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Voraussetzung Reallast – wiederkehrende Leistungspflicht

OLG Nürnberg – Az.: 15 W 3528/21 – Beschluss vom 30.09.2021

1. Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts ‒ Grundbuchamt ‒ Weißenburg i. Bay. vom 31.08.2021, Az. …, wird zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerinnen sind die Beteiligten eines Grundstückkaufvertrags vom 15.03.2021. Sie vereinbarten in Bezug auf eine Schallschutzmauer, die sich auf dem im Grundbuch von Weißenburg i. Bay. auf Blatt … geführten Flurstück … an der Grenze zum im Grundbuch von Weißenburg i. Bay. auf Blatt … geführten Flurstück … befindet, unter dem Punkt 2.1. des Vertrags das Folgende:

„2.1.1

Der Verkäufer sowie mit seiner Zustimmung jeder Eigentümer des Flurstücks … sind berechtigt, aber nicht verpflichtet, jederzeit die Schallschutzmauer auf eigene Kosten zu entfernen und durch einen Zaun zu ersetzen, vorausgesetzt die Entfernung ist öffentlich-rechtlich zulässig. Der Käufer erteilt bereits jetzt hierzu für sich, seinen Mieter und etwaige Rechtsnachfolger die Zustimmung.

2.1.2

Der Verkäufer verpflichtet sich im Fall der Entfernung der Schallschutzmauer gegenüber dem Käufer und seinen Rechtsnachfolgern auch auf deren Verlangen, die Schallschutzmauer auf seine Kosten unverzüglich unter Einhaltung der zum Errichtungszeitpunkt geltenden technischen Anforderungen wieder zu errichten, falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird.“

Zur dinglichen Absicherung dieser Verpflichtung wurde von den Vertragsparteien eine Reallast zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks mit der Flurnummer … „vereinbart und bewilligt“.

Den im Namen der Beteiligten gestellten Antrag, die Reallast einzutragen, nahm der Urkundsnotar mit Schreiben vom 23.03.2021 zurück. Unter Berufung auf die im Kaufvertrag vom 15.03.2021 „erteilten uneingeschränkten Grundbuchvollmachten“ beurkundete er am 20.07.2021 folgende eigene Erklärung:

„2.4 Reallast

Zur dinglichen Absicherung der Verpflichtung gem. vorstehend 2.1.2 wird folgende Reallast zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks … an dem Grundstück Weißenburg i. Bay. Blatt … lfd. Nr. 2 Flurstück … im unmittelbaren Nachrang nach der aktuell einzigen Belastung (…) vereinbart und bewilligt:

‚Für den Fall der jeweiligen Entfernung der aktuell einzigen Schallschutzmauer (belegen auf dem Flurstück … zur Grenze des Flurstücks …) durch oder auf Veranlassung des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks … verpflichtet sich der jeweilige Eigentümer des Flurstücks … zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks … diese Schallschutzmauer

(i) auf seine Kosten unverzüglich unter Einhaltung der zum Errichtungszeitpunkt geltenden technischen Anforderungen jeweils wieder zu errichten, falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird

und

(ii) sie sodann für die Dauer der öffentlich-rechtlichen Anforderung nach den öffentlich-rechtlichen Anforderungen die jeweilige Schallschutzmauer auf eigene Kosten instand zu halten.‘

Der Eigentümer des Flurstücks … (…) stimmt hiermit der vorstehenden Bewilligung zu und gibt diese ebenfalls ab.“

Mit Schreiben vom 20.07.2021 beantragte der Urkundsnotar „im Namen aller Urkundsbeteiligten“ die Eintragung der in der Eigenurkunde vom 20.07.2021 bewilligten Reallast auf Blatt … des Grundbuchs von Weißenburg i. Bay.

Am 28.07.2021 wies das Amtsgericht – Grundbuchamt – Weißenburg i. Bay. den Urkundsnotar darauf hin, dass die jeweilige Errichtung einer Schallschutzmauer jeweils eine einmalige Leistung darstelle, durch die Eintragung einer Reallast aber lediglich wiederkehrende Leistungen dinglich gesichert werden könnten. Gestützt darauf sah das Grundbuchamt ein Eintragungshindernis gegeben, zu dessen Beseitigung durch eine Nachtragserklärung es eine Frist bis 27.08.2021 setzte.

Mit Beschluss vom 31.08.2021 wies das Grundbuchamt den Eintragungsantrag vom 20.07.2021 mit der Begründung zurück, dass das aufgezeigte Eintragungshindernis nicht behoben worden sei.

Dagegen wandte sich der Urkundsnotar unter Berufung auf die ihm erteilte Grundbuchvollmacht im Namen aller Vollmachtgeber. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Bewilligung nach ihrer (letztendlichen Ausgestaltung) eine wiederkehrende Errichtungspflicht zum Gegenstand habe, die Inhalt einer Reallast sein könne. Auf eine Lebenswahrscheinlichkeit der Wiederholung der besicherten Leistungsverpflichtung komme es nicht an. Es sei ausreichend, dass die Wiederholung abstrakt möglich sei. An den formellen Inhalt der Bewilligung sei das Grundbuchamt gebunden.

Am 20.09.2021 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II.

Das gegen die Entscheidung über die Antragszurückweisung gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG). Es hat indes in der Sache keinen Erfolg, da der Antrag nicht auf die Eintragung einer Reallast mit einem gesetzlich zulässigen Inhalt gerichtet ist.

Die Vorschrift des § 1105 Abs. 1 BGB bestimmt den Inhalt der Belastung eines Grundstücks durch eine Reallast dahin, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, aus dem Grundstück wiederkehrende Leistungen zu entrichten sind. Den Gegensatz zum Begriff der „wiederkehrenden Leistungen“ bildet dabei die „einmalige Leistung“. Eine einmalig zu entrichtende Leistung kann grundsätzlich nicht Gegenstand einer Reallast sein (BGH, Urteil vom 08.11.2013 – V ZR 95/12 –, juris Rn. 7).

Zwar muss es sich bei den „wiederkehrenden Leistungen“ nach § 1105 Abs. 1 BGB nicht um ständig oder regelmäßig wiederkehrende Leistungen handeln (OLG Köln, Beschluss vom 19.12.1990 – 2 Wx 23/90 –, juris Rn. 24). Als regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrend müssen sich die aus dem Grundstück zu entrichtenden Leistungen – entsprechend der Bedeutung des Adjektivs – aber „von Zeit zu Zeit wiederholen“ (so die Motive zum BGB, Band III, Seite 582, ebenso: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., 2. Teil Rn. 1301; Sikora in: BeckOGK, BGB, Stand 1/2021, § 1105 Rn. 37). Angesichts dessen ist es nicht rechtlich unbedeutend, dass eine Wiederholung der Leistungspflicht sehr unwahrscheinlich ist (andere Ansicht: Lange-Parpart, RNotZ 2008, 377, 394). Denn es genügt dem Wortlaut des § 1105 Abs. 1 BGB gerade nicht, wenn es sich bloß um eine wiederkehrende Leistung handeln kann. Vielmehr muss ihre Wiederholung mehr als nur abstrakt möglich sein (wie es beispielsweise jede Pflicht zum Wiederaufbau im Fall der Zerstörung wäre), um als wiederkehrend zu gelten. Die Leistungspflicht muss ihrer Art oder ihrem Inhalt nach – zumindest nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge – von vornherein objektiv auf eine mehrfache, nochmalige Ausführung angelegt sein. Andernfalls wäre die Beschränkung der Reallast auf wiederkehrende Leistungen ohne Bedeutung.

Dieser Voraussetzung genügt die Verpflichtung nicht, im Fall der „jeweiligen Entfernung“ einer Schallschutzmauer durch oder auf Veranlassung des jeweiligen Eigentümers, eine solche „jeweils wieder zu errichten, falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird“ (andere Ansicht aber wohl: Mohr in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 1105 Rn. 23; Joobst in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., Fn. 51; Lange-Parpart, RNotz 2008, 377, 394 f.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., 2. Teil Rn. 1301). Wenn nicht sogar die erste, so ist zumindest die wiederholte Leistungserbringung nichts weiter als eine abstrakte Möglichkeit.

Dass eine Reallast ohne Weiteres (auch aufschiebend) bedingt bestellt werden kann (Sikora in: BeckOGK, BGB, Stand 1/2021, § 1105 Rn. 36; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 2. Teil Rn. 1306; Reet in: Ring/Grziwotz/Keukenschrijve, BGB, Sachenrecht, 4. Aufl., § 1105 Rn. 47), ändert daran nichts. Denn aus der Abhängigkeit einer Leistungspflicht vom Eintritt einer Bedingung folgt nicht, dass sie wiederkehrend zu erbringen ist. Und auch der Umstand, dass eine Wiedererrichtung der Schallschutzmauer die wiederkehrende Maßnahme der Instandhaltung auslöst, also deren Voraussetzung bildet, begründet die Eintragungsfähigkeit einer Reallast nicht. Denn die Herstellungspflicht wird dadurch nicht zu einer unselbständigen Nebenkomponente der Instandhaltungspflicht, weshalb sich die Frage nicht stellt, ob dingliche Rechte auch zur Sicherung von – außerhalb des gesetzlichen Anwendungsbereichs liegenden – Nebenleistungen begründet werden können (OLG München, Beschluss vom 13.02.2019 – 34 Wx 202/18 –, juris Rn. 60).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Kostenfolge angesichts der Beschwerdezurückweisung aus dem Gesetz ergibt (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1, § 3 GNotKG, KV Nr. 14510 GNotKG).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgte gemäß § 78 Abs. 2 GBO, da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Insbesondere wird die entscheidungserhebliche Frage, ob eine von vornherein nur möglicherweise wiederkehrende Leistungspflicht durch eine Reallast gesichert werden kann, abweichend von der Auffassung des Senats in der Literatur überwiegend bejaht, da die Verpflichtung zum Wiederaufbau eines zerstörten Gebäudes als eine durch Reallast sicherungsfähige Leistung angesehen wird, sofern alle künftigen Fälle des Wiederaufbaus gemeint sind.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GNotKG.

 

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