es allein ankomme, nicht bestanden. Die Vorkaufsrechte der Gemeinde nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erfassten nur Kaufverträge, die nach dem Inkrafttreten des Bebauungsplans oder der Vorkaufssatzung geschlossen worden seien. Die Ausführungen der Beklagten zu der zeitlichen Abfolge Vorkaufsrecht – Vorkaufsfall – Vorkaufsrechtsausübung seien nicht nur sachlich unzutreffend, sondern auch aus rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Gründen höchst bedenklich. Soweit sie ausführe, dass an der bisherigen Rechtsauffassung in Literatur und Gerichtspraxis, wonach das Bestehen des Vorkaufsrechts den Vorkaufsfall zwingend voraussetze, nicht festzuhalten sei, verkenne sie den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Vertrauensschutz. Dieser sei nicht variabel und stehe nicht zur Disposition der Beklagten. Die Reihenfolge sei im Wortlaut des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bereits angedeutet und ergebe sich auch aus dem in § 28 Abs. 2 BauGB enthaltenen Verweis auf das in § 463 BGB angelegte System. Nichts Anderes folge aus der gesetzlichen Verlängerung der Ausübungsfrist in § 28 Abs. 2 BauGB von zwei auf drei Monate. Diese habe ihren Grund nur darin, dass die Einhaltung der Ausübungsfrist in Anbetracht der nur einmal monatlich stattfindenden Gemeinderatssitzungen in der Praxis schwierig sei. Da ihn als Käufer keine Mitteilungspflicht treffe, könne ihm die zögerliche Mitteilung des Kaufvertrages durch den Notar J. nicht angelastet werden. Auch verfolge die Beklagte die Strategie, das Verfahren keinesfalls beschleunigen zu wollen. Die Beklagte sei mangels Vorkaufsrechts nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB verpflichtet gewesen, unverzüglich ein Negativzeugnis auszustellen. Die Mitteilung im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB über einen abgeschlossenen Kaufvertrag lasse nicht nur einen Anspruch auf Ausstellung eines Negativzeugnisses entstehen, sondern setze auch die Ausübungsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB in Lauf. Bei den Anforderungen an die Mitteilung des Kaufvertrages sei danach zu differenzieren, ob ein Vorkaufsrecht bestehe oder von vornherein ausgeschlossen sei. Während die Entscheidung der Gemeinde darüber, ob ein bestehendes Vorkaufsrecht ausgeübt werde, nur dann sachgemäß getroffen werden könne, wenn der vollständige Inhalt des Kaufvertrages mitgeteilt sei, seien an die Mitteilungspflicht im Falle des Nichtbestehens eines Vorkaufsrechts geringere Anforderungen zu stellen. In diesem Fall lasse sich eine Vorlagepflicht gerade nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB herleiten. Ob ein Vorkaufsrecht bestehe, hänge nicht vom Inhalt des jeweiligen Kaufvertrages, sondern von der Gemeinde bekannten bzw. von ihr zu ermittelnden objektiven Kriterien ab. Auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen gehe davon aus, dass die Erteilung des Negativzeugnisses nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfe, dass zunächst eine Abschrift des Kaufvertrages vorzulegen wäre. Wie die Beklagte selbst einräume, habe sie am 24. Februar 2022 Kenntnis von der Veräußerung und sämtlichen damit im Zusammenhang stehenden Informationen erlangt. Dies verdeutliche schon der Telefonanruf des Bürgermeisters der Beklagten bei dem Verkäufer. Ausweislich des Gutachtens des Rechtsanwalts T. habe die Beklagte bereits am 3. März 2022 Kenntnis davon gehabt, dass über ein Vorkaufsrecht kein Zugriff auf das Anwesen erreicht werden könne. Eine Berufung der Beklagten auf eine unzureichende Mitteilung des Kaufvertrages sei daher ausnahmsweise treuwidrig. Dies gelte auch deshalb, weil die Stadtkasse der Beklagten die für die Erteilung der Löschungsbewilligung auszugleichende Summe benannt habe. Dies sei letztlich nur im Falle der Nichtausübung des Vorkaufsrechts relevant. Auch sei ihr durch die E-Mails des Notars J. die Existenz des Kaufvertrags bekannt gewesen. Die Mitteilung von dessen Inhalt könne auch formlos erfolgen. Die Beklagte habe in dem Zeitpunkt, als das Negativzeugnis von ihr unverzüglich zu erteilen gewesen sei, noch nicht einmal den Planaufstellungsbeschluss gefasst, aus dem sie nunmehr glaube ein rückwirkendes Vorkaufsrecht konstruieren zu können. Er – der Kläger – habe mehrfach die Übersendung des Kaufvertrages nach näherer Darlegung der Ableitung des Vorkaufsrechts seitens der Beklagten angeboten, obwohl allen Beteiligen einschließlich des externen Rechtsberaters bewusst gewesen sei, dass ein gemeindliches Vorkaufsrecht nicht bestanden habe. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, weil die Beklagte die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft tatsächlich gar nicht beabsichtige. Die 11. Änderung des Bebauungsplanes „Stadtmitte“ Teilplan C „V.-straße“ sei auch nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Ihre Gründe – Bereitstellung von Wohn- und Sozialräumen für Flüchtlinge – seien nur vorgeschoben, weil die wahre Absicht der Beklagten die Verhinderung der Ansiedlung einer Parteizentrale der Partei „Y.“ sei. Dies folge insbesondere auch aus Äußerungen ihres Bürgermeisters. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt, weil seine Interessen und die des Verkäufers die Vorteile für die Allgemeinheit wesentlich überwögen, zumal die Beklagte bislang nur wenige Flüchtlinge aufgenommen habe. Hingegen greife sie in die Vertragsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und das Eigentumsrecht des Verkäufers ein. Er – der Kläger – bewohne das Anwesen selbst und beabsichtige mit dem Erwerb eine Eigentumsbildung und Altersvorsorge. Durch die Vermietung diene es auch einer weiteren Mietpartei als langfristige Wohnung. Dies seien öffentliche Belange im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 und 3 BauGB. Das im Erdgeschoss angesiedelte Bürger- und Parteibüro als Begegnungsstätte einschließlich der Tiertafel und der Kleiderkammer bezögen sich auf die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung und stellten daher auch einen öffentlichen Belang im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 3 BauGB dar. Das Interesse der Partei „Y.“, durch ein festes Parteibüro gemäß Art. 21 Abs. 1 GG am öffentlichen Meinungsprozess teilhaben zu können, diene nicht zuletzt über das Demokratieprinzip auch der Allgemeinheit. Die Beklagte habe auch das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, weil sie keine auf den konkreten Einzelfall bezogene Entscheidung unter Abwägung und Gewichtung aller relevanten Umstände getroffen habe. Dies ergebe sich schon aus der Beschlussvorlage zur Änderung des Bebauungsplans für den 15. Juni 2022. Soweit die Beklagte darin anführe, sich fortlaufend nach Alternativunterkünften erkundigt und bemüht zu haben, ergebe sich daraus nicht, zu welchem Ergebnis diese Prüfungen geführt hätten und aus welchen Gründen keine Alternativen in Betracht gezogen worden seien. Sofern das Gericht der Auffassung sei, dass sich die gestellten Anträge durch die Eintragung der Beklagten als Eigentümerin der Grundstücke erledigt hätten, soweit diese auf die Aufhebung des Bescheides vom 30. Mai 2022 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Negativbescheinigung bzw. Neubescheidung ihres dahingehenden Antrages gerichtet gewesen seien, werde im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage hilfsweise die Feststellung beantragt, das die dahingehenden Bescheide der Beklagten rechtswidrig gewesen seien. Er weise das dafür erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf. Zum einen habe er ein berechtigtes Interesse an einer Rehabilitation. Dieses folge daraus, dass die Beklagte auf seine Kosten als Privatperson die Instrumente der Nichterteilung des Negativzeugnisses und der Ausübung des Vorkaufsrechts in ihrem „Kampf gegen rechts“ gegen die Partei „Y.“ geführt habe und nach wie vor führe. Nach den Feststellungen das Oberlandesgericht Hamm habe die Beklagte ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit, die aufgrund des bestehenden Medieninteresses sicherlich thematisiert werden würde, konnten die nach wie vor bestehenden abträglichen öffentlichen Nachwirkungen zumindest in immaterieller Hinsicht kompensiert werden. Zum anderen bestehe ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses zum Ersatz der ihm entstandenen materiellen Schäden. Es stehe bereits jetzt mit Sicherheit fest, dass er gegen die Beklagte einen Amtshaftungsprozess wegen des ihm entstandenen Schadens anstrengen werde. Aufgrund des rechtswidrigen Handelns der Beklagten habe sich der Eigentumsübergang der Grundstücke auf ihn nunmehr bereits um fast ein Jahr verzögert. Bereits seit Mai 2023 habe er Zinsen für die Bereitstellung eines Immobilienkredites in Höhe von ca. 900 € monatlich aufwenden müssen. Jedenfalls von März 2022 bis Dezember 2022 habe er an den Verkäufer einen monatlichen Mietzins für das Anwesen i.H.v. 1.500,00 € entrichtet. Die Beklagte habe in Anwendung des Grundsatzes des § 155 Abs. 4 VwGO in jedem Fall die gesamten Verfahrenskosten zu tragen. Diese habe durch ihr vorprozessuales Verhalten und Verhaltens während des Prozesses, durch die rechtswidrige Nichterteilung des Negativzeugnisses, den rechtswidrigen Erlass des Vorkaufsrechtsbescheides und den zu seinen Lasten erfolgten sittenwidrigen Zweitkauf mit der damit verbundenen Eigentumseintragung die ihm durch die Prozessführung entstandenen Kosten verursacht.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verpflichten, ihm das mit Schreiben des Notars J. vom 1. März 2022 beantragte Negativzeugnis über das Nichtbestehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts an den veräußerten Grundstücken Gemarkung N., G01, G02 und G03 zu erteilen,
2. den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2022 über die Ausübung eines Vorkaufsrechts bezüglich der Grundstücke Gemarkung N. Flur G07 Flurstücke G04, G02 und G03 aufzuheben,
hilfsweise
die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung des Negativzeugnisses über das Nichtbestehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts an den veräußerten Grundstücken Gemarkung N.., Flur G07, Flurstücke G02, G03 und G04 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden,
weiter hilfsweise,
1. festzustellen, dass die Nichterteilung des mit notariellem Schreiben vom 1. März 2022 beantragten Negativattests über das Nichtbestehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts an den Grundstücken Gemarkung N., G01, G02 und G03 rechtswidrig gewesen ist.
2. der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2022 über die Ausübung des Vorkaufsrechts über die Grundstücke Gemarkung N., G01, G02 und G03 rechtswidrig gewesen ist,
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Die Klage sei bereits unzulässig, weil sich das Begehren des Klägers durch ihren Eigentumserwerb an den Grundstücken erledigt habe. Da ihr Eigentumserwerb durch die Eintragung im Grundbuch vollzogen sei, sei die Erteilung des Negativzeugnisses über das angebliche Nichtbestehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts ausgeschlossen. Aus dem Beschluss des OLG Hamm vom 24. Januar 2023 ergebe sich eindeutig, dass der Kläger keinen Anspruch gemäß § 894 BGB haben dürfe, weil er nicht der wirkliche Rechtsinhaber sei. Dies gelte selbst dann, wenn man eine Nichtigkeit des zweiten Kaufvertrages und der Auflassung unterstellen würde Die Klage sei daher wegen fehlendem Rechtsschutzinteresse des Klägers abzuweisen. Das für eine Feststellungs-/Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse weise der Kläger nicht auf. Für den Fall, dass das Gericht nicht von einer Erledigung ausgehe, sei die Klage bereits unzulässig, weil der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts seit dem 30. Juni 2022 bestandskräftig sei. Eine Klage sei dagegen nicht erhoben worden. Ein Negativzeugnis könne jedenfalls dann nicht mehr begehrt werden, wenn das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt ausgeübt worden sei. Der Betroffene sei in diesem Fall gehalten, gegen den Bescheid Anfechtungsklage zu erheben. Eine Anfechtungsklage hiergegen sei nicht fristgerecht erhoben worden. Dass der Kläger seine Anträge mit Schriftsatz vom 8. Juni 2022 im Klageverfahren „neu gefasst“ habe und nunmehr die Aufhebung des Bescheides vom 30. Mai 2022 beantrage, ändere daran nichts. Diese Antragsänderung sei im Vergleich zur ursprünglich erhobenen Verpflichtungsklage eine unzulässige Klagehäufung und Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO, der sie widerspreche und die nicht sachdienlich sei. Durch die Klageänderung werde ein gänzlich neuer Prozessstoff in das Verfahren eingeführt. Darüber hinaus sei der Rechtsstreit ohne die Klageänderung mit der Ausübung des Vorkaufsrechts entscheidungsreif. Zum einen sei die Klage bereits unzulässig gewesen, weil sie entgegen § 75 Satz 2 VwGO nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes hätte erhoben werden dürfen. Zum anderen sei sie entscheidungsreif, weil die Ausstellung des Negativzeugnisses nach Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr begehrt werden könne. Rechtsfolge der unzulässigen Klageänderung sei das rückwirkende Entfallen der Rechtshängigkeit des im Wege der Klageänderung neu in den Rechtsstreit eingeführten Streitgegenstandes. Der Vortrag des Klägers gehe in weiten Teilen an der Sache vorbei und sei nicht entscheidungserheblich. Dass sie in der Folge der Mitteilung des Notars J. mehrfach um die Übersendung der Kaufvertragsurkunde gebeten habe, stehe mit der weltpolitischen Lage durch den am 24. Februar 2022 beginnenden russischen Überfall auf die Ukraine, namentlich dem zu erwartenden Flüchtlingszustrom und dem damit einhergehenden Bedarf an Flüchtlingsunterkünften im Zusammenhang. Im Hinblick auf die komplexe Lage habe sie vor der Umsetzung eines Vorkaufsrechts zunächst externe Rechtsberatung einholen müssen. Nachdem der Kläger es seit der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages am 14. Dezember 2021 verabsäumt habe, ihr den Vertragsinhalt gemäß § 28 Abs. 1 1. HS BauGB unverzüglich mitzuteilen, habe er es plötzlich sehr eilig gehabt und sie – die Beklagte – unter Druck gesetzt, ein Negativattest zu erteilen. Die Übersendung des Kaufvertrages sei jedoch abgelehnt bzw. lediglich unter der Voraussetzung angeboten worden, dass sie die Grundlage des bestehenden Vorkaufsrechts darlege. Eine zufällige Mitteilung genüge jedoch nicht der Mitteilungspflicht nach § 28 BauGB. Diese müsse alle Angaben enthalten, die für die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts relevant seien. Hierzu reiche nicht die bloße Information über die Veräußerung ohne weitere Angabe zum Kaufpreis und sonstige wesentliche Vertragsinhalte aus. Insbesondere könne hinsichtlich der Anforderungen an die Mitteilung nicht danach differenziert werden, ob ein Vorkaufsrecht bestehe oder ein solches von vornherein ausgeschlossen werden könne, weil im Einzelfall – wie vorliegend – Streit über das Vorliegen eines Vorkaufsrechts bestehen könne. Richtig sei, dass die Gemeinde die Ausstellung des Negativzeugnisses nicht mit der Begründung ablehnen könne, dass keine Kaufvertragsabschrift vorgelegt worden sei, wenn sie selbst davon ausgehe, dass ihr kein Vorkaufsrecht zustehe oder von vornherein feststünde, dass sie ein solches unter keinen Umständen ausüben werde. Dieser Fall sei aber nicht gegeben, weil sie vom Vorliegen eines Vorkaufsrechts ausgehe. Die Klage sei auch unbegründet. Der Bescheid vom 30. Mai 2022 sei formell und materiell rechtmäßig. Sie habe eine ordnungsgemäße Anhörung des Klägers und des Verkäufers durchgeführt. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, wäre das im Hinblick auf die nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW mögliche Heilung unschädlich. In jedem Fall sei die Anhörung innerhalb der dreimonatigen Vorverkaufsausübungsfrist gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB erfolgt, was ausreichend sei. Die vom Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil sie nicht die Heilung einer versäumten Anhörung beträfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfe es zur finalen Entscheidung, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt werde, der Übersendung des vollständigen Inhalts des Kaufvertrags. Ihr stehe das Vorkaufsrecht auch zu. Die Entstehung der Vorkaufsberechtigung müsse dem Eintritt des Vorkaufsfalles nicht vorausgehen. Dies lasse sich dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht entnehmen. Eine zeitliche Abfolge sei hieraus nicht zu erkennen. Hätte der Gesetzgeber dies beabsichtigt, wäre ein entsprechender Wortlaut in den Gesetzestext eingeflossen. Auch wenn es gängige Praxis sein möge, dass Städte und Gemeinden ihr Vorkaufsrecht erst ausübten, wenn es zum Zeitpunkt des Vorkaufsanfalls bereits bestanden habe, sei dies nicht zwingend. Dies folge schon daraus, dass der Gesetzgeber die Ausübungsfrist in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB von zwei auf drei Monate erweitert habe, was ansonsten seine Sinnhaftigkeit verlieren würde. Die bisherige Rechtsauffassung in Literatur und Gerichtspraxis beruhe auf dem Gedanken, dass die Kaufvertragsparteien zum Zeitpunkt des Vorkaufsfalls Vertrauen in die zu diesem Zeitpunkt gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schöpfen müssten und es der Gemeinde im Grundsatz nicht zustehen solle, diese Rahmenbedingungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts innerhalb der dreimonatigen Ausübungsfrist erst zu schaffen. Während ein solches Vertrauen unter gewöhnlichen Rahmenbedingungen durchaus legitim erscheine, gebiete die momentane Situation allerdings eine andere Betrachtungsweise. Hier müsse das Vertrauensinteresse hinter dem Interesse der Beklagten an der Beschaffung von Wohnraum für Flüchtlinge zurückstehen, da der Überfall Russlands auf die Ukraine mit dem damit verbundenen Flüchtlingsstrom nach Deutschland eine Zeitenwende und Zäsur in der Geschichte Europas darstelle. Bei der rechtlichen Betrachtung komme es zum einen auf den Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts an. Zum anderen hätten es die Kaufvertragsparteien selbst zu verantworten, dass entgegen § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB keine unverzügliche Mitteilung über den Inhalt des Kaufvertrags erfolgt und das Verfahren verzögert worden sei. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. In den Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB sei dies regelmäßig dann der Fall, wenn die Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück anstrebe, um den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gemeinbedarfs-Zweck zu erfüllen. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil sie mit dem Erwerb des Grundstücks die Umsetzung des im Bebauungsplan festgesetzten Zwecks anstrebe. Dahinter hätten die Interessen des Klägers zurückzustehen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Insbesondere habe sie sich fortlaufend nach Alternativunterkünften erkundigt und bemüht und den Eigentumsverschaffungsanspruch des Antragsstellers bei ihrer Abwägung berücksichtigt. Soweit der Kläger darauf hinweise, dass im Gebiet der Beklagten ausreichende Objekte für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung ständen und in dem Zusammenhang auf die Leerstände im F. hinweise, sei darauf zu verweisen, dass sie – die Beklagte – nicht Eigentümerin dieser Immobilie gewesen und es ihr auch nicht möglich gewesen sei, diese auf Dauer für die angestrebten Zwecke zu nutzen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Verfahrensakte 8 L 584/22 ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Soweit sie sich mit den Hauptanträgen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung des Negativattests, bzw. auf die Neubescheidung des dahingehenden Antrags richtet und der Bescheid der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 30. Mai 2022 angefochten wird, ist die zunächst gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthafte gewesene kombinierte Verpflichtungs- und Anfechtungsklage inzwischen unzulässig geworden. Insoweit fehlt es dem Kläger nunmehr an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung.
Vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 27. Aufl. 2021, § 40 VwGO, Vorbemerkung (Vorbem.), Rn. 30.
Das Rechtsschutzinteresse fehlt insbesondere, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann.
Vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, a.a.O. § 40 VwGO, Vorbem. Rn. 38.
Das ist hier inzwischen der Fall. Weder die auf Erteilung des Negativzeugnisses gerichtete Verpflichtungsklage (Klageantrag zu 1.), noch die gegen den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts gerichtete Anfechtungsklage (Klageantrag zu 2.) können dem Kläger noch tatsächliche oder rechtliche Vorteile bringen. Beides stand bislang dem dinglichen Vollzug des zwischen dem Kläger und Herrn X. geschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrags entgegen, weil diese ohne Erteilung der Negativzeugnisses, das nach § 28 Abs. 1 Satz 4 BauGB als Verzicht über die Ausübung des Vorkaufsrechts gilt, eine Eigentumseintragung des Klägers nicht möglich war. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts trat die Beklagte anstelle des Klägers als Käuferin in den Kaufvertrag mit dem Verkäufer Herrn X. gemäß § 464 Abs. 2 BGB ein,
Vgl. zu der Wirkung der Ausübung des Vorkaufsrechts: Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Kommentar, 15. Auflage 2022, § 28 BauGB, Rn. 6.
sodass auch dies der Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch entgegen stand.
Damit wies der Kläger zwar zunächst das für die Durchführung des Klageverfahrens erforderliche Rechtsschutzinteresse auf.
Dieses ist jedoch inzwischen entfallen. Für das fortbestehende Rechtsschutzinteresse des Klägers am vorliegenden Verfahren muss die Eigentumsverschaffung durch Herrn X. in Vollzug des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 14. Dezember 2021, Urkundenrolle Nr: N02 des Notars J. in D. – nur auf diesen Vertrag kommt es hier entscheidungserheblich an – als Grundstücksverkäufer für den Fall der gerichtlichen Aufhebung der Vorkaufsrechtsausübung und der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung des Negativattests überhaupt noch möglich sein. Das ist hier aber nicht mehr der Fall. Gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Erbringung der geschuldeten Leistung unüberwindbare rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Vgl. Riehm in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Beck-Online Großkommentar, Stand: 1. Juli 2022, § 275 BGB, Rn. 119.
Der Verfügungsbefugnis der Herrn X. stehen inzwischen unüberwindbare rechtliche Hindernisse entgegen. Die durch ihn aufgrund des notariellen Kaufvertrags geschuldete Verschaffung des Eigentums an den Grundstücken ist durch die in Vollzug des zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Zweitkaufvertrages erfolgten Eintragung der Beklagten als Grundstückseigentümerin im Grundbuch unmöglich geworden. Damit fehlt es dem ehemaligen Eigentümer und Verkäufer Herrn X. aus dem mit dem Kläger geschlossenen Grundstückskaufvertrag inzwischen an der Verfügungsberechtigung im Sinne des § 464 Abs. 2 BGB. Dies hat zur Folge, dass auch die Erfüllung des Rechtes des Klägers auf Eigentumsverschaffung aus seiner Stellung als Auflassungsempfänger gegen Herrn X. durch den Verkauf und den Vollzug des Kaufvertrages des Eigentümers Herrn X. mit der Beklagten rechtlich unmöglich geworden ist. Herr X. ist als Verkäufer des mit dem Kläger geschlossenen notariellen Vertrages zur Eigentumsverschaffung des Klägers an den Grundstücken rechtlich selbst dann nicht mehr in der Lage, wenn – wie vom Kläger im vorliegenden Verfahren beantragt – der Bescheid der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben und diese zur Erteilung des Negativattests verpflichtet würde. Vielmehr richtet sich ein ihm zustehendes Recht auf Eigentumsverschaffung nunmehr direkt gegen die Beklagte als Eigentümerin und folgt aus dem deliktischen Anspruch nach § 826 BGB.
Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23. Februar 2023 – I-22 W 24/22 1 O 298/22 Landgericht Siegen –.
Mit den beiden Hilfsanträgen hat die Klage jedoch Erfolg.
Der auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung des Negativattests gerichtete Hilfsantrag zu 1. ist als Fortsetzungsfeststellungsantrag in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und zulässig. Hat sich der Verwaltungsakt danach vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse daran hat. Analog anwendbar ist die Vorschrift auch auf eine in der Vergangenheit Rechtsverletzung durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts.
Vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, a.a.O, § 113 VwGO, Rn. 109.
Beim Negativattest handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt.
Vgl. Grziwotz in: Spannowsky/Uechtritz, Beck-Onlinekommentar zum Baugesetzbuch, 59. Edition, Stand 1. Juni 2023, § 28 BauGB, Rn. 7.
Die Ablehnung der Erteilung des Negativattests durch die Beklagte hat sich auch nach Erhebung der vorliegenden Klage erledigt. Kann der Kläger das Rechtsschutzziel nicht mehr erreichen, weil er es bereits außerhalb des Prozesses erreicht hat oder weil es – sei es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – überhaupt nicht mehr erreichbar ist, und ist die Klage deshalb unzulässig oder unbegründet geworden, so ist die Hauptsache erledigt.
Vgl. Schübel-Pfister in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 16. Auflage 2022, § 113 VwGO, Rn. 100.
Ein Negativattest kann der Kläger schon deshalb nicht mehr von der Beklagten verlangen, weil seine ihm durch den notariellen Vertrag über die Grundstücke verschaffte Rechtsposition auf Eintragung als neuer Eigentümer ins Grundbuch durch die zwischenzeitliche Eintragung der Beklagten ins Grundbuch entfallen ist. Nichts anderes ergibt sich aus den vom Kläger geführten Zivilprozessen, mit denen er eine Berichtigung des Grundbuchs wegen sittenwidrigen Eigentumserwerbs der Beklagten begehrt und in denen das OLG Hamm beschlossen hat, dass zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentümers an den betreffenden Flurstücken G04, G02 und G03 einzutragen ist und das Grundbuchamt ersucht hat, die Vormerkung im Grundbuch einzutragen. Denn der damit zu sichernde Anspruch auf Eigentumsübertragung an den Grundstücken bezieht sich nicht auf die Verschaffung des Eigentums vom vormaligen Eigentümer und Verkäufer X. aufgrund des ursprünglich geschlossenen notariellen Kaufvertrags. Vielmehr handelt es sich dabei um einen zu sichernden Anspruch nach § 826 BGB auf Herausgabe der Kaufsache – hier Besitz und Eigentum an den Grundstücken – als Rechtsfolge des zivilgerichtlich als sittenwidrig und somit schadensersatzpflichtig judizierten Zweitkaufs der Grundstücke durch die Beklagte.
Ebenso erledigt hat sich die vom Kläger begehrte Aufhebung des Bescheides der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 30. Mai 2022. Ein Eintritt der Beklagten in die Position des Klägers in den notariellen Grundstückskaufvertrag mit Herrn X. ist wegen der zwischenzeitlichen Eintragung der Beklagten als Grundstückseigentümerin infolge des Zweitkaufs – wie bereits ausgeführt – rechtlich nicht mehr möglich.
Dass der Kläger bereits Klage vor dem Landgericht Siegen auf Auflassung des Grundstücks erhoben hat, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, weil dies der Erledigung nicht entgegensteht. Denn die Aufhebung des Bescheides der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 30. Mai 2022 kann – wie bereits zuvor ausgeführt – aufgrund der zwischenzeitlichen Zweitkaufs und der Eintragung der Beklagten als Grundstückseigentümerin ins Grundbuch nicht mehr dazu führen, dass der zwischen dem vormaligen Grundstückseigentümer Herrn X. und der Beklagten geschlossene notarielle Kaufvertrag noch vollzogen werden kann. Selbst wenn das erkennende Gericht dem mit den Hauptanträgen verfolgten Begehren des Klägers entsprechen würde, ergäbe sich daraus allein für den Kläger keine Verbesserung seiner zivilrechtlichen Rechtsposition mehr. Denn das Grundbuchamt wäre schon aufgrund des zwischenzeitlichen Eigentumseintrags der Beklagten an der Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Klägers gehindert. Hierzu bedarf der Kläger inzwischen vielmehr der zivilgerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit des Zweitkaufvertrages. Im Hinblick darauf ist nach dem Tenor des Beschlusses des OLG Hamm – unabhängig von dem Bestehend des Vorkaufsrechts – eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Klägers im Grundbuch einzutragen.
Der Kläger weist auch das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO besondere Interesse an der Feststellung auf. Nach Erledigung des angefochtenen bzw. begehrten Verwaltungsakts wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur dann zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers bezogen auf den Streitgegenstand zu verbessern.
Vgl. ständige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung; etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 4. März 1976 – I WB 54/74 –, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 53, 134.
Dieses ist anerkannt für die Wiederholungsgefahr, das Präjudizinteresse, das Rehabilitationsinteresse und das objektive Rechtsklärungsinteresse. Soll die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungshandelns der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten dienen, so kann dies bei Erledigung nach Klageerhebung ein berechtigtes Interesse für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage begründen. Insoweit genügt die ernstliche Absicht, einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Vgl. Schübel-Pfister in: Eyermann, a.a.O., § 113 VwGO, Rn. 111, 113 f.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zugunsten des Klägers wurde das Grundbuchamt bereits – wie zuvor ausgeführt – um die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zur Sicherung eines zukünftigen Anspruchs auf Eigentumsübertragung an dem Grundstück aus einem Schadensersatzprozess verpflichtet. Dies indiziert die ernsthafte Absicht des Klägers an der Geltendmachung eines entsprechenden Anspruches gegen die Beklagte im zivilgerichtlichen Verfahren. Der Kläger hat mit der vorliegenden Klagebegründung auch glaubhaft dargelegt, dass ihm durch die Versagung des Negativattests seitens der Beklagten und der Ausübung des Vorkaufsrechts ein Schaden – jedenfalls in Höhe zu erbringender Bereitstellungszinsen für ein Darlehen im Hinblick auf die Kaufpreiszahlung – entstanden ist und er einen Amtshaftungsprozess gegen die Beklagte anstrengen wird.
Es kann daher dahinstehen, ob dem Kläger auch das von ihm geltend gemachte Rehabilitationsinteresse zusteht.
Mit den Hilfsanträgen ist die Klage auch begründet. Die Klage war mit den Hauptanträgen bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses (Eintragung der Beklagten nach Zweitkauf als Eigentümerin im Grundbuch) zulässig und begründet. Die Nichterteilung des Negativattests durch die Beklagte war ebenso rechtswidrig, wie deren Ausübung des Vorkaufsrechts mit Bescheid vom 30. Mai 2022 und verletzten den Kläger rechtswidrig in seinen Rechten. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist das erkennende Gericht in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO auf seine Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Hauptanträge in seinem Beschluss vom 27. Juli 2022 – 8 L 584/22 –. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem die Beschwerde gegen den Beschluss vom 27. Juli 2022 zurückweisenden Beschluss vom 15. September 2022 – 2 B 929/22 – ausgeführt:
„Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss die „aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 938/22 in der Fassung des Schriftsatzes des Antragstellers vom 8. Juni 2022 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Mai 2022 über die Ausübung des Vorkaufsrechts im Wesentlichen mit der Begründung wiederhergestellt, die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Der Antrag finde nicht etwa einen bereits bestandskräftigen Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts vor. Soweit der Antragsteller die ursprüngliche Verpflichtungsklage (auf Erteilung eines Negativzeugnisses im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB) um die Anfechtung des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erweitert habe, stelle dies eine zulässige Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO dar. Die Klagebegehren stünden in Zusammenhang. Die Erteilung eines Negativzeugnisses sei akzessorisch bezogen auf das Bestehen eines Vorkaufsrechts. Die Änderung sei auch sachdienlich. Der Streitstoff bleibe im Wesentlichen derselbe. Der Sachdienlichkeit stehe nicht entgegen, dass die als Untätigkeitsklage erhobene Verpflichtungsklage bereits unzulässig gewesen wäre. Vielmehr spreche Vieles dafür, dass die Untätigkeitsklage jedenfalls vor Erlass des Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts zulässig geworden sei. Ob ein Vorkaufsrecht bestehe, könne in der Regel – so auch hier – in kurzer Zeit geklärt werden; hierfür seien maximal zwei bis drei Wochen zu veranschlagen. Ohne sachliche Notwendigkeit könne die Gemeinde sich nicht auf die Drei-Monats-Frist in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB berufen, da diese Frist nur für die Ausübung des Vorkaufsrechts selbst gelte. Das könne hier aber auch dahinstehen, denn eine Bestandskraft des Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht eingetreten. So spreche Vieles dafür, dass im Anwendungsbereich des § 58 Abs. 1 VwGO selbst zum Zeitpunkt der Eilbeschlussfassung noch eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid erhoben werden könnte. In der Sache überwiege das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 8 K 938/22, soweit sie sich gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Mai 2022 richte, weil diese sich aus den im vorliegenden Verfahren allein zu beurteilenden baurechtlichen Gründen im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als offensichtlich rechtswidrig erweisen werde.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts lägen bei summarischer Prüfung nicht vor. Für Kaufverträge, die vor der Fassung eines Bebauungsplanänderungsbeschlusses und dem anschließenden Beginn der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs geschlossen würden, stehe der Gemeinde kein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 BauGB zu. Das sei hier aber der Fall gewesen.
Im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages am 14. Dezember
2021 hätten die davon erfassten Grundstücke zwar im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin Nr. 10 Abschnitt C, „V.-straße“ gelegen. Dieser hätte indes für die Grundstücke keine Festsetzung der Nutzungsart für öffentliche Zwecke, sondern die Festsetzung „Allgemeines Wohngebiet“ enthalten. Der entsprechende Beschluss zur Änderung des Bebauungsplans mit dem Ziel der Änderung des Nutzungszwecks sei vom Rat der Antragsgegnerin erst am 6. April 2022 und damit nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages gefasst worden. Auch geltend gemachte besondere Umstände des Einzelfalls geböten keine davon abweichende zeitliche Abfolge. Zwar habe der Notar der Antragsgegnerin den Kaufvertragsabschluss vom 14. Dezember 2021 erst Anfang März 2022 und damit nach ca. 2,5 Monaten mitgeteilt. Daraus habe die Antragsgegnerin aber kein Recht ableiten können, bis zur Ausübung eines Vorkaufsrechts ebenso lange abzuwarten, um hierfür zunächst die dafür erforderlichen bauplanungs- bzw. satzungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Die Verlängerung der Ausübungsfrist in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB durch das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland vom 14. Juni 2021 (vgl. BGBl. Teil I Nr. 33, S. 1802) von zwei auf drei Monate ergebe nichts anderes. Es handele sich um eine reine verfahrensrechtliche Vorschrift. Der Gesetzgeber habe jedoch nicht § 24 Abs. 1 BauGB – auf diese Vorschrift werde das Vorkaufsrecht gestützt – dahingehend geändert, dass Vorkaufsrechte an Grundstücken durch einen nachträglichen Planänderungs- oder Aufstellungsbeschluss begründet werden könnten.
Auch die von der Antragsgegnerin angeführte besondere Situation in Form der durch den Angriff Russlands auf die Ukraine eingeleiteten historischen Zeitenwende und ein damit im Zusammenhang stehendes dringendes Erfordernis der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen in Deutschland und im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin erfordere nicht ausnahmsweise die Möglichkeit eines nach Abschluss eines Grundstückskaufvertrages zu schaffenden gemeindlichen Vorkaufsrechts.
Diesen im Einzelnen weitergehend nachvollziehbar und überzeugend begründeten Ausführungen setzt die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen, was im Ergebnis eine andere Bewertung der Interessenlage im Eilverfahren und die Ablehnung des Eilrechtschutzersuchens begründet.
Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Einbeziehung des Anfechtungsbegehrens gegen den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts in die Klage 8 K 938/22 sei als sachdienliche Klageänderung nach § 91 VwGO zulässig. Die Entscheidung über die Sachdienlichkeit liegt im Ermessen der darüber entscheidenden Instanz.
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – 4 B 35.10 -, juris, Rn. 5.
Dafür, dass das Verwaltungsgericht den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit bei seiner Einschätzung verkannt hätte, zeigt die Beschwerde nichts Greifbares auf.
Der Vorhalt der Beschwerde, es handele sich um einen gänzlich neuen Prozessstoff, ist unbegründet. Zur Erläuterung führt sie an, bei dem Antrag auf Erteilung des sogenannten Negativzeugnisses gehe es um die abstrakte Frage, ob der Antragsgegnerin ein Vorkaufsrecht aus irgendeinem denkbaren Rechtsgrund zustehen könne oder ob sie gewillt sei, ihr Vorkaufsrecht überhaupt auszuüben, während es bei dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Mai 2022 um die konkrete Ausübung des Vorkaufsrechts gehe. Bei der abstrakten Frage des grundsätzlichen Vorliegens eines Vorkaufsrechts befasse sich ein zur Entscheidung berufenes Gericht lediglich dem Grundsatz nach und in ab-strakter Weise mit einer Vielzahl in Betracht kommender Rechtsgrundlagen, so etwa aus dem Baugesetzbuch, dem Denkmalschutzgesetz NRW oder dem StrWG NRW, ohne konkret die weiteren Voraussetzungen und Erwägungen des Einzelfalls prüfen zu können.
Diese Erwägungen sind nicht zielführend, denn weder eine Klagehäufung nach § 44 VwGO noch die Sachdienlichkeit einer darauf abzielenden nachträglichen, nicht bereits nach § 173 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässigen Klageerweiterung hängen davon ab, dass für die geltend gemachten Ansprüche abstrakt ein identisches Prüfprogramm in Rede steht.
Wesentlich für den Begriff der Sachdienlichkeit ist vielmehr der Gesichtspunkt der Prozessökonomie, der eine konkrete einzelfallbezogene Betrachtung aus der objektiven gerichtlichen Perspektive erfordert. Danach ist eine Klageänderung regelmäßig schon dann sachdienlich, wenn sie die Möglichkeit bietet, einen zwischen den Beteiligten bestehenden sachlichen Streitstoff endgültig zu bereinigen, und wenn die Rechte der anderen Beteiligten nicht wesentlich verkürzt werden. Ziel ist eine rechtseffektive und effiziente Lösung von Konflikten, die vor allem unter Wahrung der in § 91 Abs. 1 VwGO geschützten Belange der Einwilligungsberechtigten erarbeitet wird.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 CN 4.16 -, juris Rn. 10, und Beschluss vom 13. Dezember 2010 – 4 B 35.10 -, juris Rn. 5, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2019 – 2 A 670/17 –, juris, Rn. 34; Beschluss vom 30. Mai 2022 – 7 A1049/21 –, juris, Rn. 6 (zur gerichtlichen Perspektive); Peters/Kujath, in: Sodan/Ziekow, VwGO – Kommentar, 5. Auflage 2018, § 91 Rn. 53.
Von diesen Grundsätzen ist das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Dabei hat es den sachlichen Zusammenhang des neu angebrachten Anfechtungsbegehrens mit dem – bisher aufrechterhaltenen – ursprünglichen Verpflichtungsbegehren im Sinne des § 44 VwGO überzeugend aus dem Umstand abgeleitet, dass die geltend gemachte Erteilung eines Negativzeugnisses akzessorisch bezogen auf das Bestehen eines Vorkaufsrechts sei. Der Antragsteller verlangt in erster Linie die Ausstellung einer Bescheinigung über das Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts, dessen Bestand die Antragsgegnerin mit dem von dem Antragsteller in das Klageverfahren eingeführten Bescheid behauptet. Dies erhellt zugleich, dass es sich nicht etwa um einen gänzlich anderen Prozessstoff handelt, sondern die Erweiterung an den ursprünglichen anknüpft. Die Klageerweiterung zielte zugleich auf die Vermeidung eines weiteren Prozesses in Form einer getrennt erhobenen Anfechtungsklage.
Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, weshalb das Verwaltungsgericht bei dieser Sachlage die Sachdienlichkeit schon deshalb hätte verneinen müssen, weil der Rechtsstreit ohne Berücksichtigung der Klageänderung bereits entscheidungsreif gewesen wäre. Die Frage der Entscheidungsreife des Rechtsstreites vor der Klageänderung ist gerade auch im Falle einer nachträglichen Klagehäufung allenfalls ein Umstand in der Bewertung. Das hebt auch das von der Beschwerde herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofes vom 4. Oktober 1976 – VIII ZR 139/75 – (juris Rn. 27 ff.) hervor, das sich im Übrigen mit der Frage der Sachdienlichkeit einer erstmals im Berufungsverfahrens erklärten Aufrechnung befasst, sich also auf gänzlich andere Umstände des Einzelfalls bezieht. Insbesondere wird der Antragsgegnerin hier keine Instanz genommen.
Auch ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Verwaltungsgericht weiter eingestellt hat, dass das Verpflichtungsbegehren jedenfalls nicht offensichtlich bereits als unzulässig abzuweisen gewesen wäre, sondern Vieles dafür spricht, dass die (Untätigkeits-) Klage vor Erlass des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts zulässig geworden sei.
Es überzeugt, wenn das Verwaltungsgericht zugrunde legt, dass mit der „Unverzüglichkeitsfrist“ in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB eine Art fachliche Sonderregelung zur Dauer der angemessenen Frist vorhanden ist, die als besondere Umstände im Sinne des § 75 Satz 2 2. HS VwGO anzusehen sein dürfte. Danach ist die Negativbescheinigung unverzüglich zu erteilen, wenn ein Vorkaufsrecht nicht besteht. Sie beginnt mit der Kenntnis von dem Fehlen des Vorkaufsrechts zu laufen. Demgegenüber bezieht sich die Dreimonatsfrist in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur auf die Ausübung eines Vorkaufsrechts. Der Einwand der Beschwerde, die Antragsgegnerin habe im Zeitpunkt der Klageerhebung noch gar nicht abschließend für sich entschieden gehabt, ob sie ein Vorkaufsrecht ausübe, bleibt unverständlich. Letztlich war der Antragsgegnerin nach Aktenlage bereits im März 2022 bekannt, dass ein Vorkaufsrecht für die in Rede stehenden Flurstücke nicht bestand und die sachlichen Voraussetzungen hierfür erst (noch) begründet werden sollten. Ein hinlänglicher Grund für die Verweigerung, den Antrag auf Ausstellung eines Negativzeugnisses zu bescheiden, ist indes in dem Ansinnen, ein Vorkaufsrecht erst entstehen zu lassen, nicht zu erkennen, da die Rechtslage in Fällen vorliegender Art eine solche Möglichkeit nicht vorhält, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zu Recht ausgeführt hat.
Auch lässt sich der Einschätzung des Verwaltungsgerichts zur Sachdienlichkeit der Klageerweiterung nicht entgegenhalten, dass ein Negativzeugnis schon vor der Prozesserklärung zur Klageänderung mit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr verlangt werden konnte. Denn auch dies ist keinesfalls offensichtlich; zudem ist die Frage der Entscheidungsreife des ursprünglichen Klageantrages – wie gesagt – nur einer der für die Beurteilung der Sachdienlichkeit einzustellenden prozessökonomischen Aspekte.
Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts rechtmäßig sein könnte, bietet die Beschwerde ebenfalls nicht.
Die Ausführungen der Beschwerde zu der in dem angefochtenen Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts gegebenen Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit sind bereits unerheblich, weil das Verwaltungsgericht diese nicht beanstandet hat.
Auch die Kritik, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der formellen Prüfung gingen weit über die Anforderungen hinaus, die die Rechtsprechung an eine summarische Prüfung stelle, ist unbeachtlich. Denn das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht an formellen Mängeln leidet, die voraussichtlich zu seiner Aufhebung im Klageverfahren führen würden.
Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe sich fast ausschließlich mit der grundsätzlichen Frage des Vorkaufsrechts beschäftigt, greift – unabhängig davon, was damit konkret gemeint sein soll – zu kurz. Insbesondere ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Verwaltungsgericht die nach § 80 Abs. 5 VwGO geforderte Interessenabwägung maßgeblich auf den Befund gestützt hat, dass der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes offensichtlich materiell rechtswidrig ist und die Klage voraussichtlich Erfolg haben wird.
Rechtlich tragfähige Gründe dafür, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts materiell rechtens und die Anfechtungsklage keinen Erfolg haben könnte, lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Beschwerde, die äußerst zögerliche Übermittlung des vollständigen Kaufvertrags erfahre keinerlei rechtliche Betrachtung, geht an den Entscheidungsgründen des angegriffenen Beschlusses vorbei. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr auf Seite 25 f. der Gründe im Einzelnen nachvollziehbar erläutert, dass und aus welchen Gründen der Antragsgegnerin ohne weitere Angaben aus dem Kaufvertrag die Prüfung möglich war, ob bezogen auf die streitigen Flurstücke ein Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB oder § 25 BauGB bestand, und ist darauf auf Seite 31 f. noch einmalzurückgekommen. Dem setzt die Beschwerde auch inhaltlich nichts an Substanz entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat auch – anders als die Beschwerde meint – nicht in Abrede gestellt, dass die Verlängerung der Frist in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB zur Ausübung des Vorkaufsrechtes von zwei auf drei Monate „ein klares Zeichen dafür“ ist, dass der Gemeinde ein längerer Zeitraum für die Prüfung und Bewertung der Frage zugestanden werden sollte, ob ein Vorkaufsrecht ausgeübt werde. Es hat allein herausgestellt, dass die Vorschrift nur die Ebene der Ausübung eines Vorkaufsrechts betrifft, also nichts zu den Entstehungsvoraussetzungen besagt und ein Vorkaufsrechtstatbestand nach § 24 Abs. 1 BauGB oder § 25 Abs. 1 BauGB i. V. m. einer gemeindlichen Vorkaufssatzung, der erst nach Abschluss eines Kaufvertrages über ein Grundstück geschaffen wird, für dieses kein Vorkaufsrecht begründet. Soweit die Beschwerde meint, die genannten Vorschriften seien insoweit nicht stringent und widerspruchsfrei formuliert, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Die Rechtslage ist für Fälle wie hier – auch aus Sicht des Senats – eindeutig und die vom Verwaltungsgericht gefundene Auslegung der einschlägigen Vorschriften verfassungsrechtlich vorgezeichnet. Für Kaufverträge, die vor Beginn der öffentlichen Auslegung eines in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans geschlossen worden sind, steht der Gemeinde kein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 BauGB – auf den sich die Antragsgegnerin in erster Linie beruft – zu. Die Vorschrift verlangt als Entstehungsgrund eines Vorkaufsrechts „beim Kauf“, auf dessen Zustandekommen sich die Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 464 Abs. 2 BGB richten soll, einen gefassten Aufstellungsbeschluss und den Beginn der öffentlichen Auslegung, so wie § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB als Entstehungsgrund für ein besonderes Vorkaufsrecht voraussetzt, dass die Gemeinde durch Satzung die Flächen bezeichnet, auf die sie sich den Zugriff sichern will. Ohne dass die vorgeschriebenen Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages vorliegen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, derer die Gemeinde bedarf, um in das Privatrechtsverhältnis eingreifen zu dürfen, das durch den Kaufvertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und einem Dritten geschaffen wurde.
Dieser in der Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend vertretenen Auffassung,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 1994 – 4 B 70/94 -, BauR 1994, 495 = juris Rn. 3, zu § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 6. Juli 2022 – 5 S 2129/20 -, juris Rn. 24 ff., zu § 24 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 7 BauGB; OVG NRW, Urteilvom 9. Dezember 1993 – 10 A 3593/91 -, BRS 55Nr. 103 = juris (nur LS) zur Unwirksamkeit einer Vorkaufssatzung hinsichtlich eines rückwirkend bestimmten Zeitpunkts des Inkrafttretens; Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 9. Aufl. 2022, Die gesetzlichen Vorkaufsrechte der Gemeinde, Rn. 23.4.; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 143. EL August 2021, § 24 Rn. 14 und 57; Kronisch, in: Brügelmann, BauGB, 121. EL Januar 2022, Vor. §§ 24-28 Rn. 28, 46 f.,
setzt die Beschwerde nichts an Substanz entgegen.
§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtfertigt – wie gesagt – keine gegenteiligen Schlüsse. Ist ein Vorkaufsrecht mit Bezug auf den Kauf noch nicht begründet worden, so vermag auch § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht darüber hinwegzuhelfen, dass eine etwaige Erklärung, die sich auf erst zu einem späteren Zeitpunkt geschaffene Voraussetzungen für die Ausübung eines Vorkaufsrechts beim Verkauf von Grundstücken stützt, mangels gesetzlicher Grundlage für einen Rückbezug auf den Zeitpunkt des zuvor abgeschlossenen Kaufvertrages ins Leere geht.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 1994 – 4 B 70/94 -, BauR 1994, 495 = juris Rn. 3, zu § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB.
Entgegen der Annahme der Beschwerde eröffnen die „momentane Situation“ und das besonders dringliche Interesse der Antragsgegnerin, Wohnraum für Flüchtlinge aus der Ukraine zu beschaffen, keinen Ansatz für eine „anders gelagerte Betrachtungsweise“.
Hierzu hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt:
„Auch angesichts besonderer politischer Herausforderungen ist allein der Gesetzgeber selbst in historisch einmaligen Situationen von Verfassungs wegen berufen, die erforderlichen rechtlichen Grundlagen für eine erleichterte Ausübung des Vorkaufsrechts im Hinblick auf einen akut gestiegenen Wohnraumbedarf zu regeln. Hingegen kann die Antragsgegnerin als Teil der vollziehenden Gewalt besonderen Entwicklungen nur dort Rechnung tragen, wo ihr ein eigenes Satzungsrecht eingeräumt ist oder Ermessensspielräume bestehen. Von dem ihr zustehenden Satzungsrecht hat sie indes erst durch den Planänderungsbeschluss vom 6. April 2022 und die Satzung über die Ausübung des Vorkaufsrechts für zukünftige Grundstückskaufverträge ein deren Geltungsbereich Gebrauch gemacht.“
Dem ist nichts hinzuzufügen…“
Vor diesem Hintergrund hält das erkennende Gericht an seiner Rechtsauffassung auch im vorliegenden Klageverfahren fest, zumal auch die Beklagte nach der Eilbeschwerdeentscheidung nichts Tragfähiges vorgetragen hat, was die (ober-) verwaltungsgerichtlichen Erwägungen erschüttert.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 VwGO. Die Kostenfolge des § 155 Abs. 1 VwGO ergibt sich im Hinblick auf das Obsiegen des Klägers mit den Hilfsanträgen. Die weitergehende Kostenfolge stützt sich auf Absatz 4. Danach können Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden. Dies ist hier der Fall, soweit der Kläger mit den Hauptanträgen keinen Erfolg hatte. Dass das Rechtsschutzinteresse insoweit entfallen ist und sich sein dahingehendes Klagebegehren erledigt hat, beruht allein auf dem vom OLG Hamm als sittenwidrig judizierten Verhalten der Beklagten durch den Zweitkauf der Grundstücke und die zeitnahe Eigentumseintragung. Es wäre auch nicht etwa vom Kläger zu erwarten gewesen, nach der Eigentumseintragung der Beklagten eine Erledigungserklärung abzugeben, weil es sich bei der Frage der Erledigung seiner ursprünglichen Klagebegehren um komplexe Rechtsfragen handelte. Hätte der Kläger die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt und nur noch die Hilfsanträge gestellt, hätte er sich der Gefahr des Unterliegens für den Fall ausgesetzt, dass das Gericht nicht von einer Erledigung seines ursprünglichen Klagebegehrens ausgegangen wäre. Somit war die Antragstellung des Klägers im vorliegenden Verfahren in jedem Fall sachdienlich. Durch den zivilgerichtlich als sittenwidrig judizierten Zweitkauf hat die Beklagte allein das Unterliegen des Klägers mit den Hauptanträgen verschuldet.
Die Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
B e s c h l u s s:
Ferner hat die Kammer am selben Tage b e s c h l o s s e n:
Der Streitwert wird auf 88.750,00 € festgesetzt.
G r ü n d e:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,63 Abs. 2 S. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht ausgehend von Ziff. 12.) Buchst. a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (BauR), 2019, 610 f.) mit 25 % des Kaufpreises von 355.000,00 € dem Interesse des Klägers an der Aufhebung der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts und der Erteilung eines Negativzeugnisses.